BVerwG: Eine inländische Apotheke darf Arzneimittel von ausländischen EU-Apotheken auf Kundenwunsch beziehen

veröffentlicht am 23. Juni 2015

BVerwG, Urteil vom 26.02.2015, Az. 3 C 30.13
§ 52a Abs. 7 AMG, § 69 Abs. 1 S. 1 AMG, § 73 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AMG; § 7 S. 1 ApoG, § 8 S. 2 ApoG

Das BVerwG hat entschieden, dass ein Bestell- und Abholservice einer inländischen Apotheke in der Form, dass auf Bestellung des Kunden Arzneimittel von einer Apotheke im EU-Ausland bezogen und auf deren Rechnung an den Kunden abgegeben werden, zulässig ist, soweit der Betreiber der inländischen Apotheke seine pharmazeutische Verantwortung tatsächlich wahrnehme. Vorliegend sei dies der Fall. Vor der Ausgabe an Kunden würden die Arzneimittel auf Qualität, Eignung, Unbedenklichkeit, Übereinstimmung mit der Bestellung usw. geprüft. Zum Volltext der Entscheidung:

Bundesverwaltungsgericht

Urteil

In der Verwaltungsstreitsache … hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2015 durch … für Recht erkannt:

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. November 2013 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I.
Die Klägerin ist selbstständige Apothekerin. Ab Frühjahr/Sommer 2008 bot sie in ihrer Apotheke in F. (A. Apotheke) einen Dienstleistungsservice an, mit dem Arzneimittel zu günstigeren Preisen bei einer Apotheke in Budapest (Europa Apotheke) bestellt und in der Apotheke der Klägerin abgeholt werden konnten. Die Klägerin leitete die Bestellungen an die Europa Apotheke weiter, beschaffte über Großhändler in Deutschland die gewünschten Arzneimittel und ließ sie an die Europa Apotheke liefern. Von dort wurden sie, jeweils versehen mit dem zugehörigen Bestellschein und einer auf die Europa Apotheke ausgestellten Rechnung, an die A. Apotheke zurückgeliefert. Vor der Aushändigung der Arzneimittel an die Kunden kontrollierte die Klägerin, ob Bestellschein, Präparat und Rechnung übereinstimmten. Des Weiteren überprüfte sie die Medikamente auf Unversehrtheit ihrer Verpackung, Verfallsdatum sowie mögliche Wechselwirkungen. Die Klägerin war am Verkaufserlös nicht beteiligt. Ihr Serviceangebot war für die Kunden kostenlos (zum Geschäftsmodell der Klägerin auch: BGH, Urteil vom 12. Januar 2012 – I ZR 211/10MedR 2012, 800; OLG München, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 6 U 2657/09 – juris).

Das zuständige Landratsamt untersagte der Klägerin mit Ordnungsverfügung vom 17. Juli 2009 verschiedene Modalitäten ihres Bestell- und Abholservices. Unter anderem wurde ihr verboten, verschreibungspflichtige Arzneimittel abweichend von den Preisvorgaben nach der Arzneimittelpreisverordnung in den Verkehr zu bringen (Nr. 1 des Bescheids). Darüber hinaus wurde ihr untersagt, die aus Ungarn bezogenen Medikamente in ihrer Apotheke mit Rechnung der Europa Apotheke abzugeben (Nr. 2). Der Bescheid enthielt außerdem eine Zwangsgeldandrohung (Nr. 6), eine Kostenlastentscheidung (Nr. 7) sowie die Festsetzung von Gebühren und Auslagen (Nr. 8). Zur Begründung der unter Nr. 2 getroffenen Anordnung heißt es in dem Bescheid, dass die Klägerin nach den Vorschriften des Apothekengesetzes (ApoG) und der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) zur persönlichen und eigenverantwortlichen Leitung ihrer Apotheke verpflichtet sei. Ihre Verantwortung für den Vertrieb der Arzneimittel müsse für den Kunden klar erkennbar sein und auch in der ausgestellten Rechnung zum Ausdruck kommen.

Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid aufgehoben, soweit sich die Untersagung in Nr. 2 auch auf nicht apothekenpflichtige Arzneimittel bezieht, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Im Interesse der Arzneimittelsicherheit solle der Inhaber der Apothekenbetriebserlaubnis alleiniger Vertrags- und Ansprechpartner des Kunden sein. Dem widerspreche der von der Klägerin angebotene Dienstleistungsservice, weil für den Kunden außer zu der Apotheke der Klägerin auch vertragliche Beziehungen zu der Europa Apotheke bestünden. Infolge der Aufgabenteilung zwischen beiden Apotheken sei völlig unklar, wer Ansprechpartner des Kunden bei Mängeln, Reklamationen und Leistungsstörungen sei. Das erschwere die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten und widerspreche dem Gebot der Transparenz. Für die Abgabe nicht apothekenpflichtiger Arzneimittel gelte allerdings anderes. Insoweit sei eine Einschränkung der Geschäftstätigkeit auf ein Handeln im eigenen Namen und auf eigene Rechnung nicht gerechtfertigt. Die Apotheke stehe hier in Wettbewerb mit dem allgemeinen Einzelhandel, der dieser Beschränkung auch nicht unterliege.

