AG Tempelhof-Kreuzberg: Bei vorzeitiger Beendigung des Mobilfunk-Vertrags hat Anbieter Anspruch auf Schadensersatz, der um ersparte Aufwendungen (50 %) zu kürzen ist

veröffentlicht am 12. Februar 2015

AG Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 04.12.2014, Az. 23 C 120/14
§ 252 BGB, § 314 BGB, § 628 Abs.2 BGB

Das AG Tempelhof-Kreuzberg hat entschieden, dass bei vorzeitiger Kündigung eines Mobilfunk-Vertrages der Telekommunikationsanbieter Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns hat, jedoch dieser, auf Grund der ersparten Aufwendungen, um 50 % des berechneten monatlichen Pauschalpreises zu reduzieren ist. Zum Volltext der Entscheidung:

Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg

Urteil

In dem Rechtsstreit

hat das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, Zivilprozessabteilung 23, auf die mündliche Verhandlung vom 20.11.2014 durch den Richter am Amtsgericht … am 4.12.2014 für Recht erkannt:

1.
Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hagen vom 9.4.2014 (Az. 14-1852519-0-8) wird aufrecht erhalten, soweit die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 93,61€ nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1013,64 € für die Zeit von 24.1. bis 9.5.2014, aus 513,64 € für die Zeit vom 10.5.2014 bis 6.6.2014 und aus 113,64 ab dem 7.6.2014 sowie 6,50 € an vorgerichtlichen Mahngebühren zu zahlen. Im übrigen wird – soweit nicht zurückgenommen – die Klage abgewiesen und der Vollstreckungsbescheid aufgehoben.

2.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 47 % und die Beklagte zu 53 % zu tragen.

3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um rückständige Entgelte aus einem vorzeitig gekündigten Telefonvertrag.

Die Klägerin, ein Inkassounternehmen, nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht eines Telefonanbieters, der Firma V GmbH, in Anspruch.

Die Beklagte und die Firma V schlossen unter dem 14.10.2011 einen Mobilfunkvertrag des Tarifs „V Superflat Internet Allnet“ mit einer Mindestlaufzeit von 24 Monaten. Nach 8.2 des Vertragsformulars betrug die Kündigungsfrist drei Monate und der Vertrag sollte, sofern nichts Abweichendes vereinbart war, erstmals zum Ablauf des zweiten Vertragsjahres kündbar sein. Falls nicht gekündigt, sollte sich der Vertrag jeweils automatisch um ein weiteres Jahr verlängern. Hinzu kam eine „V Zuhause Option“, ebenfalls mit einer Mindestlaufzeit von 24 Monaten und erstmaliger Kündigungsmöglichkeit zum Ablauf der Mindestlaufzeit mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten. Diese Option sollte sich – falls nicht gekündigt – jeweils um drei Monate verlängern.

Nach einem gesondert vom Geschäftsführer der Beklagten unterzeichneten Passus sollten Bestandteil des Vertrages die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die Preisliste für V D2 Dienstleistungen sein (für die Einzelheiten wird auf Bl. 18 f d.A. verwiesen, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergeben sich aus Bl. 21 d.A., die Preisliste aus Bl. 80 ff d.A.).

Die Firma V übergab der Beklagten das mit dem Vertrag versprochene Mobiltelefon und eine SIM Karte und schaltete den Anschluss frei.

Für die Zeit vom 17.4.2013 bis 16.11.2013 stellte sie der Beklagten insgesamt neun Rechnungen mit einem Gesamtbetrag von 640,22 €, welche bis zum 27.11.2013 nicht ausgeglichen wurden (für die Einzelheiten wird auf Bl. 22 ff d.A. verwiesen).

Die Beklagte kündigte den Telefonvertrag unter dem 20.7.2013 zum sofortigen Termin, hilfsweise zum nächst möglichen Termin und bat um Bestätigung der Kündigung (für die Einzelheiten wird auf Bl. 55 d.A. verwiesen).

