BGH: Zur Patentverletzung durch nicht-identische, aber äquivalente Patentanwendung bei der Produktherstellung / Gleichwirkung

veröffentlicht am 3. März 2015

Rechtsanwalt Dr. Ole DammBGH, Urteil vom 13.01.2015, Az. X ZR 81/13
Art. 69 EPÜ; § 14 PatG; Art. II § 3 IntPatÜbkG i.d.F vom 20.12.1991

Der BGH hat zu der Frage entschieden, wann eine patentrechtliche angegriffene Ausführungsform vom Patent eines anderen äquivalenten Gebrauch macht, so dass eine Gleichwirkung vorliegt, die zu einer Patentverletzung führt. Zum Volltext der Entscheidung:

Bundesgerichtshof

Urteil

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13.01.2015 durch … für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das am 23.05.2013 verkündete Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

Die Klägerin war Inhaberin des am 04.10.1991 angemeldeten, mit Wirkung für Deutschland erteilten und inzwischen wegen Ablaufs der Schutzdauer erloschenen europäischen Patents 481 303, das Kochgefäße mit einem kapselförmigen Boden mit einem seitlich profilierten Band betrifft (Klagepatent). Der einzige Anspruch des Klagepatents lautet in der Verfahrenssprache:

„A cooking pan (10) with a capsular base (18), characterised in that the lateral wall (26) of the protection covering (22) of said capsular base (18) is shaped with raised portions (28, 30) and/or depressions (32, 34) obtained by providing corresponding recesses and/or projections in the relative region of the die of the mould used to produce said capsular base (18).“

Die Klägerin hat die Beklagten wegen des Vertriebs bestimmter Topfmodelle in Deutschland mit der Behauptung, die angegriffenen Ausführungsformen verletzten das Klagepatent, auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Im Berufungsrechtszug haben die Parteien nach dem Ablauf der Schutzfrist den Rechtsstreit hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat ein Gutachten eingeholt und sodann die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten, soweit der Rechtsstreit nicht übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, den Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.
Das Klagepatent betrifft Kochgefäße, die aus Metall mit niedrigem Wärmeleitvermögen, beispielsweise aus rostfreiem Stahl (Edelstahl), hergestellt werden. Eine bessere Verteilung der Wärme auf den Inhalt des Topfes wird bei solchen Kochgefäßen dadurch erreicht, dass auf der Unterseite des Topfes eine gut wärmeleitende Schicht, etwa aus Aluminium, aufgebracht wird. Um diese gut wärmeleitende Schicht zu schützen, wird sie mit einer weiteren Metallschicht umhüllt, die eine größere Beständigkeit gegen Oxidation, Korrosion und Zerkratzen aufweist und typischerweise aus Edelstahl besteht. Im Stand der Technik war es nach der Beschreibung des Klagepatents bekannt, die gut wärmeleitende Schicht nicht nur an der Unterseite zu schützen, sondern die Schutzschicht auch seitlich hochzuziehen, so dass sie den seitlichen Rand der gut wärmeleitenden Schicht schützt. Das Ergebnis ist ein Kochgefäß, bei dem die Schicht aus Metall mit gutem Wärmeleitvermögen vollkommen eingeschlossen ist von Metall mit niedrigerem Wärmeleitvermögen und größerer Beständigkeit gegen Oxidation, Korrosion und Zerkratzen. Ein solches Kochgefäß ist im Klagepatent als „capsular base pan“ bezeichnet (Sp. 1, Z. 23 ff.).

Ein Kochgefäß dieser Art, bei dem eine gute Verbindung der einzelnen Schichten des Bodens erzielt wird, kann nach der Beschreibung durch das im europäischen Patent 209 745 und im italienischen Patent 1 209 648 geschilderte Verfahren hergestellt werden. Dabei wird an der Unterseite des Topfbodens in der Mitte eine konkave Verformung gebildet. Wird ein solchermaßen hergestellter Topf erwärmt, dehnen sich die Schichten des Topfbodens und insbesondere die gut wärmeleitende Schicht aus. Das führt nach der Darstellung in der Beschreibung des Klagepatents tendenziell zu einer konvexen Verformung des Topfbodens, die unter idealen Bedingungen, nämlich bei gleichmäßiger Erwärmung des Topfbodens, durch die erwähnte konkave Verformung kompensiert wird. Diese idealen Bedingungen liegen jedoch nicht immer vor, insbesondere dann nicht, wenn das Kochgefäß nicht mittig auf der Wärmequelle steht. In einer solchen Situation kann es bei Erhitzen des Kochgefäßes zu peripheren Deformationen kommen, die durch die konkave Wölbung im Boden nicht kompensiert werden. Ist der Boden nicht völlig eben, bringt dies den Nachteil mit sich, dass er nicht vollständig auf der Wärmequelle aufliegt und die Weiterleitung der Wärme an das Kochgefäß und seinen Inhalt beeinträchtigt wird.

