BPatG: Die Marke „EURO LEERGUT“ muss auf Betreiben der EU gelöscht werden

veröffentlicht am 13. September 2011

BPatG, Beschluss vom 11.08.2011, Az. 26 W (pat) 62/10
§ 8 Abs. 2 Nr. 8 MarkenG

Das BPatG hat entschieden, dass die Wort-/Bildmarke „EURO LEERGUT“, die sich als als ein Kranz von zwölf Sternen auf blauem Hintergrund darstellt, auf Antrag der Europäischen Union zu löschen ist. Die Marke enthalte eine heraldische Nachahmung des als Kennzeichen des Europarates veröffentlichten Kranzes von zwölf Sternen auf blauem Grund, so dass sie geeignet sei, beim Publikum den Eindruck einer Verbindung mit der internationalen zwischenstaatlichen Organisation hervorzurufen. Das Publikum werde annehmen, dass es sich um ein europäisches Pfandsystem handele oder dass der Markeninhaber im Auftrag der Europäischen Union handele, was hingegen nicht der Fall sei. Zum Volltext der Entscheidung:


Bundespatentgericht

Beschluss

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 300 23 021.4 S 251/09 Lösch

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juli 2011 unter Mitwirkung des … beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wort-/Bildmarke 300 23 021

EURO LEERGUT

ist am 26. Juni 2000 für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 20, 37 und 39

„Container nicht aus Metall, insbesondere für Lagerung und Transport von Lebensmitteln; Reinigung, Instandhaltung, Instandsetzung von Containern; Transportwesen, insbesondere Beförderung von Containern mit Lebensmitteln oder Lebensmittelresten; Verpackung und Lagerung von Waren, insbesondere von Lebensmitteln und Lebensmittelresten in Containern“

in das Markenregister eingetragen und am 27. Juli 2000 veröffentlicht worden.

Dagegen hat die Europäische Gemeinschaft vertreten durch die Europäische Kommission am 30. September 2009 einen Löschungsantrag gestellt, dem der vormalige Markeninhaber widersprochen hat.

Mit Beschluss vom 3. Mai 2010 hat die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamtes die Löschung der Marke 300 23 021 angeordnet. Ihre Entscheidung hat sie damit begründet, dass die Eintragung dieser Marke gegen das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 4 S. 1 MarkenG verstoßen habe. Das Zeichen enthalte eine heraldische Nachahmung der Flagge des Europarates, die gem. Bekanntmachung des Bundesministeriums der Justiz vom 29. Oktober 1979 (BlPMZ 1980, 1) von der Eintragung als Marke ausgeschlossen sei und schon seit längerem als Emblem der Institutionen der Europäischen Union verwendet werde. Die streitgegenständliche Marke weise ebenso wie das Emblem des Europarates einen blauen Hintergrund sowie zwölf gleiche, in einem Kreis angeordnete Sterne auf, deren Zacken sich nicht berühren. Der Umstand, dass der blaue Hintergrund bei der angegriffenen Marke verschoben und nicht vollständig rechteckig sei, ändere nichts daran, dass die wesentlichen Elemente des geschützten Symbols erkennbar blieben. Die angegriffene Marke sei geeignet, beim Publikum den Eindruck einer Verbindung mit der internationalen zwischenstaatlichen Organisation hervorzurufen, deren Zeichen nachgeahmt werde. Im Rahmen der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 4 S. 4 MarkenG komme es dabei nicht allein auf objektive Berührungspunkte zwischen den Aufgaben des Europarates und den vom Markeninhaber beanspruchten Waren und Dienstleistungen an. Denn dem Verkehr sei die Verwendung des Sternenkranzes auf blauem Grund in erster Linie als das Symbol der Europäischen Union bekannt; seine Assoziationskette reiche daher vom Tätigkeitsgebiet des Markeninhabers über die Europäische Union bis zum Europarat. In Verbindung mit dem Wortbestandteil „EURO LEERGUT“ innerhalb der angegriffenen Marke werde der Verkehr den Sternenkranz im Zusammenhang mit der Herstellung und dem Vertrieb, der Reinigung und Instandhaltung sowie der Beförderung von Containern mit Lebensmitteln als Hinweis auf ein Europäisches Pfandsystem oder als Hinweis darauf wahrnehmen, dass der Markeninhaber einen Auftrag der Europäischen Union zum Transport von Lebensmitteln in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erhalten habe. Im Gegensatz zum Markeninhaber, dem eine Befugnis zur Benutzung des Emblems des Europarates fehle, sei davon auszugehen, dass die Europäische Union das Zeichen mit der Duldung oder Zustimmung des Europarates nutze.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die jetzige Markeninhaberin mit ihrer Beschwerde.

