AG Köln: Die Beschriftung „Kaufen“ auf einem Bestellbutton genügt nicht für einen wirksamen Vertragsschluss

veröffentlicht am 23. September 2014

AG Köln, Urteil vom 28.04.2014, Az. 142 C 354/13
§ 312j Abs. 3 BGB

Das AG Köln hat entschieden, dass die Beschriftung eines Bestell-Buttons im Internet mit der Formulierung „Bestellen und Kaufen“ nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht und damit kein wirksamer Kaufvertrag zustande kommt. Das Gesetz sehe vor, dass eine Schaltfläche im Internet, die eine verbindliche Bestellung eines Verbrauchers auslösen soll, mit der Formulierung „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer „entsprechenden eindeutigen Formulierung“ beschriftet sein müsse. Das Wort „Kaufen“ sei jedoch nach Auffassung des AG Köln keine solche eindeutige Formulierung, da dadurch die Verbindlichkeit und Zahlungspflicht nicht eindeutig genug vermittelt werde. Es gebe immerhin Käufe (z.B. Kauf auf Probe), die noch keine Zahlungspflicht auslösen würden. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Auffassung durchsetzen wird oder auf den Einzelfall beschränkt bleibt. Zum Volltext der Entscheidung:


Amtsgericht Köln

Urteil


Der Vollstreckungsbescheid des AG Hagen vom 11.06.2013 – Gz.:13-2062983-0-6 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, soweit nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe geleistet hat.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung einer Vergütung für den Bezug eines Zwangsversteigerungskalenders in Anspruch.

Die Klägerin ist ein Verlag für Wirtschaftsinformationen und vertreibt u.a. einen monatlich erscheinenden Zwangsversteigerungskalender mit dem Namen „WJA“. In diesem werden Informationen zu Objekten aufgeführt. Die Klägerin tritt an potenzielle Kunden über die Internetplattformen www.immowelt.de und www.immoscout24.de sowie auf der eigenen Webseite heran. Der Kunde kann durch Hinterlassen seiner Kontaktdaten um einen Informationsanruf der Klägerin bitten. Der Beklagte hinterliess auf diese Weise seine Kontaktdaten bei der Klägerin, die ihn daraufhin anrief. Die Klägerin informierte den Beklagten über den Zwangsversteigerungskalender, die Preisstruktur und die Kündigungsmöglichkeiten. Der Beklagte äusserte den Wunsch den Kalender zu beziehen. Die Klägerin versandte sodann eine Angebotsmail an den Beklagten. Diese Mail hat folgenden beispielhaften Inhalt:

„Vielen Dank für das nette Gespräch und die Entscheidung für unseren vom Verbraucherschutz ausgezeichneten Versteigerungskalender WJA:

12-monatiges Abonnement Schleswig Holstein/ Hamburg (print) für 198,00 Euro (der Preis versteht sich inkl. MwSt. und Versand). Mit Ihrer Bestellung erklären Sie die Kenntnisnahme der Widerrufsbelehrung und das Einverständnis mit unseren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (es folgt ein Link)

ZUM BESTELLEN UND KAUFEN NUR NOCH EINE BESTELLMAIL.

KLICKEN SIE HIERZU AUF FOLGENDEN LINK: (es folgt ein Link)

SOLLTE DER LINK NICHT FUNKTIONIEREN klicken Sie bitte auf „ANTWORTEN“ mit folgendem Text: „Hiermit bestätige ich die Bestellung“ und ihr Versteigerungskalender WJA ist auf dem Weg zu Ihnen.

Die Rechnung liegt der ersten Ausgabe bei.

Ersteigern Sie vor Ablauf des Abonnements bekommen Sie den Betrag für die Restlaufzeit selbstverständlich von uns rückerstattet. ….. .“

In den über den Link anzusteuernden Allgemeinen Geschäftsbedingungen heisst es unter Ziffer 8 Widerrufsrecht:

„Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von einem Monat ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) oder – wenn Ihnen die Sache vor Fristablauf überlassen wird – durch Rücksendung der Sache widerrufen. Dies findet keine Anwendung auf den Versteigerungskalender, da es sich um eine verlagseigene Zeitschrift handelt. …..“

Der Beklagte betätigte am 22.02.2013 den Bestellungslink über die Bestellung eines 6 Monats Abonnements zu 132,00 Euro für die Region Nordrhein im PDF Format. Die Klägerin stellte dem Beklagten mit Schreiben vom 25.02.2013 132,00 Euro in Rechnung.

