BGH: Klagezustellung ohne Anlagen ist nicht zwangsläufig unwirksam

veröffentlicht am 22. Januar 2013

BGH, Urteil vom 12.12.2012, Az. VIII ZR 307/11
§ 253 Abs. 1 ZPO

Der BGH hat entschieden, dass die Zustellung einer Klage nicht per se deswegen unwirksam ist, weil die Klageschrift ohne die in Bezug genommenen Anlagen zugestellt wird. Der 8. Zivilsenat hat sich damit von einer Entscheidung des 7. Zivilsenats (BGH, Beschluss vom 21.12.2006, Az. VII ZR 164/05) abgegrenzt. Zum Volltext der Entscheidung:


Bundesgerichtshof

Urteil

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Oktober 2012 durch … für Recht erkannt:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 26. September 2011 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Beklagten zu tragen.

Tatbestand

Die Klägerin beansprucht von den beiden in der Volksrepublik China ansässigen Beklagten aus einem Kooperationsvertrag vom 15.07.2005, mit dem die Produkte der Beklagten zu 1 auf dem deutschen Markt vertrieben werden sollten, Ersatz des entgangenen Gewinns wegen Nichtbelieferung nach erfolgter Bestellung in Höhe von 423.634,36 EUR, Mängelbeseitigungskosten von 190.940 EUR sowie Erstattung von Aufwendungen für die Beseitigung von Mängeln bei Endkunden in Höhe von 37.078,53 EUR.

Die Klageschrift vom 30. Dezember 2008 nimmt zum Beweis des Klagevortrags auf 29 Anlagen (K 1 bis K 29) Bezug. Der Kooperationsvertrag vom 15. Juli 2005 bildet die Anlage K 1. Die Anlagen K 2 bis K 20 betreffen Maschinenbestellungen und Verkaufsbestätigungen. Als Anlage K 21 ist (exemplarisch) ein von der Klägerin eingeholtes Sachverständigengutachten zu einer von der Beklagten zu 1 gelieferten Maschine beigefügt, in dem der Sachverständige Mängel bestätigt. Die Anlagen K 22 bis K 27 bestehen aus Rechnungen, mit denen die Klägerin gegenüber der Beklagten Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 190.940 € abrechnet. Die Anlage K 29 betrifft eine Rechnung der Klägerin vom 31. Mai 2006 über entgangenen Gewinn.

Nachdem das Landgericht von der Klägerin für die Übersetzung von insgesamt 108 Seiten in die chinesische Sprache einen Betrag von 8.640 € angefordert hatte, hat die Klägerin mit Schreiben vom 3. März 2009 auf die Zustellung der Anlagen zur Klageschrift verzichtet. Daraufhin sind nur die Klageschrift, die am 3. Februar 2009 erfolgte Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens sowie die Aufforderung, binnen vier Wochen einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen oder einen Prozessbevollmächtigten zu bestellen, anderenfalls spätere Zustellungen durch Aufgabe zur Post bewirkt werden könnten, ins Chinesische übersetzt worden. Ausweislich der Zustellungszeugnisse der für internationale Rechtshilfe zuständigen Zentralstelle in Peking vom 1. September 2009 ist die Zustellung der genannten Unterlagen an beide Beklagte am 17. Juni 2009 durch einfache Übergabe an den „personal service“ der Beklagten erfolgt.

Nach Reduzierung des Klageantrags von 684.277,88 € auf 651.652,88 € hat das Landgericht am 9. November 2009 antragsgemäß ein Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren erlassen, das laut zwei dem Urteil nachgehefteten Aktenvermerken der Urkundsbeamtin jeweils am 10. November 2009 unter der korrekten Anschrift der Beklagten zur Post gegeben worden ist.

Nachdem die Klägerin Ende 2009 mit einer Vollstreckung des Urteils in das Vermögen der Beklagten in Deutschland begonnen hatte, sind die Beklagten am 31. Dezember 2009 unter Erwähnung des „default judgement“ (Versäumnisurteil) sowie unter kurzer Schilderung der bisherigen Prozessgeschichte an ihre damaligen Prozessbevollmächtigten herangetreten. Am 21. Januar 2010 haben die Beklagten, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten, Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist beantragt. Sie haben vorgetragen, die Beklagte zu 2 habe das Versäumnisurteil nicht erhalten. Die Beklagte zu 1 habe das Versäumnisurteil zwar erhalten; das Datum der Zustellung lasse sich aber nicht mehr nachvollziehen. Die Beklagte zu 1 sei weder in dem Versäumnisurteil noch in dem begleitenden Schreiben des Gerichts auf die Möglichkeit, Einspruch einzulegen, sowie die hierfür geltenden Form- und Fristvorschriften hingewiesen worden. Dies sei erstmals erfolgt, als die Beklagte zu 1 am 7. Januar 2010 das Versäumnisurteil per E-Mail an ihre Prozessbevollmächtigten übersandt habe.

