ArbG Cottbus: Ein Arbeitnehmer, der als interner Datenschutzbeauftragter eines Unternehmens tätig ist, muss bei Betriebsübergang nicht weiter in dieser Stellung beschäftigt werden

veröffentlicht am 3. April 2013

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtArbG Cottbus, Urteil vom 14.02.2013, Az. 3 Ca 1043/12
§ 4 f Abs. 1 S. 1 BDSG, § 613a BGB

Das ArbG Cottbus hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der als interner Datenschutzbeauftragter eines Unternehmens tätig ist, bei Betriebsübergang nicht weiter in dieser Stellung beschäftigt werden muss. Zum Volltext der Entscheidung:


Arbeitsgericht Cottbus

Urteil

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Der Streitwert wird auf 4.200,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Stellung der Klägerin als Datenschutzbeauftragte.

Die Klägerin war seit 1992 Datenschutzbeauftragte der Beklagten zu 1) im Sinne von § 4 f Abs. 1 S. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Zur Ausübung ihres Amtes vereinbarten die Beklagte zu 1) und die Klägerin, dass die Klägerin in einem Umfang von 30% ihrer regulären Arbeitszeit bzw. 8 Arbeitstagen im Monat als Datenschutzbeauftragte der Beklagten zu 1) tätig sein sollte.

Am 01.05.2012 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin auf die Beklagte zu 2) im Wege eines Betriebsüberganges gemäß § 613 a BGB über. Die Beklagte zu 2) ist eine hundertprozentige Tochter der Beklagten zu 1), die ihre Geschäftstätigkeit erst mit dem Betriebsübergang aufnahm. Die Klägerin widersprach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses nicht. In der Zeit vom 01.05.2012 bis 06.06.2012 war die Klägerin als Datenschutzbeauftragte tätig. Zwischen den Parteien ist streitig, ob diese Tätigkeit als Datenschutzbeauftragte für die Beklagte zu 1) oder für die Beklagte zu 2) erfolgte.

Mit Schreiben vom 06.06.2012 informierte die Beklagte zu 1) die Klägerin darüber, dass sie ihre Bestellung als Datenschutzbeauftragte der Beklagten zu 1) widerrufen habe, Blatt 33 der Akte. Ob der Klägerin ein Widerruf ihrer Bestellung als Datenschutzbeauftragte der Beklagten zu 1) unter dem 05.06.2012 zugegangen ist, ist zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte zu 2) bestellte am 30.04.2012 einen externen Datenschutzbeauftragten, Herrn … . Eine schriftliche Bestellung der Klägerin zur Datenschutzbeauftragten der Beklagten zu 2) existiert nicht.

Mit ihrer am 17.07.2012 beim Arbeitsgericht Cottbus eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten zu 2), sie das Amt als Beauftragte für den Datenschutz im Unternehmen der Beklagten zu 2) ausüben zu lassen, die Feststellung, dass sie weder durch einen eventuellen Widerruf der Beklagten zu 1) noch durch den Betriebsübergang ihre Funktion als Datenschutzbeauftragte verloren hat sowie die Feststellung, dass der Widerruf der Bestellung seitens der Beklagten zu 1) unwirksam sei.

Die Klägerin ist der Ansicht, sie sei Datenschutzbeauftragte der Beklagten zu 2). Infolge des Betriebsüberganges sei mit dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auch ihre Funktion als Datenschutzbeauftragte auf die Beklagte zu 2) übergegangen. Die arbeitsrechtlichen Vereinbarungen, die mit der Beklagten zu 1) hinsichtlich der Tätigkeit als Datenschutzbeauftragte getroffen worden seien, könnten angepasst werden. Die Notwendigkeit einer Anpassung stehe der Annahme eines Überganges nicht entgegen, da eine Anpassung auch erforderlich wäre, wenn sich Verhältnisse im Unternehmen ohne Betriebsübergang ändern. Gegen die Beklagte zu 1) mache sie keine Ansprüche aus ihrer Stellung als Datenschutzbeauftragte mehr geltend.

Vom 01.05.2012 bis 06.05.2012 sei sie als Datenschutzbeauftragte der Beklagten zu 2) tätig gewesen.

Der Klägervertreter beantragt,

1. die Beklagte zu 2) wird verpflichtet, die Klägerin weiterhin das Amt als Beauftragte für den Datenschutz in ihrem Unternehmen ausüben zu lassen;
hilfsweise
festzustellen, dass die Rechtsstellung der Klägerin als Beauftragte für den Datenschutz bei der Beklagten zu 2) weder durch einen Widerruf der Beklagten zu 1) noch durch den Betriebsübergang von der Beklagten zu 1) zur Beklagten zu 2) noch durch sonstige Umstände beendet wurde und die Klägerin weiterhin die Funktion als Beauftragte für den Datenschutz, und zwar bei der Beklagten zu 2), innehat;

2. gegenüber der Beklagten zu 1) wird festgestellt, dass der Widerruf der Bestellung der Klägerin zur Beauftragten für den Datenschutz für die Beteiligte zu 2) bzw. eine entsprechende Abberufung mit Schreiben von 05.06.2012 und 14.01.2013 unwirksam ist.

