AG Köln: eBay-Accountinhaber haftet auch für Urheberrechtsverletzungen, die ohne seine Kenntnis begangen wurden

veröffentlicht am 19. März 2014

Rechtsanwalt Dr. Ole DammAG Köln, Urteil vom 23.01.2014, Az. 137 C 17/13
§ 72 UrhG, § 97 Abs. 1 UrhG

Das AG Köln hat entschieden, dass der Inhaber eines eBay-Accounts auch für über diesen Account begangene Urheberrechtsverletzungen haftet, wenn er von der konkreten Handlung keine Kenntnis hatte. Wer einer anderen Person bei der Nutzung des Accounts freie Hand lasse (hier: Lebensgefährtin des Beklagten), müsse für deren Handlungen einstehen. Neben der Verpflichtung zur Unterlassung seien auch die Abmahnkosten durch den Accountinhaber zu begleichen. Schadensersatz schulde er jedoch nicht. Zum Volltext der Entscheidung:

Amtsgericht Köln

Urteil

In dem Rechtstreit

hat das Amtsgericht Köln auf die mündliche Verhandlung vom 16.12.2013 durch Richter am Amtsgericht Heckhoff für Recht erkannt:

Das Versäumnisurteil vom 04.04.2013 wird aufrechterhalten, soweit der Beklagte damit zur Unterlassung sowie Zahlung von 265,70 € nebst Zinsen daraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.06.2013 an den Kläger verurteilt worden ist.

Im Übrigen wird die Klage unter teilweiser Aufhebung des Versäumnis­urteils abgewiesen.

Der Kläger hat die Gerichtskosten und seine außergerichtlichen Kosten zu 1/10 zu tragen. Im Übrigen werden die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten auferlegt.

Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur fortgesetzt werden gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.500,00 €.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Vollstreckung aus ihm kann der Beklagte abwenden durch Sicher­heitsleistung in Höhe von 900,00 €, wenn nicht der Kläger vor der Voll­streckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger betreibt unter der URL […] aus seinen Geschäftsräumen heraus im Internet einen sogenannten Online-Shop vornehmlich für Gläser bekannter Getränkehersteller, für Getränke und Zubehör. Die dort angebotenen Waren, zu de­nen auch eine Veuve Clicquot iPhone Tasche (vgl. Seite 2 der Klageschrift) gehört, bewirbt der Kläger mit professionell gestalteten Fotografien. Nach seiner Behauptung nahm er sie samt und sonders selbst auf, insbesondere dasjenige der erwähnten Tasche.

Im September 2012 stellte der Kläger fest, dass das Bild von der Tasche im Rahmen eines von einer anderen Person initiierten Angebots zum Kauf einer solchen Tasche über die Plattform eBay genutzt wurde. Der Verkäufer trat dabei unter der Bezeich­nung […] auf. Wegen der Einzelheiten wird auf einen vom Kläger als Anlage zu seiner Klageschrift eingereichten Ausdruck (Blatt 12 der Gerichtsakten) verwiesen.

Der Kläger fragte bei dem Plattformbetreiber nach, wer unter der genannten Be­zeichnung handele. Darauf erhielt er die Personalien des Beklagten, allerdings mit der zumindest nicht mehr zutreffenden Anschrift […].

Der Kläger ließ ein anwaltliches Abmahnschreiben an den Beklagten unter der ge­nannten Anschrift versenden, das jedoch wegen Unzustellbarkeit zurückgelangte.

Nunmehr erhielt der Kläger vom Plattformbetreiber für den Beklagten die Anschrift […]. Ein nach dort versandtes Abmahnschreiben gelangte nicht zurück, wurde aber auch nicht beantwortet, etwa durch Abgabe einer im Entwurf beigefügten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung.

Der Kläger behauptet, wenn nicht der Beklagte selbst sogar das Bild verwertet habe, sondern seine (ehemalige) Freundin/Lebensgefährtin habe diese nicht ohne sein Wissen und gegen seinen Willen gehandelt. Er habe es zumindegt zugelassen, dass sie unter seinem Namen ihre Geschäfte betrieben habe.

Der Kläger verlangt Unterlassung sowie Zahlung in Höhe der Kosten einer anwaltli­chen Abmahnung bei einem Gegenstandswert von 3.000,00 € und von Schadenser­satz in Form entgangenen Lizenzentgelts in Höhe von 180,00 €.

Durch das im Ausspruch bezeichnete Versäumnisurteil ist dem Beklagten aufgege­ben worden, die öffentliche Zugänglichmachung des Lichtbildes zu unterlassen sowie an, den Kläger 445,50 € nebst Zinsen zu zahlen.

Nach zulässigem Einspruch des Beklagten beantragt der Kläger,

das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung unter Aufhebung des Versäumnisurteils.

Er behauptet, das eBay-Konto sei von seiner früheren Lebensgefährtin […] im Jahr 2010 eingerichtet worden. Er habe keine Kenntnis von den Zu­gangsdaten. Er habe mit ihr von 2008 bis 2010 im Haus […] in […] gewohnt.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der […] als Zeu­gin. Insoweit wird Bezug genommen auf die Niederschrift vom 16.12.2013 (Blatt 85 der Gerichtsakte).

Die Zahlungsklage hat der Kläger zunächst über 639,20 € erhoben, wegen des überschießenden Betrages die Klage jedoch vor Erlass des Versäumnisurteils zu­rückgenommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage erweist sich auch nach erneuter mündlicher Verhandlung als überwiegend begründet, weswegen insoweit gemäß §§ 495, 343 Satz 1 ZPO das ihr stattgebende Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten ist.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf die erkannte Unterlassung gemäß §§ 72, 97 Abs. 1 UrhG.