Der Verwaltungsgerichtshof hat auf die Berufung der Klägerin die Regelung in Nr. 2 insgesamt und – soweit hierauf bezüglich – in Nr. 6 bis 8 des Bescheids aufgehoben. Die weitergehende Berufung der Klägerin sowie die Berufung des Beklagten hat er zurückgewiesen. Zur Begründung – soweit für das Revisionsverfahren von Belang – heißt es im Wesentlichen: Die Untersagungsanordnung in Nr. 2 des Bescheids sei rechtswidrig. Die Abgabe der aus Ungarn bezogenen Arzneimittel mit Rechnung der ungarischen Apotheke verstoße nicht gegen Vorschriften des Arzneimittel- oder Apothekenrechts. Nach § 7 ApoG und § 2 Abs. 2 ApBetrO müssten die Rechtsverhältnisse der Apotheke so gestaltet sein, dass der Inhaber der Betriebserlaubnis an der Wahrnehmung seiner Leitungsfunktionen nicht behindert werde. Er dürfe keine vertraglichen oder faktischen Bindungen eingehen, die ihn darin beeinträchtigten, die Apotheke selbstständig und unabhängig zu führen. Diesen Anforderungen werde das streitige Geschäftsmodell der Klägerin gerecht. Bei dem Bezug der Arzneimittel über die ungarische Apotheke handele es sich um eine bloße Beschaffungsmodalität, die die volle und alleinige Verantwortung der Klägerin für die Medikamentenabgabe unberührt lasse. Sie übernehme die pharmazeutische Verantwortung, weil die aus Ungarn beschafften Medikamente in der A. Apotheke überprüft würden und der Kunde bei Bedarf die nötige Information und Beratung erhalte. Damit trage sie zugleich die rechtliche Verantwortung für die Arzneimittelabgabe. Schließlich lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sie durch die Kooperation mit der Europa Apotheke in ihrer wirtschaftlichen und unternehmerischen Unabhängigkeit beschnitten wäre. Des Weiteren verstoße die Klägerin mit ihrem Dienstleistungsservice weder gegen das Verbringungsverbot des § 73 AMG, noch handele es sich um ein apothekenfremdes Geschäft im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a ApBetrO. Auch auf § 17 Abs. 6c ApBetrO könne die Untersagungsanordnung nicht gestützt werden. Das Verbot in Satz 1 der Vorschrift, Arzneimittel von einer anderen Apotheke zu beziehen, gelte nach der Ausnahmeregelung in Satz 2 Nr. 1 nicht für Medikamente, die gemäß § 52a Abs. 7 AMG im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs bei einer anderen Apotheke beschafft würden. Die Voraussetzung sei hier erfüllt, weil das Bezugsmodell der Klägerin nicht als apothekenunüblicher Großhandel im Sinne von § 52a AMG einzustufen sei.

Mit der Revision verfolgt der Beklagte das Ziel der vollständigen Klageabweisung weiter. Er macht im Wesentlichen geltend: Aus der Pflicht des Apothekers zur persönlichen und eigenverantwortlichen Leitung seiner Apotheke folge, dass er alle wesentlichen Betriebsvorgänge selbst bestimmen, steuern und überwachen müsse. Vertragliche oder faktische Bindungen, die die Wahrnehmung seiner Leitungsfunktionen beeinträchtigten, seien mit § 7 und § 8 ApoG sowie § 2 Abs. 2 ApBetrO nicht vereinbar. Das Geschäftsmodell der Klägerin werde diesen Anforderungen wegen der mehrpoligen Rechtsverhältnisse nicht gerecht. Der Kunde schließe den Kaufvertrag mit der ungarischen Apotheke ab, während die Arzneimittelabgabe mit den entsprechenden pharmazeutischen Kontroll- und Beratungsaufgaben durch die Apotheke der Klägerin vorgenommen werde, die zudem im Auftrag des Kunden für die Abholung und den Rücktransport der bestellten Medikamente sorge. Die Klägerin sei weder am Verkaufserlös beteiligt, noch erhalte sie für ihre Dienstleistung ein Entgelt von dem Kunden. Die wirtschaftliche und die pharmazeutische Verantwortung fielen daher auseinander. Wegen der Aufspaltung der Rechtsverhältnisse drohten erhebliche Konfliktsituationen und Interessenkollisionen, die die Arzneimittelsicherheit beeinträchtigten. Es könne zu Wertungswidersprüchen zwischen zivilrechtlichen Ansprüchen des Kunden und den pharmazeutischen Pflichten der Klägerin kommen. Zudem befänden sich sowohl der Kunde als auch die Klägerin vielfach im Interessenwiderstreit, ob zugunsten einer preisgünstigeren Bestellung in Ungarn die verzögerte Versorgung mit dem Medikament vertretbar sei. Hinzu komme, dass die jeweiligen Verantwortlichkeiten der beteiligten Apotheken für den Kunden intransparent seien. Überdies werde einer Umgehung des Verbringungsverbots Vorschub geleistet, weil die Voraussetzungen des Arzneimittelversands nach § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG unterlaufen würden. Darüber hinaus liege ein Verstoß gegen § 17 Abs. 6c ApBetrO vor. Der Ausnahmetatbestand des § 17 Abs. 6c Satz 2 Nr. 1 ApBetrO sei eng auszulegen. Eine Belieferung mit Arzneimitteln zum Zweck der Abgabe auf fremde Rechnung sei nicht apothekenüblich.

