BGH: Unternehmen – auch mit eigener Rechtsabteilung – dürfen für Abmahnungen Rechtsanwälte einschalten

veröffentlicht am 22. Juli 2008

BGH, Urteil vom 08.05.2008, Az. I ZR 83/06
§ 12 Abs. 1 S. 2 UWG

Nach Ansicht des BGH ist ein Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung nicht gehalten, zur Überprüfung von Wettbewerbshandlungen der Mitbewerber eigene Juristen einzusetzen und  durch diese Abmahnungen aussprechen zu lassen. Es gehöre nicht zu den originären Aufgaben eines gewerblichen Unternehmens, Wettbewerbsverstöße zu verfolgen. Es sei daher nicht zu beanstanden, wenn sich ein solches Unternehmen für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen eine Rechtsanwaltskanzlei einsetze.

Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

Nr. 93/2008

Unternehmen dürfen für Abmahnung Anwälte einschalten

Der u.a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat gestern entschieden, dass in der Regel im Zuge einer Abmahnung auch die Anwaltskosten des Abmahnenden ersetzt werden müssen.

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Telekommunikationsdienstleistungen. Zwei Werber der Beklagten hatten versucht, eine Kundin der Klägerin, der Deutschen Telekom AG, für die Beklagte zu gewinnen, und hatten dabei irreführende Behauptungen aufgestellt. Obwohl die Deutsche Telekom AG eine eigene Rechtsabteilung unterhält, hatte sie die Beklagte durch ein Rechtsanwaltsbüro abmahnen lassen. Da die Beklagte keine Unterlassungserklärung abgab, erwirkte die Klägerin eine einstweilige Verfügung, die die Beklagte schließlich als endgültige Regelung anerkannte. Soweit die Anwaltskosten durch das Gerichtsverfahren veranlasst waren, mussten sie ohnehin von der Beklagten getragen werden. Im Streit waren deswegen nur noch die durch die Abmahnung entstandenen Anwaltskosten.

Das Landgericht und das Berufungsgericht haben der Klage stattgegeben und sich dabei auf eine Bestimmung im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb gestützt, die dem Abmahnenden einen Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen gibt. Auch wenn der Wettbewerbsverstoß klar auf der Hand gelegen sei, habe die Klägerin die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für erforderlich halten dürfen.

Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung der Vorinstanzen bestätigt. Auszugehen sei von der tatsächlichen Organisation des abmahnenden Unternehmens. Ein Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung sei nicht gehalten, die eigenen Juristen zur Überprüfung von Wettbewerbshandlungen der Mitbewerber einzusetzen und gegebenenfalls Abmahnungen auszusprechen. Die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen gehöre nicht zu den originären Aufgaben eines gewerblichen Unternehmens. Deswegen sei es nicht zu beanstanden, wenn ein Unternehmen wie die Deutsche Telekom AG sich für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen der Anwälte bediene, mit denen es auch sonst in derartigen Angelegenheiten zusammenarbeite.

Urteil vom 8. Mai 2008 – I ZR 83/06 – Abmahnkostenersatz OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 9. Februar 2006 – 6 U 94/05 LG Frankfurt a.M., Urteil vom 13. Mai 2005 – 3/11 O 158/04 Karlsruhe, den 9. Mai 2008

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