AG Tempelhof-Kreuzberg: Inkassokosten sind grundsätzlich nicht erstattungsfähig

veröffentlicht am 13. Februar 2015

Rechtsanwalt Dr. Ole DammAG Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 04.12.2014, Az. 23 C 120/14
§ 252 BGB, § 314 BGB, § 628 Abs.2 BGB

Das AG Tempelhof-Kreuzberg hat zu erkennen gegeben, dass es Inkassokosten im Ergebnis grundsätzlich nicht für erstattungsfähig hält, insbesondere, wenn diese höher oder ebenso hoch wie die Kosten eines Rechtsanwalts sind. Falls sich ein Gläubiger neben dem Rechtsanwalt eines zusätzlichen Beitreibungsangebots bedienen wolle, habe er den Aufwand hierfür selbst zu tragen. Zitat:

„2. Nicht ersatzfähig sind dagegen die Inkassokosten. Das Forderungsmanagement ist eine genuine Pflicht der Gläubigerin, welche nicht erst durch den Verzug verursacht wird. Kosten hierfür können dem Schuldner daher nur ausnahmsweise auferlegt werden.

Dabei sind Inkassokosten grundsätzlich ersatzfähig, wenn sie einen Verzugsschaden darstellen. Die Schadensminderungspflicht der Gläubigerin nach § 254 BGB gebietet es, jedoch keine unnötigen Beitreibungskosten auszulösen (AG Zossen NJOZ 2008, 444; OLG Dresden, NJW-RR 1994, 1139). Dies gilt stets, wenn anschließend noch ein Rechtsanwalt beauftragt werden muss, dessen vorgerichtliche Kosten im Streitverfahren anrechenbar wären (LG Leipzig, Urteil vom 19.4.2012, 3 S 571/11 RZ 43, zitiert nach juris). Vorliegend hätte die Klägerin sich sofort des kostengünstigen gerichtlichen Mahnverfahrens bedienen können, welches mindestens ebenso effektiv, aber wesentlich preiswerter ist, als das in Anspruch genommene Inkassounternehmen. Die entstehende halbe Gerichtsgebühr ist zudem im Streitverfahren anrechenbar.

Die Rechtsordnung stellt zur Beitreibung von Forderungen im übrigen das juristische System mit dem geschützten Beruf des Rechtsanwalts zur Verfügung, dessen Kosten gesetzlich geregelt sind (OLG München NJW 1975, 832; OLG Karlsruhe NJW-RR 1987,15; OLG Köln OLGR 2001, 276). Falls sich eine Gläubigerin daneben eines zusätzlichen Beitreibungsangebots bedienen möchte, hat sie den Aufwand hierfür selbst zu tragen (OLG Dresden a.a.O., LG Berlin, BB 1996, 290; AG Lemgo Beschluss vom 29.11.2013 Az. 18 C 270/13, zitiert nach beckonline).

Allerdings mag es sein, dass der Gesetzgeber vorgerichtliche Beitreibungsbemühungen gewollt hat, daraus ist jedoch für die Kostentragung nichts herzuleiten. Hierbei ist auch nach Inkrafttreten der Novelle des Rechtsdienstleistungsgesetzes die Stellung des Inkassodienstleisters mit der des Rechtsanwaltes nicht vergleichbar. Dies zeigt sich in der in vielerlei Hinsicht gesetzlich normierten Stellung besonderen Vertrauens des anwaltlichen Berufsträgers, hinter welcher die bloße Zulassung eines Inkassodienstleisters weit zurückbleibt (AG Dieburg, NJOZ 2013, 1469). Insbesondere hat der Rechtsanwalt regelmäßig bei Mahnaufträgen eine prüfende und beratende Funktion, welche die Auslösung zusätzlicher Kosten rechtfertigen mag. Berufsrechtlich haftet er zudem neben seinem Auftraggeber bei unrechtmäßiger Geltendmachung von Forderungen worauf das AG Dieburg zu Recht hinweist (in NJOZ 2013, 1469). Zum anderen vermag der Rechtsanwalt die Forderung vorgerichtlich -im Unterschied zum Inkassodienstleister- auf ihren rechtlichen Bestand und ihre Durchsetzbarkeit zu prüfen. Dies kann auch im Interesse des ersatzpflichtigen Schuldners liegen (AG Zossen, NJOZ 2008, 444 ff.) Ein Inkassounternehmen kann und muss diese Funktionen nicht ausfüllen.

Schließlich ist von der Klägerin nicht dargelegt, dass die zum Vergleich herangezogenen vorgerichtlichen Kosten eines Rechtsanwaltes ersatzfähig wären. Abgesehen von der Fragwürdigkeit einer solchen Vergleichsbetrachtung (vgl. hierzu AG Zossen, a.a.O.), ist jedenfalls beim Einzug einfach gelagerter Forderungen die Ersatzfähigkeit auch der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten streitig (dagegen zuletzt AG Pfaffenhofen, Urteil vom 17.2.2014, Az. 1 C 61/14, AG Hamm, Urteil vom 16.5.2014, 17 C 443/13, beide zitiert nach juris). Jedenfalls die Forderungen für die Zeit vor der fristlosen Kündigung der Zedentin waren unbestreitbar solche einfach gelagerten Forderungen.“

Zum Volltext der Entscheidung (hier).

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