AG Brühl: Keine belästigenden Telefonanrufe, wenn zum Inhalt der Telefonate nicht vorgetragen wird / Gericht muss nicht spekulieren

veröffentlicht am 20. November 2010

AG Brühl, Urteil vom 24.08.2010, Az. 24 C 194/10
§ 823 BGB

Das AG Brühl hat entschieden, dass eine Abmahnung wegen telefonischer Belästigung unnötig ist, wenn der Angerufene nicht zum Inhalt der insgesamt 3 Anrufe zu später Uhrzeit vorträgt. Davon hänge sowohl die Beurteilung einer Belästigung als auch einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ab. Darüber müsse das Gericht nicht spekulieren. Da die Anrufe nach dem besagtem Abend nicht fortgesetzt worden seien, habe der Kläger wohl auch Erfolg mit seinem Verlangen, nicht mehr angerufen zu werden, gehabt. Deshalb erschließe sich dem Gericht nicht, dass und warum ein Schreiben zur Durchsetzung des klägerischen Unterlassungsbegehrens überhaupt erforderlich gewesen sein könne, und woraus sich im Hinblick auf diese überflüssige Verfassung des Schreibens überhaupt noch ein Schadensersatzanspruch des Klägers ergeben können solle. Abschließend bedauerte das Gericht, dass es auf die „in diesem Verfahren aufgeworfenen höchst bedeutsamen Rechtsfragen“ nach alledem nicht mehr ankomme. Zum Volltext der Entscheidung:

Amtsgericht Brühl

Urteil

In dem Rechtsstreit

hat das Amtsgericht Brühl im schriftlichen Verfahren gem. § 495 a ZPO am 24.08.2010 durch … für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger kann von der Beklagten aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Schadensersatz in Höhe von 23,80 € verlangen.

Aus § 823 Abs. 1 BGB ergibt sich der Anspruch nicht. Für eine Verletzung eines der in dieser Bestimmung genannten absoluten Rechte hat der Kläger nichts vorgetragen, auch nicht für eine solche des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Denn das einzige, was der Kläger hierzu vorträgt, ist, dass er am 11.09.2009 unter seinem Kanzleianschluss in der Zeit von 20.26 Uhr bis 20.29 Uhr dreimal von der Beklagten angerufen worden sei. Über den Inhalt dieser Anrufe, auf den es für die Beurteilung der Frage, ob eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegeben sein kann, entscheidend ankommen dürfte, verliert er indes kein Wort. Lediglich zwischen den Zeilen lässt sich seinem Vortrag entnehmen, dass dieses kein Telefonat zum Zwecke der Marktforschung gewesen sei, sondern zum Zwecke der Werbung. Letztlich überlässt er dies der Spekulation des Gerichts, was aber nicht geeignet sein kann, ordnungsgemäßen Sachvortrag zu ersetzen.

Auch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 7 UWG kann der Anspruch nicht hergeleitet werden. Denn auch zu den Voraussetzungen der letztgenannten Bestimmung trägt der Kläger nicht hinreichend vor. Außer der späten Uhrzeit der drei Anrufe trägt er rein gar nichts dazu vor, wodurch die Beklagte ihn „in unzumutbarer Weise belästigt“ haben könnte; dies reicht indes für sich alleine genommen noch nicht aus. So fehlt es insbesondere an Vortrag zu § 7 Abs. 1 Satz 2 UWG, nach welchem von einer Belästigung insbesondere dann auszugehen ist, wenn es sich um Werbung entgegen dem zum Ausdruck gebrachten Wunsch des Marktteilnehmers handelt. Weder zu dem einen noch zu dem anderen Tatbestandsmerkmal trägt der Kläger vor. Dass es sich um Werbung gehandelt habe, könnte sich allenfalls zwischen den Zeilen daraus ergeben, dass er die von der Beklagten angeführten Marktforschungszwecke mit Nichtwissen bestreitet. Dass er erkennbar gemacht habe, diese angebliche Werbung nicht zu wünschen, trägt er überhaupt nicht vor. Es ist in keiner Weise ersichtlich, ob der Kläger überhaupt in einem der drei Telefongespräche zu erkennen gegeben hat, dass er keine Werbung wünsche. Der Kläger überlässt es der Spekulation des Gerichtes, ob er solches getan hat, und wenn ja, schon beim ersten, vielleicht auch erst beim zweiten oder sogar erst beim dritten Telefonat. Sollte er dies bei einem der drei Telefonate tatsächlich zum Ausdruck gebracht haben, so scheint er damit auch Erfolg gehabt zu haben, denn jedenfalls bis zum 15.09.2009, dem Datum, unter welchem er sich bei der Beklagten beschwert hat, scheint es keine weiteren derartigen Vorfälle mehr gegeben zu haben. Schon angesichts dessen erschließt sich nicht, dass und warum dieses Schreiben zur Durchsetzung des klägerischen Unterlassungsbegehrens überhaupt erforderlich gewesen sein kann, und desweiteren, woraus sich im Hinblick auf diese überflüssige Verfassung des Schreibens überhaupt noch ein Schadensersatzanspruch des Klägers ergeben können soll.

Auf die von beiden Parteien in diesem Verfahren aufgeworfenen höchst bedeutsamen Rechtsfragen kommt es nach alledem nicht an.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Streitwert: 23,80 €.

Auf das Urteil hingewiesen hat die Kanzlei Prof. Schweizer.

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