BGH: Für ein vertraglich vereinbartes Widerrufsrecht gelten nicht zwangsläufig dieselben Voraussetzungen wie für ein gesetzliches Widerrufsrecht

veröffentlicht am 2. August 2012

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtBGH, Urteil vom 22.05.2012, Az. II ZR 88/11
§ 355 BGB

Der BGH hat entschieden, dass im Falle eines vertraglich vereinbarten Widerrufsrechts, wovon vorliegend ausgegangen wurde, nicht ohne weitere Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass die Anforderungen des gesetzlichen Widerrufsrechts zu Grunde zu legen sind. Insbesondere könne nicht vorausgesetzt werden, dass – wenn keine der gesetzlichen Form entsprechende Belehrung erteilt worden sei – die Frist für den Widerruf nicht zu laufen beginne, somit bei Nichtnachholung der ordnungsgemäßen Belehrung ein unbegrenztes Widerrufsrecht bestehe. Allein die Tatsache, dass sich der Verwender des Widerrufsrechts an der gesetzlichen Belehrung orientiert habe, genüge nicht für letztere Annahme. Zum Volltext der Entscheidung:


Bundesgerichtshof

Urteil

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. Mai 2012 durch … für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 7. April 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

Die Klägerin trat mit Beitrittserklärung vom 1. Dezember 2005, die am 8. Dezember 2005 angenommen wurde, der Beklagten, einem geschlossenen Fonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bei. Sie erklärte den Beitritt aufgrund der Vermittlung des N. B. in ihrer Privatwohnung. Unter den in dem Beitrittsformular angebotenen Beteiligungsmöglichkeiten wählte sie das Beteiligungsprogramm Multi B und verpflichtete sich zu einer Einmalzahlung in Höhe von 8.000 € zuzüglich 5 % Agio und monatlichen Ratenzahlungen in Höhe von 100 € zuzüglich 5 % Agio über einen Zeitraum von 30 Jahren (Vertragssumme: 46.200 €). Die Einmalzahlung und die erste Rate waren am 1. Februar 2006 fällig.

Mit Erklärung vom 30. Januar 2006, von der Beklagten angenommen am 1. März 2006, verringerte sie ihre versprochene Einmalzahlung auf 6.000 € zuzüglich 5 % Agio, so dass sich die Vertragssumme nunmehr auf 44.100 € belief; zudem war die Einmalzahlung nunmehr erst am 1. März 2006 fällig.

Beide Beitrittsformulare enthalten folgende, von der Klägerin unterschriebene Widerrufsbelehrung:

„Widerrufsbelehrung

Ich bin an meine auf den Abschluss der oben genannten Beitrittserklärung gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn ich sie binnen zwei Wochen widerrufe. Die M. GbR verzichtet auf ein etwaiges vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts nach den gesetzlichen Bestimmungen (§§ 312 d Abs. 3, 355 Abs. 3 BGB). Mit dem Widerruf meiner Willenserklärung kommt auch meine Beteiligung an der M. GbR nicht wirksam zustande.

Form des Widerrufs

Der Widerruf muss in Textform (z.B. Brief, Fax) erfolgen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten.

Fristablauf

Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem ich diese Widerrufsbelehrung unterschrieben habe und mir

– ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und
– mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde bzw. meines Vertragsantrages

zur Verfügung gestellt wurden.

Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

Adressat des Widerrufs

Der Widerruf ist zu senden an die M. GbR c/o P. GmbH & Co. KG, G. str. 54, M. , Telefon: (0 ) 6 , Fax: (0 ) 6

Widerruf bei bereits erhaltenen Leistungen

Habe ich vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits Leistungen von der M. GbR und/oder der P. GmbH & Co. KG erhalten, so kann ich mein Widerrufsrecht dennoch ausüben. Widerrufe ich in diesem Fall, so muss ich empfangene Leistungen jedoch binnen 30 Tagen an die M. GbR bzw. P. GmbH & Co. KG zurückgewähren und der M. GbR bzw. P. GmbH & Co. KG die von mir aus den Leistungen gezogenen Nutzungen herausgeben. Die Frist beginnt mit Absendung des Widerrufs.