Das Landgericht hat die Wiedereinsetzungsanträge der Beklagten ebenso wie die Einsprüche gegen das Versäumnisurteil als unzulässig verworfen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist vom Berufungsgericht zurückgewiesen worden. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.
Das Berufungsgericht (OLG Stuttgart, Urteil vom 26. September 2011 – 5 U 166/10, juris) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Das Landgericht habe den Einspruch der Beklagten zu Recht nach § 341 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen. Das Versäumnisurteil sei den Beklagten am 24. November 2009 wirksam nach § 184 ZPO zugestellt worden mit der Folge, dass die zweiwöchige Einspruchsfrist des § 339 Abs. 1 ZPO am 8. Dezember 2009 abgelaufen sei, weshalb die Einsprüche der Beklagten vom 21. Januar 2010 verspätet seien.

Die Verfahrensvoraussetzungen für eine vereinfachte Zustellung nach § 184 Abs. 1 ZPO seien gewahrt. Eine Zustellung nach § 184 ZPO setze voraus, dass die im Ausland wohnende Partei keinen Zustellungsbevollmächtigten bestellt habe, obwohl sie dazu verpflichtet gewesen sei. Eine solche Prozessförderungspflicht bestehe allerdings erst nach der wirksamen Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses.

Sowohl die Klage (ohne Anlagen) als auch die Aufforderung zur Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten seien beiden Beklagten zugestellt worden. Dies sei für die Beklagte zu 2 unstreitig und für die Beklagte zu 1 aufgrund des Zustellungszeugnisses der nach Art. 2 Abs. 1 des Haager Zustellungs-übereinkommens zuständigen Zentralstelle in Peking gemäß § 418 Abs. 1 ZPO nachgewiesen. Dem stehe nicht entgegen, dass in dem Zustellungszeugnis als Empfangsperson nur „personal service“ eingetragen sei. Die Beklagten seien unter derselben Geschäftsadresse ansässig und hätten eingeräumt, dass in derselben Posteingangsstelle für beide Beklagte ein bestimmter Mitarbeiter für die ein- und ausgehende Post zuständig sei. Den Beklagten sei daher klar gewesen, welche konkrete Person die Schriftstücke entgegengenommen habe.

Die Zustellung der Klage ohne Anlagen habe auch – unabhängig von der Frage, ob die Klagezustellung ordnungsgemäß und wirksam gewesen sei – ein für die Anwendung von § 184 ZPO ausreichendes Prozessrechtsverhältnis zwischen der Klägerin und den beiden Beklagten begründet.

Zwar sei nach dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 21. Dezember 2006 (VII ZR 164/05) eine Klagezustellung grundsätzlich unwirksam, wenn die Klageschrift ohne die in Bezug genommenen Anlagen zugestellt werde, da die Zustellung auch der Wahrung des rechtlichen Gehörs des Beklagten diene. Dieser Grundsatz gelte jedoch auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht uneingeschränkt. Die Nichtzustellung von Anlagen zusammen mit der Klageschrift sei jedenfalls dann unschädlich und berühre die Wirksamkeit der Zustellung nicht, wenn das Informationsbedürfnis des Beklagten hierdurch nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werde. Dies sei beispielsweise angenommen worden, wenn die Anlagen der Klageschrift zwar nicht beigefügt gewesen, der beklagten Partei aber nahezu zeitgleich mit der Klageerhebung übersandt worden oder dieser ohnehin bekannt seien.

Ob die Beklagten vorliegend – was teilweise bestritten werde – die konkret mit der Klageschrift vorgelegten Anlagen K 1 bis K 29 gekannt hätten, könne dahinstehen. Jedenfalls sei auch ohne Zustellung der Anlagen von der wirksamen Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses auszugehen. Hierfür reiche es aus, dass die Verteidigungsrechte der Beklagten gewahrt seien, weil die streitigen Punkte bereits vorprozessual zwischen den Parteien ausführlich erörtert und die Beklagten nicht aus „heiterem Himmel“ mit einer Klage überzogen worden seien. Sei die beklagte Partei durch die vorprozessuale Erörterung gewarnt und müsse sie mit einer entsprechenden Klage rechnen, sei es Förmelei, für die Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses auf der Übersendung einzelner Unterlagen zu bestehen, wenn diese den schon vorprozessual diskutierten Anspruch lediglich erneut belegten und keine weitergehenden Informationen enthielten. Vorliegend sei die Beklagtenseite über die von der Klägerin erhobenen Ansprüche schon vorprozessual ausreichend unterrichtet gewesen. Dies gelte unabhängig davon, ob die nunmehr mit der Klageschrift vorgelegten Anlagen den Beklagten bereits konkret bekannt gewesen seien. Die vorprozessual von der Klägerin vorgelegten Rechnungen seien von der gleichen Art und genauso pauschal gewesen wie die eingereichten Anlagen zur Klageschrift, auch wenn sie im Einzelnen nicht identisch seien. Die Beklagten hätten davon ausgehen können, dass die nicht übersandten, aber in der Klageschrift in Bezug genommenen Anlagen nicht aussagekräftiger sein würden. Angesichts dessen sei der Einwand der Beklagten, einzelne Anlagen nicht zu kennen und deshalb untätig bleiben zu dürfen, rechtsmissbräuchlich. Wer einen Prozess nicht betreibe, obwohl er wisse, worum es gehe, müsse die hieraus resultierenden Nachteile tragen.

