KG Berlin: Abmahnung muss ausreichend deutlich sein

veröffentlicht am 26. September 2012

KG Berlin, Urteil vom 20.07.2012, Az. 5 U 90/11
§ 4 Nr. 9 UWG, § 12 Abs. 1 S. 2 UWG

Das KG Berlin hat entschieden, dass eine Abmahnung hinreichend deutlich das konkrete Verhalten des Abgemahnten, welches einen Verstoß darstellen soll, in Bezug nehmen muss. Eine unzutreffende rechtliche Würdigung innerhalb der Abmahnung sei hingegen unschädlich, so lange der Abgemahnte erkennen könne, welches Verhalten ihm vorgeworfen werde und er zu unterlassen habe. Vorliegend sei es bezüglich einer Abmahnung wegen unlauterer Nachahmung eines Produkts unerlässlich gewesen, Abbildungen einzureichen und darauf hinzuweisen, dass Empfänger der vom Beklagten zugänglich gemachten Preislisten einen Katalog mit Abbildungen der streitgegenständlichen Produkte bereits in den Händen hielten. Da dies erst in der Berufung erfolgt sei, habe der Kläger trotz Obsiegens die Kosten zu tragen. Zum Volltext der Entscheidung:


Kammergericht Berlin

Urteil

1.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der Kammer für Handelssachen 96 des Landgerichts Berlin vom 4. Mai 2011 – 96 O 201/10 – abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.005,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Oktober 2010 zu zahlen.

2.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden dem Beklagten, diejenigen zweiter Instanz dem Kläger auferlegt.

3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

A.

Von der Wiedergabe eines Tatbestands wird gemäß § 540 Abs. 2 i.V. mit § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

B.

Die Berufung des Klägers gegen das klagabweisende landgerichtliche Urteil (nachfolgend: „LGU“; ggf. nebst Seitenzahl) ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, mithin zulässig. Letzterem steht nicht entgegen, dass die Berufungsbegründung im (scheinbaren) Widerspruch zu § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO keinen (förmlichen) Berufungsantrag enthält (ein solcher vielmehr erstmals in der mündlichen Verhandlung und somit nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist gestellt worden ist). Denn die in der genannten Vorschrift für die Berufungsbegründung vorgeschriebene Erklärung des Berufungsklägers, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen beantragt werden, muss nicht notwendig in einem förmlichen, vom übrigen Inhalt der Begründung abgesetzten, bestimmt gefassten Antrag niedergelegt werden, sondern es genügt, dass der innerhalb der hierfür vorgeschriebenen Frist eingereichte Schriftsatz des Berufungsklägers seinem Inhalt nach eindeutig erkennen lässt, in welchem Umfang das Urteil angefochten wird (vgl. BGH NJW-RR 1999, 211). So verhält es sich hier, denn die – als solche fristgerecht eingereichte – Berufungsbegründung enthält am Ende ihrer Seite 1 (Bl. 89, unten, d.A.) die Erklärung, dass das (klagabweisende) Urteil in vollem Umfang zur Überprüfung durch das Berufungsgericht gestellt werde, mithin das (zuletzt geltend gemachte) Klagebegehren vollumfänglich weiter verfolgt wird.

C.

Die Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg.

I.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung von Abmahnkosten gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zu.

1.

Die in Rede stehende Abmahnung war „berechtigt“ i.S. von § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG (vgl. dazu BGH GRUR 2010, 1120, Tz. 16 – Vollmachtsnachweis), denn ihr lag ein aus § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 9 Buchst. a UWG folgender Unterlassungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten zugrunde und sie wies dem Beklagten einen Weg, den Kläger insoweit ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen. Im Einzelnen:

a)

Nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UWG handelt unlauter, wer Waren anbietet, die eine Nachahmung von Waren eines Mitbewerbers sind, wenn er eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt. Dies ist im Streitfall gegeben.

aa)

