KG Berlin: Sternchenhinweis für Pkw-Überführungskosten ist wettbewerbswidrig

veröffentlicht am 1. Oktober 2012

Rechtsanwalt Dr. Ole DammKG Berlin, Urteil vom 04.09.2012, Az. 5 U 103/11
§ 1 Abs. 1 S. 1 PAngV; § 3 UWG, § 4 Nr. 11 UWG

Das KG Berlin hat entschieden, dass die Werbung eines Autohändlers mit einem Preis und einem Sternchenhinweis, der zusätzlich zu diesem Preis noch „zzgl. Kosten für Überführung inkl. Sicherheitspaket und Fußmatten von 599 €“ angibt, unlauter ist. Diese Art der Werbung verstoße gegen die Verpflichtung zur Endpreisangabe. Sie überschreite auch die Bagatellgrenze, da diese Art der attraktiven Werbung Mitbewerber zum Nachziehen ermutigen würde. Die Preistransparenz und Preisvergleichbarkeit werde durch eine solche Angabe erheblich erschwert, da der Verbraucher sich stets merken müsse, ob zum im Gedächtnis verbliebenen (hervorgehobenen) Preis Überführungskosten hinzukämen und wenn ja, in welcher Höhe. Zum Volltext der Entscheidung:


Kammergericht Berlin

Urteil

I.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Kammer für Handelssachen 97 des Landgerichts Berlin vom 18. Mai 2011 – 97 O 197/10 – wird zurückgewiesen.

II.
Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz hat die Beklagte zu tragen.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (nachfolgend: „LGU“ nebst Seitenzahl) mit den folgenden Ergänzungen Bezug genommen:

Das Landgericht hat – in Anwendung der §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 6 PAngV – die Beklagte antragsgemäß verurteilt,

es bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für den Verkauf von Kraftfahrzeugen unter Angabe von Preisen zu werben, ohne den tatsächlichen Endpreis anzugeben, und zwar einschließlich der anfallenden Überführungskosten.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer – form- und fristgerecht eingelegten und begründeten – Berufung. Sie setzt sich in einzelnen Punkten mit dem angefochtenen Urteil auseinander, wiederholt, präzisiert und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt (u.a.) vor: Die Annahme des Landgerichts, allein die (selbst bewusste und systematische) Nichtbeachtung der Preisangabenverordnung führe dazu, dass die Bagatellgrenze des § 3 UWG überschritten sei, sei ebenso falsch, wie die weitere dafür gelieferte Begründung mit der optischen Herausstellung des „Angebotspreises“. Im Streitfall sei das Interesse der Verbraucher an einer optimalen Preisvergleichsmöglichkeit nur geringfügig betroffen, weil der Endpreis sehr einfach zu errechnen sei. Der Preisvergleich werde dem Verbraucher durch die in Rede stehende Anzeigengestaltung (mit Blick auf die dort bezifferten Überführungskosten) weder verwehrt, noch werde beim Verbraucher eine Fehlvorstellung ausgelöst. Die Üblichkeit von Werbung der hier angegriffenen Art ergebe sich (auch) aus dem Anlagenkonvolut BB 2 mit Werbeanzeigen für konkurrierende Automarken.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Berlin vom 18. Mai 2011 zum Aktenzeichen 97 O 197/10 – die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung und wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die Berufung der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Der Klage auf Unterlassung der streitgegenständlichen Werbung war und ist stattzugeben, und zwar (jedenfalls) auf der Grundlage der §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV. Der Senat verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil und stimmt diesen – auch in Ansehung des Berufungsvorbringens – zu, soweit sich aus den nachfolgenden – auch mit Blick auf die Berufungsangriffe hinzugefügten – Ausführungen nichts Abweichendes ergibt:

I.

Die Klagebefugnis des Klägers folgt aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Das wird in diesem Rechtsstreit – zu Recht – von niemandem in Zweifel gezogen.

II.

Die Beklagte schuldet gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG Unterlassung, weil sie nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlungen vorgenommen hat und Wiederholungsgefahr vorliegt. Dass dem so ist, ergeben die nachfolgenden Ausführungen.

III.

Die Beklagte begeht unlautere geschäftliche Handlungen i.S. von § 3 UWG, denn gemäß § 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwider handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. So verhält es sich hier.

1.

