BGH: Herabsetzung der Preiswürdigkeit und fachlichen Qualität von Wettbewerbern ist wettbewerbswidrig

veröffentlicht am 2. Juni 2010

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtBGH, Urteil vom 29.07.2009, Az. I ZR 77/07
§§ 3, 4 Nr. 11 UWG; § 57a StBerG

Der BGH hat entschieden, dass eine Werbung, die inhaltlich sowohl die fachliche Qualität von Mitbewerbern als auch deren Preiswürdigkeit herabsetzt, unlauter ist. Ein Steuerberater hatte Tankstellenpächter mit folgendem Wortlaut angeschrieben: „Mit Schreiben vom 6. Februar 2006 haben wir Ihnen eine kostenlose Beratung zur Gewinnmaximierung angeboten. […] Wir zeigen Ihnen, wie Sie die zuviel gezahlten Steuerberaterhonorare sowie Steuern und Abgaben zumindest für die Zukunft einsparen.“ Im letzten Satz dieses Schreibens gebe der Werbende nach Auffassung des Gerichts vor, dass die Pächter in der Vergangenheit zuviel Steuerberaterhonorare und Steuern gezahlt habe. Eine solche Aussage könne der Beklagte jedoch nicht treffen, da er keine Kenntnis der von den Tankstellenpächtern gezahlten Steuern und Honorare sowie ihrer Berechnungsgrundlagen habe. Die Aussage sei deswegen zum einen irreführend, da der Beklagte nicht wissen könne, ob tatsächlich zuviel gezahlt worden sei. Zum anderen würden die Mitbewerber – die ebenfalls in diesem Bereich tätigen Steuerberater – in ihrer Preiswürdigkeit und fachlichen Qualität der Leistung in unlauterer Weise pauschal herabgesetzt. Der Beklagte habe nichts für die Richtigkeit seiner pauschalen Kritik an den Mitbewerbern geltend gemacht. Die Herabsetzung eines Mitbewerbers nach § 4 Nr. 7 UWG stelle letztlich ein Unterfall der gezielten Behinderung von Mitbewerbern dar.

Schließlich verstoße eine Werbung, die § 4 Nr. 7, 10 und § 5 Abs. 1 UWG verletzt, zudem auch gegen das Steuerberatungsgesetz, weil sie den Rahmen berufsrechtlich zulässiger Werbung verlasse. Sie verletze das Sachlichkeitsgebot und sei daher auch unlauter. Als wettbewerbsrechtlich und steuerberatungsgesetzlich zulässige Werbung ordnete der BGH jedoch den Einsatz von (Suggestiv-)Fragen wie z.B. Bietet Ihnen Ihr EKW-Steuerberater keine Standardlösungen, sondern individuelle Betreuung?, Hat Ihr Steuerbüro einen Abhol- und Bringdienst für Ihre Buchführung? oder Sind Sie mit der Höhe Ihrer Steuerabgaben zufrieden? ein. Erstere bringe zum Ausdruck, dass der Beratungsbedarf unterschiedlich sein könne und stelle individuelle Lösungen in Aussicht; zweitere ist eine zusätzliche Nebenleistung und letztere sei nicht geeignet, einen Irrtum zu erregen, so dass eine Irreführung zu verneinen sei. Die Grenzen des Steuerberatungsgesetzes würden hier auch nicht überschritten. Werbung sei erlaubt, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichte und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet sei. Dies bedeute aber nicht, dass die Werbung auf die Mitteilung nüchterner Fakten zu beschränken sei.

Vorinstanzen:

LG Hannover, Entscheidung vom 28.12.2006, Az. 21 O 100/06
OLG Celle, Entscheidung vom 19.04.2007, Az. 13 U 7/07

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