BGH: Nur eingeschränkter Schadensersatz nach Verletzung des Persönlichkeitsrechts eines Prominenten durch dessen Abbildung auf einer Werbeanzeige

veröffentlicht am 18. April 2010

BGH, Urteil vom 29.10.2009, Az. I ZR 65/07
§§ 812 Abs. 1 Sl. 1 Fall 2; 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB; §§ 22, 23 KUG

Nachdem Boris Becker von der FAZ über 2,3 Mio. EUR Schadensersatz für die Verwendung seines Bildes in einer Werbebeilage forderte, hat der BGH darauf hingewiesen, dass nicht jede Abbildung eines Prominenten in einer Werbung in gleicher Weise zum Schadensersatz berechtige. Das Gewicht des Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht einer prominenten Person, die ohne ihre Einwilligung in einer Werbeanzeige abgebildet werde, bemesse sich vor allem nach dem Ausmaß, in dem die Werbung den Werbewert und das Image der Person ausnutze. Besonderes Gewicht habe ein solcher Eingriff, wenn die Werbung den Eindruck erwecke, die abgebildete Person identifiziere sich mit dem beworbenen Produkt, empfehle es oder preise es an (vgl. BGHZ 169, 340 Tz. 19 – Rücktritt des Finanzministers, m.w.N.). Erhebliches Gewicht komme einem derartigen Eingriff auch dann zu, wenn durch ein unmittelbares Nebeneinander der Ware und des Abgebildeten in der Werbung das Interesse der Öffentlichkeit an der Person und deren Beliebtheit auf die Ware übertragen werde, weil der Betrachter der Werbung eine gedankliche Verbindung zwischen dem Abgebildeten und dem beworbenen Produkt herstelle, die zu einem Imagetransfer führe (BGH GRUR 2009, 1085 Tz. 31 – Wer wird Millionär?, m.w.N.).

Dagegen habe der Eingriff geringeres Gewicht, wenn die Abbildung einer prominenten Person in der Werbung weder Empfehlungscharakter hat noch zu einem Imagetransfer führe, sondern lediglich die Aufmerksamkeit des Betrachters auf das beworbene Produkt lenke.

Die Darstellung des Klägers auf der Titelseite der abgebildeten Zeitung erwecke nicht den Eindruck, der Kläger identifiziere sich mit der beworbenen Sonntagszeitung, empfehle sie oder preise sie an. Die Abbildung des Klägers habe vielmehr das Ziel, das große Interesse der Allgemeinheit an seiner Person zum Zweck der Absatzförderung auf die beworbene Zeitung zu lenken. Die Werbung mit dem Foto des Klägers erschöpfe sich demnach in einer bloßen Aufmerksamkeitswerbung für die Sonntagszeitung der Beklagten, ohne den Werbewert oder das Image des Klägers darüber hinaus auszunutzen.

Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers betreffe lediglich die – nur einfachrechtlich geschützten – vermögenswerten Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einschließlich des Rechts am eigenen Bild und berühre nicht die – auch verfassungsrechtlich gewährleisteten – ideellen Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers (vgl. BGHZ 143, 214, 218 ff. – Marlene Dietrich; BVerfG, Kammerbeschl. v. 22.8.2006 – 1 BvR 1168/04, GRUR 2006, 1049, 1050 f. = WRP 2006, 1361; BGHZ 169, 340 Tz. 21 – Rücktritt des Finanzministers). Bei der verwendeten Fotografie handele es sich um eine kleine, neutrale Porträtaufnahme, die den Kläger optisch nicht ungünstig darstelle. Die Schlagzeile und der Untertitel seien nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht als Herabsetzung zu verstehen, sondern spielten aus der Sicht des Durchschnittsbetrachters der Werbung auf Erfolge und Misserfolge des Klägers nach Abschluss seiner Tenniskarriere an. Die beanstandete Werbung beschädige das Ansehen des Klägers daher nicht, auch wenn sie seine persönlichen Probleme zum Gegenstand habe und ihn nicht unbedingt in einem günstigen Licht erscheinen lasse.

Streitgegenständlich war folgendes, in Tatbestand des Urteils wiedergegebene Werbung:

FAZ

I