BPatG: Die Wortmarke „Glühkirsch“ ist freihaltebedürftig und daher zu löschen

veröffentlicht am 11. März 2013

BPatG, Urteil vom 17.10.2012, Az. 26 W (pat) 68/11
§ 50 MarkenG, § 54 Abs. 1 MarkenG, § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG

Das BPatG hat entschieden, dass die seit 1999 für alkoholische Getränke eingetragene Wortmarke „Glühkirsch“ zu löschen ist. Grund sei, dass für den genannten Begriff ein Freihaltebedürfnis im Interesse von Mitbewerbern bestehe, die den Ausdruck „Glühkirsch“ im Handels- und Wirtschaftsverkehr, insbesondere im Weihnachtsmarktbereich, als Sachangabe über Geschmacksrichtung und Temperatur der angebotenen Waren frei verwenden können müssen. Dies sei bereits im Zeitpunkt der Eintragung der Fall gewesen. Zum Volltext der Entscheidung:


Bundesgerichtshof

Beschluss

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 399 36 746 S 36/09 Lösch

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. Oktober 2012 unter Mitwirkung des … beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
Die Wortmarke 399 36 746

„Glühkirsch“

ist am 26. Oktober 1999 in das Register eingetragen worden für „alkoholische Getränke (ausgenommen Biere).“

Mit Schriftsatz vom 3. Februar 2009 hat die Antragstellerin die Löschung der angegriffenen Marke beantragt, weil diese entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 – 3 MarkenG in das Markenregister eingetragen worden sei.

Die Antragsgegnerin hat dem Löschungsantrag innerhalb der in § 54 Abs. 2 S. 2 MarkenG bestimmten Frist widersprochen.

Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat am 13. September 2011 die Löschung der angegriffenen Marke beschlossen, weil deren Eintragung entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG erfolgt sei und diese Schutzhindernisse fortbestünden.

Bei dem angegriffenen Wortzeichen handele es sich um eine unmittelbar beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, dessen Zweck vor allem darin bestehe, beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspreche.

Insoweit genüge die Eignung als beschreibende Angabe (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Tz. 31- Chiemsee; GRUR 2004, 674, Tz. 56 – Postkantoor), solange nicht eine begriffliche Ungenauigkeit erreicht sei, dass auszuschließen sei, dass die fragliche Angabe noch zu einer konkret beschreibenden Bezeichnung dienen könne (siehe Ströbele/ Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 252 mit weiteren Nachweisen).

Von diesen Grundsätzen ausgehend stelle die Bezeichnung „Glühkirsch“ für die registrierten Waren eine beschreibende Angabe dar.

Für die Eignung dieses Wortes, Merkmale der hier in Rede stehenden „alkoholischen Getränke“ zu beschreiben, spreche zunächst die sich in diesem Zusammenhang aufdrängende Nähe zu der allgemein bekannten einschlägigen Verkehrsbezeichnung „Glühwein“. Es böten sich Bezeichnungen mit „Glüh-“ daher insbesondere zur Beschreibung von (alkoholischen) Heißgetränken an, die ähnlich dem Glühwein gesüßt und gewürzt sind. In Verbindung mit dem unschwer als Hinweis auf Kirschen als geschmacksgebende Zutat verständlichen Wortelement „-kirsch“ ergebe sich damit eine nahe liegende Benennung für ein unter Verwendung von Kirschen hergestelltes, heiß zu genießendes (alkoholisches) Getränk nach der Art eines Glühweins.

Die eingeholten Auskünfte einschlägiger Fachverbände ergäben mit hinreichender Sicherheit, dass das fragliche Wort bereits vor 1999 in beachtlichem Umfang auf (Weihnachts-)Märkten in ganz Deutschland als beschreibender Hinweis, insbesondere für Fruchtglühwein auf der Basis von Kirschwein gebräuchlich gewesen sei.

Bei der angegriffenen Wortmarke habe es sich daher bereits im Zeitpunkt ihrer Eintragung um eine freizuhaltende beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gehandelt. Die Bezeichnung „Glühkirsch“ sei schon damals als Oberbegriff für gesüßte und gewürzte Heißgetränke mit Kirschgeschmack, nach dem durch ihre Verwendung nahe gelegten Verkehrsverständnis insbesondere aber auch für Kirschglühwein, geeignet gewesen. Das genannte Schutzhindernis bestehe auch gegenwärtig noch fort. Der beschreibende Charakter des Begriffs „Glühkirsch“ sei erhalten geblieben. Die Vielzahl der von Wettbewerbern in den vergangenen Jahren abgegebenen Unterlassungserklärungen ließe gerade darauf schließen, dass die Bezeichnung „Glühkirsch“ auch in diesem Zeitraum umfangreich verwendet worden ist. Unter diesen Umständen bestehe auch kein Anhalt dafür, dass sich „Gühkirsch“ zwischenzeitlich im Verkehr als Marke der Antragsgegnerin durchgesetzt haben könnte (§ 8 Abs. 3 MarkenG), was diese auch nicht behauptet hat.