Unter dem 27.11.2013 kündigte die Firma V das Vertragsverhältnis und übersandte der Beklagten unter dem 20.12.2013 eine abschließende Rechnung für den Zeitraum vom 17. 11. bis 16.12.2013 über 958,46 € (für die Einzelheiten wird auf Bl. 36 f d.A. verwiesen).

Die Klägerin hat gegen die Beklagte den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hagen zum Geschäftszeichen 14 – 1852519 – 0 – 8 vom 9.4.2014 über eine Hauptforderung von 1598,68 € zuzüglich Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz ab 3.6.2013 sowie 51,00 € an Mahnkosten, 5,00 € an Auskunftskosten und 215,00 € an Inkassokosten erwirkt, welcher der Beklagten 11.4.2014 zugestellt worden ist.

Hiergegen hat die Beklagte Einspruch eingelegt, welcher am 15.4.2014 bei Gericht eingegangen ist.

Die Klägerin meint, die Kündigung der Beklagten habe erst zum 14.10.2014 wirksam werden können, da sie nicht bis zum 14.7.2013 erklärt worden sei. Aus diesem Grunde stehe ihr nach der fristlosen Kündigung der Firma V der mit Rechnung vom 20.12.2013 geltend gemachte Schadensersatzanspruch zu. Sie behauptet, die Firma V habe durch die Nichtdurchführung des Vertrages ab der fristlosen Kündigung keine Kosten erspart, abgesehen von ersparten Portokosten in Höhe von 1,- Euro/Monat .

Nach Zahlung der Beklagten in Höhe von 500,- € am 9.5.2014 sowie in Höhe von weiteren 400,- € am 6.6.2014 haben die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Hauptforderung in Höhe von 900,- € übereinstimmend für erledigt erklärt.

Unter Rücknahme der Klage im Übrigen beantragt die Klägerin nunmehr noch den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hagen zum Geschäftszeichen 14 – 1852519 – 0 – 8 vom 9.4.2014 mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass die Beklagte verurteilt wird, an sie 383,81 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1283,81 € für die Zeit von 24.1. bis 9.5.2014, aus 783,81 € ab dem 7.6.2014 sowie 6,50 € an vorgerichtlichen Mahngebühren und 94,75 € an Inkassokosten zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, den Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, der Telefonanschluss sei erst ab 28.10.2011 nutzbar gewesen. Sie meint, der Vertrag sei folglich erst ab diesem Zeitpunkt wirksam gewesen, so dass ihre Kündigung zur Beendigung des Vertrages zum 14.10.2013 geführt habe.

Entscheidungsgründe

I.
Der Einspruch der Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid vom 9.4.2014 war zulässig, insbesondere rechtzeitig gemäß §§ 700 Abs. 1, Abs. 4,339 Abs. 1 ZPO.

Der Prozess ist somit gemäß § 342 ZPO in die Lage zurückversetzt, in welcher er sich vor Erlass des Vollstreckungsbescheides befand.

II.

A.

1.
Die Klägerin hatte gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 640,22 € an Entgelten aus dem abgeschlossenen Telefonvertrag in Verbindung mit § 611 Abs. 1 BGB für die Zeit vom 17.4.2013 bis 16.11.2013 entsprechend der Rechnungen vom 23.Mai, 20. Juni,22. Juli, 21 August, 20. September 22. Oktober und 21. November 2013.

Der schlüssigen Darlegung der Klägerin hat die Beklagte insofern nichts entgegengesetzt, so dass die dortigen Angaben zur Hauptforderung unstreitig sind, soweit es diese Rechnungen betrifft, § 138 Abs. 3 ZPO.

Ebenfalls begründet ist der Anspruch der Klägerin aus dem Telefonvertrag in Verbindung mit § 611 Abs. 1 BGB in Höhe von 36,96 € aus der Rechnung vom 20.12.2013. Dies betrifft die anteiligen Basispreiskosten für die Zeit vom 17. bis 27.11.2013, dem Zeitpunkt der außerordentlichen Kündigung. Denn in dieser Zeit bestanden die beiderseitigen Verpflichtungen aus dem abgeschlossenen Vertrag fort. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass die Klägerin das ihrerseits Geschuldete nicht erbracht, also die Telefondienstleistungen nicht bereitgestellt hätte. Ihr Vortrag, die Leistungen seien nicht mehr abgerufen worden, beseitigt nicht ihre Verpflichtung zur Erbringung der Gegenleistung, § 241 Abs. 1 BGB.

