BPatG: Wort-Bildmarken „Müller“ und „Müller Apfelspritzer“ nicht verwechselungsfähig

veröffentlicht am 27. Juli 2009

BPatG, Beschluss vom 13.05.2009, Az. 26 W (pat) 58/08
§§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG

Das BPatG hat in dieser Markensache entschieden, dass bei einer hohen Übereinstimmung der Waren und einer lediglich durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der jeweils betroffenen Wörter (hier: „Müller“) an den Ausschluss einer Verwechselungsgefahr besonders hohe Anforderungen zu stellen sind. Diese seien bei den beiden Marken „Müller“ und „Müller Apfelspritzer“ auf Grund der hinreichend unterschiedlichen Zeichenelemente erfüllt, wobei das BPatG darauf hinwies, dass einzelne Elemente nicht aus dem Gesamtzusammenhang gerissen werden dürften.
Betroffen waren die Wort-/Bildmarke 1 162 113

Müller

und die Wort-Bildmarke 304 27 964

Müller Apfelspritzer

welche jeweils u.a. für die „Klasse 32: Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke“ eingetragen waren.

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit von Marken, die – wie die Vergleichszeichen – aus mehreren getrennten Bestandteilen zusammengesetzt seien, sei von der registrierten Form als Ganzes auszugehen (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042, 1044 – THOMSON LIFE). Insoweit unterschieden sich die angegriffene Marke und die Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit aufgrund der abweichenden Wort- bzw. Bildelemente in der angegriffenen Marke hinreichend deutlich sowohl klanglich als auch schriftbildlich und begrifflich.

Zwar könne auch dann, wenn sich zwei Marken in ihrer Gesamtheit hinreichend unterschieden, zwischen ihnen gleichwohl Ähnlichkeit im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bestehen. Da dem Markenrecht ein allgemeiner Elementenschutz fremd sei, sei es grundsätzlich unzulässig, aus den sich gegenüberstehenden Vergleichsmarken jeweils ein Element herauszugreifen und allein auf dieser Grundlage eine Verwechslungsgefahr feststellen (vgl. BGH GRUR 1996, 198, 199 – Springende Raubkatze; EuGH a.a.O. – THOMSON LIFE). Vielmehr bedürfe es für die Feststellung einer Verwechslungsgefahr in einem solchen Fall stets besonderer Umstände, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass die übernommene Marke aus der Sicht der Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren oder Dienstleistungen eine selbständig kennzeichnende Stellung behalte (vgl. EuGH a.a.O. – THOMSON LIFE), während die weiteren Bestandteile so in den Hintergrund träten, dass sie für den Verkehr an Bedeutung verlören und zum Gesamteindruck des Zeichens nicht beiträgen. Derartige Umstände seien vorliegend nicht gegeben.

Es sei anzunehmen, dass sich maßgebliche Teile des Verkehrs bei der mündlichen Wiedergabe der älteren Marke – zumindest mit – an der Wortfolge „Müller Apfelspritzer“ orientierten, da dieser gegenüber dem Bildbestandteil in der Regel als einfachste und kürzeste Benennungsform prägender Charakter zukomme (vgl. Ströbele/ Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rdnr. 296 m.w.N.). Jedoch sei nicht davon auszugehen, dass der Wortbestandteil „Müller“ in der angegriffenen Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung einnehme, so dass er die Widerspruchsmarke dominieren oder prägen könnte (vgl. BGH GRUR 2008, 903, 904 – SIERRA ANTIGUO;GRUR 2004, 865, 866 – Mustang). Zum einen werde der Verkehr dieses Zeichenelement in der angegriffenen Marke aufgrund des Namenscharakters als Firmenname bzw. Herstellerangabe erkennen und in der Zeichenbenennung insgesamt eher vernachlässigen, zumal eine Übung des Verkehrs, in der vorliegenden Getränkebranche stets den Firmennamen als mitbestimmend wiederzugeben (vgl. Ströbele/ Hacker, Markengesetz, a.a.O., § 9 Rdnr. 285), sich nicht von vornherein feststellen lasse. Zum anderen enthalte der als Produktbezeichnung wirkende Bestandteil „Apfelspritzer“ zwar in Bezug auf die alkoholischen und nicht alkoholischen Getränke einen gewissen beschreibenden Anklang, da er eine Kombination aus dem Inhaltsstoff „Apfel“ und einer Eigenschaft des Getränks („gespritzt“, „spritzig“) darstelle. Der Verkehr werde diesen Zeichenteil aber im Gegensatz zu dem Element „Apfelsaftschorle“ nicht als reine Warenbenennung erfassen, sondern vielmehr im Verhältnis zu der Firmenkennzeichnung „Müller“ als den eigentlichen Produkthinweis. Daher sei davon auszugehen, dass die angesprochenen Verkehrskreise die angegriffene Marke mit dem Bestandteil „Apfelspritzer“, allenfalls mit den beiden Elementen „Müller Apfelspritzer“, jedoch nicht allein mit der Firmenangabe „Müller“ benennen würden, zumal es sich um einen äußerst geläufigen und deshalb kennzeichnungsschwachen Nachnamen handeln würde.

Ein Fall, der mit der für die Entscheidung „ THOMSON LIFE“ (vgl. EuGH a.a.O.) vorliegenden Konstellation vergleichbar sei, sei nicht gegeben, da vorliegend nicht eine Produktkennzeichnung identisch in die jüngere Marke übernommen worden sei, sondern die Firmenangabe. Unerheblich bleibe dabei auch, dass beide Marken möglicherweise optisch angenäherte Ausgestaltungen des Firmennamens „Müller“ enthielten.

Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG liege demnach nicht vor.

Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens (vgl. BGH GRUR 2002, 542, 544 – BIG; GRUR 2002, 544, 547 – BANK 24) mit dem Stammbestandteil „Müller“ scheide aus, da – selbst unter der Annahme, dass die Widersprechende eine Zeichenserie für die einschlägigen Waren mit dem Bestandteil „Müller“ besäße – nicht erkennbar sei, dass sich die angegriffene Marke mit der hinzugefügten Produktbezeichnung „Apfelspritzer“ in diese Zeichenserie einfüge. Wie die Widersprechende im Verfahren vor der Markenstelle vorgetragen habe, werde der Name „Müller“ für Milchmischgetränke ausschließlich von der Widersprechenden ohne unterscheidungskräftige Zusätze verwendet. Da dem Bestandteil „Apfelspritzer“ trotz des beschreibenden Anklangs nicht von vornherein jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden könne, entferne sich die angegriffene Marke insoweit deutlich von einer Markenserie der Widersprechenden.

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