Aus dem Berufungsvorbringen und den damit zusammenhängenden, im zweiten Rechtszug überreichten visuellen Unterlagen (Anlagen BK 1 [insbes. Seite 24] und BK 2) ergibt sich, dass die streitgegenständlichen – Produkte „K… / 70 Saiten“ und „K… / 30 + 40 Saiten“ Nachahmungen der Produkte „K… Oberton-Klangliege“ und „K… Oktav-Klangliege“ sind. Die zuerst genannten Produkte sind solche der W… GbR, also diejenigen eines Mitbewerbers des Klägers.

bb)

Aus vorstehend genannten Unterlagen ergibt sich auch, dass die Produkte „K… Oberton-Klangliege“ und „K… Oktav-Klangliege“ aufgrund bestimmter optischer Elemente über wettbewerbliche Eigenart verfügen (was in Ansehung der Abbildungen hier nicht näher begründet werden muss, zumal die Parteien über diesen Punkt [wettbewerbliche Eigenart] auch im zweiten Rechtszug – zu Recht – nicht streiten). Daher wird mit einem Angebot der – dazu optisch nahezu identischen, aber von einem anderen Anbieter stammenden – Produkte „K… / 70 Saiten“ und „K… / 30 + 40 Saiten“ eine Täuschung über die betriebliche Herkunft jedenfalls dann herbeigeführt, wenn – wie hier – hinreichend deutliche, aufklärende Zusätze über eine andere Herkunft nicht vorhanden sind. Denn aufgrund dieser Umstände denkt das Publikum, die betriebliche Herkunft der Produkte „K… / 70 Saiten“ und „K… / 30 + 40 Saiten“ sei dieselbe wie diejenige der Produkte „K… Oberton-Klangliege“ und „K… Oktav-Klangliege“. Das aber ist nicht der Fall. Diese Täuschung ist im Streitfall vermeidbar, denn zum einen sind nicht alle übernommenen, die wettbewerbliche Eigenart begründen, Merkmale technisch in einem Ausmaß zwingend, dass sie nicht auch hätten abgewandelt werden können, und zum anderen könnte einer Täuschung auch durch deutliche (hier aber nicht ersichtliche) Aufklärungsmaßnahmen entgegen gewirkt werden.

cc)

Zur vorstehend angenommenen (vermeidbaren) Herkunftstäuschung gilt im Einzelnen noch Folgendes:

(1)

Betriebliche Herkunft der Produkte „K… Oberton-Klangliege“ und „K… Oktav-Klangliege“ ist und war stets allein das Unternehmen des Klägers. Dem steht nicht entgegen, dass die Produkte nicht in diesem Unternehmen selbst, sondern anderweitig im Auftrag des Klägers hergestellt wurden und werden. Maßgeblich ist im Rahmen von § 4 Nr. 9 Buchst. a UWG auch nicht, ob (allein) der Kläger oder (auch) jemand anderes die Optik der in Rede stehenden Produkte (mit) konzipiert hat. Entscheidend ist insoweit vielmehr allein, unter wessen Produktverantwortung aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise das betreffende Produkt in den Verkehr gebracht und vertrieben wird. Bezogen auf die beiden Produkte „K… Oberton-Klangliege“ und „K… Oktav-Klangliege“ ist das (und war stets) – wie nunmehr aus Anlage BK 1 erkennbar – allein das Unternehmen des Klägers (welches insoweit nicht etwa in der Art eines Händlers, sondern derjenigen eines Herstellers auftritt).

(2)

Da die aus den Anlagen BK 1 und BK 2 erkennbaren Produkte „K… Oberton-Klangliege“ und „K… Oktav-Klangliege“ zeitlich deutlich länger vom Kläger in den Verkehr gebracht wurden, als die hier streitgegenständlichen Produkte „K… / 70 Saiten“ und „K… / 30 + 40 Saiten“ von einem anderen Unternehmen, lag aufgrund der weit gehenden optischen Produktidentität die Annahme des Verkehrs nahe, dass auch die zuletzt genannten Produkte aus dem Unternehmen des Klägers stammten. Da das nicht der Fall war, lag sonach eine Täuschung über die betriebliche Herkunft vor, wenn die zuletzt genannten Produkte angeboten werden (dies jedenfalls dann, wenn insoweit keine hinreichend deutlichen Aufklärungsmaßnahmen ergriffen werden).

