BPatG: Ablehnung einer Markenanmeldung ist genau zu begründen, wenn Markenamt (DPMA) in ähnlichen Fällen früher positiv entschieden hat – Schwabenpost

veröffentlicht am 12. Mai 2009

BPatG, Beschluss vom 01.04.2009, Az. 29 W (pat) 13/06
§ 61 Abs. 1 S. 1 MarkenG

Das Bundespatentgericht hat entschieden, dass das Deutsche Patent- und Markenamt bei der Bewilligung von Markenanmeldungen das eigene Entscheidungsverhalten in ähnlich und gleich gelagerten früheren Fällen berücksichtigen müsse und dabei besonderes Augenmerk auf die Frage richten müsse, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht, auch wenn insoweit keine rechtliche Bindung an Vorentscheidungen bestehe. Es existiere dabei nicht nur die Verpflichtung zur Einbeziehung von Vorentscheidungen in die Entscheidungsfindung als solche, sondern diese Überlegungen müssten für den Adressaten auch erkennbar sein, was nur durch entsprechende Ausführungen in der die Anmeldung zurückweisenden Entscheidung erfolgen könne. Streitgegenständlich war die Wortmarke „Schwabenpost“, die u.a. für die Klasse 39, dort „Transportwesen, Nachrichtenüberbringung, Zustellung (Auslieferung) von Druckereierzeugnissen, Briefen und Paketen“ eingetragen werden sollte.


Der Antrag auf Eintragung wurde vom Deutschen Patent- und Markenamt mit Beschlüssen vom 25.07.2005 und vom 08.12.2005 teilweise, nämlich für die Dienstleistungen der Klasse 38 und 39, zurückgewiesen. Das Publikum verstehe das Wort lediglich als „postspezifische Serviceleistung im Raum Schwaben oder von einer Firma in Schwaben erbracht“. Damit sei nichts anderes in dem Zeichen erkennbar als die Verbindung der Sachangabe „Post“ mit der geografischen Herkunftsangabe „Schwaben“ als eine im Süden Deutschlands gelegene Region.

Die Anmelderin verwies u. a. darauf, dass es für sie nicht nachvollziehbar sei, weshalb ihr die Eintragung verwehrt werde, wenn vergleichbar ähnlich gebildete Zeichen mit „Post“ und einer geografischen Bezeichnung für dieselben Dienstleistungen der „Transport- und Kurierdienste“ für Wettbewerber eingetragen worden seien und zwar insbesondere für die Deutsche Post AG.

Im Zeitraum von 1996 bis 2006 seien mindestens vierzehn vergleichbar gebildete Zeichen für Dienstleistungen eines Unternehmens (acht für die „Deutsche Post AG“ und sechs für andere Unternehmen) im Bereich der Postzustellung eingetragen und mindestens zehn vergleichbare Anmeldungen von Zeichen zurückgewiesen worden. Daraus lasse sich keine klare Entscheidungspraxis des Deutschen Patent- und Markenamts erkennen, insbesondere nicht welche Beurteilung der Schutzhindernisse jeweils zugrunde gelegen habe.

Für die Schutzfähigkeit derartig gebildeter Zeichen spreche jedoch, dass zumindest seit der Privatisierung der „Deutschen Bundespost“ und der Umwandlung des staatlichen Monopolisten zur „Deutschen Post AG“ im Jahr 1995 der Verkehr daran gewöhnt sei in Klasse 39 für Transport- und Kurierdienstleistungen in der geografischen Angabe „Deutsche“ und der Gattungsbezeichnung „Post“ einen betrieblichen Herkunftshinweis und keine rein geografische Sachangabe zu sehen. Dementsprechend seien für die Deutsche Post AG die nicht unerhebliche Anzahl von 248 Marken, die die Wortelemente „Deutsche Post …“ und in einigen Fällen minimale grafische Elemente enthielten, eingetragen worden. Nichts anderes könne daher für die Kombination „Schwaben“ und „Post“ gelten. Die Anmelderin berufe sich daher auf diese aufgrund der Eintragungspraxis des Deutschen Patent- und Markenamts entstandene Gewohnheit des Verkehrs derart gebildete Zeichen als betrieblichen Herkunftshinweis anzusehen und begehre gleichgestellt zu werden. Ansonsten sehe sie sich in ihrer Chancengleichheit verletzt, denn der Wettbewerb werde durch das Eintragungsgebaren des Deutschen Patent- und Markenamts verzerrt. Daraus folge auch der Anspruch auf Registrierung des von ihr angemeldeten Zeichens.