Schließlich verfüge das Wort „Glühkirsch“ auch nicht über das gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft, weil der Verkehr hierin im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt und keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen würde.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde. Sie beanstandet die Tatsachenfeststellungen der Markenabteilung als ungenügend. Ein beschreibender Bezug bestehe nicht, insbesondere sei nicht festzustellen, dass der Verkehr Glühkirsch als Gattungsbezeichnung verstehe. Die Antragstellerin, die für einen gattungsmäßigen Gebrauch des Begriffs die Beweislast trage, habe einen solchen Beweis nicht geführt.

Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. September 2011 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Sie regt hilfsweise an, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Ergänzend wird auf die Akten des Deutschen Patent- und Markenamtes Az. 399 36 646 S 36/09 Lösch Bezug genommen.

II.

Die gem. § 66 Abs. 1 MarkenG zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist unbegründet, denn die Markenabteilung hat auf Antrag zu Recht die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, §§ 50, 54 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Das Wort „Glühkirsch“ war und ist freihaltungsbedürftig i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, denn es bestand von Anfang an ein schützenswertes Interesse der Mitbewerber der Markeninhaberin daran, den Ausdruck „Glühkirsch“ im Handels- und Wirtschaftsverkehr, insbesondere im Weihnachtsmarktbereich, als Sachangabe über die Geschmacksrichtung und Temperatur der angebotenen Waren frei verwenden zu können.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Zeichen von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren dienen können.

Bei der Auslegung der absoluten Eintragungshindernisse ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu Art. 3 Abs. 1 der MarkenRL (Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union 2008/95/EG) das Allgemeininteresse, welches der Regelung zugrunde liegt, zu berücksichtigen (EuGH GRUR 2008, 608, Rn. 66 – EUROHYPO m. w. N.). Die auf Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c der MarkenRL zurückzuführende Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, sämtliche Zeichen oder Angaben, die geeignet sind, Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu beschreiben, frei zu halten (EuGH GRUR 2008, 503, Rn. 22, 23 – ADIDAS II). Es gibt nämlich – insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit eines unverfälschten Wettbewerbs – Erwägungen des Allgemeininteresses, die es ratsam erscheinen lassen, dass bestimmte Zeichen von allen Wettbewerbern frei verwendet werden können. Solche Zeichen oder Angaben dürfen deshalb nicht aufgrund einer Eintragung nur für ein Unternehmen monopolisiert werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Rn. 25 – Chiemsee; EuGH GRUR 2004, 146, Rn. 31 – DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674, Rn. 54, 56 – Postkantoor; GRUR 2004, 680, Rn. 35, 36 – BIOMILD; vgl. auch Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rn. 265 m. w. N.).

Zur Versagung des Schutzes ist es ausreichend, dass die angemeldete Marke in einer ihrer möglichen Bedeutungen ein Merkmal der betreffenden Waren beschreibt (EuGH MarkenR 2008, 160, 162, Rn. 35 – Hairtransfer). Unerheblich ist, ob die fragliche Marke in ihrer beschreibenden Bedeutung bereits im Verkehr bekannt ist oder beschreibend verwendet wird. Vielmehr reicht es aus, dass sie zu diesem Zweck verwendet werden kann (st. Rspr.; EuGH GRUR 2010, 534, Nr. 52 – PRANAHAUS) und der Verkehr die beschreibende Bedeutung ohne weiteres zu erfassen vermag.

Es spielt darüber hinaus keine Rolle, ob Konkurrenten ein Interesse an der Verwendung des fraglichen Zeichens haben könnten oder ob andere Zeichen, die gebräuchlicher als das angemeldete sind, zur Bezeichnung derselben Merkmale der im Eintragungsantrag genannten Waren oder Dienstleistungen existieren. Es wird auch nicht vorausgesetzt, dass das fragliche Zeichen der üblichen Art und Weise der bereits bekannten Bezeichnungen entspricht (EuGH GRUR 1999, 723, Rn. 29 – Chiemsee). Dass eine Angabe neuartig oder ungewohnt ist, schließt ihre Eignung, zur Beschreibung dienen zu können, ebenfalls nicht aus. Das gilt umso mehr, als der Verkehr daran gewöhnt ist, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen und Abbildungen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermittelt werden sollen (vgl. Ströbele a. a. O.; Fezer, Markenrecht, 4. Aufl. 2009, § 8, Rn. 379).

