AG Düsseldorf: Verträge mit der „Gewerbeauskunft-Zentrale“ können angefochten werden

veröffentlicht am 18. August 2014

AG Düsseldorf, Urteil vom 20.02.2014, Az. 32 C 15079/13
§ 123 Abs. 1 BGB, § 142 Abs. 1 BGB

Das AG Düsseldorf hat entschieden, dass ein Vertrag mit der „Gewerbeauskunft-Zentrale“ wegen arglistiger Täuschung angefochten werden kann. Es werde der fälschliche Eindruck einer amtlichen kostenlosen Eintragung erweckt sowie eine Pflicht des Adressaten zur Beantwortung suggeriert. Die Kosten würden verschleiert. Zum Volltext der Entscheidung:


Amtsgericht Düsseldorf

Urteil

Das Versäumnisurteil vom 19.12.2013 bleibt aufrecht erhalten.

Die Beklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Beklagte übersandte dem Kläger im März 2013 ein Vertragsformular über eine Eintragung der Kontaktdaten des Klägers bei der „Gewerbeauskunft-Zentrale.de“. Das Formular war auf der linken Seite überschrieben mit „Ergänzen oder korrigieren Sie bitte bei Annahme fehlende oder fehlerhafte Daten“. Unter dieser Aufforderung waren einige Kontaktdaten des Klägers bereits voreingetragen. Die linke Spalte endete mit einem Fettdruck „Rückantwort gebührenfrei per Fax bis 02.04.2013 an #####/####.“ Der Fließtext auf der rechten Seite des Formulars sah eine zweijährige Vertragsbindung bei einer jährlichen Vergütung von 569,06 € vor. Unter der Überschrift enthielt das Formular in Fettdruck folgenden unterstrichenen Hinweise: „Schreiben ist Ihnen schon am 20.02.2013 per Post zugesandt worden!“. Wegen der weiteren Einzelheiten des Formulars wird auf Blatt 7 GA Bezug genommen.

Der Kläger stellte fest, dass die in dem Formular enthaltenen Kontaktdaten teilweise unzutreffend wiedergegeben waren. Er korrigierte und ergänzte die Angaben und sandte das Formular sodann unterzeichnet an die Beklagte zurück.

Am 17.05.2013 übersandte die Beklagte dem Kläger eine Rechnung über 569,06 €. Die Beklagte mahnte den Betrag mehrmals an. Der Kläger wandte sich sodann an seinen Prozessbevollmächtigten. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärte durch Schreiben vom 08.10.2013 unter anderem die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung. Er forderte die Beklagte in dem Schreiben weiter erfolglos auf, bis zum 19.10.2013 zu bestätigen, dass die Beklagte sich keiner Forderungen aus Anlass der Unterzeichnung des Formulars berühme und forderte die Beklagte auf, Rechtsanwaltskosten in Höhe von 201,71 zu erstatten.

Der Kläger hat ursprünglich beantragt, festzustellen, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, insgesamt 1.138,12 € an die Beklagte aufgrund des am 24.03.2013 unterzeichneten Formulars zu bezahlen sowie die Beklagte zu verurteilen, die im Verzeichnis Gewerbeauskunft-Zentrale.de gespeicherten Daten des Klägers zu löschen. Weiter hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger außergerichtlich entstandene und nicht anrechenbare Anwaltsgebühren in Höhe von 201,71 € zu bezahlen. Das Gericht hat am 19.12.2013 antragsgemäß ein Versäumnisurteil gegen die Beklagte erlassen.

Der Kläger beantragt nunmehr,

das Versäumnisurteil vom 19.12.2013 aufrecht zu erhalten.

Die Beklagte beantragt,

das Versäumnisurteil vom 19.12.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat insbesondere ein Feststellungsinteresse, da sich die Parteien über die Wirksamkeit eines etwaigen Vertrages aufgrund des vom Kläger unterzeichneten Formulars streiten und die Beklagte vorprozessual Zahlungsansprüche gegen den Kläger geltend gemacht hat.