2.
Die Kündigungserklärung der Beklagten vom 20.7.2013 konnte den Vertrag erst zum 14.10.2014 beenden. Denn sie ging erst nach Ablauf der vertraglich vereinbarten ersten Kündigungsfrist bei der Firma V ein. Die Regelung in Ziffer 8.2 des Vertrages begegnet keinen Bedenken unter den Gesichtspunkten der §§ 305 ff BGB. Der Vertrag war somit erstmals drei Monate vor Ablauf der Mindestlaufzeit von 24 Monaten zum Ende dieser Laufzeit kündbar. Nach dem Abschluss des Vertrages am 14.10.2011 war die früheste ordentliche Kündigungsmöglichkeit somit zum 14.10.2013 gegeben – bei Eingang der Kündigungserklärung bis spätestens 14.7.2013.

Etwas anderes ergäbe sich auch nicht, falls die Beklagte beweisen könnte, dass sie erstmals am 28.10.2011 telefonieren konnte. Denn durch eine anfängliche Leistungsstörung erlangte sie vertragliche Rechte gemäß §§ 280 ff BGB, nicht aber einen Aufschub der vertraglichen Wirkungen. Dass dies auch der Beklagten seinerzeit klar war, zeigt sich daran, dass sie die unstreitig für die anfänglichen Probleme gewährte Gutschrift der Firma V entgegennahm. Auch ist die Berufung der Klägerin auf die Verspätung der Kündigungserklärung nicht nach § 242 BGB wegen der anfänglichen Probleme treuwidrig. Denn die Beklagte hat lediglich vorgetragen, Probleme mit der Benutzung des Telefons gehabt zu haben, während sie schon zu Beginn des Vertrages am 14.10.2011 ein hochwertiges Handy erhielt und auch nicht vortrug, sie habe auch das Internet nicht nutzen können. Treuwidrig aber könnte die Berufung auf verspätete Kündigungserklärung lediglich sein, wenn der Vertrag insgesamt von Seiten des Anbieters anfangs unerfüllt geblieben wäre.

Vor diesem Hintergrund rechtfertigt sich die -zugegebenermaßen kurze – gerichtliche Fristsetzung für die Klägerin. Ein Nachteil entstand der Klägerin mangels Erheblichkeit der Einwendung nicht.

3.
Die ursprünglichen Forderungen der Klägerin sind durch Erfüllung der Beklagten mit ihren Zahlungen vom 9.5.2014 und anteilig vom 6.6.2014 erloschen, § 362 Abs. 1 BGB. Es handelt sich gegenüber der mit Rechnung vom 20.12.2013 fällig gestellten Schadensersatzforderung um die älteren Verbindlichkeiten der Beklagten die somit mangels Tilgungsbestimmung gemäß § 366 Abs. 2 BGB vorrangig getilgt wurden.

B.

1.
Soweit es im übrigen den Schadensersatz für die Zeit vom 27.11.2013 bis zum Kündigungszeitpunkt 14.10.2014 betrifft, stand der Klägerin noch ein Betrag von 336,46 € aus dem Telefonvertrag in Verbindung mit §§ 628 Abs.2, 314 BGB zu, weil die Beklagte nicht bezahlt und die Kündigung der Klägerin schuldhaft verursacht hat.

Die Beklagte hat die Klägerin daher gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB so zu stellen, als sei der Vertrag ordnungsgemäß bis zum Ende der um ein Jahr verlängerten Laufzeit, also bis zum 14.10.2014, durchgeführt worden.