Die Vertreter der Beklagten zu 1) und 2) beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, dass die Klägerin nicht Datenschutzbeauftragte der Beklagten zu 2) sei. Die Funktion der Datenschutzbeauftragten gehe nicht im Wege des Betriebsüberganges über. Die Klägerin habe zu keinem Zeitpunkt Tätigkeiten als Datenschutzbeauftragte der Beklagten zu 2) ausgeübt.

Dem Feststellungsantrag gegenüber der Beklagten zu 1) auf Unwirksamkeit des Widerrufes fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Die Klägerin habe mehrfach ausdrücklich schriftsätzlich erklärt, keine Rechte gegenüber der Beklagten zu 1) herleiten zu wollen. Der von der Beklagten zu 1) erklärte Widerruf der Bestellung zur Datenschutzbeauftragten habe sich immer nur auf ihre Stellung als Datenschutzbeauftragte der Beklagten zu 1) bezogen. Inwieweit sich dieser Widerruf auf ein eventuelles Rechtsverhältnis zur Beklagten zu 2) auswirken solle, sei nicht erkenntlich.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen gemäß § 313 Absatz 2 ZPO i.V.m. § 46 Absatz 2 ArbGG verwiesen.

Entscheidungsgründe

Das Begehren der Klägerin bleibt ohne Erfolg.

I.
Die Beklagte zu 2) ist nicht verpflichtet, die Klägerin das Amt als Beauftragte für den Datenschutz in ihrem Unternehmen ausüben zu lassen.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Festsstellung, dass sie weiterhin die Funktion als Beauftragte für den Datenschutz, und zwar bei der Beklagten zu 2), inne hat.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Festsstellung, dass der Widerruf der Bestellung der Klägerin zur Beauftragten für den Datenschutz durch die Beklagte zu 1) unwirksam ist.

1.
Die Beklagte zu 2) ist nicht verpflichtet, die Klägerin das Amt als Beauftragte für den Datenschutz in ihrem Unternehmen ausüben zu lassen. Die Klägerin ist nicht Datenschutzbeauftragte der Beklagten zu 2). Weder ist die mit der Beklagten zu 1) 1992 getroffene arbeitsvertragliche Vereinbarung über die Wahrnehmung der Tätigkeit einer Datenschutzbeauftragten durch den Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) übergegangen, noch ist die Klägerin durch die Beklagte zu 2) schriftlich zur Datenschutzbeauftragten ihres Unternehmens bestellt worden.

a)
Datenschutzbeauftragte ist, wer von einer öffentlichen oder nicht öffentlichen Stelle, die personenbezogene Daten automatisiert verarbeitet, schriftlich zum Beauftragten für den Datenschutz bestellt worden ist, § 4 f Absatz 1 Satz 1 BDSG. Die Klägerin ist von der Beklagten zu 2) nicht schriftlich zur Datenschutzbeauftragten ihres Unternehmens bestellt worden.

b)
Die Beklagte zu 2) muss die Bestellung der Klägerin als Datenschutzbeauftragte für die Beklagte zu 1) aus dem Jahr 1992 nicht gegen sich wirken lassen. Die Bestellung im Sinne von § 4 f Absatz 1 Satz 1 BDSG wird nicht als „Annex“ zum Arbeitsvertrag der Klägerin vom Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) erfasst. Die schriftliche Bestellung zur Datenschutzbeauftragten ist nicht Teil des Arbeitsverhältnisses, sondern die Folge der gesetzlichen Verpflichtung des § 4 f Absatz 1 Satz 1 BDSG. Lediglich die Auswirkungen der Bestellung, nämlich die Konkretisierung der damit verbundenen Tätigkeiten, spiegeln sich in einer zwischen den Parteien des Arbeitsverhältnisses, möglicherweise auch konkludent, vereinbarten Erweiterung der arbeitsvertraglichen Pflichten. Die Bestellung zur Datenschutzbeauftragten erlischt unabhängig vom Arbeitsverhältnis, wenn die Voraussetzungen des § 4 f Absatz 1 Satz 1 BDSG nicht mehr vorliegen. Damit knüpft die Bestellung an das Unternehmen an, für das die Bestellung erfolgt ist, nicht an das Arbeitsverhältnis. Die Kammer schließt sich insoweit der Auffassung des BAG in seinem Urteil vom 29. September 2010, 10 AZR 588/09, Rz. 26 an: „Ein Übergang dieses Funktionsamtes findet nicht statt, da das Amt unmittelbar beim Rechtsträger besteht.“.