Bei der Prüfung dieser Eintragungshindernisse ist auf die Wahrnehmung des angesprochenen Verkehrs abzustellen. Dieser umfasst alle Kreise, in denen die fragliche Marke aufgrund der beanspruchten Waren Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, Rn. 65 – Henkel). Auszugehen ist dabei vom normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher im Bereich dieser Waren (EuGH GRUR 2006, 411, Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 1999, 723, Rn. 29 – Chiemsee; Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rn. 30 ff.).

Hier richten sich sämtliche Waren sowohl an Fachverkehrskreise wie (Frucht-) Weinhändler und (Weihnachts-) Marktbeschicker als auch an den allgemeinen, durchschnittlich aufmerksamen Endverbraucher und Marktbesucher. Gemessen an diesen Voraussetzungen war und ist das Wort „Glühkirsch“ geeignet, für alkoholische Getränke als verständliche Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG Verwendung zu finden, die der maßgebliche Verkehr ohne Weiteres dahin verstehen wird, es handele sich um erwärmte alkoholische Getränke auf Kirsch(wein)basis bzw. mit Kirschgeschmack oder Zugabe von Kirschen. Hierzu kann zunächst auf die überzeugenden Gründe der angefochtenen Entscheidung der Markenstelle verwiesen werden.

Die Antragsgegnerin bezweifelt selbst nicht, dass „Glühwein“ als beschreibende Angabe freihaltebedürftig und nicht unterscheidungskräftig war und ist, weil es sich um eine Gattungsbezeichnung handelt, die unmissverständlich auf ein erwärmtes, eventuell gewürztes, weinhaltiges Getränk hinweist. Für „Glühkirsch“ kann im Ergebnis zur Überzeugung des Senates nichts anderes gelten. Die Bedeutung dieser Wortbildung aus zwei ohne Weiteres in ihrem Sinngehalt erfassbaren Kurzformen von Glühen und Kirschen erschließt sich dem maßgeblichen inländischen Verkehr aus sich heraus ohne jede Schwierigkeit.

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin liegt im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren, die ihrerseits fraglos im Kontext mit Weihnachtsmärkten und Glühweinen bzw. anderen Heißgetränken stehen, der beschreibende Informationsgehalt über Temperatur und Geschmacksrichtung des angebotenen Getränks in einer Weise auf der Hand, dass er ohne jede Analyse erfasst wird. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin steht auch die äußere Form der angegriffenen Marke „Glühkirsch“ als einheitliches Wort der Annahme einer zur unmittelbaren Beschreibung der betroffenen Waren geeigneten Angabe nicht entgegen. Zwar stellt diese Art der Zusammenschreibung eine gewisse Abweichung von der auch denkbaren Benennung „Kirschglühwein“ dar. Gleichwohl ist dadurch der erkennbare Sinngehalt des Ausdrucks nicht wesentlich verändert, jedenfalls nicht im Sinne eines Phantasiebegriffs verfremdet worden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die beteiligten Verkehrskreise daran gewöhnt sind, in der Werbung häufig mit neuen oder abgewandelten Ausdrücken konfrontiert zu werden, durch die ihnen sachbezogene Informationen in noch ungewohnter und deshalb besonders einprägsamer Form übermittelt werden. Insoweit können auch von dem gängigen Wortschatz geringfügig abweichende Sachaussagen durchaus als solche erkannt und dementsprechend verwendet werden. Das gilt jedenfalls für Neuformulierungen, welche bereits bekannte Ausdrücke unverändert übernehmen und lediglich anders verbinden oder wie hier praktisch und prägnant verkürzen bzw. an die geläufige Gattungsbezeichnung „Glühwein“ naheliegend anlehnen. Dass das Wort Glühkirsch bereits in 1999 und am Tag der Eintragung jedenfalls in o. g. Sinn zur Beschreibung der beanspruchten Waren geeignet war, steht zur Überzeugung des Senates mit der erforderlichen Sicherheit (§§ 82 I 1 MarkenG, 286 I 1 ZPO) fest. Von der Wahrheit der entsprechenden Behauptung der Antragstellerin ist der Senat mit dem ausreichenden, für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit (BGHZ 53, 245) nach Würdigung des gesamten Vorbringens, der eingereichten Unterlagen und unterstützend der von der Markenstelle eingeholten Stellungnahmen tatrichterlich überzeugt. Zu dieser Würdigung ist entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin das Gericht, dessen Mitglieder zu den interessierten Verkehrskreisen gehören, aus eigener Sachkunde berufen. Wenn daher der Artikel Ast 11 aus Durchblick April 2005 davon spricht, dass zum Weihnachtsmarkt in Siegen der Glühkirsch-Stand im Schlosshof seit 25 Jahren eine Institution sei, kann dem der Senat entnehmen, dass das Wort „Glühkirsch“ offensichtlich gut 19 Jahre vor der Eintragung der streitgegenständlichen Marke zur Beschreibung eines aus Kirschwein hergestellten Glühweines nicht ferngelegen hat. Aus Ast 7 und Ast 27 ist ersichtlich, dass das Patentamt eine Markenanmeldung Jägers Glühkirsch am 11. November 1985 als warenbeschreibend mit der Ansicht beanstandet hat, der Verkehr würde Glühkirsch stillschweigend ergänzen in Glühkirschwein. Dies überzeugt ebenfalls davon, dass bereits 1985 die Eignung zur Beschreibung des Worts „Glühkirsch“ bestand. Indiziell unterstützt wird dies von den von der Markenstelle eingeholten Stellungnahmen. Ob diese geeignet wären, als gutachtliche Grundlage für den Strengbeweis einer tatsächlichen Verwendung des Worts „Glühkirsch“ zu einem bestimmten Stichtag zu dienen, zieht die Antragsgegnerin zu Recht in Zweifel. Nachdem es allerdings darauf nicht entscheidend ankommt, vielmehr wie bereits mehrfach erwähnt die Eignung zur Beschreibung die Schutzunfähigkeit begründet, ergeben sich hieraus keine durchgreifenden Bedenken.