Kann ich die von der M. GbR bzw. P. GmbH & Co. KG mir gegenüber erbrachten Leistungen ganz oder teilweise nicht zurückgewähren – beispielsweise weil dies nach dem Inhalt der erbrachten Leistungen ausgeschlossen ist -, so bin ich verpflichtet, insoweit Wertersatz zu leisten. Dies gilt auch für den Fall, dass ich die von der M. GbR bzw. P. GmbH & Co. KG erbrachten Leistungen bestimmungsgemäß genutzt habe. Die Verpflichtung zum Wertersatz kann ich vermeiden, wenn ich die Leistungen vor Ablauf der Widerrufsfrist nicht in Anspruch nehme.“

Die Klägerin erbrachte die Einmalzahlung und leistete 40 Monatsraten. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 16. Juni 2009 erklärte sie den Widerruf ihrer Beteiligung und leistete keine Zahlungen mehr.

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin – soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung – die Feststellung, dass der Gesellschaftsvertrag zwischen ihr und der Beklagten durch ihren Widerruf beendet sei und die Beklagte aus dem Gesellschaftsvertrag keine rechtlichen Verpflichtungen mehr herleiten könne.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klägerin habe mit Schreiben vom 16. Juni 2009 ihre Beteiligung an der Beklagten wirksam widerrufen. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Beitritt in einer sogenannten Haustürsituation erfolgt sei und ob der Klägerin deshalb ein gesetzliches Widerrufsrecht zustehe. Denn die Beklagte habe der Klägerin ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt, hinsichtlich dessen dieselben Belehrungspflichten bestanden hätten wie bei einem gesetzlichen Widerrufsrecht. Da die erteilte Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspreche, sei die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden und die Klägerin habe am 16. Juni 2009 die Beteiligung noch wirksam widerrufen können.

II.
Das hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Klägerin habe ihre Beteiligung an der Beklagten wirksam widerrufen, ist nicht frei von Rechtsfehlern.

1.
Nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum kann ein Widerrufsrecht nicht nur von Gesetzes wegen bestehen, sondern grundsätzlich auch im Vereinbarungswege festgelegt werden. Danach können Vertragspartner – als Ausprägung der Vertragsfreiheit – ein Widerrufsrecht vertraglich vereinbaren und für die nähere Ausgestaltung sowie die Rechtsfolgen auf die §§ 355, 357 BGB verweisen (vgl. Staudinger/Kaiser, BGB [2004], § 355 Rn. 11; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., Vorb v § 355 Rn. 5; Bamberger/Roth/Grothe, BGB, 2. Aufl., § 355 Rn. 4; NK-BGB/Ring, 2. Aufl., § 355 Rn. 26; zur vertraglichen Vereinbarung einer Verlängerung der Widerrufsfrist vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2009 – XI ZR 118/08, WM 2009, 350 Rn. 16 f.).

2.
Ob einer Widerrufsbelehrung, die keine Beschränkung darauf enthält, dass sie nur in gesetzlich vorgesehenen Fällen gelten soll, die Vereinbarung eines vertraglichen Widerrufsrecht entnommen werden kann, kann hier dahingestellt bleiben (vgl. zu dieser Problematik BGH, Urteil vom 15. Oktober 1980 – VIII ZR 192/79, WM 1980, 1386, 1387, insoweit in BGHZ 78, 248 nicht abge-druckt; Urteil vom 30. Juni 1982 – VIII ZR 115/81, WM 1982, 1027; Urteile vom 6. Dezember 2011 – XI ZR 401/10, ZIP 2012, 262 Rn. 17 und – XI ZR 442/10, juris Rn. 24; OLG Hamburg, Urteil vom 19. Juni 2009 – 11 U 210/06, juris Rn. 121; OLG Köln, Urteil vom 22. Juli 2009 – 27 U 5/09, juris Rn. 22 f.; Münch KommBGB/Masuch, 6. Aufl., § 360 Rn. 15; Ebnet, NJW 2011, 1029, 1030 f.; Godefroid, Verbraucherkreditverträge, 3. Aufl., Rn. 486 f.; Münscher, WuB I G 1.5.03; Corzelius, EWiR 2009, 243, 244; Tetzlaff, GWR 2012, 88). Denn die Klägerin hätte ein ihr vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht jedenfalls nicht fristgemäß ausgeübt.

