AG Frankfurt a.M.: Kein fliegender Gerichtsstand für Filesharing-Klagen

veröffentlicht am 23. August 2013

AG Frankfurt a.M., (Hinweis-) Beschluss vom 13.06.2013, Az. 30 C 906/13 (25)
§ 32 ZPO

Das AG Frankfurt a.M. hat darauf hingewiesen, dass alleine eine Abrufbarkeit einer Musikdatei im Internet noch keine örtliche Zuständigkeit gemäß § 32 ZPO begründet. Dieses würde dem Bild des gesetzlichen Richters widersprechen. Denn es führe zu einer Wahlgerichtsbarkeit der Klägerseite an dem Gericht, dessen Rechtsprechung der Interessenlage der Klägerseite gerade aktuell am dienlichsten sei. Dieses sei mit dem Bild des gesetzlichen Richters gemäß dem Grundgesetz unvereinbar. Es sei eine Einschränkung erforderlich, wonach über die generelle Abrufbarkeit hinaus ein weitergehender Bezug zu dem angerufenen Gericht erforderlich sei. Zum Volltext des Hinweises:

Amtsgericht Frankfurt am Main


in dem Rechtsstreit

wird das schriftliche Vorverfahren angeordnet.

Das Gericht weist auf folgende Punkte hin:

Das Gericht weist darauf hin, dass eine örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Frankfurt am Main nicht ersichtlich ist.

Das Gericht folgt der Rechtsauffassung, wonach alleine eine Abrutbarkeit eine örtliche Zuständigkeit gemäß § 32 ZPO begründet, nicht. Dieses würde dem Bild des gesetzlichen Richters widersprechen. Denn es führt zu einer Wahlgerichtsbarkeit der Klägerseite an dem Gericht, dessen Rechtsprechung der Interessenlage der Klägerseite gerade aktuell am dienlichsten ist. Dieses ist mit dem Bild des gesetzlichen Richters gemäß dem Grundgesetz unvereinbar. Es ist eine Einschränkung erforderlich, wonach über die generelle Abrufbarkeit hinaus ein weitergehender Bezug zu dem angerufenen Gericht erforderlich ist. Dieser weitergehende Bezug ist vorliegend nicht gegeben. Die Klägerin hat ihren Sitz in Bad Marienberg. Die Klägervertreter haben ihren Sitz in Hamburg. Der Beklagte hat seinen Wohnsitz in Wolfsburg.

Die Wahl des Amtsgerichts Frankfurt am Main als zuständigen Gerichts ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Diese dürfte wohl nur dadurch begründet sein, dass die Klägerseite sich das Gericht auswählt, dessen aktuelle Rechtsprechung der Klägerseite vermeintlich gerade am dienlichsten ist.

Selbst wenn man eine Wahlmöglichkeit der Klägerin Ober den „fliegenden Gerichtsstand“ als grundsätzlich für möglich erachten würde, so wäre die Klage vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main trotzdem unzulässig, denn die Klägerin wäre dann zumindest verpflichtet, ihre Wahl nach Treu und Glauben auszuüben. Dieses tut die Klägerin offensichtlich nicht.

Ungeachtet der Frage der örtlichen Zuständigkeit weist das Gericht darauf hin, dass ein Anspruch auf außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 859,80 nicht schlüssig dargetan ist Der Schadensersatzanspruch folgt dem Schaden, welcher der Klägerin tatsächlich entstanden ist. Insoweit bedarf es einer substantiierten Darlegung, welche Vergütungsvereinbarung zwischen der Klägerin und ihren Prozessbevollmächtigten für entsprechende außergerichtliche Abmahnungen getroffen wurde. Dass eine Abrechnung nach dem RVG unter Zugrundelegung einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr vereinbart wurde erscheint äußerst fraglich. Die Klägerin hat außergerichtlich eine vergleichsweise Beilegung gegen Zahlung von 1.498,00 EUR angeboten und tut dieses gerichtsbekannt entsprechend in einer Vielzahl von Fällen. Wäre der Klägerin tatsächlich ein Schaden hinsichtlich außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 859,80 EUR entstanden, so würde die Klägerin, die den Schadensersatzanspruch im Rahmen des Vergleichs mit 1000,00 EUR beziffert, ein erhebliches Verlustgeschäft betreiben, was als fernliegend anzusehen ist.

Gerichtsbekannt wird bei entsprechenden Massenfällen in aller Regel vielmehr eine Pauschalvergütung zwischen Mandant und Bevollmächtigten getroffen. Ausgehend von der Vermutung, dass die Klägerin mit ihren Anwälten eine schriftliche Vergütungsvereinbarung getroffen hat wird aufgegeben, diese zur Akte zu reichen.

Es wird weiterhin darauf hingewiesen, dass es nicht dargetan ist, dass die Klägerin selbst bereits außergerichtliche Anwaltskosten (in Höhe von 859,80 EUR) an die Klägervertreter gezahlt hat und möglicherweise derzeit nur ein Befreiungsanspruch in Betracht kommt.

Die Klägerin hat Gelegenheit, binnen 1 Woche zur Frage der örtlichen Zuständigkeit Stellung zu nehmen. Wird Verweisung (an das Amtsgericht Wolfsburg) beantragt?

Der Beklagte hat Gelegenheit, binnen 1 Woche zur Frage der örtlichen Zuständigkeit und dem etwaig erfolgenden Verweisungsantrag der Klägerseite vorab Stellung zu nehmen.

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