Die Klägerin tritt der Revision entgegen und verteidigt das angegriffene Urteil.

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Gesundheit der Auffassung, dass das Geschäftsmodell der Klägerin ausgehend von den Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts mit § 7 ApoG und § 2 Abs. 2 ApBetrO (noch) vereinbar sei; offen bleibe allerdings, wie die Klägerin mit eventuellen Interessenkollisionen umgehe, die mit der Pflicht zur eigenverantwortlichen Leitung des Apothekenbetriebs gerade ausgeschlossen werden sollten. § 17 Abs. 6c Satz 2 Nr. 1 ApBetrO sei hier nicht anwendbar. Das Geschäftsmodell der Klägerin gehe über den normalen Apothekenbetrieb hinaus, weil der Bezug von Arzneimitteln über eine ausländische Apotheke und die Abgabe auf fremde Rechnung – anders als der eigenständige Import von Arzneimitteln – derzeit in Deutschland nicht üblich seien.

II.
Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) angenommen, dass die Untersagungsanordnung in Nr. 2 des angefochtenen Bescheids rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) treffen die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Die Ermächtigung erstreckt sich auch auf die Überwachung des ordnungsgemäßen Betriebs von Apotheken und auf ordnungsrechtliche Maßnahmen bei Verstößen gegen das Apothekenrecht (stRspr; vgl. zuletzt BVerwG, Urteil vom 19. September 2013 – 3 C 15.12BVerwGE 148, 28 Rn. 8 m.w.N.). Die streitige Anordnung kann hierauf jedoch nicht gestützt werden, weil die Abgabe von Arzneimitteln auf Rechnung der Europa Apotheke keinen derartigen Verstoß darstellt. Die beanstandete Kooperation der Klägerin mit der ungarischen Apotheke verletzt weder § 7 ApoG, § 2 Abs. 2 ApBetrO (1.) oder § 8 ApoG (2.) noch § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG (3.), § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a ApBetrO (4.) oder § 17 Abs. 6c ApBetrO (5.).

1.
a)
Das Gesetz über das Apothekenwesen (Apothekengesetz – ApoG – i.d.F. der Bekanntmachung vom 15. Oktober 1980 , zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Juli 2013 ) knüpft die Befugnis zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke an eine personengebundene Erlaubnis (§ 1 Abs. 2 und 3, § 2 ApoG). Nach § 7 Satz 1 ApoG ist der Erlaubnisinhaber zur persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung verpflichtet. Die Verordnung über den Betrieb von Apotheken (Apothekenbetriebsordnung – ApBetrO – i.d.F. der Bekanntmachung vom 26. September 1995 , zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. Dezember 2014 ) wiederholt diese Anforderungen. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 (i.V.m. Abs. 1 Nr. 1) ApBetrO hat der Erlaubnisinhaber die Apotheke persönlich zu leiten. Er ist dafür verantwortlich, dass die Apotheke unter Beachtung der geltenden Vorschriften betrieben wird (Satz 2). Danach hat der Erlaubnisinhaber die Verantwortung für den ordnungsgemäßen Betrieb der Apotheke nicht nur rechtlich zu tragen, sondern er muss sie auch tatsächlich wahrnehmen (BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2010 – 3 C 30.09BVerwGE 137, 213 Rn. 26 ff.; vgl. auch BVerfG, Urteil vom 13. Februar 1964 – 1 BvL 17/61 u.a. – BVerfGE 17, 232 <240> <„allseitige Verantwortung für den Betrieb der Apotheke in einer Hand“>). Das verlangt, dass der Erlaubnisinhaber alle wesentlichen Betriebsvorgänge selbst bestimmen, steuern und überwachen muss (Cyran/Rotta, Kommentar zur ApBetrO, 5. Aufl., Stand: September 2012, § 2 Rn. 26). Er darf weder die pharmazeutische Tätigkeit (§ 1a Abs. 3 ApBetrO) aus der Hand geben oder die Verantwortung für die Betriebsorganisation und den Personaleinsatz anderen überlassen noch darf er Verpflichtungen oder Bindungen eingehen, die seine wirtschaftliche Verantwortlichkeit und Unabhängigkeit beschränken (BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2010 – 3 C 30.09BVerwGE 137, 213 Rn. 26 f.; OVG Bautzen, Urteil vom 8. Juni 2004 – 2 B 468/03 – juris Rn. 57 ff.; LG Kiel, Urteil vom 15. Januar 2008 – 16 O 28/07 – juris Rn. 36 f.; Cyran/Rotta, a.a.O. § 2 Rn. 27).

