BGH: Schadensersatzpflicht auch bei nur mittelbarer Verletzung eines Patents

veröffentlicht am 27. Juni 2013

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtBGH, Urteil vom 07.05.2013, Az. X ZR 69/11
§ 139 Abs. 2 PatG, § 10 Abs. 1 PatG; § 256 Abs. 1 ZPO

Der BGH hat entschieden, dass Ansprüche auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und Rechnungslegung zu Gunsten eines Patentinhabers auch dann grundsätzlich zu bejahen sind, wenn lediglich eine mittelbare Patentverletzung (hier: Anbieten einer Software, die ohne Berechtigung ein patentgeschütztes Fräsverfahren ausführen kann) vorliegt. Erforderlich sei lediglich, dass eine Verletzungshandlung stattgefunden habe. Dafür reiche das bloße Anbieten eines verletzenden Verfahrens aus, eine Lieferung an Dritte müsse nicht erfolgt sein. Zum Volltext der Entscheidung:


Bundesgerichtshof

Urteil

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. April 2013 durch … für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin, die im Übrigen zurückgewiesen wird, wird das am 19. Mai 2011 verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München im nachfolgend ersichtlichen Umfang aufgehoben, soweit darin zu ihren Lasten entschieden wurde.

Die Berufung der Beklagten gegen das am 2. Februar 2005 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts München I wird auch hinsichtlich der Ansprüche auf Rechnungslegung und Schadensersatz zurückgewiesen, soweit diese auf die im Tenor des Berufungsurteils unter I 1 bezeichneten Handlungen bezogen sind, jedoch mit der Maßgabe, dass für den Zeitraum ab 5. Juni 2012 die Schäden zu ersetzen sind, die der A. AG, entstanden sind und noch entstehen werden und dass Schadensersatz und Rechnungslegung für diesen Zeitraum an die genannte Gesellschaft zu leisten sind.

Soweit die Klägerin hinsichtlich der Ansprüche auf Rechnungslegung und Schadensersatz auch für den Zeitraum von 5. Juni 2012 bis 13. Juli 2012 Leistung an sich selbst geltend macht, verbleibt es bei der vom Berufungsgericht ausgesprochenen Klageabweisung.

Hinsichtlich des weitergehenden Klagebegehrens wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen mittelbarer Verletzung eines Verfahrenspatents in Anspruch.

Die Klägerin ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 034 865 (Klagepatents), das ein Fräsverfahren betrifft. Patentanspruch 1 des Klagepatents lautet in der erteilten Fassung in der Verfahrenssprache:

„Fräsverfahren zur Herstellung eines beliebigen Fertigteils (2) aus einem beliebigen Rohteil (1) mittels einem Fräswerkzeug, dadurch gekennzeichnet, dass das Fräswerkzeug entlang einer kontinuierlichen spiralförmigen Führungsbahn (7, 7′) von der Außenkontur des Rohteils (1) zur Kontur (2′) des Fertigteils (2) geführt wird und unter stetigem Materialabtrag eine kontinuierliche Gestaltänderung vom Rohteil (1) zum Fertigteil (2) erreicht wird.“

Auf eine von der Beklagten erhobene Nichtigkeitsklage hat der Senat das Klagepatent unter Abweisung der weitergehenden Klage teilweise für nichtig erklärt (Urteil vom 2. März 2010 – X ZR 21/07). In der geänderten Fassung sind in Patentanspruch 1 die Worte „eines beliebigen Fertigteils“ ersetzt durch „einer Turbinenschaufel“ und die beiden übrigen Stellen, die das Wort „Fertigteil“ enthielten, entsprechend angepasst.

Die Beklagte entwickelt und vertreibt Programme für den computergesteuerten Formen- und Werkzeugbau (Computer Aided Manufacturing CAM).

Im Dezember 2002 bewarb sie auf der Fachmesse E. in mehreren Broschüren (K3 bis K5) unter der Bezeichnung „h. “ ein aus verschiedenen Modulen bestehendes Programmpaket, das zur Ansteuerung von Fräsmaschinen zur Herstellung von Turbinenschaufeln nach dem im Klagepatent geschützten Verfahren geeignet ist. Diese CAM-Software hat die Beklagte im gleichen Zeitraum auch auf ihren Internetseiten (K6) beworben.