II.
Die Klage ist auch begründet.

1.
Der Kläger ist nicht verpflichtet, 1.138,12 € aufgrund des am 24.03.2013 unterzeichneten Formulars an die Beklagte zu zahlen. Es kann letztendlich offen bleiben, ob zwischen den Parteien durch die Rücksendung des streitgegenständlichen Formulars ein Vertrag zustande gekommen ist. Ein etwaiger Vertrag ist jedenfalls nichtig gem. § 142 I BGB, da der Kläger den Vertrag durch Schreiben vom 08.10.2013 wirksam angefochten hat. Es liegt ein Anfechtungsgrund gem. § 123 I BGB vor. Der Kläger wurde durch arglistige Täuschung zur Unterzeichnung des streitgegenständlichen Formulars bestimmt. Die Übersendung des Formulars im März 2013 durch die Beklagte erfüllt den Tatbestand der arglistigen Täuschung, da aus dem Formular nicht hinreichend hervor geht, dass es sich um ein Angebot auf Abschluss eines kostenpflichtigen Vertrags handelt. Die Form des Formulars erweckt den Eindruck, dass es sich bei der angepriesenen Eintragung um eine amtliche Eintragung handle. Dies ergibt sich zum einem aus der Überschrift „Gewerbeauskunft-Zentrale.de – Erfassung gewerblicher Einträge-„. Diese Begriffe erwecken den Eindruck, dass hier Daten von einer Behörde gesammelt werden. zum anderen enthielt das Formular unmittelbar unter der Überschrift den Hinweis „Schreiben ist Ihnen schon am 20.02.2013 per Post zugesandt worden!“. Für die Rückantwort war unten auf dem Formular eine Frist gesetzt. Auch dies erweckt den Eindruck, dass eine Verpflichtung des Adressaten bestünde, die erforderlichen Daten mitzuteilen. Auch der Umstand, dass bereits einige Daten voreingetragen sind, lässt den Eindruck entstehen, dass hier hoheitlich Daten erfasst wurden, die zu ergänzen sind, wie der Adressat durch das Formular ja auch aufgefordert wird („ergänzen oder korrigieren Sie bitte bei Annahme fehlende oder fehlerhafte Daten“). Dass es sich bei dem Schreiben um ein Angebot auf den Abschluss eines kostenpflichtigen Vertrages handelt, geht aus dem Schreiben nicht ausreichend deutlich hervor. Das von der Beklagten erwünschte Entgelt wird in dem kleingedruckten Text auf der rechten Seite des Formulars genannt, und zwar an einer Stelle, an der ein durchschnittlicher Betrachter des Lesens bereits müde ist. Einem durchschnittlichen Leser wird durch diese Gestaltung des Schreibens die Rechtsverbindlichkeit, die mit der Rücksendung des unterzeichneten Formulars einhergeht, verschleiert. Dies erfüllt den Tatbestand der Täuschung. Die Beklagte handelte dabei auch arglistig, da die Art der Gestaltung des Schreibens ersichtlich den Sinn hat, Adressaten zum Abschluss eines Vertrages zu bewegen, den sie bei Kenntnis sämtlicher Umstände gar nicht abschließen würden. Die arglistige Täuschung war auch ursächlich für den Vertragsschluss (so im Ergebnis auch AG Düsseldorf, Urteil vom 23.11.2011, 42 C 11568/11; AG Düsseldorf, Urteil vom 07.01.2014, 20 C 11278/13).

2.
Der Anspruch auf Löschung der Daten erfolgt aus §§ 823 I, 1004 I BGB analog in Verbindung mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Klägers.

3.
Der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 280 I, 249 BGB. Die durch die Anfechtung der auf den Vertrag gerichteten Willenserklärung angefallenen Rechtsanwaltskosten stellen notwendige Rechtsverfolgungskosten dar.

III.
Prozessuale Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 I 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 1.738,12 €.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Düsseldorf zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

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