Die Beklagten seien daher nach § 184 ZPO verpflichtet gewesen, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen. Da sie dies nicht getan hätten, habe das Versäumnisurteil durch Aufgabe zur Post zugestellt werden dürfen.

Die Aktenvermerke der Urkundsbeamtin über die Aufgabe zur Post seien geeignet, den notwendigen Nachweis der Zustellung des Versäumnisurteils an beide Beklagte zu führen. Die Aktenvermerke müssten nicht auf der Urschrift des zuzustellenden Schriftstücks angebracht werden. Die beiden Vermerke befänden sich in den Akten unmittelbar hinter dem Versäumnisurteil und könnten diesem daher eindeutig zugeordnet werden. Die Urkundsbeamtin habe in den Vermerken auch den Tag und die richtig geschriebene Anschrift vermerkt, unter der sie das Versäumnisurteil zur Post gegeben habe.

Da die Zustellung nach § 184 ZPO als Inlandszustellung angesehen werde, habe es keiner Fristbestimmung nach § 339 Abs. 2 ZPO und keiner Übersetzung des Versäumnisurteils bedurft. Eine Belehrung über die Rechtsbehelfsmöglichkeiten sei ausweislich des Aktenvermerks der Urkundsbeamtin beigefügt gewesen.

Den Beklagten sei auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da sie – unabhängig von einem Wiedereinsetzungsgrund – bereits die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist nach § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO versäumt hätten. Die Frist beginne, sobald die Partei oder deren Prozessbevollmächtigter erkannt habe, dass die fristgebundene Prozesshandlung versäumt sei, oder dies bei gehöriger Sorgfalt hätte erkennen müssen. Vorliegend hätten die Beklagten in ihrer E-Mail an ihre Prozessbevollmächtigten vom 31. Dezember 2009 unstreitig von einem „default judgement“ des Landgerichts berichtet. Dies zeige, dass die Beklagten zu dieser Zeit das Versäumnisurteil tatsächlich erhalten hätten. Auf den Zeitpunkt der vollständigen Unterrichtung der Anwälte durch Übersendung des Versäumnisurteils am 7. Januar 2010 komme es daher nicht an.

II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand; die Revision ist daher zurückzuweisen.

Zu Recht hat das Berufungsgericht entschieden, dass der Einspruch der Beklagten vom 21. Januar 2010 gegen das Versäumnisurteil des Landgerichts vom 9. November 2009 verfristet war und den Beklagten auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist.

1.
Die zweiwöchige Einspruchsfrist begann nach § 339 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO mit der wirksamen Zustellung des Versäumnisurteils an beide Beklagte gemäß § 184 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 ZPO am 24. November 2009 zu laufen und endete mit Ablauf des 8. Dezember 2009.

a)
Die Zustellung des Versäumnisurteils durfte gemäß § 184 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Aufgabe zur Post erfolgen. Das Versäumnisurteil wurde auch hinsichtlich beider Beklagter am 10. November 2009 ordnungsgemäß zur Post gegeben.

aa)
Die Zustellung durch Aufgabe zur Post ist nach § 184 Abs. 1 Satz 2 ZPO nur zulässig, wenn die betroffene Partei keinen Zustellungsbevollmächtigten benannt hat, obgleich sie dazu gemäß § 184 Abs. 1 Satz 1 ZPO verpflichtet war. Eine solche Verpflichtung besteht für die im Ausland wohnende Partei erst nach Rechtshängigkeit, also nach rechtswirksamer Zustellung der Klageschrift (§ 261 Abs. 1, § 253 Abs. 1 ZPO). Erst dann besteht ein Prozessrechtsverhältnis, das eine Prozessförderungspflicht, wie sie in § 184 Abs. 1 Satz 1 ZPO bestimmt ist, begründen kann (vgl. BGH, Urteile vom 24. Februar 1972 – II ZR 7/71, BGHZ 58, 177, 179; vom 10. November 1998 – VI ZR 243/97, NJW 1999, 1187 unter II 1 a aa; Beschluss vom 13. November 2001 – VI ZB 9/01, NJW 2002, 521 unter II 1). Soweit das Berufungsgericht gemeint hat, ein Prozessrechtsverhältnis könne auch unabhängig von einer wirksamen Klagezustellung entstehen, ist dem nicht zu folgen (vgl. BGH, Urteile vom 4. Oktober 2000 – VIII ZR 289/99, NJW 2001, 445 unter II 1; vom 22. Mai 1992 – V ZR 108/91, NJW 1992, 2575 unter II 1; Musielak/Musielak, ZPO, 9. Aufl., Einl. Rn. 55). Allerdings ist nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen von einer wirksamen Zustellung der Klage nebst Aufforderung nach § 184 Abs. 1 Satz 1 ZPO und Belehrung nach § 184 Abs. 2 Satz 3 ZPO an beide Beklagte auszugehen.

