KG Berlin: Eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung kann eine vorausgegangene rechtmäßige Abmahnung „infizieren“ / Rechtsmissbrauch

veröffentlicht am 23. Mai 2010

Rechtsanwalt Dr. Ole DammKG Berlin, Beschluss vom 13.04.2010, Az. 5 W 65/10
§ 8 Abs. 4 UWG

Das KG Berlin hat darauf hingewiesen, dass eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung eine vorausgegangene rechtmäßige Abmahnung nachträglich in eine rechtswidrige Abmahnung verwandeln kann. Vorliegend sei die Missbräuchlichkeit nicht nur auf die der zweiten Abmahnung zu Grunde liegenden Beanstandungen bzw. Verstöße beschränkt. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs sei zwar für jeden mit der Klage oder dem Verfügungsantrag geltend gemachten Anspruch selbstständig zu prüfen (Köhler, a.a.O., § 8 Rn. 4.17). Das könne aber, insbesondere bei mehr oder weniger gleichzeitig erhobenen Klagen dazu führen, dass alle Klagen unzulässig seien (Köhler, a_a.0.). Liege dagegen zwischen der Erhebung der Klagen eine gewisse Zeitspanne, so sei aus der Erhebung der späteren Klage nicht unbedingt zu schließen, dass auch bereits die frühere Klage als unzulässig anzusehen sei (vgl. BGH, GRUR 2000, 1089, 1093 – Missbräuchliche mehrfache Verfolgung; Köhler, a.a.O.).

Vorliegend bezögen sich die oben erörterten Umstände, die einen Rechtsmissbrauch belegten, im Wesentlichen auf beide Abmahnungen gleichermaßen. Da insbesondere davon auszugehen sei, dass bei der Versendung der ersten Abmahnung die Prüfung des Onlineshops des Antragsgegners bewusst noch (zumindest) offen gewesen sei, stelle sich schon die (unter einen willkürlichen Zeitdruck gestellte) erste Abmahnung als maßgeblich im Kostenbelastungsinteresse veranlasst und damit rechtsmissbräuchlich dar. Die Ausgangssituation einer „Retourkutsche“ bestehe ohnehin schon bei der ersten Abmahnung. Darüber hinaus spreche der enge zeitliche und rechtliche Zusammenhang beider Abmahnungen für ein von Anfang an durch ein Kostenbelastungsinteresse geprägtes Verhalten der Antragstellerin.

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