Das technische Problem besteht mithin darin, ein Kochgefäß mit einem kapselförmigen Boden dahin weiter zu entwickeln, dass periphere Deformationen verhindert werden.

Erfindungsgemäß soll das durch ein Kochgefäß mit den Merkmalen des Patentanspruchs erreicht werden, die sich wie folgt gliedern lassen:
1. Kochgefäß mit kapselförmigem Boden;
2. die Seitenwand der Schutzabdeckung des kapselförmigen Bodens ist mit erhöhten Bereichen und/oder Vertiefungen geformt;
3. die erhöhten Bereiche und/oder Vertiefungen werden dadurch erhalten, dass im zugehörigen Bereich der Matrize des zur Herstellung des kapselförmigen Bodens verwendeten Presswerkzeugs entsprechende Ausnehmungen und/oder Vorsprünge vorgesehen sind.

In der zunächst eingereichten deutschen Übersetzung der Patentschrift war der Begriff „mould“ in Anspruch und Beschreibung als „Gusswerkzeug“ übersetzt worden. Eine berichtigte Übersetzung der Patentschrift ist von der Klägerin erst im Verlauf des Verfahrens vor dem Landgericht beim Patentamt eingereicht worden.

Mit dem Klagepatent ist der Klägerin Schutz für ein Erzeugnis gewährt worden, das auch durch das Verfahren zu seiner Herstellung beschrieben wird. Nach Merkmal 3 werden die erhöhten Bereiche oder Vertiefungen der Seitenwand dadurch erhalten, dass das zur Herstellung des kapselförmigen Bodens verwendete Presswerkzeug entsprechende Ausnehmungen oder Vertiefungen im zugehörigen Bereich der Matrize aufweist. Diese Formulierung des Anspruchs als product-by-process-Anspruch dient allein der Kennzeichnung des patentgemäßen Erzeugnisses und bringt keine Beschränkung auf Erzeugnisse zum Ausdruck, die tatsächlich mittels der in Merkmal 3 geschilderten Vorgehensweise hergestellt worden sind (vgl. BGH, Beschluss vom 30. März 1993 – X ZB 13/90, BGHZ 122, 144, 155 – Tetraploide Kamille; BGH, Urteil vom 8. Juni 2010 – X ZR 71/08, Juris Rn. 23). Auch aus der gebotenen Auslegung des Patentanspruchs unter Berücksichtigung der Beschreibung des Klagepatents (BGH, Urteil vom 19. Juni 2001 – X ZR 159/98, GRUR 2001, 1129, 1133 Zipfelfreies Stahlband) ergeben sich keine Hinweise auf eine Beschränkung des geschützten Gegenstands durch den zu seiner Kennzeichnung herangezogenen Verfahrensweg. Soweit in der Beschreibung unter Verweis auf die europäische Patentanmeldung 209 745 und das italienische Patent 1 209 648 geschildert wird, dass die dort beschriebene Vorgehensweise, bei der die verschiedenen Bestandteile der Bodenkonstruktion in bestimmter Weise erhitzt und durch stoßartigen, zunächst zentral aufgebrachten Druck verbunden werden, zu einer besonders guten Verbindung der verschiedenen Schichten untereinander führe (Sp. 1, Z. 40 ff.), hat dies keinen Eingang in den Patentanspruch gefunden, der lediglich verlangt, dass die erhöhten Bereiche oder Vertiefungen mittels korrespondierender Ausnehmungen oder Vorsprünge der Matrize eines Presswerkzeugs hergestellt werden können.