b)
Das Geschäftsmodell der Klägerin hält sich in diesem Rahmen. In der Aushändigung der aus Ungarn bezogenen Medikamente an die Kunden in den Räumlichkeiten der A. Apotheke liegt ein Inverkehrbringen für den Endverbrauch nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und § 4 Abs. 17 AMG, § 17 Abs. 1a ApBetrO. Es handelt sich um die Abgabe von Arzneimitteln im Sinne von § 1a Abs. 3 Nr. 3 ApBetrO (BVerwG, Urteil vom 13. März 2008 – 3 C 27.07BVerwGE 131, 1 Rn. 16), für die die Klägerin als Inhaberin der Betriebserlaubnis und Apothekenleiterin (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 ApBetrO) die Verantwortung trägt. Nach den für das Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) nimmt die Klägerin ihre pharmazeutische Verantwortung auch tatsächlich wahr. Vor der Ausgabe an die Kunden werden die Arzneimittel auf Qualität, Eignung und Unbedenklichkeit geprüft. Die Klägerin oder ihr Personal kontrollieren, ob das bereitgestellte Präparat mit der Bestellung übereinstimmt und – im Fall einer Verschreibung – ob es dieser entspricht. Des Weiteren wird überprüft, ob das Ablaufdatum eine Abgabe erlaubt und ob eventuelle Wechselwirkungen zu beachten sind. Gegebenenfalls veranlasst die Klägerin die Rücksendung falscher oder unbrauchbarer Arzneimittel an die Europa Apotheke und bestellt sie neu. Außerdem stellt sie sicher, dass die Kunden hinreichend informiert und beraten werden (§ 20 ApBetrO).

Der Verwaltungsgerichtshof hat keine vertraglichen Bindungen feststellen können, die eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Klägerin von der Europa Apotheke begründen würden oder die Wahrnehmung der Apothekenleitung sonst in Frage stellen könnten. Danach unterliegt es allein der unternehmerischen Entscheidung der Klägerin, ob sie den in Rede stehenden Bestell- und Abholservice anbietet. Dasselbe gilt für den Abschluss des Dienstleistungsvertrages in jedem Einzelfall sowie für Inhalt und Umfang der vertraglichen Verpflichtungen, die sie dabei gegenüber den Kunden eingeht. Die Klägerin bestimmt und steuert auch die mit ihrem Geschäftsmodell verbundenen betrieblichen Abläufe ihrer Apotheke. Daran ändert nichts, dass die Arzneimittel von der Apotheke in Ungarn bezogen werden und der Kaufvertrag über das jeweils bestellte Präparat zwischen dem Kunden und der Europa Apotheke zustande kommt. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass es sich lediglich um eine Beschaffungsmodalität handelt, die die alleinige Verantwortung der Klägerin für die Abgabe der Arzneimittel in ihrer Apotheke unberührt lässt. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin trägt für die Medikamentenabgabe nicht nur öffentlich-rechtlich die Verantwortung (§ 2 Abs. 2 Satz 2 ApBetrO), sondern sie hat im Rahmen des mit dem Kunden abgeschlossenen Dienstleistungsvertrages auch zivilrechtlich für eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung einzustehen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2012 – I ZR 211/10MedR 2012, 800 Rn. 14).

Der Einwand des Beklagten, wegen der Einbeziehung einer zweiten Apotheke sei für den Kunden unklar, wer sein Vertrags- und Ansprechpartner sei, greift nicht durch. Das Geschäftsmodell der Klägerin ist ausreichend transparent. Aus dem „Auftrags- und Bestellschein“, der im Falle einer Inanspruchnahme der Serviceleistung auszufüllen ist, kann der Kunde eindeutig entnehmen, dass der Kaufvertrag mit der Apotheke in Budapest zustande kommt, jedoch für die Abwicklung im Übrigen – Übermittlung der Bestellung an die Europa Apotheke, Abholung, Überprüfung und Aushändigung der Arzneimittel – die A. Apotheke zuständig ist. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen entspricht dem auch die tatsächliche Abwicklung. Danach ist nicht erkennbar, dass bei den Kunden Zweifel über die apothekenrechtliche Verantwortung der Klägerin aufkommen könnten. Sie können die A. Apotheke ohne weiteres als primären und umfassenden Ansprechpartner bei der Abwicklung des Arzneimittelbesorgungsvertrages ausmachen. Das öffentliche Interesse an der Arzneimittelsicherheit (§ 1 AMG, § 1 Abs. 1 ApoG) ist auch sonst nicht beeinträchtigt. Für die von dem Beklagten befürchteten Konfliktsituationen und Interessenkollisionen bestehen keine Anhaltspunkte. Der Verwaltungsgerichtshof hat weder festgestellt, dass die Klägerin durch die Gewährung oder das Inaussichtstellen eines finanziellen Vorteils veranlasst sein könnte, dem Kunden den Bezugsweg über die ungarische Apotheke anzuraten (anders z.B. das Geschäftsmodell „Vorteil 24“, bei dem Provisionszahlungen gewährt wurden: OLG München, Urteil vom 26. Juni 2014 – 29 U 800/13 – juris Rn. 62 ff.), noch hat er angenommen, dass die Klägerin sich aus anderen Gründen verpflichtet fühlen könnte, das gewünschte Arzneimittel über die ungarische Apotheke zu beschaffen (zu einer solchen Fallkonstellation KG, Urteil vom 11. September 2012 – 5 U 57/11PharmR 2013, 33 <36 f.>). Überdies ist zu berücksichtigen, dass zu den Informations- und Beratungspflichten der Klägerin nach § 20 ApBetrO auch die Aufklärung des Kunden gehört, ob die mit einer Bestellung bei der Europa Apotheke verbundene verzögerte Bereitstellung des gewünschten Arzneimittels unbedenklich oder mit gesundheitlichen Risiken behaftet ist. Es ist daher davon auszugehen, dass die Abwägung, ob der verlängerte Bezugsweg vertretbar ist, von der Klägerin und dem Kunden sachgerecht vorgenommen werden kann.