Im Streitfall handelt die Beklagte der Bestimmung des § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV zuwider, bei welcher es sich um eine Marktverhaltensregelung im vorstehenden Sinne handelt (vgl. BGH GRUR 2010, 652, Tz. 11 – Costa del Sol). Nach dieser Vorschrift hat, wer – wie im Streitfall die Beklagte – als Anbieter von Waren gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Endpreise).

2.

In den streitgegenständlichen Anzeigen wirbt die Beklagte gegenüber Letztverbrauchern für von ihr zum Verkauf angebotene Personenkraftwagen unter Angabe von Preisen. Unter diesen Umständen und insoweit unterliegt sie besagter Endpreisangabenpflicht des § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV. Dieser Pflicht genügt sie nicht, wenn sie beispielsweise dem für einen Renault Clio angeführten Preis von „6.999,-€“ ein Sternsymbol anhängt und im Bezugstext u.a. schreibt: „*Zzgl. Kosten für Überführung inkl. Sicherheitspaket und Fußmatten von 599 € …“. Denn der Endpreis (im Beispielsfall wären das 7.598 €) ist dann gerade nicht angegeben.

IV.

Die mithin gemäß § 4 Nr. 11 UWG unlauteren Handlungen der Beklagten sind gemäß § 3 Abs. 1 UWG unzulässig, weil sie geeignet sind, die Interessen von (Mitbewerbern und jedenfalls) Verbrauchern spürbar zu beeinflussen. Dass und warum das so ist, wird in LGU 4 ff. zutreffend ausgeführt. Den Angriffen der Berufung hält das stand.

1.

Entgegen der Berufung besagt LGU 5 nicht, „allein“ die bewusste und systematische Nichtbeachtung der PAngV führe dazu, dass die Bagatellgrenze des § 3 UWG überschritten sei. Vielmehr enthält LGU 4 ff. auch anderweitige – zutreffende – Kriterien, dass und warum eine Werbung mit ausgegliedertem Überführungspreis unter Begleitumständen wie im Streitfall nicht nur nach § 4 Nr. 11 UWG unlauter, sondern auch nach § 3 Abs. 1, Abs. 2 UWG unzulässig ist (ebenso: OLG Bremen, Beschl. v. 29.08.2008 – 2 U 48/08 [insoweit stillschweigend]; OLG Schleswig Magazindienst 2007, 505 f.). Richtig ist demgegenüber, dass – umgekehrt – der Umstand, dass – wie hier aber nicht – ein nur einmaliges Versehen vorliegt, ggf. als Argument für die Annahme herhalten kann, dass nur eine Bagatelle vorliegt. So verstanden ist gegen die hier mit der Berufung angegriffenen Ausführungen des Landgerichts nichts einzuwenden.

2.

Entgegen der Berufung führt BGH GRUR 2001, 1166, 1168 f. – Fernflugpreise – zu keinem anderen Ergebnis, weil die Fälle nicht vergleichbar sind.

a)

In der angeführten Entscheidung hat der Bundesgerichtshof eine Eignung zur wesentlichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs i.S. von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG in der 1997 geltenden Fassung in einem Fall verneint, wo mehrere Flüge zu vierstelligen Preisen mit Sternchenverweis beworben wurden und im Sternchentext noch „zzgl. Steuern und Gebühren von 20 bis 71,50 Mark“ angeführt wurde. Maßgeblich waren insoweit dort (u.a.) die tatrichterlichen Feststellungen, dass der Verkehr „weit gehend daran gewöhnt ist, zwischen dem ‚reinen‘ Flugpreis und den hinzukommenden Steuern und Gebühren zu unterscheiden“. Das ist hier anders (und zwar ungeachtet des Umstands, dass es immer wieder einmal vorkommen mag, dass ein Pkw-Händler in ähnlicher Weise – die Preisangabenverordnung missachtend – unlauter wirbt wie im Streitfall die Beklagte). Anders als Steuern und Gebühren, die auch mit dem Flugverhalten des Letztverbrauchers zu tun haben, nämlich beispielsweise, auf wie vielen und welchen Flughäfen er wann zwischenlandet, tangieren die „Fahrzeugüberführungskosten“ im Regelfall überhaupt kein gesondertes Käuferinteresse, denn er möchte beim Händler vor Ort diese Ware erwerben und interessiert sich nicht dafür, wie und auf welche Weise diese Ware dorthin gelangt ist. Deshalb schenkt er dieser Position keine Aufmerksamkeit und hat keinen Grund, sich an gesondert ausgewiesene und hinzuzurechnende Überführungs“kosten“ zu gewöhnen.