II.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Beklagten könnten sich nicht mit Erfolg darauf berufen, das Klagepatent habe nach Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜbkG in der bis zum 1. Mai 2008 geltenden Fassung für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland wegen der fehlerhaften Übersetzung von vornherein keine Wirkung entfaltet. Eine inhaltlich unrichtige oder unvollständige Übersetzung stehe einer fehlenden Übersetzung nicht gleich.

Zutreffend habe das Landgericht eine wortsinngemäße Verletzung verneint. Bei den angegriffenen Ausführungsformen fehle es an einem kapselförmigen Boden. Darunter sei nach dem Klagepatent ein Boden zu verstehen, bei dem die Schicht mit hoher Wärmeleitfähigkeit vollständig eingekapselt sei. Dies erfordere, dass die Edelstahlschicht die Schicht mit hoher Wärmeleitfähigkeit nicht nur an der Topfunterseite vollständig abdecke, sondern auch seitlich bis zum Topfboden hochgezogen sei. Bei den von der Beklagten vertriebenen Töpfen sei die gut wärmeleitende Schicht nicht vollständig eingekapselt. Daher sei das gut wärmeleitende Material nicht gegen jegliche Korrosion, Oxidation oder mechanische Beschädigung geschützt.

Die angegriffenen Ausführungsformen machten vom Klagepatent aber äquivalent Gebrauch. Die erforderliche Gleichwirkung liege vor. Die Behauptung der Beklagten, das Problem, mit dem sich das Klagepatent befasse die Verhinderung peripherer Deformationen, die zu Unebenheiten des Topfbodens führten könne bei den angegriffenen Töpfen nicht auftreten, weil dort die Schicht hoher Wärmeleitfähigkeit nicht vollständig eingekapselt sei, treffe nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht zu. An der Gleichwirkung fehle es auch nicht deshalb, weil die angegriffenen Töpfe keinen kapselförmigen Boden aufwiesen. Die vollständige Einkapselung der gut wärmeleitenden Schicht diene dazu, eine Oxidation, Korrosion oder mechanische Beschädigung dieser Schicht vollständig zu verhindern. Auf diesen Vorteil des kapselförmigen Bodens komme es aber hier nicht an. Nachdem das Problem, dem sich das Streitpatent widme, die Verhinderung einer Deformation des Topfbodens beim Erwärmen auch bei Töpfen mit unvollständiger Verkapselung auftreten könne, seien aus dem Erfordernis eines kapselförmigen Bodens keine Mindestanforderungen an den Schutz der gut wärmeleitenden Schicht abzuleiten, denn insoweit handele es sich um eine zusätzliche Wirkung neben der mit dem Merkmal beabsichtigten erfindungswesentlichen Wirkung der Erhöhung der Steifigkeit von Deformationen im peripheren Bereich. Eine andere Beurteilung sei auch in Bezug auf den Einsatz einer Kupferschicht in der Mitte des Topfbodens bei den angegriffenen Ausführungsformen nicht veranlasst. Der Fachmann habe die abgewandelte Ausführungsform ohne erfinderisches Bemühen auffinden können. Für ihn sei erkennbar gewesen, dass ein Boden, bei dem auf eine vollständige Kapselung verzichtet werde, nicht nur einfacher herzustellen sei, sondern auch dieselben Vorteile in Bezug auf die Versteifung und die dadurch bedingten Auswirkungen auf das Verformungsverhalten biete. Die abgewandelte Ausführungsform sei auch gleichwertig. Sie knüpfe an den Sinngehalt der Lehre des Klagepatents an, weil sie sich ebenso wie diese die Auswirkungen der randseitigen Versteifung auf das Verformungsverhalten bei Erwärmung des Kochgefäßes zunutze mache.

Auch mit dem Verweis auf den Gutglaubensschutz nach Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜbkG müssten die Beklagten erfolglos bleiben. Auf diese Norm könne sich nur berufen, wer die Erfindung im Vertrauen auf die Richtigkeit der fehlerhaften Übersetzung in Benutzung genommen habe. Voraussetzung hierfür sei, dass der Betreffende die fehlerhafte Übersetzung gekannt habe. Entgegen der Auffassung der Beklagten könne sich derjenige, der, wie die Beklagten von sich behaupteten, das Klagepatent nicht gekannt habe, nicht auf guten Glauben berufen.