(1)
Sowohl die Klageschrift als auch die gerichtlichen Begleitverfügungen sind beiden Beklagten gemäß § 183 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit Art. 5 des Haager Übereinkommens vom 15.11.1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen (vgl. BGBl. II 1977 S. 1453; Haager Zustellungsübereinkommen, im Folgenden: HZÜ) zugestellt worden. Dabei kann dahinstehen, ob die Feststellung des Berufungsgerichts, die Zustellung sei hinsichtlich der Beklagten zu 2 unstreitig, den Senat nach § 314 ZPO bindet oder ob eine solche Bindungswirkung wegen einer Widersprüchlichkeit der Feststellung mit der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Schriftsatzstelle ausscheidet (vgl. hierzu Senatsurteil vom 22. September 2010 – VIII ZR 285/09, WuM 2010, 688 Rn. 58 mwN). Jedenfalls ist die Zustellung an beide Beklagte durch die Zustellungszeugnisse der nach Art. 2 HZÜ zuständigen Zentralstelle in Peking gemäß § 418 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit Art. 6 HZÜ bewiesen.

(a)
Dem von einer ausländischen Zentralen Behörde (Art. 2 HZÜ) nach Art. 6 HZÜ ausgestellten Zustellungszeugnis kommt die Beweiskraft des § 418 Abs. 1 ZPO zu (BGH, Beschluss vom 13. November 2001 – VI ZB 9/01, aaO; vgl. auch Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 183 Rn. 72; Musielak/Wittschier, aaO § 183 Rn. 4). Die Anwendung des § 418 Abs. 1 ZPO scheitert entgegen der Ansicht der Revision im vorliegenden Fall nicht daran, dass der Aussteller des Zustellungszeugnisses die bezeugte Zustellung (möglicherweise) nicht selbst vorgenommen oder wahrgenommen hat. Zwar erstreckt sich die Beweiskraft des § 418 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nur auf die eigene Wahrnehmung des Bezeugten (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 – IX ZB 43/03, NJW 2004, 2386 unter II 2 b mwN). Ob dies auch für behördliche Zeugnisurkunden gilt oder ob es hierfür ausreicht, dass die Wahrnehmung von einem Amtsträger innerhalb der Behörde gemacht worden ist, kann an dieser Stelle dahinstehen (vgl. hierzu MünchKommZPO/Schreiber, 3. Aufl., § 418 Rn. 5). Nach § 418 Abs. 3 ZPO gilt nämlich auch in den Fällen der Beurkundung von Drittwahrnehmungen die Beweisregel des § 418 Abs. 1 ZPO, wenn sich aus Landes- oder Bundesgesetzen (Musielak/Huber, aaO, § 418 Rn. 4; MünchKommZPO/Schreiber, aaO) ergibt, dass die Beweiskraft des Zeugnisses von der eigenen Wahrnehmung unabhängig sein soll. Eine solche Anordnung trifft für Zustellungszeugnisse der ersuchten Behörde § 183 Abs. 4 Satz 2 ZPO.

(b)
Anders als die Revision meint, steht einer Anwendung des § 418 Abs. 1 ZPO auch nicht entgegen, dass in den Zustellungszeugnissen nicht angegeben ist, an welche natürliche Person die Übergabe erfolgt ist, sondern – neben Ort, Datum und Form der Zustellung – jeweils lediglich eine Übergabe an den „personal service“ der Beklagten bescheinigt wird. Zwar sieht das im Anhang zum Haager Zustellungsübereinkommen enthaltene und vorliegend auch verwendete Musterformular für ein Zustellungszeugnis vor, dass Name und Stellung der Empfangsperson sowie deren Verhältnis zum Zustellungsempfänger angegeben werden. Diese Angabe ist insbesondere für den Zustellungsempfänger wichtig, damit dieser weiß, wer die Zustellung erhalten hat, und diese Person befragen und erforderlichenfalls als Zeugen benennen kann, um den nach § 418 Abs. 2 ZPO möglichen Gegenbeweis zu führen (vgl. hierzu BVerwG, NJW 2000, 683, 684; vgl. auch BT-Drucks. 7/4892, S. 45). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass gerade in größeren Unternehmen – wie unstreitig auch bei den Beklagten – der Posteingang nach geregelten Strukturen abläuft. Erachtet bei der Zustellung an ein Unternehmen die ersuchte Behörde die Angabe der Organisationseinheit, an die das Schriftstück ausgehändigt wurde, nach dem am Zustellungsort geltenden Recht für ausreichend, schränkt dies die Nachvollziehbarkeit des Zustellungsvorgangs für den Zustellungsempfänger nicht wesentlich ein und berührt die Aussagekraft des Zustellungszeugnisses nach Art. 6 HZÜ nicht (vgl. Prütting/Gehrlein/Kessen, ZPO, 4. Aufl., § 183 Rn. 4).

