BGH, Urteil vom 01.12.2016, Az. I ZR 143/15
§ 33 Abs. 8 SGB V, § 43c Abs. 1 SGB V, § 7 Abs. 1 HWG, § 61 Satz 1 SGB V, 3a UWG
Der BGH hat entschieden, dass die gesetzlichen Zuzahlungsregelungen keine gesetzlichen Vorschriften im Sinne von § 3a UWG darstellen, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die Vorschriften dienten der Kostendämpfung im Gesundheitswesen und nicht dem Schutz der dort tätigen Mitbewerber. Die Einhaltung dieser Regeln könne daher von vornherein nicht mit Mitteln des Lauterkeitsrechts durchgesetzt werden. In dem Zuzahlungsverzicht sei auch keine verbotene Heilmittelwerbung zu sehen. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a HWG seien bestimmte oder auf bestimmte Art zu berechnende Rabatte jeder Art für nicht preisgebundene Arzneimittel, Medizinprodukte und andere Heilmittel erlaubt. In § 33 Abs. 8 Satz 3 SGB V und § 61 Satz 1 SGB V seien die Zuzahlungen an die Höhe des Abgabepreises gekoppelt und ließen sich ohne weiteres errechnen. Zur Pressemitteilung Nr. 220/2016 des BGH:
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„Zuzahlungsverzicht bei medizinischen Hilfsmitteln erlaubt
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Der unter anderem für das Lauterkeitsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass die Werbung mit einem Verzicht auf die gesetzliche Zuzahlung bei medizinischen Hilfsmitteln zulässig ist.
Die Beklagte handelt im Internet mit medizinischen Hilfsmitteln, insbesondere zur Behandlung von Diabetes. Sie warb damit, dass ihre Kunden keine gesetzliche Zuzahlung entrichten müssen, weil sie diese übernehme.
Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, beanstandet diese Werbung, weil sie gegen die Regelungen zur Zuzahlung in § 33 Abs. 8 SGB V* und § 43c Abs. 1 SGB V** sowie gegen das Verbot von Werbegaben in § 7 Abs. 1 HWG*** verstoße. Sie begehrt von der Beklagten Unterlassung und Ersatz von Abmahnkosten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte Erfolg. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Verzicht auf die Zuzahlung widerspreche der gesetzlichen Pflicht, die Zuzahlungen für Hilfsmittel einzuziehen, und stelle deshalb eine im Gesundheitswesen verbotene Werbegabe dar.
Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof die die Klage abweisende Entscheidung des Landgerichts wiederhergestellt.
Die gesetzlichen Zuzahlungsregelungen dienen der Kostendämpfung im Gesundheitswesen und nicht dem Schutz der dort tätigen Mitbewerber. Die Einhaltung dieser Regeln kann daher von vornherein nicht mit Mitteln des Lauterkeitsrechts durchgesetzt werden.
Der Zuzahlungsverzicht ist auch keine verbotene Heilmittelwerbung. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a HWG*** sind bestimmte oder auf bestimmte Art zu berechnende Rabatte jeder Art für nicht preisgebundene Arzneimittel, Medizinprodukte und andere Heilmittel erlaubt. In § 33 Abs. 8 Satz 3 SGB V* und § 61 Satz 1 SGB V**** sind die Zuzahlungen an die Höhe des Abgabepreises gekoppelt und lassen sich ohne weiteres errechnen.
Die gesetzlichen Regelungen zur Zuzahlung stehen einem solchen Rabatt bei Hilfsmitteln nicht entgegen. Gemäß § 33 Abs. 8 SGB V* wird bei Hilfsmitteln der Verkäufer und nicht – wie etwa bei apothekenpflichtigen Arzneimitteln – die Krankenkasse Inhaber der Zuzahlungsforderung gegen die Versicherten. Der Vergütungsanspruch des Hilfsmittellieferanten gegen die Krankenkasse verringert sich automatisch um die Zuzahlung. Der Verkäufer der Hilfsmittel kann über die Zuzahlungsforderung frei verfügen, also darauf auch verzichten. § 43c Abs. 1 SGB V** gilt nicht beim Vertrieb von Hilfsmitteln.
Vorinstanzen:
LG Ulm – Urteil vom 23. Juni 2014 – 3 O 4/14, GRUR-RR 2014, 511
OLG Stuttgart – Urteil vom 9. Juli 2015 – 2 U 83/14, GRUR-RR 2015, 449
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