Das Landgericht hat dem auf mittelbare Verletzung des Klagepatents in der erteilten Fassung gestützten und auf Unterlassung, Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatz- und Entschädigungspflicht gerichteten Klagebegehren in vollem Umfang entsprochen. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin ihre Klageanträge an die im Nichtigkeitsverfahren geänderte Fassung der Patentansprüche angepasst und die Klage zurückgenommen, soweit sie auf Feststellung der Entschädigungspflicht gerichtet war. Das Berufungsgericht hat der Beklagten lediglich verboten, Software für ein Fräsverfahren mit den im Tenor des angefochtenen Urteils im Einzelnen aufgeführten Merkmalen des Klagepatents anzubieten oder zu liefern,

„ohne den Angebotsempfänger oder Abnehmer in derselben Schriftgröße wie die maximale Schriftgröße des Angebots darauf hinzuweisen, dass die Software nur mit Zustimmung der Klägerin als Inhaberin des [Klagepatents] zur Durchführung des vorbezeichneten Verfahrens zum Fräsen von Turbinenschaufeln verwendet werden darf.“

Die weitergehende Klage hat das Berufungsgericht abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vom Senat zugelassenen Revision.

Die Klägerin verfolgt ihr zweitinstanzliches Begehren im Hinblick auf die am 5. Juni 2012 erfolgte und am 13. Juli 2012 im Patentregister eingetragene Übertragung des Klagepatents auf die A. AG mit der Maßgabe weiter, dass Rechnungslegung und Schadensersatz für den Zeitraum nach der Eintragung, hilfsweise nach dem materiellen Rechtsübergang, an die neue Patentinhaberin zu leisten sind.

Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nur mit dem Hilfsantrag begründet.

I.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Klägerin stehe gegen die Beklagte wegen mittelbarer Patentverletzung ein Unterlassungsanspruch zu. Die von der Beklagten angebotene CAM-Software stelle ein Mittel dar, das sich auf ein wesentliches Element der vom Klagepatent geschützten Erfindung beziehe. Sie sei zur Durchführung des patentgemäßen Verfahrens nicht nur geeignet, sondern auch bestimmt. Letzteres ergebe sich daraus, dass die Beklagte das Programm spezifisch für den Einsatz zum Fräsen von Turbinenschaufeln beworben habe. In der Veröffentlichung der erwähnten Werbebroschüren und Internetseiten liege ein Angebot im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG. Daraus ergebe sich die Gefahr, dass die Beklagte die beworbene Software an Kunden liefere.

Der Beklagten stehe kein Vorbenutzungsrecht zu. Aus ihrem Vortrag und den vorgelegten Unterlagen ergebe sich nicht, dass schon frühere, vor der Anmeldung des Streitpatents angebotene Versionen der Software geeignet gewesen seien, um automatisch – d.h. ohne Import externer Programme oder manuelle Eingriffe – eine Führungsbahn mit den in Patentanspruch 1 aufgeführten Merkmalen zu generieren. Der von der Beklagten erhobene Formstein-Einwand sei unbehelflich, weil die Merkmale des Klagepatents wortsinngemäß verwirklicht seien.

Der Klageantrag entspreche den Anforderungen, die sich aus der Entscheidung „Blasfolienherstellung“ ergäben. Die Klägerin habe das eingesetzte Mittel, nämlich Software, konkret bezeichnet. Die Klägerin könne aber nicht verlangen, dass die Beklagte Angebot und Vertrieb der Software schlechthin unterlasse. Die beworbenen Steuerungsprogramme könnten unstreitig auch patentfrei eingesetzt werden, beispielsweise zum Fräsen von Fertigteilen, die keine Turbinenschaufeln seien. Die Möglichkeit einer Abänderung der Software dahingehend, dass nur patentfreie Verwendungsmöglichkeiten erhalten blieben, sei nicht ersichtlich. Das mit dem ersten Hilfsantrag begehrte Verbot mit der Maßgabe, dass die Software nur dann geliefert werden dürfe, wenn sich der Empfänger zur Zahlung einer Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung verpflichte, sei der Beklagten ebenfalls nicht zumutbar. Angesichts des hohen Abgabepreises sei schlecht vorstellbar, dass Dritte bereit seien, die Software unter diesen Rahmenbedingungen zu erwerben.