2.
Die Kooperation der Klägerin mit der Europa Apotheke verstößt auch nicht gegen § 8 Satz 2 ApoG. Hiernach sind Beteiligungen an einer Apotheke in Form einer Stillen Gesellschaft und Vereinbarungen, bei denen die Vergütung für dem Erlaubnisinhaber gewährte Darlehen oder sonst überlassene Vermögenswerte am Umsatz oder am Gewinn der Apotheke ausgerichtet ist, unzulässig. Damit sollen sog. partiarische Rechtsverhältnisse, in denen sich der Gläubiger die beruflichen und wirtschaftlichen Fähigkeiten des Apothekeninhabers zu Nutze macht und an den Erlösen der Apotheke partizipiert, ausgeschlossen werden. Die berufliche Verantwortung und Entscheidungsfreiheit des Apothekers sollen nicht durch unangemessene vertragliche Bedingungen, die ihn in wirtschaftliche Abhängigkeit von Dritten bringen, beeinträchtigt werden (BGH, Urteil vom 6. Juni 1997 – V ZR 322/95NJW 1997, 3091 f.; VG Berlin, Beschluss vom 10. Oktober 2006 – 14 A 28.06MedR 2007, 56 <57>). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts besteht zwischen der Klägerin und der ungarischen Apotheke kein Vertragsverhältnis dieser Art.

3.
Die Beförderung der Arzneimittel nach Ungarn und von dort zurück nach Deutschland verstößt auch nicht gegen das Verbringungsverbot des § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG, da die Voraussetzungen für eine Ausnahme gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG erfüllt sind.

a)
Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AMG dürfen Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung, Genehmigung oder Registrierung unterliegen, in den Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes nur verbracht werden, wenn sie zum dortigen Verkehr zugelassen, genehmigt oder registriert oder von der Zulassung oder Registrierung freigestellt sind. Im Fall des Verbringens aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union verlangt § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG zusätzlich, dass der Empfänger pharmazeutischer Unternehmer, Großhändler oder Tierarzt ist, eine Apotheke betreibt oder als Träger eines Krankenhauses nach dem Apothekengesetz von einer Apotheke eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum mit Arzneimitteln versorgt wird. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Klägerin betreibt eine Apotheke und gehört damit zum Kreis der zulässigen Empfangspersonen. Des Weiteren handelt es sich bei den von ihr aus Ungarn bezogenen Medikamenten um in Deutschland zugelassene Fertigarzneimittel. Schließlich ist die Apotheke der Klägerin auch institutionell als Empfänger anzusehen. Sie tritt nicht lediglich als Transportmittler und reine Abholstation in Erscheinung (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 13. März 2008 – 3 C 27.07BVerwGE 131, 1 Rn. 25), sondern sie fungiert – wie gezeigt – als pharmazeutische Abgabestelle. Die aus Ungarn gelieferten Arzneimittel werden (erst) durch die Apotheke der Klägerin für den Endverbrauch bereitgestellt und an die Kunden abgegeben (ebenso BGH, Urteil vom 12. Januar 2012 – I ZR 211/10MedR 2012, 800 Rn. 12 ff.; OLG München, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 6 U 2657/09 – juris Rn. 98 f., 112 f.).

Dem steht nicht entgegen, dass es sich um zuvor aus Deutschland nach Ungarn verbrachte Medikamente handelt; denn § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG schließt den Fall, dass das fragliche Arzneimittel aus dem Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes in einen anderen Mitgliedstaat ausgeführt und anschließend von dort wieder in das Bundesgebiet eingeführt wird, nicht aus seinem Anwendungsbereich aus.