Nach § 252 BGB hat sie der Klägerin den entgangenen Gewinn zu ersetzen. Dieser bemisst sich nach den vereinbarten monatlichen Entgelten abzüglich der ersparten Aufwendungen der Klägerin (BGHZ 95, 39 ff).

a)
Ausgangspunkt hierfür ist die korrigierte Berechnung der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 16.10.2014, welche für die zehn nicht mehr ausgeführten Monate von einem Nettobetrag des Preis von je 68,87 € ausgeht anstelle des noch in der Rechnung vom 20.12.2013 vorgesehenen Betrages von je 99,41 €. Richtiger- (und überfälliger)weise ist nämlich nunmehr auf den richterlichen Hinweis im Streitverfahren von dem üblicherweise angesetzten Monatspreis bei der Berechnung ausgegangen worden. Die verwirrende Zu- und Abbuchung des weiteren Schadensersatzes für Basispreise in Höhe von rund 260,- € hat die Klägerin ebenfalls im Schriftsatz vom 16.10.2014 zu erklären versucht. Unstreitig ist der Betrag jedoch nicht in die Schadensberechnung einzustellen.

b)
Von dem sich ergebenden Gesamtschaden von 688,72 Euro ist im Wege richterlicher Schätzung gemäß § 287 ZPO ein Abzug von 50 % wegen der durch die Firma V ersparten Aufwendungen vorzunehmen.

Denn beim gekündigten Mobilfunkvertrag zum Pauschaltarif muss sich der Anbieter ersparte Terminierungsentgelte auf die Schadensersatzforderung anrechnen lassen (AG Bad Urach, Urteil vom 29. November 2013, Az. 1 C 440/13, zitiert nach Beck online).

Jeder Unternehmer, welcher seine Leistungen nicht mehr erbringen kann muss sich auf den Vertragspreis grundsätzlich die besonderen Aufwendungen, welche die Durchführung des Vertrages verursacht hätte, anrechnen lassen (BGH NJW 1989, 1669). Um den Schadensersatzanspruch schlüssig darzulegen, muss der Schadensersatzberechtigte seine Kalkulation offen legen und die besonderen Aufwendungen benennen (Palandt-Grüneberg, 73. Auflage 2014, Rz. 30 zu § 281 BGB).

Die Klägerin aber hat lediglich die Portokosten der monatlichen Rechnungen in Höhe von 1,00 € vom Schadensersatzbetrag abgezogen und unerklärte Gutschriften von 6,1625 € für “ V Super Flat Internet Allnet“ bzw. 5,5439 € „Vorteil für Selbstständige 15 % auf Basispreis“ in der Rechnung vom 20.12.2013 erteilt.

Zu den kalkulatorischen Grundlagen der Firma V hat die Klägerin dagegen nichts mitgeteilt, wenn man von Ausführungen wie „Mobilfunkanbieter können heute entsprechende Flatrates gerade aus dem Grund anbieten, weil der Aufbau der einzelnen Verbindungen finanziell kaum noch ins Gewicht fällt“ einmal absieht. Die Klägerin lässt vielmehr durch ihre Prozessbevollmächtigte fragen: „Worin sollen diese (ersparten Aufwendungen) auch liegen?“ Nachdem das Gericht den Hinweis vom 9.10.2014 dezidiert auf die Terminierungsentgelte und die oben zitierte Entscheidung des AG Bad Urach mit seiner ausführlichen Schadensberechnung verwiesen hatte, verwundert solche Rückfrage.

Das Amtsgericht Bad Urach hat (a.a.O) überzeugend dargelegt, dass auch bei einer minutenmäßig begrenzten Freisprechzeit ein Schaden in Höhe von 50 % der Monatspauschale angemessen ist. Als Anknüpfungspunkt diente ihm eine überschlägige Berechnung der von der Bundesnetzagentur regulierten Terminierungsentgelte. In ähnlicher Weise erwägt das Amtsgericht Stuttgart (in seiner Entscheidung vom 3.7.2014, Az. 1 C 1490/14, zitiert nach Beck online) eine Schätzung in Höhe von 50 % der monatlichen Pauschalen aus einem Vergleich mit der in Allgemeinen Geschäftsbedingungen anderer Telekommunikationsanbieter niedergelegten Berechnung des Kündigungsschadens, verwirft diese jedoch mangels Angaben der dortigen Anspruchsstellerin und erkennt ohne Vortrag zu den ersparten Aufwendungen keinerlei Schadensersatz zu.