Der Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht sei unbegründet. Die für die Begründetheit dieses Antrags erforderliche Wahrscheinlichkeit, dass der Klägerin ein Schaden entstanden sei, könne nur dann bejaht werden, wenn die Beklagte mindestens ein Exemplar der angegriffenen Software tatsächlich an einen Abnehmer geliefert habe. Eine solche Lieferung könne im Streitfall nicht festgestellt werden. Die Verneinung des Schadensersatzanspruchs habe zur Folge, dass auch der geltend gemachte Anspruch auf Rechnungslegung unbegründet sei.

II.
Dies hält der rechtlichen Überprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand.

1.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die für den Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht erforderliche Möglichkeit, dass der Klägerin ein Schaden entstanden ist, im Streitfall gegeben.

a)
Der Klägerin stehen gegen die Beklagte Ansprüche aus § 139 PatG wegen mittelbarer Verletzung des Klagepatents (§ 10 PatG) zu.

Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die von der Beklagten angebotene CAM-Software jedenfalls bei Einbeziehung eines entsprechenden Programm-Moduls geeignet ist, ein Fräsverfahren zur Herstellung einer Turbinenschaufel auszuführen, das die Merkmale von Patentanspruch 1 des Klagepatents aufweist.

Zu Recht hat es das Berufungsgericht auf Grund der Umstände des Streitfalls ferner als offensichtlich angesehen, dass die mit dem genannten Programm-Modul vertriebene Software zur Anwendung des patentgemäßen Verfahrens bestimmt ist. Offensichtlichkeit liegt regelmäßig insbesondere dann vor, wenn der Lieferant in einer Gebrauchsanweisung, Bedienungsanleitung oder dergleichen auf die Möglichkeit patentgemäßer Verwendung hinweist oder diese gar empfiehlt (BGH, Urteil vom 9. Januar 2007 – X ZR 173/02, BGHZ 170, 338 = GRUR 2007, 679 Rn. 37 mwN – Haubenstretchautomat). In dem vorgelegten Prospekt sowie in den im Wesentlichen inhaltsgleichen Ausführungen auf den Internetseiten der Beklagten wird der Einsatz der Software für spiralförmiges Fräsen („Spiralschruppen“) von Turbinenschaufeln ausdrücklich hervorgehoben.

b)
Ob der Klägerin oder der neuen Patentinhaberin ein bezifferbarer Schaden entstanden ist, den sie gemäß § 139 Abs. 2 PatG ersetzt verlangen kann, bedarf, wie auch das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend gesehen hat, im vorliegenden Rechtsstreit keiner abschließenden Klärung.

aa)
Ein auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichteter Klageantrag ist, sofern eine Schutzrechtsverletzung vorliegt, schon dann begründet, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens besteht. Diese braucht nicht hoch zu sein. Ob und was für ein Schaden entstanden ist, bedarf keiner Klärung, wenn nach der Erfahrung des täglichen Lebens der Eintritt eines Schadens mit einiger Sicherheit zu erwarten ist. Hierfür genügt es in der Regel, wenn zumindest eine rechtswidrig und schuldhaft begangene Verletzungshandlung vorliegt (BGH, Urteil vom 20. Mai 2008 – X ZR 180/05, BGHZ 176, 311 = GRUR 2008, 896 Rn. 26 mwN – Tintenpatrone I).

Als Verletzungshandlung in diesem Sinn reicht entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine mittelbare Patentverletzung im Sinne von § 10 PatG grundsätzlich aus. Zwar ist im Falle einer mittelbaren Patentverletzung nur derjenige Schaden zu ersetzen, der durch die unmittelbare Patentverletzung der Abnehmer des Mittels entsteht (BGH, Urteil vom 7. Juni 2005 – X ZR 247/02, GRUR 2005, 848, 854 – Antriebsscheibenaufzug). Hieraus ist aber, wie der Senat klargestellt hat, nicht zu folgern, dass die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts nur dann zu bejahen ist, wenn mindestens eine unmittelbare Verletzungshandlung festgestellt worden ist. Grundsätzlich reicht es vielmehr aus, wenn die Voraussetzungen einer mittelbaren Patentverletzung vorliegen (BGH, Urteil vom 13. Juni 2006 – X ZR 153/03, BGHZ 168, 124 = GRUR 2006, 839 Rn. 29 – Deckenheizung).

bb)
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind diese Grundsätze nicht nur dann heranzuziehen, wenn eine mittelbare Patentverletzung durch Liefern von zur unmittelbaren Verletzung geeigneten und bestimmten Mitteln feststeht. Sie gelten auch dann, wenn lediglich die Verletzungsform des Anbietens festgestellt ist.

