BGH: Kein Anspruch auf Notanwalt beim BGH, wenn BGH-Rechtsanwalt Vorschuss verweigert wird

veröffentlicht am 15. September 2017

BGH, Beschluss vom 13.07.2017, Az. I ZR 19/17
§ 78b ZPO

Der BGH hat darauf hingewiesen, dass die Bestellung eines Notanwalts vor dem Bundesgerichtshof (vor dem BGH dürfen nur bei dem Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwälte tätig werden, nämlich Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof) nicht in Frage kommt, wenn die Vertretungsbereitschaft eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts an der unterbliebenen Zahlung des Vorschusses durch den Mandanten scheitert. Zum Volltext der Entscheidung nachstehend:


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Bundesgerichtshof

Beschluss

in dem Rechtsstreit

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juli 2017 durch … beschlossen:

Der Antrag der Beklagten, ihr zur Wahrnehmung ihrer Rechte gemäß § 78b ZPO einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 01.12.2016 wird auf Kosten der Beklagten verworfen.

Streitwert: 50.000 EUR

Gründe

I.
Die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Notanwalts gemäß § 78b Abs. 1 ZPO sind nicht erfüllt.

Nach der genannten Vorschrift kann einer Partei ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Voraussetzung hierfür ist zunächst, dass die Partei trotz zumutbarer Anstrengungen einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht gefunden und ihre entsprechenen Bemühungen dem Gericht substantiiert dargelegt und nachgewiesen hat (BGH, Beschluss vom 22.0.2011, Az. IV ZR 77/11, juris Rn. 5; Beschluss vom 19.10.2011, Az. I ZR 98/11, juris Rn. 2). Scheitert die Vertretungsbereitschaft eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts an der unterbliebenen Zahlung des Vorschusses durch den Mandanten, so kommt die Bestellung eines Notanwalts nicht in Betracht (BGH, Beschluss vom 13.04.1994, Az. XII ZR 222/93BGHR ZPO § 78 b Vertretungsbereitschaft 1; Beschluss vom 07.12.1999, Az. VI ZR 219/99, juris Rn. 2). Die Vorschrift des § 78b ZPO hat nicht den Sinn, einer Partei die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts ohne Vorschusszahlung oder sonstige Honorarsicherung zu ermöglichen (vgl. BGH, Beschluss vom 02.10.2012, Az. XI ZR 216/12, juris Rn. 2). Hat eine Partei zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden und entsprechend mandatiert, so kommt im Falle einer späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat (vgl. BGH, Beschluss vom 02.02.2017, Az. IX ZR 113/16, ZInsO 2017, 968 Rn. 4).

Die Beklagte hatte zunächst die Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof Dr. M. und Dr. R. mit der Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde beauftragt. Diese haben mittlerweile das Mandat niedergelegt. Die Beklagte hat mitgeteilt, dass Grund für die Mandatsniederlegung die nicht rechtzeitige vollständige Gebührenzahlung war. Unter diesen Umständen fehlt es an einer die Bestellung eines Notanwalts rechtfertigenden Notlage. Vielmehr hat die Beklagte die Mandatsbeendigung zu vertreten.

II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist auf Kosten der Beklagten als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der Frist des § 544 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO) begründet worden ist.

Die durch die Beklagte am 11. Mai 2017 selbst erklärte Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde ist unwirksam. Die Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde unterliegt als Prozesshandlung dem Anwaltszwang des § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO (vgl. BGH, Beschluss vom 17. November 2016 IX ZR 215/15, juris Rn. 2; Beschluss vom 8. Mai 2012 – XI ZR 481/11, juris Rn. 2).

Vorinstanzen:
LG Münster, Urteil vom 16.06.2015, Az. 25 O 133/13
OLG Hamm, Urteil vom 01.12.2016, Az. I-4 U 92/15

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