(3)

Allem Vorstehenden steht nicht entgegen, dass die dem Beklagten hier vorgeworfene Handlung sich auf das Zugänglichmachen einer Preisliste beschränkte, welche die streitgegenständlichen Produkte hier allein bezeichnungsmäßig anführte, ohne deren herkunftstäuschende Optik wiederzugeben (Anlagen K 3 – K 5). Denn insoweit ist in Rechnung zu stellen, dass an dortiger Stelle auch auf die „Katalogseite … “ Bezug genommen wird. In diesem Zusammenhang greift das berufungsreplizierende Vorbringen des Klägers durch (Schriftsatz v. 05.12.2011, Seite 4, letzter Absatz = Bl. 123 d.A.), dass der Beklagte die Preisliste solchen Kaufinteressenten auf Anfrage zugänglich gemacht hat, die den (diesbezüglichen) Katalog (mit entsprechenden Abbildungen) schon in der Hand hielten. Im Zusammenspiel von Katalog und Preisliste handelte es sich aus Sicht besagter Kaufinteressenten sonach durchaus um ein Angebot von Waren, welches aufgrund der Nachahmung bei den Kaufinteressenten die Täuschung erwecken konnte, diese Waren seien unter der Produktverantwortung (auch) des Klägers hergestellt worden.

dd)

Einer Bejahung von § 4 Nr. 9 Buchst. a UWG hält die Berufungserwiderung vergeblich entgegen, der Kläger sei mit dem diesbezüglichen – neuen – Berufungsvorbringen präkludiert.

(1)

Der Ausschluss neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel im Berufungsrechtszug gilt nicht für unstreitige Tatsachen. Aus der die Zwecke des Zivilprozesses und der Präklusionsvorschriften berücksichtigenden Auslegung von § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 ZPO ergibt sich, dass unter „neue Angriffs- und Verteidigungsmittel“ i.S. des § 531 ZPO lediglich streitiges und beweisbedürftiges Vorbringen fällt. Nicht beweisbedürftiges Vorbringen hat das Berufungsgericht gem. § 529 Abs. 1 ZPO seiner Entscheidung ohne Weiteres zu Grunde zu legen (BGH NJW 2009, 2532, Tz. 15).

(2)

Alle oben beurteilten, zur Bejahung von § 4 Nr. 9 Buchst. a UWG führenden, Tatsachen, waren sonach im Berufungsrechtszug zu berücksichtigen, weil sie sämtlich unstreitig sind. Namentlich das tatsächliche Berufungsvorbringen zur wettbewerblichen Eigenart und zur weit gehenden optischen Identität der in Rede stehenden Produkt hat die Berufungserwiderung ebenso wenig bestritten, wie sie etwa die Authentizität der hierzu neu überreichten Anlagen BK 1 und BK 2 in Abrede gestellt hätte. Auch das berufungsreplizierende Vorbringen zu dem Umstand, dass vom Beklagten mit der Preisliste versorgte Kunden über einen Katalog mit entsprechenden Produktabbildungen verfügten, hat der Beklagte nicht (namentlich auch nicht in der Berufungsduplik v. 01.02.2012 (Bl. 132 ff. d.A.) bestritten. Das zuletzt genannte Berufungsvorbringen ist daher gleichfalls zuzulassen und auch nicht etwa gemäß §§ 530, 520, 296 Abs, 1 ZPO zurückzuweisen, da hierdurch die Erledigung des Rechtsstreits (in zweiter Instanz) nicht verzögert wird

b)

Das nach allem Vorstehenden gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. a UWG unlautere Angebot nachgeahmter Waren stellt auch eine gemäß § 3 Abs. 1 UWG unzulässige geschäftliche Handlung (i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG) des Beklagten dar.

