BVerwG: Verbot der Selbstbedienung für apothekenpflichtige Arzneimittel ist verfassungsgemäß

veröffentlicht am 31. Oktober 2012

BVerwG, Urteil vom 18.10.2012, Az. 3 C 25.11
§ 17 Abs. 3 ApBetrO

Das BVerwG hat entschieden, dass das in der Apothekenbetriebsordnung niedergelegte Verbot, apothekenpflichtige Arzneimittel im Wege der Selbstbedienung in den Verkehr zu bringen, nicht gegen die Verfassung verstößt. Eine entsprechende Ordnungsverfügung, die einem Apotheker untersagte, als apothekenpflichtig gekennzeichnete Arzneimittel in der Selbstbedienung zum Verkauf anzubieten, sei somit rechtmäßig ergangen. Ein Verstoß gegen die Berufsfreiheit liege  nicht vor, da Gründe des Gemeinwohls (sachgerechte Information von Kunden, keine unkontrollierte Abgabe) für das Verbot sprechen. Der Verweis auf den Versandhandel sei kein Argument, da die Abgabe von apothekenpflichtigen Mitteln auch hier der Kontrolle unterliege und faktisch keine Selbstbedienung darstelle. Zur Pressemitteilung Nr. 102/2012:


Nr. 102/2012
Nr. 102/2012

„Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass das Verbot, apothekenpflichtige Arzneimittel im Wege der Selbstbedienung in den Verkehr zu bringen (§ 17 Abs. 3 der Apothekenbetriebsordnung – ApBetrO), verfassungsgemäß ist.

Der Kläger ist selbstständiger Apotheker. Er wandte sich gegen eine Ordnungsverfügung, mit der ihm der beklagte Landkreis untersagt hatte, als apothekenpflichtig gekennzeichnete Arzneimittel in der Selbstbedienung zum Verkauf anzubieten. Der Kläger meinte, dass das vom Beklagten zur Begründung der Untersagungsanordnung herangezogene Verbot in § 17 Abs. 3 ApBetrO wegen Verstoßes gegen das Grundrecht auf freie Berufsausübung verfassungswidrig sei. Seine Klage blieb in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg.

Das Bundesverwaltungsgericht hat auch die Revision des Klägers zurückgewiesen. Das Selbstbedienungsverbot für apothekenpflichtige Medikamente ist durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und verhältnismäßig. Es dient dazu, eine unkontrollierte Arzneimittelabgabe zu verhindern und sicherzustellen, dass der Kunde sachgerecht informiert und beraten wird. Das minimiert das Risiko, dass ein ungeeignetes Medikament zur Anwendung kommt oder ein an sich geeignetes Präparat fehlerhaft angewandt wird. Der Normgeber ist daher nicht gehindert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Beratungsfunktion des Apothekers stärken und das Zustandekommen eines Beratungsgesprächs fördern. Das ist beim Selbstbedienungsverbot der Fall, weil der Kunde sich zunächst an den Apotheker oder andere Angehörige des pharmazeutischen Personals wenden muss. Demgegenüber sind bei der Selbstbedienung faktische Beratungshindernisse zu besorgen, etwa dass der Kunde nach der einmal getroffenen Kaufentscheidung für eine nachträgliche Beratung wenig empfänglich ist und die Situation des Bezahlvorgangs an der Kasse eine Beratung nicht fördert. Die gesetzliche Zulassung des Versandhandels mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln führt zu keiner anderen Bewertung. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liegt nicht vor. Die Reglementierung des Versandhandels zielt darauf ab, Verbraucherschutz und Arzneimittelsicherheit zu gewährleisten. Wie beim Kauf in der Apotheke unterliegt auch die Arzneimittelabgabe im Versandhandel der Kontrolle durch den Apotheker; eine Selbstbedienung findet nicht statt. Besondere Regelungen zur Beratung durch pharmazeutisches Personal zeigen, dass der Normgeber diesem Aspekt auch beim Versandhandel eine wichtige Bedeutung beimisst.“

Vorinstanzen:
OVG Münster, Az. 13 A 182/08, Urteil vom 19. August 2010
VG Aachen, Az. 7 K 1622/03, Urteil vom 7. Dezember 2007

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