Die Klägerin erwirkte gegen den Beklagten beim AG Hagen einen Vollstreckungsbescheid unter dem 11.06.2013, mit dem der Beklagte zur Zahlung von 132,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.03.2013 sowie 15,00 Euro Mahnkosten und 39,00 Euro vorgerichtliche Anwaltskosten verpflichtet wurde. Gegen den ihm am 08.07.2013 zugestellte Vollstreckungsbescheid hat der Beklagte mit bei Gericht eingegangenem Schreiben vom 16.07.2013 Einspruch eingelegt.

In dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 03.02.2014 hat die Klägerin gegen den trotz ordnungsgemässer Ladung säumigen Beklagten Erlass eines zweiten Versäumnisurteiles beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze der Klägerin nebst Anlagen verweisen.

Entscheidungsgründe

Der gegen den Vollstreckungsbescheid des AG Hagen vom 11.06.2013 eingelegte Einspruch ist form- und fristgerecht, mithin zulässig.

Er hat in der Sache auch Erfolg; die Klage ist nicht schlüssig.

I.
Auf der Grundlage des Sachvortrages der Klägerin ist kein wirksamer Vertrag zwischen den Parteien über den Bezug des Versteigerungskalenders zustande gekommen, da die Angebots E-Mail der Klägerin hinsichtlich der erforderlichen ausdrücklichen Zahlungsbestätigung nicht den an eine Bestellschaltfläche („Bestellbutton“) im elektronischen Geschäftsverkehr zu stellenden Anforderungen gemäss § 312 g Abs. 3 BGB entspricht.

§ 312 g in der seit dem 01.08.2012 geltenden Fassung bestimmt in Abs. 3 Satz 1, dass der Unternehmer bei einem Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher die Bestellsituation so zu gestalten hat, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist nach Satz 2 diese Pflicht des Unternehmers nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist. Sinn und Zweck dieser Norm ist es den Verbraucher vor „Kostenfallen“ im Internet zu schützen. Dieser Schutz soll dadurch erreicht werden, dass der Verbraucher durch eine klare und eindeutige Formulierung vor der Abgabe einer Willenserklärung gewarnt wird, dass er bei Fortsetzung des Bestellvorgangs Zahlungspflichten eingeht. Die nach Satz 1 erforderliche ausdrückliche Zahlungsbestätigung hat der Gesetzgeber in Satz 2 noch weiter dahingehend konkretisiert, dass die Formulierung nur „zahlungspflichtig bestellen“ oder entsprechend eindeutig lauten darf. Dabei ist bereits durch das Voranstellen des konkreten Wortlautes „zahlungspflichtig bestellen“ der Spielraum für die Variante „entsprechend eindeutig“ dahingehend eingeschränkt, dass die Formulierung mindestens das gleiche Gewicht und den gleichen Bedeutungsgehalt aus der Sicht eines durchschnittlich verständigen Verbrauchers haben muss. Davon ausgehend ist festzustellen, dass die seitens des Gesetzes als in jedem Fall ausreichende Formulierung vom Wortlaut her aus zwei Elementen besteht, nämlich der Willenserklärung selbst in Gestalt eines „Bestellens“ und dem zum Ausdruckbringen eines Rechtsbindungswillens in Gestalt des Bekenntnisses zur „Zahlungspflichtigkeit“. Gerade letzteres ist von besonderer Bedeutung: dem Besteller, Käufer, Abonnenten usw. soll unmissverständlich vor Augen geführt werden, dass er eine (Zahlungs-)Pflicht übernimmt, eine (Zahlungs-)Verbindlichkeit eingeht oder bestätigt, einen Preis zahlen zu müssen. Fehlt eines dieser beiden Elemente hat der Unternehmer seine Pflicht nach Abs. 3 Satz 2 nicht erfüllt, da die Warnung des Verbrauchers gemessen an dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der Norm unvollständig ist. Die Rechtsfolge einer unvollständigen Erfüllung der Pflicht des § 312 g Abs. 3 Satz 2 BGB ist gemäss Abs. 4, dass ein Vertrag gar nicht zustande kommt.

So liegt der Fall hier.