aa)

Es war der Beklagte, der die streitgegenständlichen Produkte der W… GbR i.S. von § 4 Nr. 9 Buchst. a UWG hier „angeboten“ hat. Denn er war es, der (potenziellen) Kunden, welche den Katalog dieses Unternehmens mit den darin abgebildeten, nachahmenden Produkten in den Händen hielten, die darauf Bezug nehmende Preisliste zugänglich gemacht und damit den Eindruck vermittelt hat, die in Rede stehenden Produkte seien (weiterhin) lieferbar. Dies war auch extern, also dem anfragenden (potenziellen) Kunden, erkennbar, da der Name des Beklagten in der von ihm als Link versandten URL angeführt wurde (siehe auch – dort schwach erkennbar – die Browserbefehlszeile in den Anlagen K 3 und K 4).

bb)

Dies war auch eine „geschäftliche“ Handlung des Beklagten. i.S. von § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Für diese muss er – auch wenn er selbst nicht Mitbewerber des Klägers ist und nicht zur Förderung eines eigenen Unternehmens, sondern nur als Mitarbeiter der W… GbR gehandelt hat – als Täter (und nicht lediglich als Gehilfe i.S. von § 830 Abs. 2 BGB, § 27 StGB) einstehen, und zwar unter dem Gesichtspunkt des geschäftlichen Handelns zur Förderung eines fremden Unternehmens (vgl. dazu Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 2 Rdn. 54 ff.), nämlich desjenigen der besagten, von ihm repräsentierten GbR.

(1)

Die in diesem Zusammenhang bestehende Rechtslage mit dem dazu vorzufindenden wissenschaftlichen Meinungsdisput hat das Landgericht in LGU 8 (zweiter Abs.) zutreffend wie folgt dargestellt:

Eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG können auch Mitarbeiter eines Unternehmens begehen (vgl. Köhler/Bornkamm, § 2, Rn. 55; Keller in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 2. Aufl., 2009, § 2, Rn. 25; Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Auflage, 2010, § 2, Rn. 28), wobei umstritten ist, ob ein Mitarbeiter, der den Absatz des Unternehmens fördert, für das er tätig ist, regelmäßig auch als Unternehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG anzusehen ist und damit als solcher Normadressat des UWG ist (so Köhler/Bornkamm, § 2, Rn. 55 u. 121) oder ob eine eigene Haftung von Mitarbeitern nur dann in Betracht kommt, wenn ihnen eine für das Unternehmen bedeutsame Funktion zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen wurde, so dass sie das Unternehmen im Rechtsverkehr repräsentieren (so Keller in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, § 2, Rn. 25).

(2)

Dem vorstehend skizzierten wissenschaftlichen Meinungsdisput kommt im Streitfall keine praktische Bedeutung zu. Denn schon aus hier unstreitigem (und insoweit wiederum in jedem Fall zugrunde zu legenden) tatsächlichen Parteivorbringen ist herzuleiten, dass dem Beklagten in der Tat eine für das Unternehmen der W… GbR bedeutsame Funktion zur selbstständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen wurde, so dass er das Unternehmen im Rechtsverkehr repräsentierte. Dies folgt zum einen aus seiner nach außen erkennbaren exponierten Position im Unternehmen, wie sie sich aus der ihn betreffenden Darstellung im Katalog „A… Musik und Klanginstrumente – 2010“ ergibt (Anlage BK 3: „Ihr persönlicher Ansprechpartner für alle Fragen rund um unsere A… Produkte: A… K… – Marketing und Vertrieb … [es folgen Telefonnummer, e-Mail-Anschrift, Personenfoto]“), und zum anderen auch aus dem ersichtlich eigenständigen und eigenverantwortlichen Auftreten des Beklagten bei der hier angegriffenen Handlung (eigenorganisierte technisch-digitale Verbreitung der in Rede stehenden Preisliste nebst eigenverantwortlicher, inhaltlicher Darstellung dieser Liste).

