KG Berlin: „Der beste Powerkurs aller Zeiten“ ist keine unzulässige Werbung mit einer Alleinstellungsbehauptung

veröffentlicht am 5. September 2010

KG Berlin, Beschluss vom 03.08.2010, Az. 5 W 175/10
§ 3 Abs. 1; 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG

Das KG Berlin hat entschieden, dass die Werbung mit der als Blickfang ausgestalteten Werbeaussage „Der beste Powerkurs aller Zeiten“ für bestimmte Fremdsprachenfernkurse vom durchschnittlichen Verbraucher nicht ohne weiteres als Alleinstellungsbehauptung, sondern zwanglos als reklamehafte Übertreibung verstanden werde. Zitat:

Maßgebend für die Beurteilung einer Werbeaussage nach § 5 UWG ist, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung versteht (BGH, GRUR 2002, 182, juris Rn. 33 – Das Beste jeden Morgen). Auszugehen ist dabei vom Wortsinn des angegriffenen Werbeslogans (BGH, a. a. O., juris Rn. 34). Ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verbraucher versteht die Werbung regelmäßig ihrem Wortsinn nach (BGH, GRUR 1989, 608, juris Rn. 10 m. w. N. – Raumausstattung; BGH, a. a. O., Das Beste jeden Morgen, juris Rn. 32), wobei allerdings der durchschnittlich informierte, situationsadäquat aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher (auf den es maßgeblich ankommt, BGH, a. a. O., Das Beste jeden Morgen, juris Rn. 32) eher erkennen wird, wenn es sich bei einer Werbeaussage um eine reklamehafte Übertreibung handelt (Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Auflage, § 5 Rn. 2.125).

Die Behauptung einer Alleinstellung kann vorliegen, wenn der Verkehr in der Werbeangabe eine, jedenfalls in ihrem Kern konkret fassbare und einer Nachprüfung zugängliche Tatsachenbehauptung erkennt (BGH, a. a. O., Raumausstattung, juris Rn. 10). Bei Anpreisungen, deren Inhalt zwar ganz oder teilweise objektiv nachprüfbar ist, die der Verkehr aber als reklamehafte Übertreibungen wertet, fehlt es an einer Irreführung, soweit der Verkehr die Angaben als Tatsachenbehauptung nicht ernst nimmt (Bornkamm, a. a. O., § 5 Rn. 2.127). Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn (und je mehr) subjektive Einschätzungen und Wertungen erkennbar der Werbeaussage zugrunde liegen (BGH, a. a. O., Das Beste jeden Morgen, juris Rn. 32; Bornkamm, a. a. O., § 5 Rn. 2.127).

2. Die Bewertung „der beste“ ist zwar für einen Fremdsprachenfernkurs nicht völlig unbestimmt und ohne jeden Tatsachenkern, denn sie bezieht sich erkennbar auf die Qualität dieses Produktes. Insofern bewegt sich die vorliegende Werbung durchaus in einem Grenzbereich. Der angesprochene verständige Durchschnittsverbraucher weiß allerdings, dass die Bewertung derartiger Produkte in einem hohen Maß subjektiv gefärbt ist. Die Einschätzung dieser Fernkurse hängt wesentlich von den Vorkenntnissen und der Lernfähigkeit des einzelnen Verbrauchers, den mit dem Lernen der Fremdsprache jeweils verfolgten Zwecken und nicht zuletzt vom persönlichen Geschmack des Verwenders ab. Der gleichwohl in der Bewertung „der beste“ enthaltene Tatsachenkern wird deshalb – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – erkennbar weit in den Hintergrund gedrängt. Der angesprochene verständige Durchschnittsverbraucher kann deshalb aus der Kombination der beiden Superlative „der beste“ und „aller Zeiten“ – wie das Landgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat – die in dieser Anpreisung liegende reklamehafte Übertreibung erkennen. Gerade der Zusatz „aller Zeiten“ für Fremdsprachenfernkurse verdeutlicht dies. Anders als etwa bei von bestimmten Fremdsprachenlehrern persönlich durchgeführten Sprachkursen ist es für ein „bestes“ Lehrbuch fernliegend, dass es zwischenzeitlich vom Markt genommen worden und nicht mehr erhältlich sein könnte (ein bestimmter Fremdsprachenlehrer kann hingegen seine Dienstleistung aufgegeben haben). Der Verbraucher geht daher von vornherein davon aus, dass die von den Verlagen angebotenen aktuellen Sprachkurse jeweils moderner und besser sind als die Vorauflagen. Die Wendung „aller Zeiten“ ist daher vorliegend als werbetypische, reklamehafte Anpreisung erkennbar. Der verständige Durchschnittsverbraucher weiß zwar, dass mittlerweile auch derartige Produkte von seriösen und neutralen Institutionen einem Testverfahren unterzogen und mit einem Testurteil versehen werden. Ebenso weiß dieser Verbraucher aber, dass dahingehende Werbeaussagen jeweils einen Hinweis auf den Durchführenden des Tests und weitere Informationen hierzu enthalten. Vorliegend ist auf den ersten Blick ersichtlich, dass die streitgegenständliche Werbeaussage nicht mit einem solchen Test verknüpft ist. In einem Test werden zudem in aller Regel auch nicht alle jemals angebotenen Konkurrenzprodukte geprüft (erst recht nicht vom Markt genommene Produkte), so dass mit einem solchen Testverfahren die Aussage „aller Zeiten“ unvereinbar ist. Um so mehr wird der Verbraucher dann von einer bloßen subjektiven Anpreisung des Werbenden ausgehen. […]“

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