a)
Die Klägerin war – ein vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht unterstellt – nach der Widerrufsbelehrung berechtigt, ihre Beitrittserklärung binnen zwei Wochen zu widerrufen. Der Lauf der Frist hätte danach einen Tag, nachdem sie die Widerrufsbelehrung unterschrieben hatte und ihr ein Exemplar der Belehrung sowie ihr schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde bzw. ihres Vertragsantrags zur Verfügung gestellt worden waren, begonnen. Diese Zweiwochenfrist, die demnach am 31. Januar 2006 zu laufen begonnen hätte, wäre am 16. Juni 2009, als ihr Prozessbevollmächtigter den Widerruf erklärte, längst abgelaufen gewesen.

b)
Für den Beginn der Widerrufsfrist kommt es nicht darauf an, ob die Widerrufsbelehrung den Anforderungen an eine Belehrung über ein gesetzliches Widerrufsrecht entspricht. Den Formulierungen des Beitrittsformulars lässt sich – wenn man der Widerrufsbelehrung überhaupt die Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechts entnehmen wollte – im Wege der Auslegung jedenfalls nicht entnehmen, die Beklagte habe der Klägerin nicht nur ein vertragliches Widerrufsrecht mit der in der Widerrufsbelehrung beschriebenen Ausgestaltung einräumen wollen, sondern sich darüber hinaus auch verpflichtet, ihr gegenüber alle im Falle eines gesetzlichen Widerrufsrechts einzuhaltenden gesetzlichen Belehrungspflichten erfüllen zu wollen und ihr bei deren Nichteinhaltung ein unbefristetes Widerrufsrecht einzuräumen.

aa)
Bei der Auslegung der Vertragserklärung ist der Hintergrund der gesetzlichen Widerrufsvorschriften in den Blick zu nehmen:

Die Fälle des gesetzlichen Widerrufsrechts, die eine Durchbrechung des Grundsatzes „pacta sunt servanda“ darstellen, sind enumerativ und abschließend geregelt (§ 355 Abs. 1 Satz 1 BGB) und knüpfen an bestimmte gesetzliche Merkmale an (siehe insoweit auch BGH, Urteile vom 6. Dezember 2011 – XI ZR 401/10, ZIP 2012, 262 Rn. 17 und – XI ZR 442/10, juris Rn. 24). Wird einem Vertragspartner vertraglich ein Widerrufsrecht eingeräumt, das ihm nach dem Gesetz nicht zusteht, z.B. weil der Vertragsschluss außerhalb einer „Haustürsituation“ erfolgt und es daher an der vom Gesetz typisierten Situation eines strukturellen Ungleichgewichts fehlt, kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sich die Vertragspartner gleichwohl in einer solchen Situation begegnen. Sie sind vielmehr grundsätzlich als vom Gesetz gleichgewichtig eingeschätzte Vertragspartner anzusehen. Dann bestimmt sich der Inhalt des Widerrufsrechts aber auch ausschließlich durch Auslegung ihrer vertraglichen Vereinbarung.

bb)
Vor diesem Hintergrund bedarf es dann, wenn ein Unternehmer einem Verbraucher, ohne dazu gesetzlich verpflichtet zu sein, ein Widerrufsrecht eingeräumt hat, konkreter Anhaltspunkte in der getroffenen Vereinbarung dafür, dass zwar das Widerrufsrecht als solches von den gesetzlichen Voraussetzungen (z.B. einer Haustürsituation) unabhängig sein soll, gleichwohl die für die Ausübung des Widerrufsrechts vereinbarte Frist nur dann in Gang gesetzt werden soll, wenn der Unternehmer dem Anleger zusätzlich eine Belehrung erteilt hat, die den Anforderungen für ein gesetzliches Widerrufsrecht (hier: §§ 312, 355 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 20. November 2001, BGBl. I S. 3138) entspricht.

Derartige Anhaltspunkte bestehen vorliegend nicht. Ein vernünftiger Empfänger der Erklärung der Beklagten konnte den Formulierungen der Widerrufsbelehrung nicht entnehmen, dass die Beklagte sich für den Fall, dass ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht besteht, verpflichten wollte, dem Anleger vertraglich ein unbefristetes Widerrufsrecht einräumen zu wollen, wenn die von ihr in der Widerrufsbelehrung genannten Voraussetzungen des Widerrufsrechts nicht den vom Gesetz für ein gesetzliches Widerrufsrecht aufgestellten Anforderungen genügten.

