BPatG: Zur Schutzfähigkeit einer Verpackung als 3-D-Marke

veröffentlicht am 19. März 2009

BPatG, Beschluss vom 23.04.2008, Az.  26 W (pat) 23/06
§§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 MarkenG

Das BPatG hat in diesem Beschluss zu der Frage Stellung genommen, unter welchen Umständen eine dreidimensionale Marke – hier die Marke 30231899 – markenrechtlichen Schutz genießt. Streitgegenständlich war diese als Marke geschützte Bierflasche

Bierflasche


und die prioritätsältere EU-Gemeinschaftsmarke 000690016.

Bierflasche 2
Eine Markenverletzung wies das Bundespatentgericht zurück, da zwischen den Marken keine Verwechselungsgefahr bestehe. Eine Verwechslungsgefahr zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke sei trotz der Identität bzw. der großen Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren zu verneinen, weil die Widerspruchsmarke nur eine äußerst geringe Kennzeichnungskraft und damit nur einen sehr engen Schutzumfang aufweise, in den die angegriffene Marke nicht eingreife. Die bloße Tatsache der Eintragung einer Marke bedeutet nicht, dass diese von Haus aus über eine normale Kennzeichnungskraft verfüge, sondern nur, dass sie die Hürde der in § 8 MarkenG normierten Schutzhindernisse übersprungen habe, wofür bereits ein geringer Grad an Unterscheidungskraft genüge. Um einer aus der Form der Ware oder ihrer – wie z. B. bei Getränken – notwendigen Verpackung bestehenden dreidimensionalen Marke zu dem erforderlichen Minimum an Unterscheidungskraft und damit zur Eintragung zu verhelfen, bedürfe es einer erheblichen Abweichung von der Norm und dem auf dem jeweiligen Warengebiet üblichen Formenschatz, weil der Verbraucher eine Flasche oder eine andere Verpackung einer Ware erfahrungsgemäß zunächst nur als solche oder als eine funktionelle und ästhetische Gestaltung und nicht als betriebliche Herkunfts- und Unterscheidungskennzeichen ansehe (BGH Mitt. 2000, 506 ff. – Likörflasche; Erdmann GRUR 2001, 609, 612). Auch eine besondere Gestaltung der Ware selbst oder ihrer notwendigen Verpackung werde deshalb eher dem Bemühen um eine funktionelle und ästhetische Gestaltung zugeschrieben als der Absicht, auf die Herkunft der Ware hinzuweisen (BGH GRUR 2004, 329, 330 – Käse in Blütenform; GRUR 2007, 780 ff., Rdn. 26 – Pralinenform).

Hiervon ausgehend sei in Bezug auf die Widerspruchsmarke festzustellen, dass es angesichts der Tatsache, dass auf dem maßgeblichen Warengebiet der alkoholischen und alkoholfreien Getränke (vor allem auch bei Bieren) seit langem eine Vielzahl grüner, sog. Longneck-Flaschen Verwendung finde, erst die konkrete, spiralförmig gewendelte Form des Flaschenhalses gewesen sei, die die Widerspruchsmarke erheblich von dem auf dem betreffenden Warengebiet üblichen Formenschatz abzuheben und ihr zu dem für die Eintragung erforderlichen Mindestmaß an Unterscheidungskraft verholfen habe, der einem von Haus aus geringen Grad an Kennzeichnungskraft entspreche. Um eine nachträgliche Steigerung der von Haus aus geringen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auf ein normales Maß zu begründen, reichten die von der Widersprechenden behaupteten Herstellungszahlen von Flaschen, die ihrer Form nach der Widerspruchsmarke entsprächen, selbst dann nicht aus, wenn zu Gunsten der Widersprechenden unterstellt werde, dass im gleichen Umfang im Inland Bier in diesen Flaschen abgesetzt worden seien, weil die Feststellung einer gesteigerten Markenbekanntheit nicht ohne weiteres allein aus Umsatz- und Absatzzahlen hergeleitet werden könne. Insoweit hätte es einer eingehenden substantiierten Darlegung weiterer nachprüfbarer Tatsachen, wie z. B. des von der Marke gehaltenen Marktanteils und der Bekanntheit der Marke in den beteiligten Verkehrskreisen bedurft (st. Rspr.; vgl. z. B. BGH GRUR 2003, 1040, 1044 – Kinder).

Der dem Verbraucher regelmäßig nicht bekannte Umstand, dass es sich bei der Widerspruchsmarke um eine mehrfach prämierte Flaschengestaltung handele, habe zur Stärkung der Kennzeichnungskraft und zur Begründung einer Verwechslungsgefahr ebenso wenig beizutragen vermocht wie die Tatsache, dass sowohl die Widerspruchsmarke als auch die angegriffene Marke eine grüne Einfärbung aufwiesen, weil die grüne Einfärbung bei Getränkeflaschen und insbesondere auch bei Bierflaschen verkehrsüblich sei und deshalb nicht als ein Hinweis auf die betriebliche Herkunft von Getränken verstanden werde.

Angesichts der geringen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke reichten die vorhandenen Unterschiede der Marken auch bei deren Verwendung für identische Waren aus, um eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG auszuschließen.

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