AG Neuwied: Kein Kaufvertrag bei eBay-Auktionsabbruch, wenn ein festgelegter Mindestpreis nicht erreicht wurde

veröffentlicht am 23. April 2014

Rechtsanwalt Dr. Ole DammAG Neuwied, Urteil vom 08.07.2013, Az. 42 C 430/13
§ 433 Abs. 1 BGB, §§ 280 ff. BGB

Das AG Neuwied hat entschieden, dass bei einem vorzeitigen Auktionsabbruch auf der Handelsplattform eBay kein Kaufvertrag mit dem Höchstbietenden zustande kommt, wenn ein zuvor festgelegter Mindestpreis nicht erreicht wurde. Bei Nichterreichung des Mindestpreises könne nicht von einem Bindungswillen des Verkäufers ausgegangen werden. Zum Volltext der Entscheidung:


Amtsgericht Neuwied

Urteil

In dem Rechtsstreit

hat das Amtsgericht Neuwied durch … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 03.06.2013 festgestellt:

1.
Es wird festgestellt, dass dem Beklagten weder Übereignungs- noch Schadensersatzansprüche gegen den Kläger aus dessen eBay-Angebot mit der eBay-Artikelnummer zustehen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Im Dezember 2012 beabsichtigte der Kläger, über eine sog. Internetauktion (www.ebay.de) ein in seinem Eigentum stehendes Motorrad zu verkaufen. Dieses Angebot wurde von Kläger unter der eBay-Artikelnummer eingestellt und von ihm mit einem Mindestpreis versehen. Die Auktion wurde auf Veranlassung des Klägers am 23.12.2012 abgebrochen. Der Beklagte war zu diesem Zeitpunkt Höchstbietender mit einem Gebot von 610,00 Euro; der Mindestpreis wurde jedoch nicht erreicht. Das Gericht nimmt insoweit Bezug auf den Bildschirmausdruck, der als Anlage K1 zur Akte gereicht worden ist.

In der Folgezeit nahm der Beklagte Kontakt zum Kläger auf und forderte diesen zur Übereignung des nach seiner Ansicht von ihm gekauften Motorrads auf. In einer weiteren E-Mail kündigte der Beklagte gegenüber dem Kläger an, dass er diesen auf Schadensersatz in Höhe von mindestens 1600,00 Euro in Anspruch nehmen werde, wenn ihm das Motorrad nicht übergeben werde.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.02.2013 wurde der Beklagte erfolglos aufgefordert, rechtsverbindlich gegenüber dem Kläger zu erklären, dass er sich keiner Ansprüche mehr gegen diesen berühmen werde.

Der Kläger trägt vor,

die Auktion habe durch ihn vorzeitig abgebrochen werden müssen; er habe alle bis dahin abgegebenen Angebote streichen lassen. Der Kläger ist der Ansicht, dass zwischen den Parteien kein wirksamer Kaufvertrag über das Motorrad zustande gekommen sei.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass weder Übereignungs- noch Schadensersatzansprüche des Beklagten gegenüber dem Kläger aus dem eBay-Angebot des Klägers mit der eBay-Artikelnummer bestehen.

2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 192, 90 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.02.2013 zu bezahlen.

Der Beklagte rügt die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts und beantragt darüber hinaus,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor,

der Kläger habe gerade nicht sein Höchstgebot streichen lassen; infolgedessen sei zwischen den Parteien ein Kaufvertrag zustande gekommen.

Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist weitgehend begründet.

I.
Insbesondere ist das erkennende Gericht auch örtlich zuständig. Streitgegenständlich ist ein negativer Feststellungsantrag. Der Beklagte berühmt sich eines Übereignungs- bezw. Schadensersatzanspruchs gegenüber dem Kläger. Für eine etwaige Leistungsklage des Beklagten wäre das Gericht am Wohnsitz des Klägers örtlich zuständig. Gleiches gilt im Hinblick auf das hier verfolgte (negative) Feststellungsbegehren (Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 26. Auflage, § 29, Rd. Nr. 17).

II.
Der gemäß § 256 ZPO zulässige Feststellungsantrag ist begründet.

Im Hinblick auf das vom Beklagten geäußerte Begehren besteht auch in Feststellungsinteresse des Klägers.

Der Antrag ist auch begründet, da der Beklagte gegenüber dem Kläger keinen Anspruch aus dem streitgegenständlichen eBay-Angebot des Klägers hat. Es besteht weder ein Übergabeanspruch gem. § 433 Abs. 1 BGB noch ein Sekundäranspruch gem. §§ 280ff. BGB. Denn nach Ansicht des Gerichts ist zwischen den Parteien kein Kaufvertrag zustande gekommen.

Unstreitig haben sich die Parteien im Zusammenhang mit der Registrierung bzw. Nutzung der Internetplattform eBay.de mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Firma eBay einverstanden erklärt. Auch wenn diese AGB nach Ansicht des Gerichts nicht unmittelbar im Rechtsverhältnis der Parteien gelten, so sind diese jedoch zur Auslegung des jeweiligen Willenserklärungen der Parteien gemäß §§ 133, 157 BGB heranzuziehen.

Es kann auch dahingestellt bleiben, aus welchen konkreten Gründen der Kläger die Auktion abgebrochen hat bezw. ob er diese abbrechen musste. Entscheidend ist, dass bei Beendigung der Auktion das vom Kläger festgelegte Mindestgebot nicht durch Angebot des Beklagten erreicht worden ist. dies ergibt sich bereits aus der vorgelegten Dokumentation des eBay-Angebots. Vor diesem Hintergrund kann der Beklagte somit die Erklärung des Klägers nicht so auffassen, dass er vor Erreichen des Mindestgebots das Motorrad verkaufen wollte. Infolgedessen ist – auch bei vorzeitiger Beendigung der sog. Internetauktion – kein Kaufvertrag zwischen den Parteien im Sinne des § 433 BGB zustande gekommen.

Aus den vorgenannten Gründen scheiden auch Sekundäransprüche (z.B. ein Schadensersatz statt der Leistung) des Beklagten aus.

III.
Dahingegen besteht kein Anspruch des Klägers auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Es fehlt insoweit nach Ansicht des Gerichts an einer entsprechenden Anspruchsgrundlage. Es kann insoweit auf die vorstehenden Ausführungen unter Ziffer II. Bezug genommen werden.

Allein der Umstand, dass sich der Beklagte – ohne indes anwaltlich vertreten zu sein – irgendwelcher Ansprüche berühmt hat, vermag nicht die Notwendigkeit der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe seitens des Klägers zu begründen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte gerade kein konkretes Zahlungsbegehren gegen den Kläger gerichtet hat und zur Erfüllung beispielsweise eine Frist gesetzt hätte. Auch hat sich der Beklagte nicht in Verzug befunden, so dass die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten nicht als Verzugsschaden im Sinne des § 286 Abs. 1 BGB erstattungsfähig sind.

IV.
Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1600,00 Euro festgesetzt.

Auf das Urteil hingewiesen hat Telemedicus.

I