Das Gericht hält es jedoch mit dem AG Bad Urach für gerechtfertigt, von den greifbaren publizierten Daten des Telekommunikationsanbieters auf die nicht offen gelegten kalkulatorischen Grundlagen zu schließen, um der Klägerin trotz ihres mangelhaften Vortrages nicht jeden Schadensausgleich zu versagen (AG Bad Urach, a.a.O. unter Verweis auf BGH NJW-RR 1982, 202). Aus den von der Klägerin eingereichten Preislisten der Firma V ergibt sich, dass die hier gewählte Komplettflat “ V Superflat Internet Allnet“ mit der Möglichkeit des unbegrenzten Telefonieren in alle deutschen Netze mehr als das Doppelte einer Flatrate kostet, mit welcher der Kunde unbegrenzt ins deutsche V Mobilfunknetz und Festnetz telefonieren kann. Der Preis für die Komplettflat beträgt 92,3950 € netto monatlich, während die beschränkte Flat mit 41,9748 € netto monatlich berechnet wird. Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass dem äußeren Kostenverhältnis bei gleicher Gewinnmarge für die Anbieterin auch eine entsprechende interne Kostenkalkulation zu Grunde liegt. Dies rechtfertigt die Schätzung des Mindestschadens mit 50 % des berechneten monatlichen Pauschalpreises (so auch AG Tempelhof – Kreuzberg, Urteile vom 27.11.2012, Az. 24 C 152/11 und 5.9.2012, Az. 24 C 107/12, m.w.Nw., zitiert nach juris).

Nicht überzeugend ist die von der Klägerin vorgelegte unveröffentlichte Entscheidung des Einzelrichters des Landgerichts Berlin zum Az. 19 O 429/11 vom 13.12.2012. Ohne nähere Begründung übernimmt das Gericht den Vortrag der dort klagenden Telefonanbieterin, wonach bei Wegfall des Vertrages keine Ersparnisse bei der Wartung oder Netzkapazitäten einträten. Dabei lässt die Entscheidung nicht erkennen, ob es sich bei den streitgegenständlichen Verträgen um Allnetflats oder gar Festnetzverträge handelte, sodass Feststellungen zu den Terminierungsentgelten nicht möglich sind. Auch eine Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Produktpreisen bei verschiedenen Flats fehlt.

Dasselbe gilt für den Beschluss des LG Cottbus vom 19.2.2014 (1 S 143/13) und das Urteil des AG Recklinghausen vom 6.8.2014 (Az. 51 C 159/14).

Letzteres enthält allerdings eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den o.g. Überlegungen, welch letztere hier jedoch für überzeugender erachtet werden. Dies zum einen, weil auch in der Recklinghäuser Entscheidung die Auseinandersetzung mit den Terminierungsentgelten fehlt. Zum anderen weil der Preisunterschied der verschiedenen Pauschalangebote (Flats) hierbei unberücksichtigt bleibt. Es ist schlicht nicht nachvollziehbar, dass die Anbieter Preisunterschiede von bis zu 200% für verschiedene Leistungsumfänge ohne jede Anbindung an ihren Aufwand vorsehen. Soweit das Gericht bei anderweitiger Entscheidung eine allgemeine Vertragsbrüchigkeit befürchtet, ist dem schon deshalb nicht zu folgen, weil der Telefonkunde nach der Kündigung keine Leistungen mehr erhält. Er erhält keinesfalls nur eine Reduzierung der Vertragskosten um 50 %, sondern erbringt seinerseits 50 % ohne Gegenleistung. Daraus kann kein attraktives Rabattierungsmodell entstehen.

c)
Zu dem sich ergebenden Betrag von 334,36 € ist der von der Klägerin zugestandene Abzug für erspartes Porto und Verpackung in Höhe von 1,00 € monatlich, zusammen also zehn Euro und der gerechtfertigte Aufschlag für eine Rücklastschrift in Höhe von 2,10 € zu berechnen. Schließlich ist die von der Klägerin zugestandene Abzinsung von 3 % , also 10,03 €, abzuziehen.