Sie ist der Ansicht, die Voraussetzungen einer Nachahmung des Emblems des Europarates, seien nicht gegeben. Im Zeichen der Markeninhaberin seien zwölf Sterne elliptisch und nicht kreisförmig sowie nicht vollständig auf blauem Hintergrund angeordnet. Der blaue Hintergrund verlaufe sinuskurvenförmig und diejenigen Sterne, die auf weißem Hintergrund ruhten, wiesen eine blaue Schattierung auf. Die Markeninhaberin vertritt die Auffassung, dass auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 4 Nr. 4 MarkenG nicht vorlägen, weil das angeblich nachgeahmte Zeichen durch den Bundesminister der Justiz bislang nicht als Symbol und Flagge der Europäischen Union, sondern lediglich als Emblem des Europarates bekannt gemacht worden sei. Der Europarat widme sich der Förderung der Demokratie und dem Schutz der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit in Europa. Zwischen diesen Aufgaben und dem Tätigkeitsbereich der Beschwerdeführerin, nämlich der Verpackung, Beförderung und Lagerung von Lebensmitteln in Containern, bestehe kein sachlicher Zusammenhang.

Die Markeninhaberin hält die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Nachweis dafür für geboten, dass der Verkehr daran gewöhnt sei, dass ein Sternenkreis vor blauem Hintergrund einen europaweiten Bezug herstellen solle, ohne dass es sich hierbei zugleich um ein amtliches Zeichen handele. Sie rügt die Vollmacht des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin und regt die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Die Markeninhaberin beantragt,
den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 3. Mai 2010 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde der Markeninhaberin zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung der Markenabteilung 3.4 für zutreffend und verweist auf eine Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt vom 11.10.2007 (Az. R-1048/2007-4 – Most Innovative Product), eine Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer vom 25. April 2005 (GRUR 2005, 684 – efcon) und eine Entscheidung des 25. Senats des Bundespatentgerichts vom 19. Oktober 2009 (BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 3/09 – Vital Life EUROPE).

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 2011 haben die Parteien ihre gegenseitigen Standpunkte vertieft.

II.

Die gem. § 66 Abs. 1, 2 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das angegriffene Zeichen ist in diesem Popularverfahren gem. §§ 54 Abs. 1, Abs. 2 S. 2, 50 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 MarkenG dem Begehren der Antragstellerin entsprechend zu löschen, weil es die Nachahmung eines Zeichens einer internationalen zwischenstaatlichen Organisation i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 4 S. 1 MarkenG darstellt, welches die charakteristischen heraldischen Markmale aufweist, die dieses Zeichen von anderen Zeichen unterscheidet. Die Inhaberin der angegriffenen Marke verfügt nicht über eine Befugnis zur Verwendung des Emblemsdes Europarates i. S. d. § 8 Abs. 4 S. 2 MarkenG. Auch die Voraussetzungen der als Erlaubnisvorbehalt formulierten, Art. 6 ter Abs. 1 c) PVÜ entsprechenden Vorschrift des § 8 Abs. 4 S. 4 MarkenG sind nicht gegeben.

1.
Entgegen den von der Markeninhaberin geäußerten Bedenken ist die Antragstellerin in diesem Verfahren ordnungsgemäß vertreten, § 81 Abs. 2 S. 1 MarkenG.