III.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1.
Das Berufungsgericht hat eine wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents zu Recht verneint. Ein Kochgefäß mit kapselförmigem Boden im Sinne des Merkmals 1 liegt nach dem zutreffenden Verständnis des Klagepatents durch das Berufungsgericht nur vor, wenn die im Bereich des Bodens des Kochgefäßes angebrachte Schicht aus Metall mit gutem Wärmeleitvermögen vollständig von einer Schicht aus Metall mit niedrigerem Wärmeleitvermögen, aber größerer Beständigkeit gegen Oxidation, Korrosion und Zerkratzen, etwa Edelstahl, eingeschlossen ist. Dies ergibt sich aus der ausdrücklichen Definition eines Kochgefäßes mit kapselförmigem Boden, die die Beschreibung als „patenteigenes Lexikon“ mit der Darstellung der insoweit vorbekannten und durch Merkmal 2 weiterentwickelten Ausgestaltung enthält. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen die Edelstahlschicht an den Seitenflächen nicht bis zur Oberkante des Topfbodens hochgezogen und daher die Schicht aus gut wärmeleitendem Aluminium an ihrem seitlichen Rand nur teilweise von einer Edelstahlschicht geschützt ist. Außerdem ist im Zentrum des Bodens eine Kupferronde eingesetzt.

2.
Die Begründung, mit der das Berufungsgericht eine äquivalente Verletzung des Klagepatents bejaht hat, ist, wie die Revision zu Recht geltend macht, nicht tragfähig.

a)
Damit eine vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichende Ausführung in dessen Schutzbereich fällt, muss regelmäßig dreierlei erfüllt sein. Die Ausführung muss erstens das der Erfindung zugrunde liegende Problem mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln lösen. Zweitens müssen seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelte Ausführung mit ihren abweichenden Mitteln als gleichwirkend aufzufinden. Die Überlegungen, die der Fachmann hierzu anstellen muss, müssen schließlich drittens am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sein. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ist die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln aus fachmännischer Sicht als der wortsinngemäßen Lösung gleichwertige (äquivalente) Lösung in Betracht zu ziehen und damit nach dem Gebot des Artikels 2 des Protokolls über die Auslegung des Art. 69 EPÜ bei der Bestimmung des Schutzbereichs des Patents zu berücksichtigen (vgl. u.a. Senat, Urteil vom 12. März 2002 – X ZR 168/00, BGHZ 150, 149, 154 – Schneidmesser I; Urteil vom 17. April 2007 – X ZR 1/05, GRUR 2007, 959, 961 – Pumpeinrichtung). Der Schutzbereich des Patents wird auf diese Weise nach Maßgabe dessen bestimmt, was der Fachmann auf der Grundlage der erfindungsgemäßen Lehre als äquivalent zu erkennen vermag, und damit an dem Gebot des Art. 1 des Auslegungsprotokolls ausgerichtet, bei der Bestimmung des Schutzbereichs einen angemessenen Schutz für den Patentinhaber mit ausreichender Rechtssicherheit für Dritte zu verbinden (BGH, Urteil vom 14. Dezember 2010, GRUR 2011, 313 Rn. 35 – Crimpwerkzeug IV).

b)
Für die Frage der Gleichwirkung ist entscheidend, welche einzelnen Wirkungen die patentgemäßen Merkmale – für sich und insgesamt – zur Lösung der dem Patentanspruch zugrundeliegenden Aufgabe bereitstellen und ob diese Wirkungen bei der angegriffenen Ausführungsform durch andere Mittel erzielt werden. Danach ist es erforderlich, den Patentanspruch darauf zu untersuchen, welche der Wirkungen, die mit seinen Merkmalen erzielt werden können, zur Lösung der zugrundeliegenden Aufgabe patentgemäß zusammenkommen müssen. Diese Gesamtheit repräsentiert die patentierte Lösung und stellt deshalb die für den anzustellenden Vergleich maßgebliche Wirkung dar (BGH, Urteil vom 28. Juni 2000 – X ZR 128/98, GRUR 2000, 1005, 1006 – Bratgeschirr; Urteil vom 17. Juli 2012 – X ZR 113/11, GRUR 2012, 1122 Rn. 19 – Palettenbehälter III). Nur so ist gewährleistet, dass trotz Abwandlung bei einem oder mehreren Merkmalen lediglich solche Ausgestaltungen vom Schutzbereich des Patentanspruchs umfasst werden, bei denen der mit der geschützten Erfindung verfolgte Sinn beibehalten ist. Als gleichwirkend kann eine Ausführungsform nur dann angesehen werden, wenn sie nicht nur im Wesentlichen die Gesamtwirkung der Erfindung erreicht, sondern gerade auch diejenige Wirkung erzielt, die das nicht wortsinngemäß verwirklichte Merkmal erzielen soll (BGH, GRUR 2012, 1122 Rn. 26 – Palettenbehälter III).

