AG München: Zur Auslegung von Zusatz-Boni („1000 EUR bei Kauf innerhalb von 3 Tagen“) bei Internetangeboten

veröffentlicht am 2. Februar 2011

Rechtsanwalt Dr. Ole DammAG München, Urteil vom 10.09.2010, Az. 271 C 20092/10
§ 133 BGB

Das AG München hat entschieden, dass es bei Angebot eines zusätzlichen Vorteils bei Verkauf einer Ware auf einer Auktionsplattform auf die Auslegung dieses Angebots nach dem Horizont des Empfängers ankomme. Der Beklagte hatte über die Plattform „mobile.de“ ein Auto zum Verkauf angeboten und dazu inseriert: „Kauf innerhalb den ersten 3 Tagen gibts noch 1.000,00 Euro in BAR von mir!“. Acht Tage nach Einstellung dieses Angebots hatte der Kläger eine Kaufvertrag über das Fahrzeug geschlossen und forderte nunmehr 1.000,00 EUR, da er den Kaufvertrag 3 Tage nach seiner Kenntnisnahme des Angebots geschlossen habe. Dieser – durchaus eigenwilligen – Rechtsansicht folgte das AG München jedoch nicht. Nach Auslegung des Angebots des Beklagten sei eindeutig, dass die 3-Tages-Frist sich nach dem Einstellungsdatum des Angebots richte und nicht nach einer individuellen Kenntnisnahme durch einen potentiellen Käufer. Letztere sei für den Anbieter auch kaum überprüfbar. Das Gericht empfahl dem Beklagten jedoch, z. B. durch die konkrete Angabe des Einstelldatums im Anzeigentext und Bezugnahme hierauf, Missverständnisse zukünftig zu vermeiden. Zum Volltext der Entscheidung:


Amtsgericht München

Urteil

Das Amtsgericht München erlässt … aufgrund mündlicher Verhandlung vom 10.09.2010 am 10.09.2010 folgendes Endurteil

1.
Die Klage wird abgebwiesen.

2.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klagepartei.

3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Zwangsvollstreckung kann von der Klagepartei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abgewandt werden, wenn nicht die Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4.
Der Streitwert wird auf EUR 1.000,00 festgesetzt.

Tatbestand

Der Beklagte hatte vor dem 10.03.2010, spätestens am 10.03.2010, im Internetportal „mobile.de“ einen VW Tiguan zu einem Bruttokaufpreis von 39.005,00 EUR eingestellt. Unter der Fahrzeugbeschreibung ist folgender Satz enthalten: „Kauf innerhalb den ersten 3 Tagen gibts noch 1.000,00 Euro in BAR von mir!“.

Der Kläger rief am 18.3.2010 die Internetseite auf und schloss am 19.03.2010 mit der Fa. Autohaus … in … einen Kaufvertrag über das entsprechende Fahrzeug zum Preis von 36.500,00 EUR.

Der Kläger führt aus, er habe Anspruch auf die Zahlung der 1.000,00 EUR durch den Beklagten, da er innerhalb von drei Tagen nach erstmaligem Aufruf der Seite den Kaufvertrag geschlossen habe.

Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 21.05.2009 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat in der vom Kläger vorgelegten vorgerichtlichen Korrespondenz ausgeführt, dass es auf das Einstelldatum ankomme.

Im Übrigen wird auf die jeweiligen Schriftsätze der Parteien und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.09.10 verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung der eingeklagten 1.000 EUR.

Es kann dahinstehen, ob es sich bei dem Angebot des Beklagten um eine Auslobung im Sinne des § 657 BGB oder um ein Zusatzangebot im Rahmen des Kaufangebots für das inserierte Fahrzeug handelt. Unabhängig von der genauen Rechtsnatur ist entscheidend für die Auslegung des Angebots des objektiven Empfängerhorizonts.

Das Gericht gesteht dem Kläger zu, dass der Beklagte z. B. durch die konkrete Angabe des Einstelldatums im Anzeigentext und Bezugnahme hierauf Missverständnisse hätte vermeiden können.

Das Angebot ist jedoch unter Zugrundelegung der Verständnismöglichkeit eines durchschnittlichen Beteiligten (vgl. Palandt, Kommentar zum BGB, 69. Auflage, § 133 RN 12) jedenfalls nicht so zu verstehen, dass entscheidend für den „Fristbeginn“ für die angesprochenen drei Tage die individuelle Kenntnisnahme durch den Kaufinteressenten bzw. späteren Käufer ist, wie der Kläger dies auslegt. Dies musste sich einem durchschnittlichen Beteiligten schon deshalb aufdrängen, weil der Anbietende in diesem Fall keinerlei Möglichkeit hat, diesen Zeitpunkt festzustellen bzw. zu überprüfen.

Die vorgerichtliche Einlassung des Beklagten, es sollte auf das Datum der Einstellung der Anzeige ankommen, erscheint gut nachvollziehbar und wird dadurch gestützt, dass dieses Datum auf der fraglichen Internetseite gerichtbekannt problemlos nachvollzogen werden kann. Diese Frist hat der Kläger unstreitig versäumt.

II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.

I