Auf dieses Vorbringen hin stellte der Senat mit Beschluss vom 18.10.2006 dem Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts anheim, dem Verfahren beizutreten. Es sei zu prüfen, nach welchen allgemeinen Vorgaben die Eintragung vergleichbarer Marken in Klasse 38 und 39 erfolgt sei und aus welchen sachlichen Gründen die Markenstelle bei der verfahrensgegenständlichen Anmeldung von der durch die zahlreichen Voreintragungen begründeten Eintragungspraxis abgewichen sei. Die Gründe für ein Abweichen müssten sich nämlich aus dem Zurückweisungsbeschluss ergeben.

Der Präsident erklärte den Beitritt zum Verfahren und führte schriftlich und mündlich aus, dass Voreintragungen identischer oder ähnlicher Marken nach ständiger nationaler und europäischer Rechtsprechung auch unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Grundrechtsverletzung und des Vertrauensschutzes keine Bindungswirkung entfalten könnten. Die Entscheidung über die Eintragungsfähigkeit einer Marke unterliege keiner Ermessensausübung, sondern sei eine jeweils als Einzelfall zu treffende gebundene Entscheidung. Eine Begründung nach welchen Kriterien die von der Beschwerdeführerin angegriffenen Zurückweisungen im Unterschied zu vergleichbar ähnlichen Eintragungen ergangen seien, insbesondere ob frühere anderslautende Entscheidungen zur Schutzgewährung bei den Überlegungen des Deutschen Patent- und Markenamts überhaupt einbezogen worden waren, war der Stellungnahme indes nicht zu entnehmen. Zum konkreten Verfahrensverlauf konnte der Vertreter des Präsidenten keine Angaben machen, ob und in welcher Weise überhaupt eine Abstimmung innerhalb des Amtes stattgefunden habe.

Die Beschwerdeführerin stellte den Antrag, die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. 07.2005 und 08.12.2005 aufzuheben und die Eintragung des Zeichens auch in den Klassen 38 und 39 vorzunehmen. Der Präsident des Deutschen Patent- und Markenamts stellte keinen Antrag. Der Senat setzte das Verfahren aus und legte dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften vier Fragen zur Berücksichtigung von Voreintragungen im Rahmen der Erhaltung der gleichen Wettbewerbschancen vor (vgl. BPatG GRUR 2007, 329). U. a. lautete die im Weiteren entscheidungserhebliche Frage 2: „Wenn ja, ist das Gericht verpflichtet, konkreten Hinweisen auf eine wettbewerbsverzerrende Ungleichbehandlung nachzugehen und dabei Vorentscheidungen der Behörde in gleich gelagerten Fällen in die Prüfung einzubeziehen“. In der daraufhin ergangenen Entscheidung vom 12.02.2009 (verbundene Rechtssachen C-39/08 und C-43/08) wurde in den Randnummern 15 bis 19 folgende entscheidungserhebliche Antwort gegeben:

„15. Zudem kann die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats zwar die Eintragung einer mit der angemeldeten Marke identischen Marke für identische Waren oder Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat berücksichtigen, doch ergibt sich daraus nicht, dass sie durch eine solche Entscheidung gebunden wäre, denn die Eintragung einer Marke hängt in jedem Einzelfall von besonderen, im Rahmen ganz bestimmter Umstände anwendbaren Kriterien ab, anhand deren ermittelt werden soll, dass die Marke nicht unter eines der in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 89/104 aufgeführten Eintragungshindernisse fällt (Urteil vom 12.02.2004, Henkel, C-218/01, Slg. 2004, I-1725, Rn. 61 und 62). Der Gerichtshof hat betont, dass die Eintragung einer identischen Marke für identische Waren oder Dienstleistungen in einem Mitgliedstaat für die Entscheidung der zuständigen Behörde, die Anmeldung einer bestimmten Marke zur Eintragung zuzulassen oder zurückzuweisen, jedenfalls nicht maßgebend sein kann (Urteil Henkel, Randnr. 63).
16. Diese Grundsätze müssen auch dann Anwendung finden, wenn die Anmeldung einer Marke in einem Mitgliedstaat darauf gestützt wird, dass eine ähnliche oder identische Marke bereits eingetragen worden sei.
17. Die für die Eintragung zuständige nationale Behörde muss zwar im Rahmen der Prüfung einer solchen Anmeldung, soweit sie in dieser Hinsicht über Informationen verfügt, die zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht, doch ist sie keinesfalls an diese Entscheidungen gebunden.
18. Außerdem muss der von den Beschwerdeführerinnen der Ausgangsverfahren angeführte Gleichbehandlungsgrundsatz in Einklang gebracht werden mit dem Gebot rechtmäßigen Handelns. Daraus folgt, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann, um eine identische Entscheidung zu erlangen (vgl. Urteile vom 09.10.1984, Witte/Parlament, 188/83, Slg. 1984, 3465, Rn. 15, und vom 04.07.1985, Williams/Rechnungshof, 134/84, Slg. 1985, 2225, Rn. 14). Somit kann sich ein Unternehmen vor der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats jedenfalls nicht zu seinen Gunsten auf eine Entscheidungspraxis dieser Behörde berufen, die den Anforderungen aus der Richtlinie 89/104 zuwiderliefe oder dazu führte, dass die Behörde eine rechtswidrige Entscheidung trifft.
19. Daher ist auf die Fragen 1 bis 3 zu antworten, dass die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats, die über eine Markenanmeldung zu entscheiden hat, nicht verpflichtet ist, die in Art. 3 Abs. 1 Buchst. b und c der Richtlinie 89/104 aufgeführten Eintragungshindernisse unberücksichtigt zu lassen und dem Antrag auf Eintragung deshalb stattzugeben, weil das Zeichen, dessen Eintragung als Marke begehrt wird, auf identische oder vergleichbare Art und Weise wie ein Zeichen gebildet wird, dessen Eintragung als Marke sie bereits gebilligt hat und das sich auf identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen bezieht.“