Dabei ist zunächst festzustellen, dass § 312 g Abs. 3 Satz 2 BGB auf die Parteien Anwendung findet, da die Klägerin Unternehmerin ist und dem Vortrag der Klägerin nicht zu entnehmen ist, dass es sich bei dem Beklagten nicht um einen Verbraucher handelt. Die von der Klägerin in ihrer Angebots E-Mail zur Erfüllung der Verpflichtung verwendete Formulierung „ Zum Bestellen und Kaufen fehlt nur eine Bestellmail“ genügt aber auf Grundlage des oben Gesagten nicht den gesetzlichen Vorgaben des § 312 g Abs. 3 Satz 2 BGB; denn es werden in ihr lediglich zwei Formen der Willenserklärung miteinander verknüpft nämlich „Bestellen und Kaufen“; es fehlt die Hervorhebung des Bindungswillens durch Begriffe wie z.B. „kosten- oder zahlungspflichtig“, „bindend“ oder „zu diesem Preis“. Alleine dem Wort „Kaufen“ ist der Bindungscharakter der Willenserklärung nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit zu entnehmen. Durch die Verknüpfung mit „und“ wird das Kaufen dem Bestellen als Willenserklärung gleichgestellt, womit dem Kaufen kein weiterer über Bestellen hinausgehender Bindungswille beigemessen werden kann, sondern nur die Art der Erklärung selbst beschrieben wird. Dass aber die Verwendung der Begriffe Bestellen, Erwerben und Abonnieren alleine nicht ausreichend sind, ist weitgehend anerkannt (vgl. Staudinger – Thüsing, BGB, 2012, § 312 g BGB Rn 68). Für die alleinige Verwendung des Begriffes „Kaufen“ gilt auch ohne die Verknüpfung mit Bestellen nichts anderes. Die Verwendung des Wortes „Kaufen“ kann, muss aber nicht zwingend von der Wortbedeutung her eine Zahlungspflicht beinhalten. So gibt es Kaufformen, die zunächst keine Zahlungspflicht auslösen – wie etwa den Kauf auf Probe. Hinzu kommt, dass im konkreten Fall der verwendete Begriff Kaufen auch sprachlich nicht zu dem Vertragsgegenstand passt bei dem es um ein Abonnement geht. Hierdurch wird die erforderliche Klarheit der Formulierung beeinträchtigt, da der Verbraucher keine Ware einmalig bestellen oder kaufen sondern einen Kalender auf Dauer abonnieren oder beziehen soll. Die erforderliche Betonung der „Pflicht“ wird auch nicht durch die Angabe des Preises in der Angebots – E Mail im zweiten Absatz hergestellt, da es an der unmittelbaren Verknüpfung mit dem Bestellvorgang selbst fehlt. Soweit die Klägerin sich auf die Gesetzesmaterialien beruft, ist festzustellen, dass die Auffassung der Begriff „Kaufen“ sei zur Erfüllung der Pflicht des § 312 g Abs. 3 Satz 2 BGB ausreichend, nicht den Willen des Gesetzgebers wiedergibt sondern nur Teil der Erklärung der Bundesregierung ist. Diese Auffassung ist indes nicht Gesetz geworden ist und lässt sich nach Auffassung des Gerichtes auch nicht im Wege der Auslegung herleiten.

Selbst wenn man zugunsten der Klägerin annehmen wollte, dass es sich bei der Formulierung „Bestellen und Kaufen“ um eine dem § 312 g Abs. 3 Satz 2 BGB genügende Wendung handelt, bestünde indes kein Anspruch der Klägerin auf Zahlung: Zwar wäre in diesem Fall ein wirksamer Vertrag zustande gekommen, der insoweit – entgegen der zunächst seitens des Gerichtes angenommenen Auffassung – wegen eines wirksamen Widerrufausschlusses auch nicht widerrufen werden konnte, dem aber ein Schadenersatzanspruch des Beklagten auf Befreiung von dieser Verbindlichkeit in gleicher Höhe gemäss §§ 280, 241 Abs. 2 BGB wegen Verletzung der Informationspflichten des § 312 c BGB iVm Art. 246 §§ 2, 1 Abs. 1 und 2 EGBGB entgegensteht, da der Beklagte nicht über den zutreffenden Widerrufsausschluss informiert wurde und er bei zutreffender Information einen Widerruf hätte erklären können.