(2)
Die Zustellung der Klageschrift war entgegen der Ansicht der Revision vorliegend auch nicht deshalb unwirksam, weil die Anlagen nicht beigefügt waren.

(a)
Nach § 253 Abs. 1 ZPO ist mit der Zustellung der Klageschrift die Klage erhoben und damit ein Prozessrechtsverhältnis zwischen den Parteien und dem Gericht begründet. Erforderlich hierfür ist nur, dass das zugestellte Schriftstück als Klageschrift erkennbar ist. Weitere Voraussetzungen sind an die Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses nicht zu stellen.

Sie ergeben sich insbesondere nicht aus § 253 Abs. 2 ZPO, der den notwendigen Inhalt einer Klageschrift bestimmt. Er besteht in der Bezeichnung der Parteien und des Gerichts, der Angabe von Gegenstand und Grund des erhobenen Anspruchs sowie einem bestimmten Antrag. Fehlt es an hinreichenden Angaben zu Gegenstand und Grund des Anspruchs oder an einem bestimmten Antrag, ist nach allgemeiner Ansicht eine dennoch zugestellte Klage – nach vorangegangenem Hinweis – als unzulässig abzuweisen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 1984 – VI ZR 70/82, VersR 1984, 538 unter III 1; Zöller/Greger, aaO, § 253 Rn. 23; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 33. Aufl., § 253 Rn. 20; Hk-ZPO/Saenger, 4. Aufl., § 253 Rn. 31; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., § 253 Rn. 61; BeckOK-ZPO/Bacher, Stand: 15. Juli 2012, § 253 Rn. 80; vgl. auch Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 17. Aufl., § 96 Rn. 52). Eine derartige Abweisung setzt jedoch notwendigerweise voraus, dass zwischen den Parteien und dem Gericht überhaupt ein Prozessrechtsverhältnis besteht, da eine gerichtliche Entscheidung nicht außerhalb eines Prozessrechtsverhältnisses ergehen kann. Hieraus folgt, dass auch die Zustellung einer Klageschrift, die ihrerseits die Voraussetzungen des § 253 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt, wirksam ist und ein Prozessrechtsverhältnis begründet (vgl. Wieczorek/Schütze/ Assmann, ZPO, 3. Aufl., § 253 Rn. 174 f.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, aaO Rn. 51).

Gleiches muss gelten, wenn – wie vorliegend – der Klage Anlagen nicht beigefügt waren (vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald, aaO Rn. 8; Gärtner/Mark, MDR 2009, 421, 422 ff.; differenzierend Musielak/Foerste, aaO, § 253 Rn. 15; Zöller/Greger, aaO Rn. 26). Für die Beifügung von Anlagen verweist § 253 Abs. 4 ZPO auf die Vorschriften der §§ 131, 134, 135 ZPO. Zwar sind nach § 131 Abs. 1 ZPO Urkunden, auf die in einem Schriftsatz Bezug genommen wird, diesem beizufügen. Dass die Beifügung nicht konstitutiv für die Wirksamkeit der Zustellung sein kann, belegt allerdings schon der Inhalt der Ausnahmeregelungen. So müssen beispielsweise Urkunden, die von bedeutsamem Umfang sind, dem Schriftsatz nicht beigefügt werden; hier genügt vielmehr die genaue Bezeichnung mit dem Erbieten, Einsicht zu gewähren (§ 131 Abs. 3 Alt. 2 ZPO). Dass im Falle des Fehlens von Unterlagen von geringem Umfang, die nach § 131 Abs. 1 ZPO beizufügen wären, eine Klagezustellung unwirksam sein soll, wohingegen sie im Falle des Fehlens umfangreicher Unterlagen unter den Voraussetzungen des § 131 Abs. 3 ZPO wirksam ist, erscheint wenig überzeugend. Gleiches gilt im Rahmen des § 135 ZPO, der Rechtsanwälten die Mitteilung von Urkunden von Hand zu Hand gegen Empfangsbescheinigung ermöglicht. Die Wirksamkeit der Zustellung einer Klageschrift kann nicht davon abhängen, dass die Rechtsanwälte Urkunden, die als Anlagen zur Klage dienen, von Hand zu Hand gegen Empfangsbescheinigung übergeben. Insofern ist allgemein anerkannt, dass ein Verstoß gegen die Vorlagepflicht des § 131 Abs. 1 ZPO nicht zur Unwirksamkeit der Zustellung führt, sondern nur zur Anwendung der Verspätungsregelungen sowie des § 335 Abs. 1 Nr. 3 ZPO oder zu Kostennachteilen (MünchKommZPO/Wagner, aaO, § 131 Rn. 5, § 129 Rn. 4; Musielak/Stadler, aaO, § 131 Rn. 3, § 129 Rn. 5; Stein/Jonas/Roth, aaO, § 131 Rn. 4, § 129 Rn. 13 ff.; Thomas/Putzo/Reichold, aaO, § 131 Rn. 1, § 129 Rn. 4).