c)
Die Ausführungen des Berufungsgerichts hierzu stehen mit dieser Rechtsprechung nicht in Einklang.

aa)
Die in Merkmal 2 beschriebene Ausgestaltung der Seitenwand der Schutzabdeckung mit erhöhten Bereichen und/oder Vertiefungen bewirkt die Ausbildung von Rippen, die den Umfangstreifen der Schutzschicht versteifen, auf diese Weise peripheren Verformungen des Bodens des Kochgefäßes, wie sie etwa durch ungleiche Erwärmung entstehen können, entgegenwirken und damit einen guten Kontakt zwischen Gefäßboden und Wärmequelle sicherstellen. Wird das Kochgefäß gemäß Merkmal 1 mit einem kapselförmigen Boden versehen, zielt dies darauf, die gut wärmeleitenden Bestandteile der Bodenkonstruktion gegen Oxidation, Korrosion oder mechanische Beschädigung, etwa ein Zerkratzen, dadurch zu schützen, dass sie vollständig von einer Schicht aus Metall etwa Edelstahl umgeben werden, die eine größere Beständigkeit gegen solche Einwirkungen aufweist. Gleichwirkung kommt mithin nur in Betracht, wenn beide Wirkungen bei den angegriffenen Ausführungsformen erzielt werden.

bb)
Das Berufungsgericht hat zwar festgestellt, dass die Wirkungen, die mit den Versteifungen in der Seitenwand der Schutzabdeckung gemäß Merkmal 2 erzielt werden sollen, nach dem Ergebnis des hierzu eingeholten Sachverständigengutachtens bei den angegriffenen Kochgefäßen gleichfalls erreicht werden. In Bezug auf die Wirkungen, die mit dem kapselförmigen Boden erzielt werden sollen, hat es demgegenüber ausgeführt, dem Merkmal 1 könnten keine Mindestanforderungen an die Schutzwirkung vor Oxidation, Korrosion und mechanische Beschädigung entnommen werden. Insoweit handele es sich um eine zusätzliche Wirkung neben der mit den Merkmalen 2 und 3 verfolgten, erfindungswesentlichen Wirkung der Erhöhung der Steifigkeit des Topfbodens.

Diese Ausführungen stimmen mit der dargestellten Rechtsprechung des Senats nicht überein. Sie berücksichtigen nicht, dass eine Gleichwirkung nur angenommen werden kann, wenn sämtliche erfindungsgemäßen Wirkungen erzielt werden. Das Berufungsgericht hat vielmehr rechtsfehlerhaft zwischen erfindungswesentlichen und zusätzlichen Wirkungen unterschieden und angenommen, es komme nicht darauf an, ob die angegriffene Ausführungsform auch letztere erziele. Dies wird auch dadurch belegt, dass das Berufungsgericht sich zustimmend auf die Ausführungen des Landgerichts bezogen hat, das die Kapselung der gut wärmeleitenden Schicht als für die Lehre des Patents bedeutungslosen Zweck bezeichnet hat. Mit der gegebenen Begründung kann das Berufungsurteil daher keinen Bestand haben.

d)
Eine abschließende Entscheidung des Senats in der Sache scheidet aus, weil Feststellungen dazu fehlen, ob die erfindungsgemäßen Wirkungen durch die angegriffenen Ausführungsformen in einem praktisch noch erheblichen Maße erreicht werden.