b)

Außerdem bestand nach den in BGH GRUR 2001, 1166, 1168 f. – Fernflugpreise – zugrunde gelegten Tatsachen keine Nachahmungsgefahr dergestalt, dass „von dem wettbewerbswidrigen Verhalten eine Sogwirkung in der Weise ausgeht, dass Wettbewerber veranlasst werden, ein solches Verhalten deshalb zu übernehmen, weil sie sonst erhebliche Nachteile im Wettbewerb befürchten müssten.“ Genau letzteres ist im Streitfall aber sehr wohl so. Die Berufung selbst weist (in anderem Zusammenhang) darauf hin, dass Mitbewerber der Beklagten gleichfalls in der hier beanstandeten Weise werben. Es liegt auf der Hand, dass, wenn diese Werbung der Beklagten als „Bagatelle“, mithin als lauterkeitsrechtlich zulässig beurteilt würde, Mitbewerber gleichsam „gezwungen“ wären, hier „nachzuziehen“, denn eine Werbung mit (bspw.) „6.999 € … zzgl. Überführungskosten [und Sicherheitspaket, Fußmatten] 599 €“ ist ersichtlich attraktiver als eine Werbung mit „7.598 €“

3.

In diesem Zusammenhang verhilft der Berufung auch nicht der Umstand zum Erfolg, dass die Beklagte hier die Überführungskosten immerhin tatsächlich (wenn auch optisch nur untergeordnet) beziffert hat. Denn die optische Vorteilhaftigkeit des geringeren Preises (vor Überführungskosten) wird – wie zutreffend im LGU ausgeführt – eher wahrgenommen und bleibt beim zeitlich sukzessiven Preisvergleich allein oder zumindest eher im Gedächtnis verhaftet als der vom Verbraucher „selbst im Kopf addierte“ (falls überhaupt geschehen) zutreffende Endpreis. Die Preistransparenz und Preisvergleichbarkeit wird, wollte man diese Werbung nicht als gemäß § 3 Abs. 1 UWG unzulässig ansehen, erheblich erschwert, müsste der Verbraucher sich doch zumindest stets merken, ob zum im Gedächtnis verbliebenen (hervorgehobenen) Preis Überführungskosten hinzukämen und wenn ja, in welcher Höhe.

4.

Auch durch diesen häufig nur (zeitlich) sukzessiven Preisvergleich beim – normalerweise über einen längeren Zeitraum hinweg ins Auge gefassten und geplanten – Neuwagenkauf unterscheidet sich der Fall im Übrigen maßgeblich von den seitens der Berufung zitierten, höchstrichterlichen entschiedenen Flugpreisfällen (BGH GRUR 2001, 1166, 1168 f. – Fernflugpreise; BGH GRUR 2004, 435 – FrühlingsgeFlüge), wo Preise für eine konkret geplante Fernreise üblicherweise (weil laufenden Schwankungen unterworfen) erst kurz vor Abschluss der Buchung und somit zeitgleich oder jedenfalls sehr zeitnah miteinander verglichen werden.

5.

Alle bis hierher erörterten (und noch im Folgenden zu erörternden) Fragen zur Verkehrsauffassung können die Senatsmitglieder ohne weiteres aus eigener Anschauung beurteilen, zumal sie selbst zu den durch die Werbung angesprochenen Verkehrskreisen (potenzielle Neuwagenkäufer) zählen und sich die Werbung der Beklagten an das allgemeine Publikum richtet (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 08.03.2012 – I ZR 202/10 – Marktführer Sport, Tz. 22).

6.

Im Übrigen ist die von der Preisangabenverordnung u.a. bezweckte Preistransparenz, insbesondere die Ermöglichung eines möglichst einfachen und unkomplizierten Preisvergleichs, nachhaltig und erheblich tangiert, wenn der an einem Neuwagenkauf interessierte und sämtliche einschlägigen Werbeanzeigen insoweit auf den Preis hin vergleichende Verbraucher künftig bei jeder Pkw-Preiswerbung längere Zeit im Kopf nachrechnen oder gar zum Taschenrechner greifen müsste, wie viel ihn beispielsweise ein beworbener Renault Clio bei einem „Preis“ von 6.999 € plus Überführungs“kosten“ von 599 € denn „nun wirklich“ kosten würde, und diesen „wirklichen“, ihn allein interessierenden Preis (im Beispiel: 7.598 €) dann auch noch irgendwo notieren müsste, um eine vergleichende Übersicht aller „wirklichen Preise“ für einen bestimmten Fahrzeugtyp auf dem Markt zu erlangen. Es kann nach Auffassung des Senats nicht Aufgabe der Wettbewerbsgerichte sein, über eine solch extensive Anwendung der besagten Bagatellausnahmevorschrift dazu beizutragen, dass der Zweck der Preisangabenverordnung in diesem Punkt derart tief greifend konterkariert wird.