c)
Es besteht auch keine Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin das Amt als Beauftragte für den Datenschutz in ihrem Unternehmen ausüben zu lassen aufgrund eines eventuellen arbeitsvertraglichen Anspruches der Klägerin auf Bestellung. Daran wäre zu denken für den Fall, dass die im Zuge der Bestellung von 1992 getroffene arbeitsvertragliche Regelung zur Ausübung der Tätigkeit als Datenschutzbeauftragte durch den Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB auf die Beklagte zu 2) übergegangen wäre. Die Klägerin ist der Auffassung, dass mit dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auch die Verpflichtung der Beklagten zu 1), die Klägerin in einem Umfang von 30 % ihrer Arbeitszeit bzw. 8 Arbeitstagen im Monat für Tätigkeiten als Datenschutzbeauftragte freizustellen, auf die Beklagte zu 2) übergegangen sei. Dieser Auffassung folgt die Kammer nicht. Die Kammer folgt vielmehr der bereits zitierten Rechtsprechung des BAG, dass ein Übergang des Funktionsamtes nicht stattfindet, da das Amt unmittelbar beim Rechtsträger besteht (BAG vom 29.09.2010 a.a.O. Rz. 26). Geht das Funktionsamt nicht über, gilt die Bestellung also nicht für den Betriebserwerber, so muss Gleiches auch für die arbeitsvertraglichen Regelungen gelten, die vor dem Betriebsübergang für die Ausübung des Funktionsamtes vereinbart wurden. Ohne die sie rechtfertigende Bestellung wird die arbeitsvertragliche Umsetzung der Bestellung inhaltsleer und sinnlos. Ein Übergang der arbeitsvertraglich getroffenen Regelungen zur Ausübung des Funktionsamtes der Datenschutzbeauftragten ist auch nicht erforderlich, da eine Regelungslücke und damit eine Gefährdung der Intention des Gesetzgebers bei der Bestellung eines Datenschutzbeauftragten nicht besteht. Mit einer Frist von einem Monat ist der Betriebserwerber verpflichtet, sofern er die Voraussetzungen erfüllt, selbst einen Beauftragten für den Datenschutz schriftlich zu bestellen. Die Kontinuität des Datenschutzes ist damit gewährleistet. Dies ist Sinn und Zweck des BDSG, nicht der unveränderte Fortbestand des Arbeitsverhältnisses eines Datenschutzbeauftragten nach einem Betriebsübergang.

2.
Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Da sie nicht Beauftrage für den Datenschutz bei der Beklagten zu 2) ist, hat sie auch keinen Anspruch auf die Feststellung, dass sie dieses Amt weiterhin für die Beklagte zu 2) inne hat.

3.
Der Feststellungsantrag der Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1), dass der Widerruf der Bestellung zur Beauftragten für den Datenschutz für die Beklagte zu 2) unwirksam ist, ist unzulässig.

Dem Feststellungsantrag fehlt das erforderliche Rechtschutzbedürfnis. Ausweislich der Klageschrift und ihrem Schriftsatz vom 21. Januar 2013 beschränkt sich die Klägerin auf die Aufgaben als Datenschutzbeauftragte für die Beklagte zu 2), bzw. stellt ausdrücklich klar, dass die Klägerin derartige Rechte (als Datenschutzbeauftragte für die Beklagte zu 1)) nicht mehr geltend macht. Da das Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 1) durch den Betriebsübergang nach Ablauf der Widerspruchsfrist erloschen ist (ErfK/Preis, § 613 a BGB Rn. 66), ist von der Klägerin kein rechtlicher Gesichtspunkt vorgetragen, der einen Feststellungsanspruch gegenüber der Beklagten zu 1) rechtfertigen könnte.

II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Absatz 1 ZPO. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da sie unterlag.

Die Streitwertentscheidung folgt aus § 61 Absatz 1 ArbGG. Für den Haupt- und Hilfsantrag zu 1. hat die Kammer einen Streitwert von 2.520,00 Euro angesetzt. Hierbei hat sie sich von folgenden Erwägungen leiten lassen: Mit dem Streit um den Bestand ihres Amtes als Datenschutzbeauftragte streitet die Klägerin um 30% ihrer Arbeitsverpflichtung, da sie in diesem Umfang entsprechend der Vereinbarung mit der Beklagten zu 1) für die Erfüllung ihrer Aufgaben als Datenschutzbeauftragte freigestellt war. Bei einem Monatsbruttoeinkommen von 2.800,00 Euro entsprechen 30% 840,00 Euro. Der Feststellungsantrag zu 2. wurde, da er den Fortbestand der Tätigkeit als Datenschutzbeauftragte gleichermaßen betraf, mit 2/3 des Streitwertes des Antrages zu 1. bewertet.

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