Das BPatG wies darauf hin, dass laut EuGH (Rn. 17) eine nationale Behörde bei Prüfung einer Anmeldung die zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen früheren Entscheidungen berücksichtigen müsse und dabei besonderes Augenmerk auf die Frage richten müsse, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht – auch wenn insoweit keine Bindung an Vorentscheidungen besteht.

Daraus folge, dass unter dem Aspekt des allgemeinen rechtsstaatlichen Gebots, das in jeder Verfahrensordnung gilt – gleich ob Gerichts- oder Verwaltungsverfahren -, dem jeweiligen Adressaten einer ihn belastenden Entscheidung auch die wesentlichen Gründe, die die Entscheidung tragen und für sie kausal sind, mitzuteilen sind. Dieser Grundsatz gelte gem. § 61 Abs. 1 S. 1 MarkenG auch für das Markeneintragungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt. Es bestehe also nicht nur die Verpflichtung zur Einbeziehung von Vorentscheidungen in die Entscheidungsfindung als solche, sondern diese Überlegungen müssten für den Adressaten auch erkennbar sein, was nur durch entsprechende Ausführungen in der die Anmeldung zurückweisenden Entscheidung erfolgen könne. Diese Rechtslage, wie sie der Gerichtshof nunmehr verlange, stimme mit der früheren Prüfungsrichtlinie des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27.10.1995 (vgl. BlPMZ 1995, 378, 383) Ziffer 4 a) überein, die laute:

„Die Recherche … bezieht die Rechtsprechung sowie die Amtspraxis ein. … Im Interesse der Rechtssicherheit bedarf es einer einheitlichen Prüfungspraxis, für die alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung zu nutzen sind. … Stellt sich im Rahmen der Prüfung auf absolute Schutzhindernisse heraus, dass derselben Marke für vergleichbare Waren oder Dienstleistungen bereits früher Markenschutz gewährt wurde, so darf nur dann beanstandet werden, wenn die frühere Eintragung zu Unrecht erfolgt ist, wenn sich seit der Eintragung der älteren Marke die rechtliche oder tatsächliche Betrachtung geändert hat oder wenn die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen in sonstiger Weise eine andere Beurteilung erfordern. In Zweifelsfällen ist eine schriftliche Stellungnahme des Prüfers einzuholen. Wird nach Würdigung der Gesamtumstände trotz einer erst kürzere Zeit zurückliegenden früheren Eintragung derselben Marke die Anmeldung wegen absoluter Schutzhindernisse beanstandet, so soll in dem Bescheid auf die frühere Eintragung hingewiesen und begründet werden, weshalb von der früheren Beurteilung abgewichen wird. Ist eine Anmeldung derselben Marke für vergleichbare Waren oder Dienstleistungen bereits unanfechtbar zurückgewiesen worden, so ist zunächst zu prüfen, ob sich die Sach- und Rechtslage seitdem geändert hat und die Eintragbarkeit nunmehr bejaht werden kann. Liegen dieselben Schutzhindernisse weiterhin vor, wird der Anmelder in der Beanstandung auf die frühere Zurückweisung unter Angabe der Fundstelle oder des Aktenzeichens der Entscheidung hingewiesen. Wenn sich herausstellt, dass dieselben Zeichen für vergleichbare Waren oder Dienstleistungen innerhalb der Markenstellen unterschiedlich beurteilt werden, ist eine einheitliche Beurteilung herbeizuführen, insbesondere durch Mitwirkung der Abteilungsleiter und Gruppenleiter.“