b)
Die von der Klägerin praktizierte Aus- und Wiedereinfuhr unterliegt auch unter dem Gesichtspunkt der Arzneimittelsicherheit keinen Bedenken. Durch die Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 S. 67) sind die Bedingungen für das Vertriebsnetz im Arzneimittelbereich von der Herstellung bis zur Arzneimittelabgabe harmonisiert worden (vgl. insbesondere Erwägungsgründe 29, 35, 36 sowie Art. 76 ff. der Richtlinie 2001/83/EG). Auf dieser Grundlage bestimmt § 73 Abs. 1 AMG die Anforderungen für die Verbringung von Arzneimitteln, die in Deutschland für den Verkehr zugelassen sind. Dabei wird unterschieden zwischen der Abgabe an (andere) abgabeberechtigte Stellen nach § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG und der Abgabe an Endverbraucher im Wege des Versands nach § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG. § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG gewährleistet die Arzneimittelsicherheit mittels des privilegierten Empfängerkreises. Vergleichbar garantiert § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG die Einhaltung der deutschen Sicherheitsstandards dadurch, dass die ausländische Versandhandelsapotheke entweder im Besitz einer Versanderlaubnis nach § 11a ApoG sein muss oder nach ihrem nationalen Recht zum Versandhandel berechtigt ist und die ausländischen Sicherheitsstandards den deutschen Standards gleichwertig sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2008 – 3 C 27.07BVerwGE 131, 1 Rn. 28 ff.). Danach lässt sich gegen das Geschäftsmodell der Klägerin nicht einwenden, es stelle sich als eine „Umgehung“ von § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG dar. Weil die Klägerin bei der Kooperation mit der ungarischen Apotheke die Anforderungen des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AMG erfüllt, kann dieser Vertriebsweg gegenüber dem Direktbezug von einer ausländischen Versandhandelsapotheke nicht als weniger sicher angesehen werden.

4.
Ebenso wenig lässt sich die angefochtene Untersagungsanordnung auf einen Verstoß gegen die Vorschriften zur Beschaffenheit und Einrichtung der Apothekenbetriebsräume stützen.

a)
Nach § 4 Abs. 5 ApBetrO in der bis zum 11. Juni 2012 geltenden Fassung mussten die Betriebsräume von anderweitig gewerblich oder freiberuflich genutzten Räumen durch Wände oder Türen abgetrennt sein. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a ApBetrO in der Fassung der Vierten Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung vom 5. Juni 2012 (BGBl. I S. 1254) bestimmt inhaltlich gleichlautend, dass die Betriebsräume von anderweitig gewerblich oder beruflich genutzten Räumen, auch in Zusammenhang mit Tätigkeiten, für die der Apothekenleiter über eine Erlaubnis nach § 52a AMG verfügt, durch Wände oder Türen abgetrennt sein müssen. Nach der Übergangsvorschrift des § 37 Abs. 1 ApBetrO ist die Neuregelung auf Apotheken, für die vor dem 11. Juni 2012 eine Betriebserlaubnis erteilt worden ist, ab dem 1. Juni 2014 anzuwenden. Für die revisionsrechtliche Beurteilung ist somit die Neufassung zugrunde zu legen (BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 2012 – 3 C 25.11BVerwGE 144, 355 Rn. 10 m.w.N.).

b)
Die Klägerin muss den Bestell- und Abholservice nicht räumlich getrennt von ihrem übrigen Apothekenbetrieb abwickeln. Es handelt sich nicht um eine anderweitige gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a ApBetrO. Der Verwaltungsgerichtshof hat zutreffend darauf abgestellt, dass die Arzneimittelabgabe an Endverbraucher den Kernbereich der Tätigkeit des Apothekers darstellt und hier deshalb kein apothekenfremdes Geschäft vorliegt (ebenso BGH, Urteil vom 12. Januar 2012 – I ZR 211/10MedR 2012, 800 Rn. 20; OLG München, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 6 U 2657/09 – juris Rn. 117).

Für dieses Verständnis spricht zudem die Regelung des § 2 Abs. 4 ApBetrO. Danach darf der Apothekenleiter apothekenübliche Dienstleistungen nur in einem Umfang anbieten, der den ordnungsgemäßen Betrieb der Apotheke und den Vorrang des Arzneimittelversorgungsauftrages nicht beeinträchtigt. Apothekenübliche Dienstleistungen sind nach der Legaldefinition in § 1a Abs. 11 ApBetrO Dienstleistungen, die der Gesundheit von Menschen oder Tieren dienen oder diese fördern. Kern der von der Klägerin angebotenen Serviceleistung ist die Beschaffung und Abgabe von Arzneimitteln. Das rechtfertigt, darin kein Nebengeschäft im Sinne von § 2 Abs. 4 i.V.m. § 1a Abs. 11 ApBetrO zu sehen, sondern eine zum Hauptgeschäft des Apothekers zählende Tätigkeit. Aber auch wenn man in der Kooperation mit der ungarischen Apotheke nicht lediglich eine Beschaffungsmodalität der Apotheke der Klägerin sehen wollte und die Vermittlung von Arzneimittelbestellungen für die Europa Apotheke als Nebengeschäft der Klägerin einstufte, handelt es sich nicht um eine unzulässige Tätigkeit. Die durch § 2 Abs. 4 ApBetrO gezogene Grenze wäre nicht überschritten. Der Bestell- und Abholservice der Klägerin kann nach § 1a Abs. 11 ApBetrO als apothekenüblich qualifiziert werden, weil er der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung und damit der Gesundheit von Menschen dient und weil eine Beeinträchtigung des ordnungsgemäßen Betriebs der A. Apotheke oder des Vorrangs des Arzneimittelversorgungsauftrages nicht erkennbar ist.

c)
Überdies könnte ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a ApBetrO wegen des Verhältnismäßigkeitsgebots nicht die gänzliche Untersagung der betroffenen Tätigkeit rechtfertigen. Zur Ausräumung des Verstoßes würde es genügen, der Klägerin eine entsprechende Abtrennung der Räumlichkeiten aufzugeben.