(b)
Der hier vertretenen Auffassung steht nicht entgegen, dass die Zustellung – neben der Sicherung des Nachweises von Zeit und Art der Übergabe eines Schriftstücks – auch gewährleisten soll, dass der Zustellungsempfänger verlässlich von dem Inhalt eines Schriftstücks Kenntnis nehmen kann, und damit auch der Verwirklichung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG dient (BGH, Urteile vom 22. Februar 1978 – VIII ZR 24/77, NJW 1978, 1058 unter II 3 c bb; vom 6. April 1992 – II ZR 242/91, BGHZ 118, 45, 47; Beschluss vom 21. Dezember 2006 – VII ZR 164/05, NJW 2007, 775 Rn. 14; BVerfG, NJW 1988, 2361).

Die Gewährung rechtlichen Gehörs umfasst nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das Recht der Parteien, sich zu dem Sachverhalt, der einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegt wird, vor Erlass der Entscheidung zu äußern (BVerfGE 63, 45, 59; 89, 28, 35; 101, 106, 129). Dieses Recht auf Äußerung ist eng verknüpft mit dem Recht der Parteien auf Information. Eine Art. 103 Abs. 1 GG genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt voraus, dass die Verfahrensbeteiligten zu erkennen vermögen, auf welchen Tatsachenvortrag es für die gerichtliche Entscheidung ankommen kann (BVerfGE 89, 28, 35). Dementsprechend ist das Gericht zur Information der Parteien über den gesamten Tatsachenstoff verpflichtet, den es im Rahmen seiner Entscheidung verwenden will (vgl. Dreier/Schulze-Fielitz, GG, 2. Aufl., Art. 103 Abs. 1 Rn. 33). Im Zivilprozess gehören zu den der Gegenseite mitzuteilenden Äußerungen einer Prozesspartei auch solche, die nicht in einem Schriftsatz selbst, sondern in einer Anlage dazu enthalten sind (BVerfGE 50, 280, 284). Allerdings verlangt Art. 103 Abs. 1 GG nicht, den Beklagten bereits im erstmöglichen Zeitpunkt – bei Zustellung der Klage – in vollem Umfang zu informieren (vgl. Gärtner/Mark, aaO S. 422). Es muss vielmehr nur gewährleistet sein, dass der Beklagte sein Informationsrecht und sein Recht auf Äußerung vor Erlass der gerichtlichen Entscheidung effektiv ausüben kann.

Hieraus folgt, dass es von Verfassungs wegen nicht geboten ist, die Zustellung einer Klageschrift ohne Anlagen als unwirksam anzusehen. Vielmehr wird in einer solchen Konstellation die Wahrung des Rechts auf rechtliches Gehör durch andere prozessuale Vorschriften (z.B. § 335 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) ausreichend geschützt.

(c)
Soweit der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in einem Vorlagebeschluss vom 21. Dezember 2006 an den Gerichtshof der Europäischen Union die Auffassung vertreten hat, die fehlende Beifügung von Anlagen mache die Zustellung einer Klageschrift unwirksam (VII ZR 164/05, aaO Rn. 13 ff.), war dies – was der erkennende Senat zu entscheiden hat (so zu § 68 ZPO BGH, Beschluss vom 27. November 2003 – V ZB 43/03, BGHZ 157, 97, 99 f.; Musielak/Weth, aaO, § 68 Rn. 4; Hk-ZPO/Bendtsen, aaO, § 68 Rn. 6; Stein/ Jonas/Bork, aaO, § 68 Rn. 7; Zöller/Vollkommer, aaO, § 68 Rn. 9; ausführlich Wieczorek/Schütze/Mansel, ZPO, 3. Aufl., § 68 Rn. 97 ff.) – für die damalige Entscheidung nicht tragend. Eines Verfahrens nach § 132 Abs. 2 GVG bedarf es daher nicht.