Der Antragsgegnerin ist zuzugeben, dass der Zeitablauf seit der Eintragung am 26. Oktober 1999 die aktuelle Beurteilung der Beschreibungseignung zur damaligen Zeit erschweren kann. Vorliegend handelt es sich indessen um ein alltägliches Produkt, welches – wie auch die vorgelegten Unterlagen ergeben – schon lange und traditionell hergestellt wird. So kann erneut Bezug genommen werden auf die Begründung zum Löschungsantrag vom 16. Februar 2009 mit den Anlagen und die in der mündlichen Verhandlung erörterten lexikalischen Nachweise von 1958 (Goettler: Glühwein aus Heidelbeerwein bzw. anderem Fruchtwein). Es ist zu Recht gar nicht in Abrede gestellt, dass die Verwendung von Obstweinen, u. a. Kirschwein, zur Zubereitung von (winterlichen) Heißgetränken nicht ungewöhnlich war und ist.

Dass für das Jahr 1999 eine Verwendung des Ausdrucks „Glühkirsch“ für den deutschen Sprachraum nicht lexikalisch oder durch historische Verwendungsbeispiele nachgewiesen werden kann, lässt das festgestellte Freihaltungsbedürfnis daher unberührt. Denn dafür reicht es nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG („dienen können“) aus, wenn das fragliche Zeichen als beschreibende Angabe geeignet ist, seine tatsächliche Verwendung in dieser Eigenschaft ist dagegen nicht erforderlich. Es spricht auch nicht gegen ein Freihaltungsbedürfnis, dass den Mitbewerbern des Markeninhabers für die Beschreibung eines entsprechenden Getränkes „Glühkirsch“ auch andere Begriffe zur Verfügung standen.

Denn das Freihaltungsbedürfnis beschränkt sich nicht auf unersetzliche Begriffe, für die keine Alternativen bestehen. Vielmehr ist es der Zweck der berechtigten Freihaltung, den Mitbewerbern die freie Wahl zwischen allen unmittelbar beschreibenden Angaben und Zeichen zu erhalten.

Die auch sinn- und sprachtatsächliche Frage der (auch früheren) Beschreibungseignung unterfällt zur Überzeugung des Senates ebenso seiner Entscheidung, wie die rechtliche Frage (künftigen) Freihaltebedarfs. Das von der Antragsgegnerin angeregte Sprachgutachten über die (tatsächliche damalige) Verwendung des Vorsilbe Glüh- in der Werbung ist ungeeignet, hierüber Entscheidendes zu ergeben. Die Voraussetzungen zur Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 83 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG sind nicht gegeben, da weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordern. Zur Bejahung dieses Tatbestandes reicht es nicht aus, dass die Sache von besonderer Wichtigkeit für die Beteiligten ist. Rechtlich beruht die vorliegende Entscheidung des Senats auf in ständiger Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen zur Beurteilung von Unterscheidungskraft und des Freihaltungsbedürfnisses; in der Sache liegt der Schwerpunkt auf der tatrichterlichen Bewertung der entscheidungserheblichen tatsächlichen Gegebenheiten. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, Rdn. 86 – Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680, Rdn. 19 – BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2011, 400, Rdn. 33, 46 – Zahl 1000) sind beschreibende Zeichen und Angaben „zwangsläufig“ nicht unterscheidungskräftig.

Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens auf eine der Verfahrensbeteiligten gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG gibt die Sache schließlich keine Veranlassung.

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