Durch das Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon am 1. Dezember 2009 ist die ursprüngliche Antragstellerin, die Europäische Gemeinschaft, in die Europäische Union übergegangen, Art. 1 Abs. 3 Satz 3 EU. Wie bereits die Europäische Gemeinschaft, Art. 281 EGV, besitzt seitdem auch die Europäische Union Rechtspersönlichkeit, Art. 47 EUV, und wird durch ihr Exekutivorgan, die Europäische Kommission, vertreten, Art. 17 Abs. 1 EUV. Generaldirektor Schenkel hat als Leiter der kommissionsintern zuständigen Gemeinsamen Forschungsstelle (Joint Research Centre) den Referatsleiter Giancarlo Caratti (Head of Unit JRC.A2) schriftlich zur Unterzeichnung von Anwaltsvollmachten zur Führung von Rechtstreitigkeiten auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes für die Antragstellerin ermächtigt. Die von ihren Verfahrensbevollmächtigten zur Akte gereichte, den Anforderungen des § 81 Abs. 5 MarkenG entsprechende Vollmacht vom 13. September 2010 ist mit dem Namenszug „Giancarlo Caratti“ unterzeichnet.

2.
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 8 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die Wappen, Flaggen oder andere Kennzeichen, Siegel oder Bezeichnungen internationaler zwischenstaatlicher Organisationen enthalten, die nach einer Bekanntmachung des Bundesministeriums der Justiz im Bundesgesetzblatt von der Markeneintragung ausgeschlossen. Zwar übernimmt die Marke 300 23 021 nicht unmittelbar ein Zeichen einer internationalen zwischenstaatlichen Organisation.

Das Zeichen „EURO LEERGUT“ war jedoch bereits bei seiner Eintragung und ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 4 Satz 1 MarkenG noch heute von der Eintragung ausgeschlossen, weil es eine heraldische Nachahmung des als Kennzeichen des Europarates veröffentlichten (BlPMZ 1980, 1) Kranzes von zwölf Sternen auf blauem Grund enthält. Die Nachahmung ist unschwer erkennbar. Der Inhaber der angegriffenen Marke hat keine Befugnis des Europarates zur Benutzung seines Zeichens erhalten, § 8 Abs. 4 S. 2 MarkenG.

Mit § 8 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 4 S. 1 MarkenG wird die völkervertragsrechtliche Bestimmung des Art. 6 ter Abs. 1 lit. b der Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ) in deutsches Recht umgesetzt. Diese Bestimmung nimmt Bezug auf Art. 6 ter Abs. 1 lit. a PVÜ, wonach auch Nachahmungen im heraldischen Sinn von Zeichen internationaler zwischenstaatlicher Organisationen vom Markenschutz ausgeschlossen sind. Der Begriff der Nachahmung i. S. d. § 8 Abs. 4 S. 1 MarkenG knüpft an den in Art. 6ter Abs. 1 PVÜ enthaltenen, auch im Hinblick auf Art. 3 Buchst. h Marken-Richtl maßgeblichen Begriff der „Nachahmung im heraldischen Sinne“ an, bei welcher gerade auf die heraldische Beschreibung und nicht auf die geometrische, ihrem Wesen nach detailliertere Beschreibung abzustellen ist (vgl. EuG GRUR 2004, 773 [Rz. 40, 44] – Bildmarke ECA; vgl. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rn. 507, 516).

Die heraldische Beschreibung des Kennzeichens des Europarates lautet: „Auf blauem Grund ein Kranz von zwölf fünfzackigen Sternen, deren Spitzen sich nicht berühren“. Diese Merkmale weist auch die Marke 300 23 021 auf. Sie unterscheidet sich vom Emblem des Europarates dadurch, dass in ihr zwölf Sterne elliptisch und nicht kreisförmig sowie nicht vollständig auf blauem Hintergrund angeordnet sind, der blaue Hintergrund dort an seinem unteren Rand sinuskurvenförmig verläuft und diejenigen Sterne, die auf weißem Hintergrund ruhen, eine blaue Schattierung aufweisen. Auf diese Unterschiede in geometrischer Hinsicht ist jedoch beim Vergleich der Ähnlichkeit mit den in Frage stehenden Hoheitszeichen nach der vorgenannten Rechtsprechung gerade nicht abzustellen. Die wesentliche Übereinstimmung beider Marken in ihren Kernelementen, nämlich in den zwölf kreis- bzw. elipsenförmig angeordneten, fünfzackigen, sich nicht berührenden, goldenen bzw. gelben Sternen auf blauem Grund, begründet insgesamt die heraldische Nachahmung des Emblems des Europarates durch das angegriffene Zeichen (vgl. BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 3/09 – Vital Life EUROPE; BPatG PAVIS PROMA 28 W (pat) 4/95 – EUROPA HÖLZER; HABM GRUR 2005, 684 – 687 – efcon; EuG GRUR 2004, 773 [Rz. 40] – Bildmarke ECA; HABM, Vierte Beschwerdekammer, Entsch. v. 11.10.2007 R-1048/2007-4 – Most Innovative Product“, veröffentlicht in juris). Die Tatbestandvoraussetzungen des § 8 Abs. 4 S. 4 MarkenG sind nicht gegeben.