(3)

Die sonach vom Beklagten begangene unlautere geschäftliche Handlung war auch geeignet, die Interessen des Klägers als Mitbewerber (der W… GbR) spürbar zu beeinträchtigen und deshalb gemäß § 3 UWG unzulässig.

c)

Von der Richtigkeit der Einlassung des Beklagten, die beiden streitgegenständlichen Produkte nur versehentlich nicht aus der Preisliste entfernt zu haben, kann ohne weiteres ausgegangen werden, ohne dass dies zu einem ihm günstigeren Ergebnis führen würde.

aa)

Dies ist zum einen unerheblich, da der Unterlassungsanspruch (nach – wie hier – täterschaftlich begangener Verletzungshandlung) und der damit einher gehende Abmahnkostenerstattungsanspruch ein Verschulden (oder gar Vorsatz) nicht voraussetzt.

bb)

In diesem Zusammenhang würde es zum anderen auch nichts am Ergebnis ändern, wenn – bei Richtigkeit besagter Einlassung – seitens der W… GbR zum Tatzeitpunkt hinsichtlich der inkriminierten Produkte Lieferbereitschaft tatsächlich nicht mehr bestanden haben sollte. Denn maßgeblich für das Vorliegen einer Rechtsverletzung ist nur das „Anbieten“ dieser Produkte i.S. von § 4 Nr. 9 Buchst. a UWG, und zwar in der Weise, wie es sich dem Leser der vom Beklagten erhaltenen Preisliste (mit Nennung der streitgegenständlichen Produkte) im Zusammenspiel mit dem dem Leser zugleich vorliegenden (damaligen) Produktkatalog (mit Abbildung der streitgegenständlichen Produkte) darstellte. Dies aber erzeugte zumindest den Anschein von (fortbestehender) Lieferbereitschaft, was aber für ein „Anbieten“ im vorstehenden Sinne auch dann genügt, wenn eine solche Lieferbereitschaft tatsächlich nicht (mehr) bestanden haben sollte.

d)

Hat nach allem der Beklagte eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen, so konnte er – da dies auch eine Wiederholungsgefahr ausgelöst hat – gemäß § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG vom Kläger auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

e)

Schließlich wies die dem Beklagten erteilte Abmahnung des Klägers vom 28. September 2010 (Anlage K 6), um deren Kostenerstattung hier gestritten wird, dem Beklagten einen Weg, den Kläger insoweit ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen (vgl. BGH GRUR 2010, 1120, Tz. 16 – Vollmachtsnachweis). Insoweit muss die Abmahnung (u.a.) mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringen, welches konkrete Verhalten beanstandet wird, für das die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verlangt wird (Hess in: Ullmann, jurisPK-UWG, 2. Aufl., § 12 Rdn. 6 m.w.N.). Das ist hier insoweit geschehen, als dem Beklagten vorgehalten worden ist, über einen näher bezeichneten, per E-Mail an potenzielle Kunden verschickten, Link Zugang zu einer Preisliste zu bieten, welche die (gleichfalls näher bezeichneten) streitgegenständlichen Produkte enthält. Soweit die Abmahnung die vorgeworfene Handlung nicht – wie es richtig gewesen wäre – als unlauteres Verhalten darstellt, sondern – unzutreffend – als „Verstoß gegen die in der einstweiligen Verfügung ausgesprochenen Verbote“ (die allein gegen die W… GbR ergangenen Verbote zeitigten keinerlei Rechtswirkung gegen den Beklagten), ist das ohne Belang. Denn eine unzutreffende rechtliche Würdigung in der Abmahnung ist grundsätzlich unschädlich; es genügt insoweit, dass der Abgemahnte das konkret als wettbewerbswidrig beanstandete Verhalten rechtlich beurteilen und daraus die notwendigen Folgerungen ziehen kann (Hess a.a.O., Rdn. 7, m.w.N.). Letzteres war hier der Fall, was sich nicht zuletzt auch daran zeigt, dass der Beklagte ein den Kläger insoweit klaglos stellendes strafbewehrtes Unterlassungsversprechen abgegeben hat.

