Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts: Wann ist Software patentierbar?

veröffentlicht am 29. Mai 2010

EPA (Große Beschwerdekammer), Beschluss vom 12.05.2010, Az. G3/08
Art. 52 Abs. 2 lit c, Abs. 3 EPÜ

Die Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts hat auf insgesamt vier im Jahr 2008 von der damaligen Präsidentin des EPA eingereichte Vorlagefragen entschieden, dass die (bislang kaum erhellende) Entscheidungspraxis des Europäischen Patentamtes zur Patentierbarkeit von Software keiner Harmonisierung bedarf. Soweit sich bei den unterschiedlichen Beschwerdekammern jeweils eine unterschiedliche Entscheidungspraxis eingestellt habe, entspräche dies nur einer steten Fortentwicklung der Rechtsprechung. Das Problem, unter welchen Umständen eine Software patentierbar ist, ist damit keineswegs gelöst.

Programme für Datenverarbeitungsanlagen sind als solche gemäß Art. 52 Abs. 2 lit c, Abs. 3 EPÜ von der Patentierbarkeit grundsätzlich ausgeschlossen. Bereits am 01.07.1998 hatte die Technische Beschwerdekammer 3.5.1 (Az. T 1173/97 – 3.5.1) entschieden, dass ein Computerprogramm entgegen Art. 52 Abs. 2 lit c, Abs. 3 EPÜ patentiert werden kann, wenn es, „auf einem Computer ausgeführt, einen technischen Effekt erzeugt, der über die „normalen“ technischen Effekte zwischen Programm (Software) und Computer (Hardware) hinausgeht.“ (Originaltext: „A computer program product is not excluded from patentability under Article 52(2) and (3) EPC if, when it is run on a computer, it produces a further technical effect which goes beyond the „normal“ physical interactions between program (software) and computer (hardware)“ – zum englischen Volltext der Entscheidung) Da nicht klar ist, welcher Effekt technisch „normal“ ist, gibt es auch keine klaren Anhaltspunkte für die Patentprüfung. Auch ein Leitfaden des EPA erhellt diese Situation nicht nennenswert.

Allerdings weist der österreichische Patentanwaltsanwärter Dr. Gehring daraufhin, dass sich die Große Beschwerdekammer mit den beiden divergierenden Entscheidungen T1173/97 und T424/03 befasst habe und diesbezüglich darauf hingewiesen habe, „dass das Erfordernis der Patentierbarkeit nach Art. 52 Abs. 2 und Abs. 3 EPÜ allein durch die formale Erwähnung des Computers bzw. des Speichermediums erfüllt werden [kann], wie dies bereits in T424/03 festgestellt wurde.

Lesenswert zu diesem Themenkomplex ist auch die aktuelle Entscheidung des BGH zur Patentierung von Software.

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