§ 312 d Abs. 4 BGB regelt die Fälle, in denen ein Widerrufsrecht nicht besteht. Nach der im Zeitpunkt der Bestellung durch den Beklagten geltenden Fassung vom 04.08.2011 war ein Widerrufsrecht nach Nr. 4 ausgeschlossen, wenn es sich um einen Fernabsatzvertrag zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten handelte, es sei denn, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung telefonisch abgegeben hat. Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierte zeichnen sich durch einen überwiegenden redaktionellen Inhalt aus. Der Ausschluss des Widerrufes rechtfertigt sich dadurch, dass diese Inhalte schnell veralten und damit der Wert des Produktes sinkt. Kalender werden hiervon mangels redaktionellen Inhalt nicht erfasst (OLG Hamburg, NJW 2004, 1114).

Ausgehend hiervon fällt der Zwangsversteigerungskalender der Klägerin nicht unter § 312 d Abs. 4 Nr.3 BGB. Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass die Einschränkung dieses Ausschlusses nur für telefonische Vertragsschlüsse gilt und nicht für elektronische wie hier nach der Buttonlösung, da der Wortlaut insoweit eindeutig ist; Indes ist der von der Klägerin im Abonnement vertriebene Versteigerungskalender bereits keine Zeitschrift, Zeitung oder Illustrierte im Sinne dieser Vorschrift. Die Klägerin vertreibt kein Produkt mit redaktionellem Inhalt, vielmehr stellt sie für den Interessenten Informationen über Zwangsversteigerungsobjekte und – termine zusammen. Dieses Produkt wird von der Klägerin auch selbst als Kalender bezeichnet. Der Klägerin kommt damit bereits aus diesem Grunde nicht die Privilegierung des Widerrufsausschlusses zugute.

Indes bedeutet dies nicht, dass kein Widerrufsausschluss besteht, vielmehr ist festzustellen, dass, da der Kalender auf elektronischem Wege als pdf Datei übersandt wurde, der Widerrufsauschluss des § 312 d Abs. 4 Nr. 1 BGB einschlägig ist, wonach es sich um Waren handelt, die für eine Rücksendung nicht geeignet sind, was für die Zusendung als „E-Paper“ der Fall ist. Allerdings hat die Klägerin in ihrer Widerrufsbelehrung diesen Fall nicht aufgenommen sondern nur den – sachlich nicht zutreffenden – Fall, dass der Widerrufsausschluss für den Versteigerungskalender darauf beruht, dass es sich um eine verlagseigene Zeitschrift handelt.

Damit ist die Klägerin ihren nach §§ 312 c, 312 d BGB dem Beklagten gegenüber bestehenden Informationspflichten nicht nachgekommen.

Gemäss § 312 d Abs. 2 BGB treffen den Unternehmer Informationspflichten. So muss er dem Verbraucher die nach Art. 246 §§ 2, 1 Abs. 1und 2 EGBGB vorgesehenen Informationen mitteilen. Nach Art. 246 § 2 Abs.1 Nr. 2 EGBGB hat der Unternehmer bei der Warenlieferung die Informationen in Textform mitzuteilen spätestens bis zu der Lieferung an den Verbraucher. Die Informationen müssen den nach Art. 246 § 1 EGBGB vorgesehenen Inhalt haben. Dazu gehört insbesondere auch die Information über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechtes (Art. 246 § 1 Nr. 10 EGBGB). Die Information über das Nichtbestehen eines Widerrufs- und Rückgaberechtes umfasst die Information über die Ausschlussgründe nach § 312 d Abs. 4 BGB. Die Information kann abstrakt sein und sich auf die Vertriebspraktiken und Produktpalette des Unternehmers beschränken (MK-Wendehorst, BGB 6.Aufl., 2012, § 312 c Rn 40; vgl. auch OLG Hamburg, NJOZ 2007, 4812 für § 1Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoVO a.F., BGH, NJW 2010, 989). Sie darf aber bei dem Kunden nicht zu einer sein Handeln beeinflussende Fehlinformation führen. Dies ist der Fall, wenn die erteilte Information nicht den Vorgaben des § 312 d Abs. 4 BGB entspricht, d.h. der Unternehmer einen Ausschuss für sich in Anspruch nimmt, der ihm von § 312 d Abs. 4 BGB nicht gewährt wird und der Kunde daher fälschlich von unzutreffenden Voraussetzungen ausgeht.