Die Entscheidung des VII. Zivilsenats betraf die Frage der Auslegung des Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 160, S. 37) für den dort vorliegenden Sachverhalt, dass die Klageschrift in englischer Übersetzung nebst beigefügten Anlagen, diese allerdings ohne Übersetzung, in London an die dort ansässige Beklagte ausgehändigt worden war, die Beklagte die Annahme aber unter Berufung auf die genannte europarechtliche Bestimmung verweigert hatte, weil die Anlagen nicht in die englische Sprache übersetzt waren. Für diese Frage ist die vom VII. Zivilsenat darüber hinaus angesprochene Problematik, ob eine Klagezustellung nach deutschem Zivilprozessrecht wirksam ist, wenn die Anlagen zur Klageschrift nicht beigefügt waren, nicht erheblich. Die Vorlagefrage hätte sich in gleicher Weise gestellt, wenn der VII. Zivilsenat zu der Frage der Wirksamkeit der Zustellung einer Klageschrift ohne Anlagen die gegenteilige Auffassung vertreten hätte.

bb)
Da die Beklagten innerhalb der ihnen gesetzten – angemessenen – Frist von vier Wochen keinen Zustellungsbevollmächtigten benannt haben, durften die weiteren Zustellungen gemäß § 184 Abs. 1 Satz 2 ZPO durch Aufgabe zur Post erfolgen. Diese ist vorliegend nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die von der Revision nicht angegriffen werden, am 10. November 2009 ausweislich der beiden Vermerke der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle auch ordnungsgemäß erfolgt.

b)
Das Versäumnisurteil gilt gemäß § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO zwei Wochen nach Aufgabe zur Post, vorliegend am 24. November 2009, als zugestellt. Die zweiwöchige Einspruchsfrist des § 339 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO endete daher mit Ablauf des 8. Dezember 2009.

Entgegen der Ansicht der Revision liegt hierin keine Verletzung des Rechts der Beklagten auf ein faires Verfahren nach Art. 6 Abs. 1 EMRK. Die Revision stützt sich darauf, dass die Einlassungsfristen für in- und ausländische Parteien identisch seien, was zu einer unangemessenen Benachteiligung von Ausländern führe, da für jene die in § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO angesetzte Zustellungsdauer von zwei Wochen häufig überschritten werde. Zum Ausgleich müsse daher entweder die Frist bis zum Eintritt der Zustellungsfiktion gemäß § 184 Abs. 2 Satz 2 ZPO oder die Einspruchsfrist gemäß § 339 Abs. 2 ZPO verlängert werden. Geschehe dies nicht, sei Art. 6 Abs. 1 EMRK verletzt. Dies trifft nicht zu.

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits zu der Vorgängerregelung des § 175 ZPO entschieden, dass hiergegen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen, auch wenn § 339 Abs. 2 ZPO nicht zur Anwendung kommt, weil es sich bei der Zustellung durch Aufgabe zur Post um eine Inlandszustellung handelt (BVerfG, NJW 1997, 1772; BGH, Urteil vom 10. November 1998 – VI ZR 243/97, aaO unter II 1 b; aA Roth, IPrax 1990, 90 ff.; zu § 339 Abs. 2 ZPO zudem Senatsurteil vom 24. September 1986 – VIII ZR 320/85, BGHZ 98, 263, 266 f.; BGH, Beschluss vom 13. November 2001 – VI ZB 9/01, aaO). Hieran hat sich durch die Neufassung der Regelung in § 184 ZPO durch das Gesetz zur Reform des Verfahrens bei Zustellungen im gerichtlichen Verfahren (Zustellungsreformgesetz – ZustRG) vom 25. Juni 2001 (BGBl. I S. 1206) nichts geändert. Die Neufassung hat vielmehr die Rechtslage für den Zustellungsempfänger (sogar) insofern verbessert (vgl. BT-Drucks. 14/4554, S. 23 f.), als die Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten nicht mehr von Gesetzes wegen (§ 174 Abs. 2 ZPO aF), sondern nur auf Anordnung des Gerichts erfolgen muss (§ 184 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und der Zustellungsempfänger auf die Rechtsfolgen des § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO hinzuweisen ist (§ 184 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Ferner tritt die Zustellungsfiktion nicht mehr mit der Aufgabe zur Post (§ 175 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZPO), sondern grundsätzlich erst zwei Wochen danach ein (§ 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO), wobei die Frist durch das Gericht verlängert werden kann (§ 184 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Auch ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK liegt nicht vor (BGH, Urteil vom 18. September 2012 – VI ZR 223/11, zur Veröffentlichung bestimmt, Rn.19, 22).

