AG Köln: Informationen von Wikipedia gelten als „gerichtsbekannt“

veröffentlicht am 8. Februar 2012

Rechtsanwalt Dr. Ole DammAG Köln, Urteil vom 20.04.2011, Az. 201 C 546/10
§ 535 Abs. 2 BGB

Das AG Köln hat, im Rahmen einer mietrechtlichen Entscheidung, sein Vertrauen in die durch die freie Internet-Enzyklopädie Wikipedia veröffentlichten Informationen zum Ausdruck gebracht. Diese frei zugänglichen Informationen wurden als „gerichtsbekannt“ zur Entscheidungsbegründung verwertet. Das Gericht führte hierzu wie folgt aus:


Zitat:
„Der Beklagte schuldete für die genannten Monate gemäß § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB lediglich eine herabgesetzte Miete, da die Rohrinnensanierung, die im November 2007 durchgeführt worden ist, unstreitig mit Hilfe des Baustoffs Epoxidharz vorgenommen wurde. Es ist dabei gerichtsbekannt, dass Epoxidharz Komponenten enthält, die gesundheitsschädlich sind. Dabei bezieht sich das Gericht auf den Artikel der freien Enzyklopädie Wikipedia zum Thema Epoxidharz. Danach besteht die Harzkomponente aus den Stoffen Bisphenol A und Epichlorhydrin. Bisfinol A wird als endokriner Disruptor verdächtigt, das bedeutet, dass dieser Stoff wie ein Hormon wirken und so das empfindliche Gleichgewicht des Hormonsystems des Menschen stören kann. Gerichtsbekannt ist ferner, dass solche endokrinen Disruptoren schon in geringsten Mengen zu Störungen im endokrinen System führen können. Der Stoff Epichlorhydrin ist laut Wikipedia weiterhin bekannt als giftig und im Tierversuch krebserzeugend. Daher steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das Wasser in der Wohnung des Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum als Trinkwasser nicht geeignet war und zur Körperhygiene nur bedingt geeignet war. Dies rechtfertigt eine Mietminderung von 20 % monatlich.“

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