Nach dieser als doppelte Verneinung formulierten Ausnahmevorschrift ist § 8 Abs. 2 Nr. 8 MarkenG nicht anzuwenden, wenn die angemeldete Marke nicht geeignet ist, beim Publikum den unzutreffenden Eindruck einer Verbindung mit der internationalen zwischenstaatlichen Organisation hervorzurufen. § 8 Abs. 4 S. 4 MarkenG setzt Art. 6 ter Abs. 1 lit. c S. 2 PVÜ in das deutsche Recht um. Dies gebietet eine enge Auslegung der markengesetzlichen Ausnahmevorschrift: Denn die Verbandsländer der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums, so auch die Bundesrepublik Deutschland, sind übereingekommen, die Eintragung bestimmter Kennzeichen sowie jede Nachahmung im heraldischen Sinn als Fabrik- oder Handelsmarken oder als Bestandteile solcher zurückzuweisen oder für ungültig zu erklären, sofern die zuständigen Stellen den Gebrauch nicht erlaubt haben, Art. 6 ter Abs. 1 lit. a PVÜ.

Die Lissabonner Revisionskonferenz von 1958 hat die Anwendung dieser Regelung auf Flaggen und andere Kennzeichen von zwischenstaatlichen Organisationen ausgedehnt, denen einer oder mehrerer Verbandsstaaten angehören (Art. 6 ter Abs. 1 lit. b PVÜ, vgl. Ronga, GRUR Int. 1966, S. 148 – Der Schutz von Kennzeichen zwischenstaatlicher Organisationen). Die Weltorganisation für Geistiges Eigentum (WIPO) hat am 4. Oktober 1979 die Entscheidung getroffen, dass das oben genannte Emblem des Europarates gem. Art. 6 ter Abs. 1 lit. a, b PVÜ geschützt ist (http://www.wipo.int/ipdl/IPDL-IMAGES/SIXTERXMLIMAGES/ pdf/en/e3556.pdf).

Der Wortlaut des Art. 6 ter Abs. 1 lit. c S. 2 PVÜ stellt es lediglich in das Ermessen eines Verbandslandes, von einer Anwendung dieser Bestimmungen abzusehen, sofern „die Benutzung oder Eintragung gemäß Buchstabe a) nicht geeignet ist, beim Publikum den Eindruck einer Verbindung zwischen der betreffenden Organisation und den Wappen, Flaggen, Kennzeichen, Siegeln oder Bezeichnungen hervorzurufen, oder falls die Benutzung oder Eintragung offenbar nicht geeignet ist, das Publikum über das Bestehen einer Verbindung zwischen dem Benutzer und der Organisation irrezuführen.“

Daraus folgt, dass eine Marke, die die heraldische Nachahmung eines Kennzeichens einer internationalen zwischenstaatlichen Organisation darstellt, ausnahmsweise nur dann gem. § 8 Abs. 4 S. 4 MarkenG schutzfähig ist, wenn auszuschließen ist, dass sie das Publikum in irgendeiner Form mit der internationalen zwischenstaatlichen Organisation in Verbindung bringen wird, für welche das Zeichen geschützt ist. In allen anderen Fällen ist die Bundesrepublik Deutschland völkervertraglich verpflichtet, dem Zeichen den Schutz als Marke zu versagen, weil eine Registrierung das Recht der internationalen zwischenstaatlichen Organisation auf Kontrolle der Verwendung ihres Symbols verletzen und darüber hinaus auch die Öffentlichkeit über die Herkunft von Waren täuschen könnte, die mit solchen Marken versehen sind (vgl. Protokolle von Den Haag, S. 243/4; s. a. Bodenhausen, Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums, Kommentar, 1971, Art. 6 ter Abs. (1) und (2) (c)).