7.

Schon der hier von der Händlerseite stets verwendete Begriff der Überführungskosten sucht nach Auffassung des Senats die Argumentationsgedanken in diesem Zusammenhang im Grunde in eine unrichtige, verbraucherunfreundliche Sicht zu lenken. Denn das sind nicht „Kosten“ des Letztverbrauchers, sondern solche des Händlers, der nämlich in seinem Ladengeschäft Waren an Letztverbraucher anzubieten, zu verkaufen und zu veräußern sucht, und dessen alleinige Sache es deshalb ist, diese Ware überhaupt erst einmal in sein Ladengeschäft gelangen zu lassen. Letztverbraucher schließen mit Pkw-Händlern regelmäßig keine Transportverträge, sondern Kaufverträge. Der Pkw-Handel mit Neufahrzeugen ist (jedenfalls in seiner herkömmlichen und auch hier in Rede stehenden Spielart) kein Fernabsatzgeschäft. Deshalb gibt es keine Versandkosten und im Grunde auch keine Überführungs“kosten“, dies jedenfalls nicht für den Käufer. Wenn man so will, handelt es sich deshalb bei einem noch beim Hersteller und nicht beim Händler stehenden Personenkraftwagen aus der Sicht des beim Händler einkaufenden Letztverbrauchers um ein noch unfertiges Produkt, weil er mit diesem Personenkraftwagen, da ortsabwesend, noch nicht fahren kann. Entwickelt man diesen Gedanken zum „noch unfertigen Produkt“ weiter, dann ist die streitgegenständliche Werbung vergleichbar etwa mit „Preis 6.999 € …. zzgl. Lenkradkosten 599 €“. Dass dies aber nicht lediglich ein Bagatellverstoß gegen die Preisangabenverordnung wäre, sollte einleuchten.

8.

Zu keiner anderen Sichtweise führt das von der Berufung in diesem Zusammenhang angeführte „gewandelte“ Verbraucherleitbild in der Rechtsprechung (zunächst) des EuGH und (dann) auch des BGH. Zutreffend ist insoweit allerdings, dass Maßstab in Irreführungsfällen (worauf der BGH seit 1999 in ständiger Rechtsprechung hinweist) der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher ist, der einer Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (vgl. BGH, Urt. v. 08.03.2012 – I ZR 202/10 – Marktführer Sport, Tz. 19, m.w.N.). Das verhilft der Berufung aber nicht zum Erfolg. Zum einen geht es hier nicht, jedenfalls nicht vornehmlich um Irreführung, sondern um die verbraucherunfreundliche Erschwerung des Preisvergleichs und die Absenkung der allgemeinen Preistransparenz. Und zum anderen wirken sich diese Erschwerung des Preisvergleichs und diese Absenkung der allgemeinen Preistransparenz zum Nachteil sämtlicher Letztverbraucher aus, also auch zum Nachteil des besagten „Referenzverbrauchers“, wie ihn die vorstehend angeführte Rechtsprechung (und im Übrigen auch diejenige des erkennenden Senats) definiert.

9.

Soweit Obergerichte in von der Berufung angeführten Entscheidungen (OLG Hamm DAR 2005, 157; OLG Celle OLGR 2005, 208) darauf abgestellt haben, dass dort Überführungskosten noch nicht einmal beziffert worden sind (vgl. auch Senat, Urt. v. 20.08.2010 – 5 U 17/10), dass sich also aus der jeweiligen Werbung noch nicht einmal ein Endpreis errechnen ließ, lässt das keinen dahin gehenden, der Berufung günstigen, zwingenden Umkehrschluss zu, dass bei – wie hier – immerhin erfolgter Bezifferung besagte Spürbarkeitsschwelle nach Auffassung jener Gerichte etwa noch nicht überschritten gewesen wäre. Denn zu einer solchen Sachverhaltsgestaltung verhalten sich beide Judikate nur in beiläufigen, die dortigen Entscheidungen jeweils nicht tragenden Erwägungen, und das OLG Celle schwächt diese auch noch dahin gehend ab, dass sich ein Bagatellfall i.S. von § 3 UWG (damaliger Fassung) „allenfalls“ dann annehmen lasse, wenn die Überführungskosten betragsmäßig ausgewiesen würden.