Zwar kann das bloße Anbieten von Mitteln nicht zu einer unmittelbaren Patentverletzung unter Einsatz dieser Mittel führen, sofern dem Angebot keine Lieferung nachfolgt. Schon das Anbieten begründet jedoch eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass es auch zur Lieferung gekommen ist. Diese Wahrscheinlichkeit reicht zwar zum Nachweis einer solchen Lieferung und damit für die Begründetheit einer bezifferten Schadensersatzklage in aller Regel nicht aus. Sie lässt aber nach der Erfahrung des täglichen Lebens mit einiger Sicherheit erwarten, dass ein Schaden entstanden ist, und führt deshalb zur Begründetheit eines unbezifferten Antrags auf Feststellung der Schadensersatzpflicht.

cc)
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist grundsätzlich auch nicht danach zu differenzieren, ob das patentverletzende Angebot in Unterlagen enthalten ist, die für eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten bestimmt sind, wie dies etwa bei einem Prospekt oder bei einer Internetseite der Fall ist, oder ob es sich um ein individuelles, auf den Abschluss eines konkreten Vertrags gerichtetes Schreiben handelt. In allen diesen Konstellationen kann ein Angebot im Sinne von § 10 Abs. 1 PatG und damit eine mittelbare Patentverletzung vorliegen. Bereits dies begründet in der Regel eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass dem am Patent Berechtigten ein bezifferbarer Schaden entstanden ist.

2.
Für das Begehren nach Rechnungslegung gilt im Ergebnis nichts anderes.

a)
Das Berufungsgericht hat diesen Anspruch als unbegründet angesehen, weil es einen Schadensersatzanspruch der Klägerin verneint hat. Diese Prämisse ist aus den oben dargelegten Gründen unzutreffend.

Der Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung dient der erleichterten Bezifferung und Durchsetzung von Schadensersatz- und sonstigen Zahlungsansprüchen, die dem Berechtigten aufgrund der Schutzrechtsverletzung zustehen. Er ist zwar ausgeschlossen, wenn feststeht, dass dem Berechtigten ein solcher Zahlungsanspruch nicht zusteht. Jedenfalls dann, wenn die Voraussetzungen für eine Feststellung der Schadensersatzpflicht vorliegen, hat der Berechtigte aber auch Anspruch auf Erteilung der zur Berechnung und Durchsetzung des Ersatzanspruchs erforderlichen Informationen.

b)
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist der Anspruch nicht durch Erfüllung erloschen.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Behauptung der Beklagten, sie habe die angegriffene Software nicht an Dritte geliefert, bereits eine abschließende und umfassende Auskunft zu getätigten Lieferungen darstellt. Die Auskunft ist jedenfalls insoweit unvollständig, als es um das Anbieten der Software geht.

3.
Die Revision rügt, das Berufungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Software der Beklagten nicht mit zumutbarem Aufwand so abgeändert werden könne, dass sie nur für patentfreie Verwendungsmöglichkeiten geeignet ist.

Diese Rüge ist ebenfalls begründet.

a)
Die Klägerin hat sich, wie die Revision im Einzelnen aufgezeigt hat, in der Vorinstanz das Vorbringen der Beklagten zu eigen gemacht, bei dem Programm „h. “ handle es sich um ein modulares Programmpaket, das neben dem Modul oder den Algorithmen, die ein Verfahren nach dem Klagepatent steuerten, weitere Funktionalitäten enthalte. Vor diesem Hintergrund hat sie vorgetragen, das Modul oder die Algorithmen, die das patentgemäße Verfahren zur Herstellung von Turbinenschaufeln steuerten, könnten ohne nennenswerten Aufwand aus dem Programmpaket entfernt werden.