2.
Von der Forderung in Höhe von 316,43 € wurde durch den nicht auf die älteren Forderungen verrechnenden Restbetrag der Zahlung der Beklagten vom 6.6.2014 ein Anteil von 222,82 € nach § 362 Abs. 1 BGB getilgt. In Höhe des Restbetrages von 93,61 € ist der Vollstreckungsbescheid aufrechtzuerhalten, §§ 700 Abs. 1, 343 S.1 ZPO.

C.

1.
Dazu schuldet die Beklagte der Klägerin Zinsen in der gesetzlichen Höhe für das Geschäft ohne Beteiligung von Verbrauchern gemäß §§ 286, 288 Abs. 2BGB ab Verzugsbeginn.

Dieser lag bezüglich aller Rechnungsbeträge nach § 286 Abs. 3 BGB jedenfalls vor dem im Antrag genannten Tag. Ferner sind gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 BGB 6,50 € an Mahnkosten für drei nach Verzugseintritt versandte Mahnungen der Zedentin von der Beklagten zu tragen.

2.
Nicht ersatzfähig sind dagegen die Inkassokosten. Das Forderungsmanagement ist eine genuine Pflicht der Gläubigerin, welche nicht erst durch den Verzug verursacht wird. Kosten hierfür können dem Schuldner daher nur ausnahmsweise auferlegt werden.

Dabei sind Inkassokosten grundsätzlich ersatzfähig, wenn sie einen Verzugsschaden darstellen. Die Schadensminderungspflicht der Gläubigerin nach § 254 BGB gebietet es, jedoch keine unnötigen Beitreibungskosten auszulösen (AG Zossen NJOZ 2008, 444; OLG Dresden, NJW-RR 1994, 1139). Dies gilt stets, wenn anschließend noch ein Rechtsanwalt beauftragt werden muss, dessen vorgerichtliche Kosten im Streitverfahren anrechenbar wären (LG Leipzig, Urteil vom 19.4.2012, 3 S 571/11 RZ 43, zitiert nach juris). Vorliegend hätte die Klägerin sich sofort des kostengünstigen gerichtlichen Mahnverfahrens bedienen können, welches mindestens ebenso effektiv, aber wesentlich preiswerter ist, als das in Anspruch genommene Inkassounternehmen. Die entstehende halbe Gerichtsgebühr ist zudem im Streitverfahren anrechenbar.

Die Rechtsordnung stellt zur Beitreibung von Forderungen im übrigen das juristische System mit dem geschützten Beruf des Rechtsanwalts zur Verfügung, dessen Kosten gesetzlich geregelt sind OLG München NJW 1975, 832; OLG Karlsruhe NJW-RR 1987,15; OLG Köln OLGR 2001, 276). Falls sich eine Gläubigerin daneben eines zusätzlichen Beitreibungsangebots bedienen möchte, hat sie den Aufwand hierfür selbst zu tragen (OLG Dresden a.a.O., LG Berlin, BB 1996, 290; AG Lemgo Beschluss vom 29.11.2013 Az. 18 C 270/13, zitiert nach beckonline).