Hingegen genüge die nunmehr seit 2005 geltende Prüfungsrichtlinie des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13.06.2005 (vgl. BlPMZ 2005, 245, 252) diesen Anforderungen des Gerichtshofs nicht. Sie laute:

„Jede Anmeldung ist ein für sich gesondert zu beurteilender Einzelfall. … Bestehende Eintragungen nationaler Marken führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz zu einem Anspruch auf Eintragung.“

Mit dieser Formulierung decke, so das Bundespatentgericht, die Richtlinie des Deutschen Patent- und Markenamts nur einen Teil der in der oben genannten Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften aufgestellten Anforderungen ab, nämlich insoweit als Vorentscheidungen selbstverständlich nicht bindend sein könnten, wenn sie rechtswidrig seien oder Grund für eine andere Beurteilung des Zeichens, d. h. eine differenzierende Betrachtung bestehe. Davon sei der vorlegende Senat in seinem Vorlagegesuch ebenfalls ausgegangen und hatte – wie der Gerichtshof in Rn. 18 – auf das Spannungsverhältnis zwischen der Gleichbehandlung der Wettbewerber und dem Gebot rechtmäßigen Handelns hingewiesen.

Der Richtlinie des Deutschen Patent- und Markenamts von 2005 mangele es aber insoweit an einer Regelung, als der Gerichtshof nunmehr ausdrücklich verlange, dass zu ähnlichen Anmeldungen ergangene Entscheidungen berücksichtigt werden müssten und besonderes Augenmerk auf die Frage gerichtet werden müsse, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht. Das bedeutet eine Pflicht zum Vergleich, der angemeldeten mit den eingetragenen vergleichbaren Zeichen. Diesen vom Gerichtshof geforderten Vergleich müsse das Deutsche Patent- und Markenamt als zuständige nationale Behörde anstellen und gegebenenfalls die Gründe für eine differenzierte Beurteilung angeben, oder aber, wenn es die Voreintragungen für rechtswidrig hält, dies zum Ausdruck bringen. Denn nur unter dieser Voraussetzung sei der Feststellung des Gerichtshofs in Rn. 18, dass „der Gleichbehandlungsgrundsatz in Einklang gebracht werden muss mit dem Gebot rechtstaatlichen Handelns“ Genüge getan. Dies entspreche im Übrigen auch der von der Europäischen Kommission in ihrer Stellungnahme von 13.06.2008 in Rn. 21 vertretenen Ansicht, dass das Gericht „unter dem Gesichtspunkt der Begründungspflicht und nicht unter demjenigen des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes dazu verpflichtet ist, konkreten Hinweisen auf eine wettbewerbsverzerrende Ungleichbehandlung nachzugehen und dabei Vorentscheidungen der Behörde in gleich gelagerten Fällen in die Prüfung einzubeziehen oder gegebenenfalls das Verbot einer festgestellten wettbewerbsverzerrenden Diskriminierung zu berücksichtigen“ habe.

Die hier angefochtenen Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts enthielten, so die Richter, keine derartige Begründung. Eine solche wurde vom Beigeladenen auch nicht während des Beschwerdeverfahrens gegeben. Insoweit liege ein wesentlicher Verfahrensfehler vor, weshalb der Senat sein ihm nach § 70 Abs. 3 S. 2 MarkenG gegebenes Ermessen dahingehend ausübt habe, dass er das Verfahren zur vergleichenden Würdigung der Vorentscheidungen in materiell-rechtlicher Hinsicht entspr. Rdn. 17 der Entscheidung des Gerichtshofs und zur Begründung nach § 61 Abs. 1 S. 1 MarkenG zurückverweise. Dies gelte insbesondere unter dem Aspekt, dass dem Amt als zuständiger Behörde hier das erste Prüfungsrecht als gesetzesvollziehende Gewalt zukommen solle, da sie diesen Punkt bislang noch nicht geprüft habe. Dabei spiele der Gedanke des Instanzverlustes keine Rolle, da es sich im Verhältnis zwischen Deutschem Patent- und Markenamt und Bundespatentgericht nicht um Instanzen handelt, sondern um Exekutive und Judikative als grundsätzlich verschiedene Gewalt im Sinne der Gewaltenteilung. Dem Deutschen Patent- und Markenamt sei die Vergleichsüberprüfung auch möglich, da es „in dieser Hinsicht über Informationen verfügt, die zu ähnlichen Anmeldungen ergangene Entscheidungen berücksichtigen“ (vgl. EuGH, Beschl. v. 12.02.2009, Rn. 17). Denn das neue, im Mai 2006 in Betrieb genommene Datenverarbeitungssystem des Amtes diene der „Harmonisierung der Prüfungs- und Entscheidungspraxis“ (vgl. Jahresbericht DPMA 2006, S. 20).