Das Berufungsgericht hat hingegen angenommen, die Möglichkeit einer Programmänderung sei weder ersichtlich noch dargelegt. Es hat hierbei, wie es in seinem den Antrag der Klägerin auf Berichtigung des Tatbestandes ablehnenden Beschluss vom 28. Juni 2011 ausgeführt hat, den abweichenden Vortrag der Klägerin zwar gesehen, aber für unsubstantiiert erachtet.

Damit hat das Berufungsgericht zu hohe Anforderungen an die Substantiierung des Klägervortrags gestellt. Im Hinblick auf den Vortrag der Beklagten, den die Klägerin in diesem Zusammenhang ausdrücklich aufgegriffen hat, brauchte die Klägerin keine Einzelheiten dazu darzulegen, wie die einzelnen Module von h. so getrennt werden können, dass der Vertrieb dieser CAM-Software keine mittelbare Verletzung des Klagepatents darstellt.

Die Beklagte hat ausweislich des angefochtenen Urteils geltend gemacht, dass h. aus mehreren Modulen bestehe, die nach dem jeweiligen Kundenwunsch zusammengestellt würden, und dass sie nach der Anmeldung des Streitpatents keine Software an Dritte geliefert habe, in die das Modul, mit der das patentgemäße Fräsverfahren durchgeführt werden kann, eingebaut gewesen sei. Damit ist der Klägervortrag, wonach eine die mittelbare Verletzung des Klagepatents vermeidende Modifikation der Software möglich ist, bestätigt.

Bei dieser Ausgangslage ist unerheblich, welche konkreten Maßnahmen erforderlich sind, um eine solche Modifikation zu erreichen. Insoweit hätte der Beklagten, die anders als die Klägerin mit dem Aufbau der Software vertraut ist, ohnehin eine sekundäre Darlegungslast oblegen.

b)
Der vom Berufungsgericht angeführte Umstand, die bestehende Software könne unstreitig zur Herstellung von anderen Gegenständen als Turbinenschaufeln eingesetzt werden, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung.

Auch diese Erwägung steht der Annahme nicht entgegen, dass die einzelnen Module der Software so zusammengestellt werden können, dass nur die patentgemäßen Funktionen entfallen. In dem von der Klägerin vorgelegten Prospekt werden verschiedene Funktionen gerade zur Bearbeitung von Turbinenschaufeln hervorgehoben. Dass mit denselben Funktionen und Programm-Modulen auch andere Werkstücke bearbeitet werden können und dass diese Nutzungsmöglichkeit für die Beklagte von wirtschaftlichem Interesse ist, erschließt sich daraus nicht. Angesichts dessen und angesichts des Umstandes, dass die Beklagte im Zusammenhang mit der Verletzungsfrage wiederholt den modularen Aufbau des Programms in den Vordergrund gestellt hat, hätte es näheren Vortrags der Beklagten dazu bedurft, dass diejenigen Teile des Programms, die für die in K4 beworbenen Funktionen zur Bearbeitung von Turbinenschaufeln benötigt werden, nur mit unverhältnismäßigem Aufwand von den übrigen Teilen getrennt werden können. Erst dann läge es an der Klägerin, diesen Vortrag zu widerlegen.

III.
Der Senat kann nur über einen Teil des noch anhängigen Streitgegenstandes in der Sache entscheiden.

1.
Soweit die Klägerin die Feststellung der Schadensersatzpflicht sowie Rechnungslegung hinsichtlich der im Tenor des angefochtenen Urteils bezeichneten Handlungen begehrt, ist die Klage aus den oben dargelegten Gründen begründet.

Die Beklagte hat das Klagepatent jedenfalls dann verletzt, wenn sie die angegriffene Software ohne den im Tenor des angefochtenen Urteils bezeichneten Hinweis angeboten oder geliefert hat. Der Klägerin stehen deshalb jedenfalls hinsichtlich solcher Handlungen Ansprüche auf Schadensersatz und Rechnungslegung zu.

2.
Soweit sich die Klageansprüche auf Angebote oder Lieferungen mit dem im Tenor des angefochtenen Urteils bezeichneten Hinweis beziehen, bedarf es noch weiterer tatrichterlicher Feststellungen.