5.
Schließlich verstößt das Geschäftsmodell der Klägerin auch nicht gegen das Verbot in § 17 Abs. 6c Satz 1 ApBetrO, Arzneimittel von einer anderen Apotheke zu beziehen.

a)
§ 17 Abs. 6c ApBetrO ist hier Prüfungsmaßstab, obwohl die Regelung erst mit Wirkung vom 12. Juni 2012 in die Apothekenbetriebsordnung eingefügt worden ist (vgl. Art. 1 Nr. 21 Buchst. j und Art. 3 der Vierten Änderungsverordnung vom 5. Juni 2012, BGBl. I S. 1254) und der angegriffene Bescheid nicht auf einen Verstoß gegen diese Vorschrift abstellt. Maßgeblich ist auch insoweit die Rechtslage im Zeitpunkt der revisionsgerichtlichen Entscheidung (BVerwG, Urteile vom 22. Januar 1998 – 3 C 6.97BVerwGE 106, 141 <143 f.> und vom 18. Oktober 2012 – 3 C 25.11BVerwGE 144, 355 Rn. 10).

b)
Nach § 17 Abs. 1 ApBetrO dürfen Arzneimittel nur von zur Abgabe von Arzneimitteln berechtigten Betrieben erworben werden. Dazu gehören neben pharmazeutischen Unternehmern und Großhändlern (vgl. § 47 Abs. 1 AMG) auch Apotheken (§ 43 Abs. 1 AMG). Der Arzneimittelbezug zwischen Apotheken wird allerdings durch § 17 Abs. 6c ApBetrO beschränkt. Nach Satz 1 ist es Apotheken grundsätzlich verboten, von anderen Apotheken Arzneimittel zu beziehen. Satz 2 macht hiervon verschiedene Ausnahmen. Nach dessen Nr. 1 gilt das Bezugsverbot nicht für Arzneimittel, die gemäß § 52a Abs. 7 AMG im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs von Apotheken bezogen werden. Das Bezugsmodell der Klägerin fällt unter diesen Ausnahmetatbestand.

aa)
§ 52a AMG regelt die Erlaubnispflicht für den Großhandel mit Arzneimitteln. Großhandel mit Arzneimitteln ist nach der Legaldefinition des § 4 Abs. 22 AMG (vgl. auch Art. 1 Nr. 17 der Richtlinie 2001/83/EG) jede berufs- oder gewerbsmäßige zum Zwecke des Handeltreibens ausgeübte Tätigkeit, die in der Beschaffung, der Lagerung, der Abgabe oder Ausfuhr von Arzneimitteln besteht, mit Ausnahme der Abgabe von Arzneimitteln an andere Verbraucher als Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte oder Krankenhäuser. Nach seinem Wortlaut erfasst § 4 Abs. 22 AMG einen Großteil der Tätigkeit von Apotheken. Der Gesetzgeber hat allerdings keine Notwendigkeit gesehen, für den üblichen Apothekenbetrieb neben der Erlaubnis nach dem Apothekengesetz zusätzlich die Erlaubnis nach § 52a Abs. 1 bis 5 AMG zu verlangen. Deshalb hat er diese Apothekentätigkeit gemäß § 52a Abs. 7 AMG ausdrücklich von der Erlaubnispflicht ausgenommen (vgl. die amtliche Begründung zum Zwölften Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 30. Juli 2004 , BT-Drs. 15/2109 S. 34; Stellungnahme des Bundesrates zu dem Gesetzentwurf, BT-Drs. 15/2360 S. 10).

bb)
Der Begriff des üblichen Apothekenbetriebs im Sinne von § 17 Abs. 6c Satz 2 Nr. 1 ApBetrO i.V.m. § 52a Abs. 7 AMG umfasst insbesondere alle Aufgaben und Tätigkeiten, die nach dem Arzneimittelgesetz, dem Apothekengesetz und der Apothekenbetriebsordnung erlaubt sind, also durch die Betriebserlaubnis nach § 1 Abs. 2 ApoG abgedeckt sind (vgl. BT-Drs. 15/2109 S. 34; OVG Lüneburg, Urteil vom 16. Mai 2006 – 11 LC 265/05GesR 2006, 461 <463> ; BGH, Urteil vom 14. April 2011 – I ZR 129/09NJW 2011, 3363 Rn. 30). Dazu zählt auch jede Tätigkeit, die funktional mit der Abgabe von Arzneimitteln an Endverbraucher verbunden ist (§ 43 Abs. 1 Satz 1 AMG; § 1a Abs. 3 Nr. 3 ApBetrO; Cyran/Rotta, Kommentar zur ApBetrO, 5. Aufl., Stand: September 2012, § 17 Rn. 837).

