BGH: Wann sind Aufwendungen für eine Datenbank „nach Art oder Umfang wesentlich“ iSv. § 87a UrhG?

veröffentlicht am 11. August 2009

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtBGH, Teilurteil vom 30.04.2009, Az. I ZR 191/05
§§ 87a, 87b UrhG

Der BGH hat entschieden, dass bei der Frage, ob für eine Datenbank im Sinne von § 87a UrhG „nach Art oder Umfang wesentlichen Investition“ vorgenommen worden sind, nur solche Kosten zu berücksichtigen sind, die der Entwicklung der Datenbank selbst, also der Datenbankstruktur dienten. Demgemäß ist nicht erfasst der Erwerb einer fertigen Datenbank oder einer entsprechenden Lizenz an einer solchen Datenbank. Bei der Auslegung des Begriffs einer für die Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung der Elemente der Datenbank „nach Art oder Umfang wesentlichen Investition“ i.S. von § 87a Abs. 1 UrhG könne auf die Bestimmung des Art. 7 Abs. 1 der Datenbank-RL zurückgegriffen werden, deren Umsetzung § 87a UrhG diene. Das Ziel des durch die Richtlinie geschaffenen Schutzes bestehe darin, einen Anreiz für die Einrichtung von Systemen zur Speicherung und Verarbeitung vorhandener Informationen zu geben.

Der Begriff der mit der Beschaffung des Inhalts einer Datenbank verbundenen wesentlichen Investitionen schließe mithin solche Mittel ein, die für die Ermittlung von vorhandenen Elementen und deren Zusammenstellung in der Datenbank aufgewandt würden. Er umfasse dagegen nicht die Mittel, die eingesetzt würden, um die Elemente zu erzeugen, aus denen der Inhalt einer Datenbank bestehe (vgl. EuGH, Urt. v. 9.11.2004 – C-203/02, Slg. 2004, I-10415 = GRUR 2005, 244 Tz. 31 – BHB-Pferdewetten; Urt. v. 9.11.2004 – C-338/02, Slg. 2004, I-10497 = GRUR 2005, 252 Tz. 24 – Fixtures-Fußballspielpläne I; Urt. v. 9.11.2004 – C-444/02, Slg. 2004, I-10549 = GRUR 2005, 254 Tz. 40 – Fixtures-Fußballspielpläne II; BGHZ 164, 37, 43 – HIT BILANZ).

Zwar könnten auch Investitionen in vorbestehende Produkte wie der Erwerb sonderrechtlich nicht geschützter Daten oder notwendiger Nutzungsrechte an den in die Datenbank aufgenommenen Werken Beschaffungskosten sein (Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 87a Rdn. 13; Schricker/Vogel, Urheber-recht, 3. Aufl., § 87a UrhG Rdn. 28). Vorliegend gehe es jedoch um eine Lizenz an einer anderen Datenbank. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts beruhe die Datenbank „Tarife“ auf den Daten des Elektronischen Zolltarifs (EZT), der selbst eine Datenbank sei. Der EZT werde nicht von der Klägerin, sondern von der Oberfinanzdirektion Karlsruhe auf der Grundlage von Daten der Kommission erstellt. Da § 87a Abs. 1 Satz 1 UrhG nur die dem Aufbau einer Datenbank gewidmeten Investitionen erfasse, zähle der bloße Erwerb einer fertigen Datenbank oder einer Lizenz an einer solchen Datenbank nicht zu den schutzbegründenden Investitionen (vgl. Schricker/Vogel aaO § 87a UrhG Rdn. 19; Dreier/Schulze aaO § 87a Rdn. 13; Möhring/Nicolini/Decker, Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl., § 87a Rdn. 14; Gaster, Der Rechtsschutz von Datenbanken, 1999, Rdn. 480; Haberstumpf, GRUR 2003, 14, 26; Westkamp, Der Schutz von Datenbanken und Informationssammlungen im britischen und deutschen Recht, 2003, S. 119).

Auch wenn die Lizenzzahlungen der Klägerin unberücksichtigt blieben, habe sie indes für die Datenbank „Tarife“ wesentliche Investitionen aufgewendet. So habe die Klägerin für die Programmwartung, ständige Überprüfung und Einbringung der EZT-Daten sowie die Verbesserung der Darstellung des Produkts „Tarife“ im Zeitraum 2000 bis 2003 Personalkosten in Höhe von insgesamt rund 900.000,00 EUR aufgewendet. Dieser Aufwand diene dazu, die EZT-Daten für kommerzielle Kunden benutzerfreundlich zugänglich und damit in sinnvoller Weise nutzbar zu machen. Es handele sich dabei um wesentliche Investitionen in die Darstellung des Inhalts der Datenbank, die schon für sich allein ein Datenbankherstellerrecht der Klägerin begründeten. Der Begriff der mit der Darstellung des Inhalts der Datenbank verbundenen Investition beziehe sich auf die Mittel, die der systematischen oder methodischen Anordnung der in der Datenbank enthaltenen Elemente und der Organisation der individuellen Zugänglichkeit dieser Elemente gewidmet würden (vgl. EuGH GRUR 2005, 252 Tz. 27 – Fixtures-Fußballspielpläne I; GRUR 2005, 254 Tz. 43 – Fixtures-Fußballspielpläne II).

Vorinstanzen:
LG Köln, Urteil vom 26.11.2003, Az. 28 O 416/02
OLG Köln, Urteil vom 28.10.2005, Az. 6 U 172/03

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