Die Beklagte wird im wieder eröffneten Berufungsrechtszug Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu der Frage haben, welche Gründe einer die mittelbare Verletzung des Klagepatents vermeidenden Modifikation der CAM-Software entgegenstehen. Hierbei wird sie insbesondere klarstellen können, ob sich ihr im Berufungsurteil wiedergegebenes Vorbringen, „die beworbene Software“ könne zur Herstellung von anderen Gegenständen als Turbinenschaufeln eingesetzt werden, auf dasselbe Modul bezieht, das zur Herstellung von Turbinenschaufeln geeignet ist. Sofern dies der Fall sein sollte, wird sie näher darzulegen haben, aus welchen Gründen dieses Modul nicht so geändert werden kann, dass die Funktionen zur Herstellung von Turbinenschaufeln für den Benutzer nicht zugänglich sind. Wenn die Beklagte der ihr insoweit obliegenden sekundären Darlegungslast nachkommt, wird es der Klägerin obliegen, darzulegen und zu beweisen, dass eine entsprechende Modifikation der Software mit zumutbarem Aufwand möglich ist.

3.
Wegen der Übertragung des Klagepatents kann die Klägerin alle noch in Streit stehenden Ansprüche nur noch mit der Maßgabe geltend machen, dass Rechnungslegung und Schadensersatz für die Zeit ab dem 5. Juni 2012 an die neue Patentinhaberin zu leisten sind.

a)
Die erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz erfolgte Übertragung des Klagepatents ist im Streitfall nicht nur im nach der Zurückverweisung wieder eröffneten Berufungsverfahren, sondern ausnahmsweise schon im Revisionsverfahren zu berücksichtigen.

Die Berücksichtigung neuen Vortrags in der Revisionsinstanz ist ausnahmsweise zulässig, wenn sich die vorgetragenen Tatsachen erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz ereignet haben, wenn sie unstreitig sind und wenn schützenswerte Belange der Gegenseite nicht entgegenstehen (vgl. nur BGH, Urteil vom 21. April 2010 – VIII ZR 97/09, NJW-RR 2010, 1162 Rn. 21 mwN).

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Die Beklagte hat den Vortrag der Klägerin zur Übertragung des Klagepatents nicht bestritten. Die Berücksichtigung dieses Vortrags ermöglicht es dem Senat, die von ihm auszusprechende Feststellung der Schadensersatzpflicht und die Verurteilung zur Rechnungslegung an die geänderte Rechtslage anzupassen. Schützenswerte Belange der Beklagten stehen dem nicht entgegen. Vielmehr liegt es auch in ihrem wohlverstandenen Interesse, dass der Urteilsausspruch die Person, an die Rechnungslegung und Schadensersatz zu leisten sind, in Einklang mit der materiellen Rechtslage wiedergibt.

b)
Gemäß § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO haben die nach Rechtshängigkeit erfolgte Veräußerung des Klagepatents und die nachfolgende Eintragung des Rechtsübergangs im Patentregister auf den Rechtsstreit keinen Einfluss. Die Klägerin bleibt prozessual befugt, auch diejenigen Ansprüche weiterhin geltend zu machen, die infolge der Übertragung des Patents der neuen Inhaberin zustehen.

Ungeachtet des § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist jedoch zu berücksichtigten, dass die Klägerin mit der Übertragung des Klagepatents ihre Sachlegitimation teilweise verloren hat. Soweit die geltend gemachten Ansprüche nunmehr der neuen Patentinhaberin zustehen, muss die Klägerin ihre Anträge deshalb auf Leistung an diese umstellen (vgl. nur BGH, Urteil vom 29. August 2012 – XII ZR 154/09, NJW 2012, 3642 Rn. 8 mwN).

c)
Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Ansprüche auf Schadensersatz und Rechnungslegung nicht erst mit der Eintragung der neuen Inhaberin im Patentregister übergegangen, sondern schon im Zeitpunkt des materiellen Rechtsübergangs.

Nach einer Übertragung des Patents bleibt allerdings gemäß § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG der frühere Patentinhaber nach Maßgabe des Patentgesetzes berechtigt und verpflichtet, solange der neue Inhaber nicht im Patentregister eingetragen ist. Diese Wirkung tritt nicht nur in Verfahren vor dem Patentamt und dem Patentgericht sowie gerichtlichen Verfahren zur Überprüfung patentamtlicher Entscheidungen ein, sondern auch in einem Rechtsstreit wegen der Verletzung des Patents. Solange die Rechtsänderung nicht im Patentregister eingetragen wurde, ist allein der zuvor eingetragene Patentinhaber berechtigt, Ansprüche wegen Verletzung des Streitpatents gerichtlich geltend zu machen (vgl. nur Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Auflage, § 139 PatG Rn. 16; Busse/Brandt, PatG, 7. Auflage, § 30 Rn. 34; Rogge GRUR 1985, 734, 736).