cc)
Ausgehend davon hält sich das Geschäftsmodell der Klägerin im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs. Der Arzneimittelbezug von der Europa Apotheke dient dazu, die so beschafften Medikamente an Endverbraucher abzugeben. Dabei liegt jeder einzelnen Beschaffung und damit auch jedem Bezugsvorgang eine konkrete Kundenbestellung zugrunde, wodurch der Umfang der Geschäftstätigkeit und die Menge der bezogenen Arzneimittel von vornherein begrenzt werden. Hiernach spricht auch der Belang der Arzneimittelsicherheit nicht gegen die Einstufung als apothekenübliches Geschäft. Das ergibt der Vergleich mit einem anderen Bezugsmodell, das in den Materialien zu § 52a AMG und § 17 Abs. 6c ApBetrO beispielhaft als Tätigkeit benannt wird, die zum üblichen Apothekenbetrieb gehört. Nach der amtlichen Begründung bezweckt § 52a Abs. 7 AMG unter anderem, die Weitergabe von Arzneimitteln im Rahmen sog. Einkaufsgemeinschaften – also die Abgabe von zentral eingekauften Arzneimitteln an andere Apotheken innerhalb eines Einkaufsverbundes – von der Erlaubnispflicht für den Großhandel freizustellen (BT-Drs. 15/2109 S. 34). Entsprechend weist die amtliche Begründung zu § 17 Abs. 6c Satz 2 Nr. 1 ApBetrO darauf hin, dass mit der Ausnahmeregelung den Einkaufsgemeinschaften Rechnung getragen werde (BR-Drs. 61/12 S. 55). Aus der gesonderten Ausnahme für Apotheken innerhalb eines Filialverbundes (§ 17 Abs. 6c Satz 2 Nr. 2 ApBetrO) ist abzuleiten, dass die Freistellung von dem Bezugsverbot auch für Einkaufsgemeinschaften jenseits solcher Filialverbünde gilt. Gemessen daran ist es nicht gerechtfertigt, das Bezugsmodell der Klägerin nicht als apothekenübliche Tätigkeit anzusehen; denn es erscheint vergleichbar sicher wie die Weitergabe von Arzneimitteln im Rahmen von Einkaufsgemeinschaften. Dass die Arzneimittel von einer ausländischen Apotheke bezogen werden, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Nachdem gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG ein strukturell ähnlicher grenzüberschreitender Vertriebsweg als unbedenklich gilt, besteht kein Grund, für die Weitergabe der Arzneimittel zwischen der Europa Apotheke und der Apotheke der Klägerin Gegenteiliges anzunehmen; denn in beiden Fällen wird die Abgabe an den Endverbraucher von einer Apotheke verantwortet, die über eine Betriebserlaubnis nach dem Apothekengesetz verfügt (vgl. § 2 bzw.§ 11a ApoG ).

Der Einordnung als apothekenübliche Tätigkeit steht auch nicht entgegen, dass es sich um ein neuartiges Geschäftsmodell handeln mag. Der Begriff des üblichen Apothekenbetriebs nach § 52a Abs. 7 AMG ist neuen Versorgungsformen gegenüber offen (BT-Drs. 15/2109 S. 34; BGH, Urteil vom 14. April 2011 – I ZR 129/09NJW 2011, 3363 Rn. 11). Ebenso wenig verfängt der Einwand des Beklagten, die in § 17 Abs. 6c Satz 2 ApBetrO bestimmten Ausnahmen seien eng zu verstehen. Die Auslegung dieser Bestimmung muss in Einklang mit Art. 12 Abs. 1 GG stehen. Das Verbot, Arzneimittel von anderen Apotheken zu beziehen, greift in die grundgesetzlich geschützte Berufsausübungsfreiheit der Apotheker ein und ist deshalb nur gerechtfertigt, wenn und soweit es aus Gründen der Arzneimittelsicherheit und zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung erforderlich ist. Das Vertriebskonzept der Klägerin lässt jedoch – wie gezeigt – keine Gefahren erkennen, zu deren Abwendung das Bezugsverbot notwendig wäre und die eine Anwendung des § 17 Abs. 6c Satz 2 Nr. 1 ApBetrO ausschließen könnten. Bei einer anderen Auslegung ergeben sich zudem unionsrechtliche Bedenken. Das an inländische Apotheken gerichtete Verbot, Arzneimittel über eine in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassene Apotheke zu beziehen, beschränkt die Warenverkehrsfreiheit und unterliegt daher den besonderen Anforderungen der Art. 34 und Art. 36 AEUV (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Dezember 2003 – C-322/01 [ECLI:EU:C:2003:664] – Rn. 104 ff., vom 11. September 2008 – C-141/07 [ECLI:EU:C:2008:492] – Rn. 27 ff. und vom 19. Mai 2009 – C-171/07 u.a. [ECLI:EU:C:2009:316] – Rn. 25 ff.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Vorinstanzen:
VG München, Az. VG M 18 K 09.3290
VGH München. Az. VGH 9 BV 10.706

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