Auch unter Zugrundelegung des Vortrags der Beklagten, die gewöhnliche Postlaufzeit in die Volksrepublik China betrage bis zu elf Tagen, wobei auch Brieflaufzeiten von drei bis vier Wochen keine Seltenheit seien, ist das Recht der Beklagten auf ein faires Verfahren nicht verletzt. Sofern die Fiktion des § 184 Abs. 2 Satz 1 ZPO dazu führt, dass beim tatsächlichen Zugang des Urteils die Rechtsmittelfrist bereits abgelaufen ist, so kann der Zustellungsempfänger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 ZPO verlangen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2000 – II ZB 20/99, NJW 2000, 3284 unter II 2).

2.
Zu Recht hat das Berufungsgericht den Beklagten die Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist bereits deshalb verweigert, weil die Beklagten die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO versäumt haben.

a)
Die Wiedereinsetzungsfrist beginnt gemäß § 234 Abs. 2 ZPO mit dem Tag, an dem das Hindernis, das der Einhaltung einer Frist entgegensteht, behoben ist. Dem gleichzustellen ist der Fall, dass das Weiterbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann (Senatsbeschluss vom 31. Januar 1990 – VIII ZB 44/89, NJW-RR 1990, 830 unter II 1 a; Musielak/Grandel, aaO, § 234 Rn. 3 mwN).

b)
Vorliegend hatten die Beklagten nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts jedenfalls am 31. Dezember 2009 Kenntnis von dem sie betreffenden Versäumnisurteil vom 9. November 2009, dem ausweislich der Feststellungen des Berufungsgerichts ein Hinweis auf die Einspruchsmöglichkeit, das zuständige Gericht und die einzuhaltenden Form- und Fristvorschriften gemäß § 338 ZPO beigefügt war.

Die Revision meint, die Wiedereinsetzungsfrist habe dennoch erst am 7. Januar 2010 zu laufen begonnen, weil die Beklagten die genannten Dokumente mangels Übersetzung ins Chinesische nicht hätten verstehen können. Das trifft nicht zu. Die Beklagten hätten bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt bereits vor dem 7. Januar 2010 die Versäumung der Einspruchsfrist erkennen können, so dass die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 21. Januar 2010 die Frist des § 234 ZPO nicht gewahrt haben.

aa)
Einer Übersetzung des Urteils sowie der Belehrung in die chinesische Sprache bedurfte es schon deshalb nicht, weil die Zustellung nach § 184 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 ZPO im Inland erfolgt ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. November 1995 – XII ZB 163/95, NJW-RR 1996, 387 unter II 1; vom 3. Februar 1999 – VIII ZB 35/98, NJW 1999, 1871 unter II 1 c ee; Stein/Jonas/ Roth, ZPO, 22. Aufl., § 184 Rn. 11).

bb)
Für Ausländer gelten grundsätzlich dieselben Sorgfaltsanforderungen wie für Deutsche (vgl. Hk-ZPO/Saenger, aaO, § 233 Rn. 23). Auch eine ausländische Partei, der eine Gerichtsentscheidung zugestellt wird, ist gehalten, sich alsbald über deren Inhalt zu vergewissern und sich nach Form und Frist eines zulässigen Rechtsmittels zu erkundigen, wenn sie die Entscheidung nicht hinnehmen will; sie muss hierfür unverzüglich die erforderlichen Schritte einleiten (vgl. BGH, Beschluss vom 22. November 1995 – XII ZB 163/95, aaO unter II 2 mwN). Dies gilt vorliegend insbesondere deshalb, weil die Beklagten schon im Rahmen der ihnen in chinesischer Sprache am 17. Juni 2009 zugestellten gerichtlichen Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens darüber belehrt worden waren, dass bei Nichtanzeige der Verteidigungsabsicht ohne mündliche Verhandlung ein Versäumnisurteil ergehen könnte. Die Beklagten mussten daher damit rechnen, dass ein Urteil gegen sie ergehen würde. Da die Beklagten international tätig sind und – wie ihre E-Mail vom 31. Dezember 2009 zeigt – in Kontakt zu einer deutschen Rechtsanwaltskanzlei standen, hätten sie bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt bereits vor dem 7. Januar 2010 die Fristversäumung erkennen können.

c)
Ungeachtet dessen haben die Beklagten auch einen Wiedereinsetzungsgrund entgegen § 236 Abs. 2 ZPO nicht glaubhaft gemacht.

Die Beklagten haben zwar vorgetragen, die Beklagte zu 2 habe das Versäumnisurteil gar nicht und die Beklagte zu 1 zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt erhalten. Belegt wird dieser Vortrag jedoch nur durch schriftliche und ohne Übersetzung in die deutsche Sprache vorgelegte Erklärungen eines Mitarbeiters, die zur Glaubhaftmachung gemäß § 294 ZPO nicht ausreichen.

Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 01.07.2010, Az. 25 O 573/08
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 26.09.2011, Az. 5 U 166/10

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