Eine Ausführungsform, die anstelle eines im Patentanspruch genannten Merkmals eine abweichende Gestaltung aufweist, fällt nicht nur dann in den Schutzbereich eines Patents, wenn sie die erfindungsgemäßen Wirkungen ohne jede Einschränkung erreicht. Für eine Gleichwirkung kann es genügen, dass eine nach dem Patentanspruch erforderliche Wirkung durch abgewandelte Mittel nur in eingeschränktem Umfang erzielt wird. Unter dem Gesichtspunkt angemessener Belohnung des Erfinders kann die Einbeziehung in den Schutzbereich eines Patents bereits dann sachgerecht sein, wenn die erfindungsgemäßen Wirkungen im Wesentlichen, also in einem praktisch noch erheblichen Maße, erzielt werden. Hierfür kommt es auf die patentgemäße Wirkung und eine sich hieran orientierende Gewichtung der bei den angegriffenen Ausführungsformen festgestellten Defizite an (BGH, Urteil vom 2. März 1999 – X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 914 – Spannschraube; BGH, GRUR 2005, 1005, 1006 – Bratgeschirr; BGH, GRUR 2012, 1122 Rn. 27 Palettenbehälter III).

Bei den angegriffenen Ausführungsformen wird die mit Merkmal 1 verfolgte Wirkung jedenfalls nur in eingeschränktem Umfang erreicht. Die gut wärmeleitende Aluminiumschicht wird an ihrem seitlichen Rand nur teilweise von einer Schutzschicht aus Edelstahl abgedeckt. Zudem weist die Schutzschicht im Zentrum der Topfbodenunterseite eine runde Einlage aus Kupfer auf und damit aus einem Material, das im Verhältnis zu Edelstahl weich und gut wärmeleitend ist. Für die Frage, ob die durch die nicht vollständige Verkapselung der gut wärmeleitenden Bestandteile der Bodenkonstruktion erzielte Wirkung noch als patentgemäß angesehen werden kann, wird es insbesondere darauf ankommen, welche praktische Bedeutung dem Schutz der einzelnen Bereiche des Topfbodens vor Korrosion, Oxidation und mechanischer Beschädigung zukommt und welche Beeinträchtigungen aus Sicht des Fachmanns hinsichtlich der Funktion und des Erscheinungsbilds bei bestimmungsgemäßer Nutzung der Kochgefäße zu erwarten sind, wenn in eine aus Edelstahl bestehende Schutzschicht im Zentrum der Topfbodenunterseite eine Kupferronde eingesetzt ist und der obere Teil des Seitenrandes der Aluminiumschicht freiliegt und insoweit kein vollständiger Schutz gegen die genannten Einwirkungen gewährleistet ist. Feststellungen hierzu hat das Berufungsgericht – von seinem Standpunkt aus folgerichtig bislang nicht getroffen.

IV.
Das Urteil des Berufungsgerichts kann danach keinen Bestand haben; es ist aufzuheben. Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

1.
Sollte sich im wiedereröffneten Berufungsverfahren ergeben, dass eine Gleichwirkung im oben erläuterten Sinne vorliegt, wird das Berufungsgericht auf dieser Grundlage zu prüfen haben, ob die weiteren Voraussetzungen für eine äquivalente Verletzung vorliegen.

2.
Für den Fall, dass das Berufungsgericht wiederum zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die angegriffenen Ausführungsformen das Klagepatent mit gleichwertigen Mitteln verletzen, wird das Berufungsgericht erneut der Frage nachzugehen haben, ob sich die Beklagten auf den Gutglaubensschutz nach Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜbkG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung berufen können.

a)
Zutreffend hat das Berufungsgericht zugrunde gelegt, dass das Übersetzungserfordernis nach Art. II § 3 Abs. 1 IntPatÜbkG aF für das Klagepatent maßgeblich ist. Zwar ist der bisherige Art. II § 3 IntPatÜbkG aufgehoben worden. Die Norm findet aber auf europäische Patente, die vor dem 1. Mai 2008 veröffentlicht worden sind, weiterhin in der Fassung Anwendung, die im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Patents gegolten hat (Art. XI § 4 IntPatÜbkG). Nachdem der Hinweis auf die Erteilung des Streitpatents am 3. Mai 1995 veröffentlicht worden ist, ist hier die bis zum 31. Dezember 2001 geltende Fassung von Art. II § 3 IntPatÜbkG maßgeblich.