Die Eintragung im Patentregister hat aber keinen Einfluss auf die materielle Rechtslage (Benkard/Schäfers, PatG, 10. Auflage, § 139 PatG Rn. 8; Busse/Brandt, PatG, 7. Auflage, § 30 Rn. 32; Rogge GRUR 1985, 734 f.; Rauch GRUR 2001, 588, 590). Sie wirkt weder rechtsbegründend noch rechtsvernichtend (BGH, Urteil vom 27. Mai 1952 – I ZR 138/51, BGHZ 6, 172, 177 = GRUR 1952, 564, 566 – Wäschepresse). Ihre Legitimationswirkung ist beschränkt auf die Befugnis zur Führung von Rechtsstreitigkeiten aus dem Patent (BGH, Urteil vom 24. Oktober 1978 – X ZR 42/76, BGHZ 72, 236, 239 f. = GRUR 1979, 145, 146 – Aufwärmvorrichtung). Für den Zeitraum zwischen Rechtsübergang und Eintragung fallen deshalb die materielle Berechtigung und die Verfahrensbeteiligung auseinander (BGH, Beschluss vom 17. April 2007 – X ZB 41/03, BGHZ 172, 98 = GRUR 2008, 87 Rn. 26 – Patentinhaberwechsel im Einspruchsverfahren).

Daraus ergibt sich, dass für die Sachlegitimation im Verletzungsrechtsstreit nicht der Eintrag im Patentregister, sondern die materielle Rechtslage maßgeblich ist. Der bisherige Patentinhaber, der in Ausübung der ihm nach § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG zustehenden Befugnis die Ansprüche des neuen Inhabers prozessual geltend macht, muss seine Klage, soweit die begehrten Leistungen an eine bestimmte Person zu erbringen sind, deshalb für den Zeitraum nach dem materiellen Rechtsübergang auf Leistung an den neuen Patentinhaber umstellen.

Soweit Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden, hat dies ebenso wie in den Fällen des § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO – keine Auswirkungen auf den Inhalt der Klageanträge. Soweit ein Unterlassungsanspruch aus § 139 Abs. 1 PatG besteht, ist der Beklagte auf die Klage des hierzu nach § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG legitimierten früheren Patentinhabers nicht zur Unterlassung gegenüber einem bestimmten Berechtigten, sondern zur Unterlassung schlechthin zu verurteilen (vgl. nur Pitz GRUR 2010, 688, 689).

Bei der Feststellung der Schadensersatzpflicht und bei der Verurteilung zu Auskunft und Rechnungslegung ist hingegen anzugeben, wessen Schaden zu ersetzen ist bzw. wem gegenüber die Informationen zu erteilen sind. Insoweit ist eine Verurteilung auch auf eine Klage des durch § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG legitimierten früheren Patentinhabers hin nur zugunsten des tatsächlichen Rechtsinhabers möglich, auch wenn dieser noch nicht im Patentregister eingetragen ist.

Eine abweichende Beurteilung kann nicht auf die Erwägung gestützt werden, die materielle Rechtslage habe unberücksichtigt zu bleiben, weil es anderenfalls erforderlich werden könnte, allein wegen eines Teilaspekts des Schadensersatzanspruchs eine gegebenenfalls mühselige und schwierige Beweisaufnahme oder Rechtsaufklärung vorzunehmen (so aber OLG Düsseldorf, Urteil vom 24. Juni 2011 – 2 U 26/10, juris Rn. 109; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 6. Auflage, Rn. 812; Verhauwen GRUR 2011, 116, 119 f.). Der Zweck des § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG ist aus den dargelegten Gründen darauf beschränkt, eine eindeutige Legitimationsgrundlage für die prozessuale Geltendmachung von Rechten durch und gegen den Patentinhaber zu schaffen. Die Vorschrift kann hingegen nicht dahin ausgelegt werden, dass sie den Verletzungsrichter auch hinsichtlich der materiell-rechtlich relevanten Fragen jeglicher Beweisaufnahme oder Rechtsaufklärung entheben soll. Einer derart weitreichenden Auslegung steht entgegen, dass dem Patentregister keine rechtsbegründende oder rechtsvernichtende Wirkung zukommt. Würde einer Regis-tereintragung hinsichtlich der materiellen Rechtslage die Wirkung einer unwiderleglichen Vermutung beigemessen (so OLG Düsseldorf und Kühnen aaO), könnte dies zu einem Rechtsverlust führen, den der Erwerber eines Patents weder durch umgehende Anmeldung der Rechtsänderung noch durch Rechtsmittel gegen eine verzögerte oder zu Unrecht abgelehnte Registereintragung vollständig vermeiden könnte. Dafür bietet § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG keine ausreichende Grundlage.