Der Beklagte verletzte das Leistungsschutzrecht des Klägers als Lichtbildner da­durch, dass er es geschehen ließ, dass im September 2012 das Bild von der erwähnten Tasche bei dem zumindest versuchten Verkauf über die Plattform eBay öf­fentlich zugänglich gemacht wurde.

Dieses Recht stand gemäß §§ 72, 19 a UrhG allein dem Kläger zu. Von seiner Lichtbildnerschaft ist das Gericht überzeugt angesichts der Vorlage eines hochauflö­senden Fotos im Format DIN A 4 sowie der Wiedergabe der Metadaten, beispiels­weise hinsichtlich der Pixelzahl und der Punktdichte pro Zoll (Blatt 65 f der Gerichts­akte).

Von einer widerrechtlichen Verletzung durch den Beklagten und damit einer Unterlassungs- und im Übrigen auch Störerhaftung des Beklagten ist das Gericht über­zeugt nach den Bekundungen der Zeugin […]. Diese gehen dahin, dass sie und der Beklagte gemeinsam das eBay-Konto eingerichtet haben, dies also nicht ohne sein Zutun geschah. Die Aussage erscheint dem Gericht glaubhaft. Die Zeugin ver­suchte nicht, sich selbst zu entlasten, obwohl ihr der Streit verkündet ist. Sie gab ihre Täterschaft zu. Damit ist auch keine Belastungstendenz im Verhältnis zum Beklagten zu erkennen. Im Übrigen wird vom Plattformbetreiber eine Identitätsprüfung über Bankkonto- oder Kreditkartendaten vorgenommen, was dagegen spricht, dass die Zeugin ohne Zutun des Beklagten unter dessen Namen das Konto einrichten konnte.

Störer ist der Beklagte im Verhältnis zum Kläger, da er willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beitrug, indem er dabei zumindest mitwirkte, dass unter seinem Namen ein eBay-Konto eröffnet wurde. Zwar darf die Störerhaftung nicht über Gebühr. auf Personen erstreckt werden, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, wie hier der Beklagte. Er kann allerdings aus der Störerhaftung und damit auch derjenigen auf Unterlassen nicht entlassen werden, da er Prüfpflichten hatte, die er verletzte. Er durfte nicht der Zeu­gin […] – offenbar über Jahre — völlig freie Hand dabei lassen, unter seinem Namen Verkäufe zu tätigen, wozu klassischer Weise auch die öffentliche Zugäng­lichmachung von Bildern der Artikel gehört, die angeboten werden sollen. In einem solchen Fall haftet auch derjenige, der einen Kausalbeitrag zur Rechtsverletzung schuldlos gesetzt hat, auf Unterlassung (vgl. BGH MDR 2010, 883 „Sommer unseres Lebens“).

Daraus folgt, dass der Beklagte dem Kläger auch Ersatz in Höhe der Abmahnkosten gemäß § 97 a Abs. 1 Satz 2 UrhG a.F. schuldet. Wegen der lediglich kleingewerbli­chen Aktivitäten über der Konto beträgt der Gegenstandswert für das Unterlas­sungsverlangen allerdings nicht 6.000,00 €, sondern 3.00000 €, wie vom Kläger mit der Teilklagerücknahme zugrunde gelegt.

Damit ergeben sich Abmahnkosten wie folgt:

1,3-Geschäftsgebühr 245,70 €
zuzüglich Pauschale gern. Nr. 7002 WRVG 20,00 €
insgesamt 265,70 €

Angesichts der Kleingewerblichkeit der Aktivitäten über das eBay-Konto unter dem Namen des Beklagten, der er Tür und Tor geöffnet hatte, liegt wiederum kein Fall außerhalb des geschäftlichen Verkehrs vor, der eine Begrenzung des Erstattungsbe­trages gemäß § 97 a Abs. 2 UrhG a.F. auf 100,- € nach sich ziehen müsste.

Die zuerkannten Zinsen schuldet der Beklagte gemäß §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs., 288 Abs. 1, 291 BGB ab Zustellung des Versäumnisurteils, durch die er erstmalig in den Rechtsstreit hineingezogen wurde.

Im Übrigen erweist sich nach erneuter mündlicher Verhandlung die Klage als unbe­gründet, weswegen gemäß §§ 495, 343 Satz 2 ZPO insoweit das Versäumnisurteil aufzuheben ist.

Dem Kläger ist kein Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 UrhG zuzuerkennen. Der ihm obliegende Beweis ist nicht geführt, dass der Beklagte unter Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt dazu beitrug, dass von der Zeugin das Bild öffentlich zugänglich gemacht wurde. Es ist nicht ersichtlich, dass er irgendwelche Anhaltspunkte dafür hatte, dass sie unter Verwendung seines Namens Urheber- oder Leistungsschutzrechte über das eBay-Konto verletzt (vgl. BGH aa0). Etwas Anderes gilt auch nicht bei Zugrundelegung der Erkenntnisse aus der Halzband-Entscheidung des BGH (BGHZ 180, 134).

Die Entscheidungen über die Kosten, die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Voll­streckungsabwendungsbefugnis beruhen auf §§ 92 Abs. 1 und 2, 495, 269 Abs. 3 S. 2, 708 Nr. 11, 709 Satz 3, 711 Satz 1 ZPO.

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 € übersteigt oder

b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Mo­naten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Köln zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Köln durch einen Rechtsanwalt ver­treten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegrün­dungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des ange­fochtenen Urteils vorgelegt werden.

Auf das Urteil hingewiesen haben Strömer Rechtsanwälte.

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