So liegt der Fall hier. Die Klägerin hat in ihrer Widerrufsbelehrung den Beklagten unzutreffend informiert. So bestand kein genereller Widerrufsausschluss wegen des Zeitschriftencharakters des Kalenders sondern nur wegen der Art der Übermittlung im elektronischen Wege als pdf-Datei. Durch die seitens der Klägerin gewählte Formulierung entsteht aber bei dem Kunden der Eindruck, dass ihm grundsätzlich bei dem Kalender kein Widerrufs- und Rückgaberecht zusteht. Dies trifft indes auf die Übersendung einer gedruckten Printversion des Kalenders nicht zu. Hier besteht ein Widerrufs- und Rückgaberecht, das wie dargelegt auch nicht durch § 312 d Abs. 4 Nr. 3 BGB ausgeschlossen werden darf und darüber hinaus auch nicht durch § 312 d Abs. 4 Nr. 1 BGB, da die Druckversion zurückgeschickt werden kann.

Diese fehlerhafte Information führt vorliegend zu einem Schadenersatzanspruch des Beklagten auf Befreiung von der gegen ihn gerichteten Vergütungsforderung.

Es besteht bei der Verletzung von vertraglichen Beratungs- und Aufklärungspflichten die Vermutung, dass der Schaden nicht entstanden wäre, wenn sich der Geschädigte entsprechend der Beratung und Aufklärung „richtig“ verhalten hätte (BGH NJW 2012, 2427). Diese Vermutung gilt in der Regel, wenn bei ordnungsgemässer Aufklärung nur eine Handlungsoption übrig bleibt, aber auch dann, wenn es zwar mehrere Alternativen gibt, von denen aber gemessen an dem Handlungsziel des Geschädigten die eine deutlich vorteilhafter ist als die andere und auch keine Gründe in der Person des Geschädigten vorhanden sind, die darauf schliessen lassen, dass er die Aufklärung nicht angenommen hätte. Die Rechtsfigur der tatsächlichen Vermutung eines aufklärungsrichtigen Verhaltens ist auf die Verbraucherinformationen bei Fernabsatzverträgen übertragbar. Die Informationen der Art. 246 §§ 1, 2 EGBGB dienen dem Zweck den Verbraucher umfassend über seine Rechte im Zusammenhang mit dem Geschäft zu unterrichten. Ziel ist es, den Verbraucher in den Stand zu setzen, eine verantwortliche Entscheidung für oder gegen den Vertrag zu treffen, sich informiert zu entscheiden und seine Rechte effektiv wahrzunehmen (BeckOK – Räntsch BGB Art. 246 § 1 Rn 1). Der Verbraucher soll die in seiner Situation wirtschaftlich vernünftigste Entscheidung treffen können. Insbesondere darf ihm durch eine Fehlinformation nicht die für ihn vorteilhafteste Option genommen werden.

Vorliegend konnte der Beklagte keine in diesem Sinne differenzierte Entscheidung treffen. Wäre der Beklagten bereits bei der Lieferung pflichtgemäss darauf hingewiesen worden, dass nach § 312 d Abs. 4 Nr. 1 BGB ein Widerrufsausschluss nur bei Bestellung des Kalenders mit elektronischer Übertragung Besteht, nicht aber bei der Zusendung der Druckversion per Post, hätte er die Entscheidung treffen können, ob er sich nicht den Kalender in der Druckversion ansieht, um sich dann zu entscheiden, ob er den Widerruf ausübt oder nicht. Dass der Beklagte vollständig bei dem Telefongespräch über diese Unterschiede informiert worden wäre, ist nicht ersichtlich. Es ist auch nicht dargetan, dass der Beklagte sich auch bei Kenntnis der Unterschiede in jedem Fall für die elektronische Variante entschieden hätte. Bei vollständiger Information ist daher zu vermuten, dass der Beklagte sich für den für ihn wirtschaftlich sinnvollsten und sichersten Weg entschieden hätte und eine Zusendung der Druckversion gebeten hätte.

Ist aber der Beklagte nach § 249 BGB so zustellen, wie er sich bei vollständiger Information vernünftigerweise verhalten hätte, wäre er von der Pflicht zur Zahlung befreit worden, weil er den Widerruf hätte ausüben können.

II.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr.11, 711 ZPO.

Die Berufung wird zugelassen.

Streitwert: 132,00 Euro

I