Danach hatte der Anmelder oder Inhaber eines in fremder Verfahrenssprache erteilten europäischen Patents, das mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilt werden sollte, binnen drei Monaten ab Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents eine deutsche Übersetzung der Patentschrift einzureichen; anderenfalls galten die Wirkungen des europäischen Patents für das Inland als von Anfang an nicht eingetreten (Art. II § 3 Abs. 1 und 2 IntPatÜbkG aF). Nach Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜbkG aF darf im Falle einer fehlerhaften Übersetzung einer europäischen Patentschrift derjenige, der im Inland in gutem Glauben die Erfindung in Benutzung genommen oder wirkliche und ernsthafte Veranstaltungen zur Benutzung der Erfindung getroffen hat, nach Veröffentlichung der berichtigten Übersetzung die Benutzung für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebs in eigenen oder fremden Werkstätten unentgeltlich fortsetzen, wenn die Benutzung keine Verletzung des Patents in der fehlerhaften Übersetzung der Patentschrift darstellen würde.

b)
Die unter dem Aktenzeichen 691 09 436 T2 ursprünglich eingereichte Übersetzung des Klagepatents war fehlerhaft, insbesondere war angegeben, dass die erhöhten Bereiche und Vertiefungen „durch Vorsehen entsprechender Vertiefungen und/oder Vorsprünge im zugehörigen Bereich des (…) verwendeten Gußwerkzeugs“ erhalten werden. Erst in einer berichtigten Übersetzung, die die Klägerin auf einen Hinweis des Landgerichts beim Patentamt eingereicht hat (691 09 436 T4), wurde die entsprechende Wendung in der Verfahrenssprache („obtained by providing corresponding recesses and/or projections in the relative region of the die of the mould used to produce said capsular base“) zutreffend ins Deutsche übersetzt. Zwar ist dort davon die Rede, dass die erhöhten Bereiche und/oder Vertiefungen in der Seitenwand der Schutzabdeckung „durch Vorsehen entsprechender Ausnehmungen und/oder Vorsprünge im zugehörigen Bereich der Matrize des (…) Prellwerkzeugs erhalten wurde“, doch ist, wovon beide Parteien stillschweigend ausgehen, aus fachlicher Sicht ohne weiteres erkennbar, dass es sich insoweit um ein Schreibversehen handelt und tatsächlich ein Presswerkzeug gemeint ist.

Bei den angegriffenen Ausführungsformen werden die Rippen an der seitlichen Wandung der Edelstahlschicht nicht durch Einsatz eines Gusswerkzeugs, sondern durch Verwendung eines Presswerkzeugs hergestellt.

c)
Zutreffend hat das Berufungsgericht ferner ausgeführt, dass die Fehler in der zunächst eingereichten Übersetzung nicht dazu führten, dass die Wirkungen des Klagepatents für die Bundesrepublik Deutschland als von Anfang an nicht eingetreten gelten. Inhaltliche Abweichungen zwischen Patentschrift und Übersetzung haben auf Bestand und Schutzbereich des europäischen Patents im Inland keinen Einfluss (BGH, Urteil vom 18. März 2010 – Xa ZR 74/09, GRUR 2010, 708 Rn. 12, 16 Nabenschaltung II).

d)
Das Berufungsgericht hat den Standpunkt eingenommen, die Berufung der Beklagten auf Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜbkG müsse schon deshalb erfolglos bleiben, weil die Beklagten nach ihrem eigenen Vorbringen die fehlerhafte Übersetzung der Klagepatentschrift nicht gekannt haben. Dies trifft nicht zu.