Für die gegenteilige Auslegung reicht es nicht aus, dass sich die Beklagte bei den Formulierungen an den Vorgaben des gesetzlichen Widerrufsrechts orientiert hat. Dies ist ersichtlich lediglich dem Umstand geschuldet, dass die Widerrufsbelehrung für den Fall des Eingreifens einer gesetzlichen Verpflichtung zur Belehrung in das Formular aufgenommen wurde, und besagt deshalb nichts für einen Willen der Beklagten, nicht bestehende Belehrungspflichten übernehmen und erfüllen zu wollen. Ebenso wenig folgt aus der Tatsache, dass die Beklagte selbstverständlich beabsichtigte, im Falle des Eingreifens eines gesetzlichen Widerrufsrechts mit der Belehrung die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, aus der Sicht eines verständigen Empfängers ein Anhaltspunkt dafür, dass er sein (möglicherweise vertragliches) Widerrufsrecht unter anderen als unter den formulierten Voraussetzungen werde ausüben können.

Auch aus dem Umstand, dass die Beklagte unter Hinweis auf § 312d Abs. 3 BGB, § 355 Abs. 3 BGB auf ein „etwaiges vorzeitiges Erlöschen“ des Widerrufsrechts nach diesen Vorschriften verzichtet hat, folgt aus der maßgeblichen Sicht des Anlegers nicht, dass die Beklagte die gesetzlichen Belehrungspflichten auch in dem Fall erfüllen wollte, dass der Vertragsschluss nicht in einer Haustürsituation erfolgte. Es kann dahinstehen, ob der in der Widerrufsbelehrung erklärte Verzicht auf ein vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts nach den gesetzlichen Bestimmungen überhaupt dahin ausgelegt werden kann, er solle gegebenenfalls auch dann gelten, wenn die gesetzlichen Bestimmungen mangels Vorliegens eines gesetzlichen Widerrufsrechts schon nicht anwendbar sind und allenfalls ein vertraglich eingeräumtes Widerrufsrecht in Rede steht. Jedenfalls kommt in diesem Verzicht nicht zum Ausdruck, dem Anleger sämtliche Rechte, die das Gesetz dem Verbraucher in der besonders schutzwürdigen Situation eines Geschäftsabschlusses in einer Haustürsituation gewährt, selbst dann einräumen zu wollen, wenn eine solche Situation nicht gegeben ist. Der Verbraucher kann der Erklärung allenfalls entnehmen, dass der Unternehmer ihm damit ein Widerrufsrecht unter den in der Belehrung formulierten Voraussetzungen einräumt. Die Bezugnahme auf die gesetzlichen Bestimmungen ist für ihn nur insoweit von Bedeutung, als das ihm gegenüber formulierte Widerrufsrecht (dadurch) nicht eingeschränkt wird.

cc)
Etwas anderes folgt entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch nicht aus der Entscheidung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 23. Juni 2009 (- XI ZR 156/08, ZIP 2009, 1512 Rn. 17). Die Entscheidung betrifft den Umfang der zu erfüllenden Belehrungspflichten bei einem gesetzlichen Widerrufsrecht (§ 495 i.V.m. § 355 BGB) durch die möglicherweise zur Belehrung nicht verpflichtete dortige Klägerin und nicht den Fall eines vertraglich eingeräumten Widerrufsrechts.

III.
Der Senat kann in der Sache nicht abschließend selbst entscheiden (§ 563 Abs. 1 ZPO).

Das Berufungsgericht hat – von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig – keine Feststellungen zu der zwischen den Parteien streitigen Frage getroffen, ob der Beitritt der Klägerin in einer sogenannten Haustürsituation gemäß § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB (in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 20. November 2001, BGBl. I S. 3138) erfolgt ist. Diese Vorschrift findet auf Verträge über den Beitritt zu einer Gesellschaft, die wie die Beklagte der Kapitalanlage dienen soll, nach der vom Gerichtshof der Europäischen Union bestätigten (Urteil vom 15. April 2010 – C 215/08, ZIP 2010, 772) ständigen Rechtsprechung des Senats Anwendung (siehe hierzu nur BGH, Urteil vom 12. Juli 2010 – II ZR 292/06, BGHZ 186, 167 Rn. 12 – FRIZ II).