d)
Die Eintragung im Patentregister ist für die Beurteilung der Frage, wer materiell-rechtlich Inhaber des Patents ist, dennoch nicht bedeutungslos. Ihr kommt im Rechtsstreit eine erhebliche Indizwirkung zu.

Nach § 30 Abs. 3 Satz 1 PatG darf das Patentamt eine Änderung in der Person des Patentinhabers nur dann im Register vermerken, wenn sie ihm nachgewiesen wird. Der Nachweis muss zwar nicht zwingend durch Vorlage von Urkunden erfolgen, aus denen sich das Rechtsgeschäft oder das sonstige Ereignis, das die Übertragung bewirkt hat, unmittelbar ergibt. Gemäß § 28 Abs. 2 DPMAV genügt es vielmehr, wenn der zuvor eingetragene Inhaber den Antrag auf Umschreibung zusammen mit dem Rechtsnachfolger unterschreibt oder wenn der Rechtnachfolger eine Zustimmungserklärung des zuvor eingetragenen Inhabers vorlegt. Auch in diesen Konstellationen spricht aber eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Eintragung des Rechtsübergangs im Patentregister die materielle Rechtslage zuverlässig wiedergibt.

Angesichts dessen bedarf es in einem Verletzungsrechtsstreit regelmäßig keines weiteren Vortrags oder Beweisantritts, wenn sich eine Partei auf den aus dem Patentregister ersichtlichen Rechtsstand beruft. Eine Partei, die geltend macht, die materielle Rechtslage weiche vom Registerstand ab, muss vielmehr konkrete Anhaltspunkte aufzeigen, aus denen sich die Unrichtigkeit ergibt. Welche Anforderungen hierbei zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. So wird der Vortrag, ein im Patentregister eingetragener Rechtsübergang habe einige Wochen oder Monate vor dessen Eintragung stattgefunden, in der Regel keiner näheren Substantiierung oder Beweisführung bedürfen. Der Vortrag, der eingetragene Inhaber habe das Patent nicht wirksam oder zu einem anderen Zeitpunkt erworben, erfordert demgegenüber in der Regel nähere Darlegungen dazu, woraus sich die Unwirksamkeit des eingetragenen Rechtsübergangs ergeben soll.

e)
Wie weit die Indizwirkung des Patentregisters im Einzelfall reichen kann und ob sie – was durchaus denkbar erscheint – zu einer Umkehr der Beweislast zugunsten dessen führen kann, der sich auf den aus dem Patentregister ersichtlichen Rechtsstand beruft, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

Die Beklagte hat den Vortrag der Klägerin, der Übergang des Klagepatents habe am 5. Juni 2012 stattgefunden, nicht bestritten. Damit steht für den vorliegenden Rechtsstreit fest, dass die neue Patentinhaberin das Schutzrecht an diesem Tag erworben hat. Die für den Zeitraum bis 13. Juli 2012 durch § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG und für den Zeitraum danach durch § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO prozessual weiterhin legitimierte Klägerin kann die Ansprüche auf Schadensersatz und Rechnungslegung deshalb nur mit der Maßgabe geltend machen, dass diese Leistungen für die Zeit ab 5. Juni 2012 an die neue Patentinhaberin zu erbringen sind. Der weitergehende Hauptantrag der Klägerin ist unbegründet.

Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 02.02.2005, Az. 21 O 4664/04
OLG München, Entscheidung vom 19.05.2011, Az. 6 U 2347/05

I