aa)
Zu der rechtsähnlichen Regelung in § 43 Abs. 4 PatG aF, der Vorgängervorschrift zu § 123 Abs. 5 PatG, hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der dort normierte Schutz des guten Glaubens nicht auf denjenigen beschränkt ist, der bewusst die Nutzung eines beispielsweise wegen unterbliebener Zahlung der gesetzlichen Gebühren erloschenen Patents aufgenommen hat, sondern auch dem unbewussten Benutzer zugutekommt (BGH, Urteil vom 27. Mai 1952 – I ZR 138/51, BGHZ 6, 172, 176 – Wäschepresse; ebenso schon RG, GRUR 1926, 475, 477 zum Weiterbenutzungsrecht nach § 6 der Bekanntmachung betreffend die Begründung, Erhaltung oder Wiederherstellung von gewerblichen Schutzrechten der Angehörigen der Vereinigten Staaten von Amerika vom 6. Juli 1921 [RGBl. 1921, S. 844]). Der Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung ausgeführt, § 43 Abs. 4 PatG aF enthalte einen allgemeinen Rechtsgedanken, der auch außerhalb seines unmittelbaren Anwendungsbereichs Anwendung finde. Daraus ist zutreffend der Schluss gezogen worden, dass grundsätzlich auch derjenige den Gutglaubensschutz nach Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜbkG aF genießt, der die ihm günstige, unrichtige Fassung der Übersetzung nicht gekannt hat (Rogge, GRUR 1993, 283, 284 f.; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 7. Aufl. 2014 Rn. 1774; OLG Düsseldorf, Urteil vom 24. Juni 2011 2 U 62/04, Juris Rn. 185; aA Rauh, GRUR Int. 2011, 667, 671).

bb)
Auf den Gutglaubensschutz nach Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜbkG aF kann sich mithin auch derjenige berufen, der, wäre ihm die fehlerhafte Übersetzung bekannt gewesen, zu dem Schluss hätte kommen dürfen, dass der Anspruch des betreffenden Patents auf einen vom dem tatsächlich geschützten abweichenden Gegenstand gerichtet ist. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Ein guter Glaube wird etwa dann zu verneinen sein, wenn der angesprochene Fachmann, sofern er die Übersetzung läse, deren Fehlerhaftigkeit ohne weiteres erkennen würde und – gegebenenfalls unter Heranziehung der Übersetzung der Beschreibung – in der Lage wäre, den Inhalt des Patents zutreffend zu bestimmen (vgl. OLG Düsseldorf, aaO, Juris Rn. 181 ff.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 10. April 2003 – 2 U 6/02 Rn. 77 f., in Juris; Rauh, GRUR Int. 2011, 667, 672). Die Darlegungs- und Beweislast hierfür liegt bei der Klägerin (vgl. BGHZ 6, 172, 177 Wäschepresse).

Eine Berufung auf guten Glauben wäre den Beklagten danach verwehrt, wenn ihnen aufgrund ihrer Fachkenntnis bei Lektüre der zunächst eingereichten Übersetzung ohne weiteres hätte klar sein müssen, dass die erfindungsgemäße Ausbildung der Seitenwand des Bodens nicht durch ein Gusswerkzeug bewerkstelligt werden könnte, so dass sie zu dem Schluss hätten kommen müssen, dass die Übersetzung fehlerhaft war.

e)
Sollte danach ein Gutglaubensschutz in Betracht kommen, wird das Berufungsgericht auch zu prüfen haben, ob eine Berufung der Beklagten auf ein Weiterbenutzungsrecht daran scheitert, dass die angegriffenen Ausführungsformen auch in der fehlerhaften Übersetzung eine Verletzung des Klagepatents darstellen würden. Da sich, wie ausgeführt, aus Merkmal 3 keine weiteren Anforderungen an die Ausgestaltung der erhöhten Bereiche oder Vertiefungen der Seitenwand der Schutzabdeckung des kapselförmigen Bodens ergeben, wird die Verletzung eines gedachten, der fehlerhaften Übersetzung entsprechenden Patentanspruchs nur dann verneint werden können, wenn sich derartige, von den angegriffenen Ausführungsformen nicht erfüllte Anforderungen aus Sicht des Fachmanns ergäben, sollten die erhöhten Bereiche oder Vertiefungen der Seitenwand der Schutzabdeckung erfindungsgemäß mittels eines Gusswerkzeugs erhältlich sein. Feststellungen hierzu hat das Berufungsgericht – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – nicht getroffen. Dies wird gegebenenfalls nachzuholen sein.

Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 04.02.2010, Az. 7 O 7110/08
OLG München, Entscheidung vom 23.05.2013, Az. 6 U 2752/10 (2)

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