Die erforderlichen Feststellungen wird es in der wiedereröffneten Berufungsverhandlung nach gegebenenfalls ergänzendem Vortrag der Parteien nachzuholen haben.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

1.
Sollte das Berufungsgericht zu der Feststellung gelangen, dass die Klägerin unter den Voraussetzungen des § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB der Beklagten beigetreten ist, wäre der dann nach §§ 312, 355 BGB grundsätzlich mögliche Widerruf vom 16. Juni 2009 nicht verfristet. Die Widerrufsbelehrung in dem Beitrittsformular entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen der auf den Fall (noch) anwendbaren § 312 Abs. 2, § 355 Abs. 3 BGB.

a)
Der Schutz des Verbrauchers erfordert nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung (siehe nur BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 – I ZR 55/00, ZIP 2002, 1730, 1731; Urteil vom 12. April 2007 – VII ZR 122/06, BGHZ 172, 58 Rn. 13; Urteil vom 10. März 2009 – XI ZR 33/08, BGHZ 180, 183 Rn. 14; siehe nunmehr § 360 Abs. 1 BGB). Die Widerrufsbelehrung hat dem Verbraucher die ihm durch den Widerruf eröffneten wesentlichen Rechte und Pflichten bewusst zu machen; in ihr sind die tatsächlichen materiellen Rechtsfolgen der Erklärung des Widerrufs abzubilden (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2007 – VII ZR 122/06, BGHZ 172, 58 Rn. 11, 13 ff.; Urteil vom 2. Februar 2011 – VIII ZR 103/10, ZIP 2011, 572 Rn. 17).

b)
Diesen Anforderungen genügt die der Klägerin erteilte Belehrung nicht, ohne dass der Senat an dieser Stelle entscheiden müsste, wie die Widerrufsbelehrung im Falle des Widerrufs einer Beteiligung an einer Anlagegesellschaft im Einzelnen formuliert werden muss (Probleme insoweit aufzeigend Podewils, MDR 2010, 117 ff.; Guggenberger, ZGS 2011, 397 ff.). Die Belehrung entspricht schon deshalb nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil sie lediglich auf aus dem Widerruf folgende Pflichten der Klägerin hinweist, nicht jedoch darauf, wie sich der Widerruf auf (etwaige) Rechte der Klägerin im Hinblick auf von ihr bereits an die Beklagte geleistete Zahlungen auswirkt. Ein solcher Hinweis war unentbehrlich, weil die Klägerin nach den vertraglichen Fälligkeitsbestimmungen Ratenzahlungen bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist leisten musste.

2.
Sollte das Ergebnis der Feststellungen sein, dass die Klägerin wirksam widerrufen hat, wird das Berufungsgericht auf eine Klarstellung ihres Feststellungsantrags hinzuwirken haben.

Der Widerruf der Beitrittserklärung führt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zur Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft und zur Ermittlung des Wertes des Gesellschaftsanteils des fehlerhaft beigetretenen Gesellschafters im Zeitpunkt seines Ausscheidens (siehe nur BGH, Urteil vom 2. Juli 2001 – II ZR 304/00, BGHZ 148, 201, 207 f.; Urteil vom 12. Juli 2010 – II ZR 292/06, BGHZ 186, 167 Rn. 11 f. – FRIZ II; Urteil vom 17. Mai 2011 – II ZR 285/09, ZIP 2011, 1359 Rn. 14, 17). Die Anwendung der Grundsätze über den fehlerhaften Beitritt kann für den widerrufenden Gesellschafter zum einen dazu führen, dass ein Abfindungsguthaben wegen während seiner Mitgliedschaft eingetretener, von ihm mitzutragender Verluste der Gesellschaft geringer ist als seine Einlageleistung; ihre Anwendung kann sogar dazu führen, dass wegen der von der Gesellschaft während der Dauer der Mitgliedschaft des Widerrufenden erwirtschafteten Verluste das Abfindungsguthaben negativ ist, der widerrufende Gesellschafter also nicht nur seine Einlage nicht zurückerhält, sondern seinerseits zu Zahlungen an die Gesellschaft verpflichtet ist (st. Rspr., siehe nur BGH, Beschluss vom 5. Mai 2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 Rn. 10 – FRIZ I).

Angesichts dessen ist der bisherige Antrag der Klägerin festzustellen, dass die Beklagte keinen Anspruch mehr aus dem Gesellschaftsvertrag hat, vor der Erstellung einer Auseinandersetzungsrechnung zu weit gefasst.

Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 04.05.2010, Az. 10 O 328/09
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 07.04.2011, Az. I-6 U 134/10

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