Der Begriff der „Verbindung“ in § 8 Abs. 4 S. 4 MarkenG setzt daher keine unmittelbare Verwechslungsgefahr mit der internationalen Organisation voraus (vgl. HABM-BK GRUR 2005, 684, 687 – efcon). Wie sich aus der Entstehungsgeschichte dieser im Warenzeichengesetz noch nicht enthaltenen Norm ergibt, ist der in § 8 Abs. 4 S. 4 MarkenG genannte Bezug zu der Organisation vor allem dann zu verneinen, wenn die geschützte Bezeichnung gleichzeitig ein bekanntes Wort darstellt, das vom Publikum in dieser anderen Bedeutung oder als Teil eines geschlossenen Gesamtbegriffs aufgefasst wird oder weitere Markenelemente im Rahmen des stets maßgeblichen Gesamteindrucks der angegriffenen Marke vom Eindruck eines Hoheitszeichens wegführen (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., Rz. 517 zu § 8; Ströbele, GRUR 1989, 84, 87; BPatG PAVIS PROMA 30 W (pat) 238/01 – EPA plus; RKGE 2007, 182, 183 – EPA European Packaging Alliance). Umgekehrt können zusätzliche Markenbestandteile wie im hiesigen Fall allerdings auch zusätzliche Hinweise auf die internationale Organisation enthalten und deshalb den Gedanken an ein offizielles Kennzeichen nahelegen (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., Rz. 517 zu § 8; EuG in R 2004, 773 (Nr.69) – Bildmarke ECA; BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 3/09 – Vital Life EUROPE).

Das angegriffene Zeichen richtet sich in erster Linie an ein Fachpublikum, welchesihm im Zusammenhang mit den angemeldeten Containern der Klasse 20 und den damit im Zusammenhang stehenden Dienstleistungen „Transport, Verpackung und Lagerung von Waren“ begegnet. Dieses Publikum, so es mit den Aufgaben und Befugnissen der verschiedenen Europäischen Institutionen vertraut ist, wird das angegriffene Zeichen mit dem Europarat, der Europäischen Kommission und der Europäischen Union, im Übrigen unspezifisch mit den Europäischen Institutionen in Verbindung bringen.

Der Europarat hat im Jahre 1955 die übrigen Europäischen Institutionen zur Übernahme seines vom Warenzeichenschutz ausgenommenen Zeichens aufgefordert und auf diese Weise gerade durch sein Emblem die markenrechtlich einer Lizenzierung ähnelnde Verbindung zu ihnen geschaffen. Daraufhin haben 1983 das Europäische Parlament und 1985 der Europäische Rat die Übernahme des Zeichens beschlossen, welches als einziges Symbol der Europäischen Kommission verwendet wird. Diese hat der Europarat 1992 damit beauftragt, die Rechte zum Schutz seines Zeichens wahrzunehmen. In der Erklärung Nr. 52 zum Vertrag von Lissabon haben verschiedene Europäische Staaten, darunter auch Deutschland, das Zeichen als Europaflagge und Symbol der Zusammengehörigkeit der Menschen in der Europäischen Union und ihrer Verbundenheit mit dieser anerkannt. Der Europarat bietet den institutionellen Rahmen zur Vorbereitung und Aushandlung Europäischer Übereinkommen, deren Vertragstext durch eine formelle Entscheidung des Ministerkomitees festgelegt wird. Anschließend werden die Übereinkommen, die auch Europaratsverträge genannt werden, zur Zeichnung durch die Mitgliedstaaten des Europarates aufgelegt und durch den Generalsekretär des Europarats verwahrt. Sie beschäftigen sich beispielsweise u. a. mit dem Schutz von Tieren beim internationalen Transport oder mit der vorübergehenden zollfreien Einfuhr von medizinischem, chirurgischem und Laborationsmaterial zur leihweisen Verwendung für Diagnose- und Behandlungszwecke in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens (vgl. http://conventions.coe.int/Treaty/Commun/ListeTraites.asp?CM=8&CL=GER). Angesichts dieses Tätigkeitsbereichs liegt die Annahme nahe, dass auch Container sowie die beanspruchten Beförderungs-, Verpackungs-, Lagerungs- Reinigungsund Instandsetzungsdienstleistungen mit einem solchen Europaratsvertrag und damit mit dem Europarat selbst in Verbindung stehen, sofern sie mit der angegriffenen Marke gekennzeichnet sind. Der Wortbestandteil des Zeichens „EURO LEERGUT“, welcher zusätzlich auf „Europa“ hindeutet, verstärkt diese Verbindung noch. So kann es sich um einen durch einen Europaratsvertrag unter dessen besonderen Schutz gestellten Transport handeln, oder die hierzu verwendeten Behältnisse können besonderen, durch ein Europäisches Übereinkommen geregelten Anforderungen zum Schutz ihres Inhaltes genügen. Wie bereits die Markenstelle ausgeführt hat, kann das angesprochene Publikum auch an ein Europäisches Pfandsystem denken.

