AG Dachau: Ein verkürzter Einzelverbindungsnachweis ist kein Beweis für tatsächlich geführte Telefonate

veröffentlicht am 12. September 2011

AG Dachau, Urteil vom 16.08.2011, Az. 2 C 1423/10
§ 611 Abs. 1 BGB

Das AG Dachau hat entschieden, dass die Vorlage eines Einzelverbindungsnachweises, der die angeblich angerufene Zielnummer in verkürzter und verschlüsselter Form darstellt, und eines pauschalen Prüfprotokolls gerade kein Nachweis für das tatsächliche Führen der abgerechneten Telefonate ist. Im vorliegenden Fall sollte ein Busfahrer angeblich über 1800 mal eine 0137-Mehrwertdienste-Nummer angerufen haben – während der Fahrt (!). Dies hätte eine Zahlbetrag von über 1.200 EUR ergeben. Die von der Telekom vorgelegten Dokumente erachtete das Gericht jedoch nicht als ausreichend, zumal Zeugenaussagen bestätigten, dass der Beklagte nicht ununterbrochen während der Fahrt telefoniert habe. Um einen brauchbaren Anscheinsbeweis darzustellen, hätten die Verbindungsnachweise ungekürzt vorgelegt und ein konkretes Prüfprotokoll erstellt werden müssen. Das AG Kusel hat bereits zum „Verfallsdatum“ solcher Beweismittel entschieden. Zitat des AG Dachau:


Es wäre nun an der Klägerin, den vollen Beweis dafür zu erbringen, dass der Verbindungsaufbau zu der streitgegenständlichen Sonderrufnummer dem Beklagten zuzurechnen war. Die ist ihr jedoch nicht gelungen. Die Klägerin konnte lediglich vortragen, dass eine technische Prüfung keine Fehler ergab und dass die jeweiligen Einzelverbindungsnachweise mit der durch die Klägerin ausgestellten Rechnung übereinstimmten. Dies genügt für einen vollen Beweis jedoch nicht aus. Insbesondere leistet der Einzelverbindungsnachweis noch keinen Beweis dafür, dass der Beklagte selbst oder ein Dritter in einer dem Beklagten zurechenbarer Weise diese Telefonate geführt hat. Die Zeugin S(…) hat glaubhaft ausgesagt, der Beklagte habe sein Telefon täglich mit zur Arbeit genommen und auch niemals verliehen oder verloren. Durch diese Aussage in Verbindung mit den Aussagen der Zeugen H(…) und A(…) hat der Beklagte zur Überzeugung des Gerichts ausreichend dargetan, dass ihm die streitgegenständlichen Telefonate nicht zugerechnet werden können. Die Klägerin hat Gegenteiliges nicht ausreichend vortragen können. Das Argument der Klägerin, die Einzelverbindungsnachweise hätten auch anderweitige Telefonate und den Versand von SMS ausgewiesen, die während der Arbeitszeit geführt worden wären, steht dem nicht entgegen. Der Beklagte hat eingeräumt, dass er an Haltestellen gelegentlich telefoniert hätte, wenn er zuvor angerufen worden sei. Diese Aussage erklärt jedoch lediglich das Zustandekommen der vereinzelten „normalen“ Telefonate und SMS. Auch die Vorlage der Sachverständigengutachten aus anderen Verfahren, laut derer eine Manipulation der Datenerfassung und Abrechnung von Telefonverbindungen im Mobilfunknetz nahezu ausgeschlossen sei, vermag das Gericht nicht vom Gegenteil zu überzeugen. Die Sachverständigengutachten betreffen nicht den vorliegenden Sachverhalt und sind bereits acht Jahre alt. Es ist nach Ansicht des Gerichts aufgrund neuer technischer Möglichkeiten nicht ausgeschlossen, dass ein aktuelles Gutachten zu einem anderen Schluss kommen könnte. Gemäß § 45 i IV TKG hat die Klägerin daher keinen Anspruch auf Zahlung der Entgelte für die streitgegenständlichen Sonderrufnummern.“

Auf das Urteil hingeweisen hat die Kanzlei Hild & Kollegen.

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