V.

Der Berufung bleibt der Erfolg im Übrigen auch dann versagt, wenn man eine Unzulässigkeit der gemäß § 4 Nr. 11 UWG unlauteren Handlungen nach § 3 Abs. 1 UWG etwa wegen fehlender Eignung zur spürbaren Beeinflussung der Interessen von (Mitbewerbern und) Verbrauchern würde verneinen wollen. Denn die gemäß § 4 Nr. 11 UWG unlauteren Handlungen der Beklagten sind auch gemäß § 3 Abs. 2 UWG unzulässig, weil sie nicht der für den Unternehmer geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich auf Grund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen. Dass dem so ist, folgt aus dem systematischen Zusammenspiel von § 3 Abs. 2 UWG mit der Vorschrift des § 5a Abs. 3 Nr. 3 UWG, wie die nachstehenden Ausführungen zeigen:

Gemäß der zuletzt genannten Vorschrift gilt die Angabe des Endpreises (abgesehen von hier nicht einschlägigen Fällen) dann als „wesentliche“ Information i.S. von § 5a Abs. 2 UWG, wenn Waren – wie hier – unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten werden, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann. Und nach § 5a Abs. 2 UWG handelt unlauter, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern i.S. des § 3 Abs. 2 UWG dadurch beeinflusst, dass er eine Information vorenthält, die „wesentlich“ ist. Ist sonach aber eine solche Informationspflicht verletzt, dann steht fest, dass dies zu einer relevanten Fehlvorstellung führt (siehe Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 5a Rdn. 57, m.w.N.). Und mit der Bejahung der Wesentlichkeit sind unwiderlegbar auch die Erfordernisse des § 3 Abs. 2 UWG erfüllt, weil sich die Wesentlichkeit nach § 5a Abs. 2 UWG gerade dadurch definiert, dass der Verbraucher „im Sinne des § 3 Abs. 2 … beeinflusst“ wird (Bornkamm a.a.O. Rdn. 56; vgl. auch schon Senat, Urt. v. 24.02.2012 – 5 U 9/11 [zu § 2 PAngV]).

Das gleiche Ergebnis wie vorstehend (Unzulässigkeit gemäß § 3 Abs. 2 UWG) lässt sich im Übrigen auch aus § 5a Abs. 4 UWG i.V. mit Art. 3 Abs.4 RL 98/6 EG und der dort geregelten Pflicht zur Endpreisangabe herleiten (dazu auch Senat, Urt. v. 24.02.2012 – 5 U 9/11).

VI.

Die in § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG für den Unterlassungsanspruch schließlich vorausgesetzte Wiederholungsgefahr liegt ebenfalls vor. Sie wird wegen der erfolgten – unzulässigen – Handlungen der Beklagten vermutet. Dieser Vermutung hat die Beklagte nicht entgegengewirkt, namentlich kein strafbewehrtes Unterlassungsversprechen abgegeben.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgen aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Eine Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO aus der Sicht des Senats nicht vorliegen. Rechtsgrundsätzliche Bedeutung hat die Sache nicht, denn die (von der Berufung hier erstrebte) Verneinung einer Spürbarkeit i.S. von § 3 UWG erfolgt letztlich stets in der Beurteilung eines Einzelfalls. Der Senat sieht sich (bezüglich § 3 Abs. 1 UWG) aus den oben angeführten Gründen auch nicht, jedenfalls nicht in entscheidungserheblicher („tragender“), rechtlicher Divergenz zu den von der Berufung insoweit angeführten höchstrichterlichen und obergerichtlichen Entscheidungen, also weder zu BGH GRUR 2001, 1166 – Fernflugpreise, noch zu BGH GRUR 2004, 435 – FrühlingsgeFlüge, noch zu OLG Hamm DAR 2005, 157, und auch nicht zu OLG Celle OLGR 2005, 208. Bezüglich § 3 Abs. 2 UWG sieht sich der Senat in Einklang mit bzw. in Weiterentwicklung von BGH GRUR 2010, 852, Tz. 20 ff. – Gallardo Spyder – und BGH GRUR 2010, 1142, Tz. 24 – Holzhocker.

I