Allerdings mag es sein, dass der Gesetzgeber vorgerichtliche Beitreibungsbemühungen gewollt hat, daraus ist jedoch für die Kostentragung nichts herzuleiten. Hierbei ist auch nach Inkrafttreten der Novelle des Rechtsdienstleistungsgesetzes die Stellung des Inkassodienstleisters mit der des Rechtsanwaltes nicht vergleichbar. Dies zeigt sich in der in vielerlei Hinsicht gesetzlich normierten Stellung besonderen Vertrauens des anwaltlichen Berufsträgers, hinter welcher die bloße Zulassung eines Inkassodienstleisters weit zurückbleibt (AG Dieburg, NJOZ 2013, 1469). Insbesondere hat der Rechtsanwalt regelmäßig bei Mahnaufträgen eine prüfende und beratende Funktion, welche die Auslösung zusätzlicher Kosten rechtfertigen mag. Berufsrechtlich haftet er zudem neben seinem Auftraggeber bei unrechtmäßiger Geltendmachung von Forderungen worauf das AG Dieburg zu Recht hinweist (in NJOZ 2013, 1469). Zum anderen vermag der Rechtsanwalt die Forderung vorgerichtlich -im Unterschied zum Inkassodienstleister- auf ihren rechtlichen Bestand und ihre Durchsetzbarkeit zu prüfen. Dies kann auch im Interesse des ersatzpflichtigen Schuldners liegen (AG Zossen, NJOZ 2008, 444 ff.) Ein Inkassounternehmen kann und muss diese Funktionen nicht ausfüllen.

Schließlich ist von der Klägerin nicht dargelegt, dass die zum Vergleich herangezogenen vorgerichtlichen Kosten eines Rechtsanwaltes ersatzfähig wären. Abgesehen von der Fragwürdigkeit einer solchen Vergleichsbetrachtung (vgl. hierzu AG Zossen, a.a.O.), ist jedenfalls beim Einzug einfach gelagerter Forderungen die Ersatzfähigkeit auch der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten streitig (dagegen zuletzt AG Pfaffenhofen, Urteil vom 17.2.2014, Az. 1 C 61/14, AG Hamm, Urteil vom 16.5.2014, 17 C 443/13, beide zitiert nach juris). Jedenfalls die Forderungen für die Zeit vor der fristlosen Kündigung der Zedentin waren unbestreitbar solche einfach gelagerten Forderungen.

III.
Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils der Klageforderung auf § 91 a ZPO. Insofern hat die Beklagte nach billigem Ermessen die Kosten zu tragen. Denn in Höhe der nach Rechtshängigkeit gezahlten 900,- € der Hauptforderung war die Klage vor der Erfüllung begründet.

Im übrigen richtet sich die Kostenentscheidung nach § 92 Abs. 1 ZPO und entspricht verhältnismäßig den Anteilen des beiderseitigen Obsiegens und Unterliegens.

Trotz gerichtlichen Hinweises hat es die Klägerin versäumt, ihre Zuvielforderung hinsichtlich der als Nebenforderung geltend gemachten Inkassokosten vollständig anzupassen. Diese übersteigt 10% der berechtigten Forderung. Somit hat sie die Kosten für den übersetzten Teil der Nebenforderungen nach einem fiktiven Gesamtstreitwert zu tragen, welcher die Nebenforderungen einschließt (Zöller – Herget, ZPO, 28. Aufl. 2012, Rz. 10,11 zu § 92 ZPO). Dieser beträgt 1.869,68 € (Hauptforderung von 1598,68 zuzüglich 51,00 € Mahnkosten, 5,00 € Auskunftskosten und 215,00 € Inkassokosten).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen die Entscheidung können Sie Berufung einlegen, wenn Sie durch die Entscheidung in Ihren Rechten beeinträchtigt sind.

Die Berufung ist statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,- € übersteigt oder die Berufung in der Entscheidung zugelassen worden ist.

Im Berufungsverfahren müssen Sie sich von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen. Die Berufung muss schriftlich innerhalb einer Notfrist von einem Monat durch Ihre Rechtsanwältin oder Ihren Rechtanwalt beim

Landgericht Berlin oder
Littenstraße 12-17
10179 Berlin

oder

Landgericht Berlin
Tegeler Weg 17-21
10589 Berlin

oder

Landgericht Berlin,
Turmstraße 91,
10559 Berlin

eingelegt werden.

Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt wird. Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift müssen von Ihrer Rechtsanwältin/Ihrem Rechtsanwalt unterschrieben und in deutscher Sprache verfasst sein.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu begründen.

Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist beginnen mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.

I