AG Düsseldorf: Keine Erstattung der Abmahnkosten, wenn Abmahnung lediglich einen Vergleich vorsah?

veröffentlicht am 4. März 2015

AG Düsseldorf, Urteil vom 13.01.2015, Az. 57 C 10172/14
§ 97 UrhG; § 257 BGB

Das AG Düsseldorf hat entschieden, dass im Falle einer Abmahnung, in welcher lediglich ein Vergleichsvorschlag in Form einer pauschalen Abgeltungssumme unterbreitet wurde, ohne die auf die Abmahnung entfallenden Rechtsanwaltskosten aufzuschlüsseln, kein Zahlungsanspruch an einen Dritten (z.B. Inkassobüro) abgetreten werden kann. Es bestehe lediglich ein Freistellungsanspruch des Rechtsinhabers, dieser sei jedoch nicht abtretbar. In der Folge könne der Zessionar keine Erstattung der Abmahnkosten gerichtlich geltend machen. Im Übrigen komme in Fällen, wo der klagende Rechtsinhaber nicht zur Vergabe von Internetlizenzen berechtigt ist, auch kein Schadensersatz gemäß Lizenzanalogie in Betracht. Zum Volltext der Entscheidung:


Amtsgericht Düsseldorf

Urteil

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der klagenden Partei auferlegt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin gestattet das Gericht, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Am 02.10.2009 um 04:29 Uhr stellte der Beklagte über seinen Internetanschluss, dem zu diesem Zeitpunkt die IP-Adresse ###### zugeordnet war, das Filmwerk „XXX“ einem Filesharing-Netzwerk zur Verfügung. Gemäß Lizenzvertrag vom 05.06.2008 mit der Lizenzgeberin, der Fa. C Group Inc, wurden der L2 GmbH an diesem Werk für den deutschsprachigen Raum die ausschließlichen Video- und DVD-Rechte übertragen. Weiter heißt es in dem Vertrag wörtlich: „Internet Rights are excluded and stay solely with Licensor“.

Mit Schreiben vom 06.05.2010 mahnte die L2 GmbH den Beklagten anwaltlich ab und bot einen Abgeltungsvergleich über 850 Euro auf Schadenersatz und Erstattung der Kosten der Abmahnung, zahlbar bis zum 21.05.2010, an. Eine Reaktion des Beklagten auf dieses Schreiben erfolgte nicht.

Am 06.12.2012 trat die L2 GmbH ihre Zahlungsanspruche gegen den Beklagten aus der Urheberrechtsverletzung vom 02.10.2009, insbesondere Ansprüche auf Erstattung von Rechtsverfolgungskosten, Schadenersatz und Verzugsschaden, jeweils nebst Zinsen, an die Klägerin als Inkassobüro ab.

Die Klägerin hat ihre Ansprüche zunächst im Mahnverfahren geltend gemacht, wobei am 19.12.2012 Mahnbescheid gegen den Beklagten erlassen worden ist, gegen den er am 10.01.2013 Widerspruch eingelegt hat. Hieran hat sich ein streitiges Verfahren angeschlossen. Trotz ordnungsgemäßer Ladung ist für den Beklagten zum Termin am 23.12.2014 niemand gekommen.

Die Klägerin beantragt im Wege des Versäumnisurteils,

den Beklagten zu verurteilen, an sie einen angemessenen Schadenersatz in Höhe von nicht weniger als 400 Euro sowie Kosten der Abmahnung in Höhe von 651,80 Euro zu zahlen, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist im Wege des Endurteils trotz der Säumnis des Beklagten abzuweisen, weil die Voraussetzungen für ein Erlass eines Versäumnisurteils gegen den Beklagten gemäß § 331 Abs. 1 ZPO nicht vorliegen, da die Klage nicht schlüssig ist. Der Klägerin steht schon unter Zugrundelegung ihres eigenen Sachvortrages weder ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Abmahnung aus §97a a. F. UrhG noch auf Schadenersatz nach Lizenzanalogie gemäß § 97 Abs. 2 UrhG zu.

Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten ist durch die Abtretung vom 06.12.2012 nicht an die Klägerin übergegangen, da zu diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten noch nicht entstanden war. Da nicht vorgetragen ist, dass die Kosten der Abmahnung durch die L2 GmbH bereits gezahlt worden sind, liegt lediglich ein Freistellungsanspruch gemäß § 257 BGB vor. Ein Übergang in einen Zahlungsanspruch erfolgt in entsprechender Anwendung von § 281 Abs. 1, 2 BGB erst, wenn die Zahlung endgültig verweigert worden ist oder eine ordnungsgemäße Fristsetzung zur Zahlung verstrichen ist. Hier fehlt es im Zeitpunkt der Abtretung jedoch an beiden Voraussetzungen. Eine endgültige Zahlungsverweigerung kann erst im Widerspruch gegen den Mahnbescheid zu einem späteren Zeitpunkt gesehen werden, der Abmahnung vom 06.05.2010 ist eine ordnungsgemäße Fristsetzung zur Zahlung auf eine hinreichend bestimmte Forderung nicht zu entnehmen, insbesondere geht aus ihr nicht hervor, in welcher genauen Höhe Rechtsanwaltskosten geltend gemacht werden. Die Ausführungen im Fließtext dazu, dass bei einem Streitwert von 50‘000 Euro die Kosten der Abmahnung 1‘359,80 Euro betragen würden und gerichtlicherseits auch eine noch höhere Festsetzung in Betracht kommen könne, beinhalten keine konkrete Forderung eines Betrages in dieser Höhe, denn es wird klargestellt, dass der konkrete Betrag noch von einer Entscheidung des Gerichts über den Streitwert abhängt, somit werden also lediglich Erwägungen angestellt, welche Streitwertfestsetzung bei einem noch ausstehenden gerichtlichen Verfahren aus Sicht des Abmahnenden in Betracht kommen kann. Soweit nachfolgend unter Fristsetzung bis zum 21.05.2010 dem Beklagten angeboten wird, die Angelegenheit durch eine Zahlung eines Pauschalbetrages von 850 Euro zu erledigen, handelt es sich ebenfalls nicht um eine konkrete Zahlungsaufforderung hinsichtlich der Kosten der Abmahnung, sondern um das Angebot auf Abschluss eines Abgeltungsvergleiches. Mangels nachvollziehbarer Darlegung der Höhe geltend gemachten Forderung, hinsichtlich der ein Abgeltungsvergleich vorgeschlagen wird, kann in der Nichtreaktion auf dieses Schreiben auch keine endgültige Zahlungsverweigerung erblickt werden, vielmehr ist das Schreiben mangels genauer Benennung der Forderungshöhe nicht geeignet, seinen Empfänger in die Lage zu versetzen, sachgerecht abzuwägen, ob eine Verteidigung angezeigt ist oder nicht.

Der im Zeitpunkt der Abtretung noch bestehende Freistellungsanspruch ist an die Klägerin nicht übergegangen. Zum einen sind Freistellungsansprüche schon vom Wortlaut der Abtretungserklärung nicht umfasst, zum anderen sind solche auch gemäß § 399 ZPO nicht abtretbar, weil sie ihrem Wesen nach an die Person des Freizustellenden gebunden sind (Beck-OK-BGB-Lorenz § 257 Rn. 8 mwN).

Auch ein Schadenersatzanspruch gemäß Lizenzanalogie ergibt sich nicht. Ein solcher wäre zwar durch die Abtretungserklärung, die auch Schadenersatzansprüche umfasst, auf die Klägerin übergegangen, jedoch mangelt es an den Voraussetzungen dieses Anspruchs gemäß § 97 Abs. 2 UrhG, weil der L2 GmbH gemäß als Anlage K5 vorgelegtem Lizenzvertrag lediglich Rechte auf DVD und anderen physikalischen Datenträgern zustehen, hingegen hinsichtlich der Internetrechte ausdrücklich vereinbart ist, dass diese vollumfänglich beim Lizenzgeber verbleiben. Stehen dem Anspruchsteller nur ausschließliche Rechte am Werk auf physikalischen Datenträgern zu, so hat er in Bezug auf eine unerlaubte Internetverbreitung ein negatives Verbietungsinteresse und damit einen Unterlassungsanspruch und einen Schadenersatzanspruch bezüglich des durch die unerlaubte andere Verbreitung entstandenen Schadens (BGH GRUR 1999, 984). Indes kann der insoweit entstandene Schaden aber nur konkret und nicht nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnet werden. Zweck dieser Berechnungsmethode ist es, den Schädiger nicht besser zu stellen als im Fall einer ordnungsgemäß erteilten Erlaubnis durch den Rechtsinhaber, die Lizenzanalogie läuft also auf die Fiktion eines Lizenzvertrages hinaus (BGH GRUR 1990, 1008). Diese Fiktion läuft jedoch leer, wenn der Anspruchsteller mangels Inhaberschaft einer entsprechenden Lizenz selbst nicht zur Vergabe von Internetlizenzen berechtigt ist. Über die Höhe eines möglicherweise konkret entstandenen Schadens ist nicht zu befinden, denn der Klägerseite steht bei den Berechnungsmethoden des Schadenersatzes ein Wahlrecht zu, an dessen Ausübung das Gericht gebunden ist (Wandtke / Bullinger UrhG § 97 Rn. 59). Die Klägerin führt in der Klageschrift selbst aus, dass der Schadenersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie geltend gemacht wird, weil die konkrete Höhe des Schadens nicht angegeben werden könne, so dass lediglich diese Berechnungsart geltend gemacht wird. Im Übrigen fehlt es auch an der Angabe hinreichender Tatsachen, um einen konkreten Schaden gemäß § 287 ZPO schätzen zu können.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 11 ZPO.

Der Streitwert wird auf 1’051 EUR festgesetzt.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

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