2.

Der also dem Grunde nach zu Recht geltend gemachte Erstattungsanspruch ist auch der Höhe nach nicht mit Erfolg angreifbar. Der Kläger hat an seinen Rechtsanwalt für die in Rede stehende Abmahnung den hier im Erstattungsweg eingeforderten Geldbetrag gezahlt. Dies war eine „erforderliche Aufwendung“ i.S. von § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Denn die Gebührenforderung des Rechtsanwalts ist korrekt nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz berechnet.

a)

Insbesondere ist der zugrunde gelegte Gegenstandswert von insgesamt 30.000 € mit Blick auf die zwei angegriffenen Nachahmungsprodukte nicht als übersetzt zu beanstanden. Denn mit solchen Produkten lassen sich offenbar stückbezogene Euroumsätze im immerhin mittleren vierstelligen Bereich erzielen (vgl. Anlage K 3), so dass die hier beanstandete Vertriebshandlung aus der – an dieser Stelle maßgeblichen – Sicht des Klägers ein ökonomisch erhebliches Gefährdungspotenzial aufwies.

b)

Auch gegen den geltend gemachten Gebührenfaktor von 1,3 ist nichts zu erinnern (vgl. dazu BGH GRUR 2010, 1120, Tz. 31 – Vollmachtsnachweis).

II.

Die mithin bestehende Zahlungsforderung ist im eingeklagten Umfang zu verzinsen (§§ 286, 288 BGB ).

D.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der dem Beklagten auferlegten erstinstanzlichen Kosten auf § 91 ZPO.

E.

Die zweitinstanzlichen Kosten sind dem Kläger aufzuerlegen, obwohl er obsiegt hat (§ 97 Abs. 2 ZPO). Denn der Kläger obsiegt auf Grund eines neuen Vorbringens, das er im ersten Rechtszug geltend zu machen im Stande war. Das Landgericht hat – nachdem es eine Haftung kraft Anerkenntnis, sowie eine Gehilfen- und Störerhaftung mit jeweils zutreffenden Argumenten verneint hat (LGU 5-6) – mit Recht auch eine (hier bejahte) täterschaftliche Haftung des Beklagten deshalb verneint, weil der Kläger einen Unlauterkeitstatbestand des § 4 Nr. 9 UWG nicht schlüssig dargelegt hat (LGU 8-9). Letzteres ist in der Tat – auch wenn man die erstinstanzliche Beifügung der gegen die W… GbR ergangenen einstweiligen Verfügung einschließlich Antragsschrift der Klägerin (Anlage K 1) vollumfänglich als Klägervortrag im hiesigen Rechtsstreit (erster Instanz) würde bewerten wollen – nicht geschehen. Weder wurden die für die Beurteilung, ob ein Nachahmungstatbestand i.S. von § 4 Nr. 9 Buchst. a UWG vorliegt, unerlässlichen Abbildungen (Anlagen BK 1 und BK 2) eingereicht, noch darauf hingewiesen, dass Empfänger der vom Beklagten zugänglich gemachten Preislisten einen Katalog mit Abbildungen der streitgegenständlichen Produkte bereits in den Händen hielten. Erst aufgrund dieses zweitinstanzlichen Vorbringens hat der Kläger letztlich obsiegt. Zu besagtem Vorbringen war er schon erstinstanzlich in der Lage und musste sich dazu auch spätestens dann veranlasst sehen, als (frühzeitig) in erster Instanz sowohl der Beklagte auf die nicht erfolgte Darlegung eines Nachahmungstatbestands als auch das Landgericht auf den Umstand der dem Kläger hier nicht zum Vorteil gereichenden (weil nicht gegen den Beklagten ergangenen) einstweiligen Verfügung hingewiesen hat.

F.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

G.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

I