Dabei dürfe jedoch nicht die Mitwirkungspflicht des jeweiligen Anmelders übersehen werden, handele es sich doch bei der Entscheidung über die Registrierbarkeit eines Zeichens um einen mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt. Die für das Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt geltende Amtsermittlungspflicht hat ihre Grenze im Maß des Zumutbaren. Das Amt muss nicht jeder noch so geringfügigen Ähnlichkeit nachgehen. Die immanente Einschränkung der Amtsermittlung liegt nämlich in der materiellen Mitwirkungslast des Anmelders in Bezug auf Tatsachen, die für seinen Anspruch auf Eintragung sprechen (vgl. Fezer/Grabrucker, Handbuch der Markenpraxis, Band 1 Markenverfahrensrecht, Rn. 232; Kopp/Ramsauer VerwVfG 9. Aufl. § 24 Rn. 42). Auch er müsse in seinem Vortrag auf entsprechende Vorentscheidungen hinweisen, so er sich auf Gleichbehandlung berufe, und sie belegen. Der Anmelder habe dabei zu berücksichtigen, dass nicht jede irgendwie geartete Vorentscheidung heranzuziehen ist, sondern der Vergleich mit Vorentscheidungen nur dann vernünftigerweise vom Amt angestellt werden kann, wenn sich nicht ohne weiteres und sofort die Unterschiedlichkeit der Zeichen ergebe und zwar – dies sei hervorgehoben – in Bezug zu den jeweils eingetragenen Waren und Dienstleistungen und zum Zeitpunkt der Eintragung.

Der Anmelder habe daher bei der Aufklärung des Sachverhalts, insbesondere hinsichtlich der Existenz vergleichbarer Voreintragungen und Zurückweisungen – einschließlich gerichtlicher Vorentscheidungen – mitzuwirken und seinen diesbezüglichen Sachvortrag entsprechend zu substantiieren (vgl. BPatG, 29 W (pat) 49/07). Darüber hinaus wären auch gerichtliche Entscheidungen, die zur Änderung in der Beurteilung der Schutzhindernisse führten oder führen könnten vom Anmelder von sich aus – oder auf Hinweis der Markenstelle – in seinen Vortrag mit einzubeziehen, so dass sich auch daraus bereits eine offensichtliche andere Beurteilung der Schutzhindernisse durch das Deutsche Patent- und Markenamt ergeben könne.

In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass diese Mitwirkungspflicht des Anmelders in einem möglichst frühen Stadium des Verfahrens vor der Markenstelle wahrzunehmen sei, also regelmäßig in seiner Erwiderung auf das Beanstandungsschreiben, mit dem der Anmelder erstmals auf die mangelnde Schutzfähigkeit seines Zeichens hingewiesen werde. Sei vom Anmelder nichts vorgetragen und seien für das Amt auch keine einschlägigen Vorentscheidungen ersichtlich, so sei der vom Gerichtshof geforderten Begründungspflicht genüge getan, wenn es diesen Umstand darlege.

Vor diesem Hintergrund werde die Begründungspflicht des Deutschen Patent- und Markenamts umso höher sein, je eher sich eine Entscheidung im Vergleich zu Vorentscheidungen als möglicherweise willkürlich darstelle und nicht erkennen lasse, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche unrechtmäßig seien. Ob der Anmelder daraufhin ein Löschungsverfahren nach §§ 50, 54 MarkenG einleite in Bezug auf diese rechtswidrig eingetragenen Marken, bleibt ihm überlassen, da es dem Amt gesetzlich verwehrt ist, derartige Eintragungen von Amts wegen der Löschung zuzuführen.

[Die Rechtsbeschwerde wurde zur Fortbildung des Rechts zugelassen.]

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