Der Einwand der Markeninhaberin, den angesprochenen Verkehrskreisen sei bekannt, dass ein solches Pfandsystem nicht existiere, vermag nicht zu überzeugen. Die Europäische Kommission, die das von der Markeninhaberin heraldisch nachgeahmte Zeichen des Europarates mit dessen Zustimmung ebenfalls nutzt, hat am 11.12.2010 die Vergabe einer Studie bekannt gemacht, die sich mit der Folgenabschätzung und den Optionen für ein Europäisches Pfandsystem für Getränkedosen aus Metall und dessen Durchführung beschäftigt (Dienstleistungsauftrag 2010/S 241-367521). Denjenigen, die sich mit dem Transport, der Reinigung und Lagerung von Lebensmittelcontainern befassen, ist zudem die Tätigkeit des Europäischen Gesetzgebers auf den Gebieten der Lebensmittelhygiene und des Lebensmitteltransports bestens bekannt (vgl. EU-Verordnung 852/2004 (Lebensmittelhygiene) EU-Verordnung 37/2005 (Überwachung der Temperaturen von tief gefrorenen Lebensmitteln); EU-Verordnung 178/2002 (Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln). Sie werden die mit der Marke 300 23 021 gekennzeichneten Waren zusätzlich mit der Europäischen Kommission und der Europäischen Union in Verbindung bringen (vgl. BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 3/09 – Vital Life EUROPE; HABM GRUR 2005, 684 – 687 – efcon; EuG GRUR 2004, 773-775 – ECA; HABM Entsch. v. 11.10.2007, Az. R 1048/2007-4 – Most Innovative Product, veröffentlicht in juris).

Die Voraussetzungen zur Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens liegen nicht vor. Auf einen empirischen Nachweis der These der Markeninhaberin, der Verkehr sei daran gewöhnt, dass ein Sternenkreis vor blauem Hintergrund einen europaweiten Bezug herstellen solle, ohne dass es sich hierbei zugleich um ein amtliches Zeichen handele, kommt es nicht an. Denn für die Frage der Schutzfähigkeit seines Zeichens sind die oben dargelegten Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 4 S. 1, 2 und 4 Markengesetz maßgeblich. Deren rechtliche Prüfung ist einem Beweis nicht zugänglich. Träfe die bezeichnete These der Markeninhaberin zu, ermöglichte dies insbesondere keinen Rückschluss auf die Eignung seines Zeichens, beim Publikum den Eindruck einer Verbindung mit dem Europarat hervorzurufen.

3.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war, § 83 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordern, § 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Wie aufgezeigt, besteht über die Auslegung der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 4 MarkenG in der bisherigen Rechtsprechungspraxis Übereinstimmung. Von dieser Praxis weicht die vorliegende Entscheidung nicht ab. Auch war vorliegend keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden, sondern der Schwerpunkt des Falles liegt im tatsächlichen Bereich.

Da die Markenstelle somit im Ergebnis zu Recht die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet hat, war die Beschwerde zurückzuweisen.

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