KG Berlin: Über die einzelnen Umstände des Ausschlusses eines Widerrufsrechts muss der Onlinehändler nicht aufklären

veröffentlicht am 14. August 2014

KG Berlin, Urteil vom 27.06.2014, Az. 5 U 162/12
§ 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 UWG

Das KG Berlin hat entschieden, dass ein Onlinehändler, der das Widerrufsrecht für ein individuell konfiguriertes Notebook ausschließt, nicht verpflichtet ist, über die tatsächlichen Umstände (hier: Gründe der Unzumutbarkeit eines Rückbaus des Notebooks) des Ausschlusses aufzuklären. Es genüge die Angabe des Ausschlusses in Form der Wiedergabe des Gesetzestextes. Eine Irreführung komme allenfalls dann in Betracht, wenn der Unternehmer wider besseren Wissens ein Widerrufsrecht ausschließe. Zum Volltext der Entscheidung:


Kammergericht Berlin

Urteil

I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17. Oktober 2012 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 97 des Landgerichts Berlin – 97 O 18/12 – teilweise in seinem Ausspruch zu 1b geändert:

Die Klage wird insoweit abgewiesen.

II.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Kosten der ersten Instanz werden gegeneinander aufgehoben.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der Gegenseite wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.
Der Kläger (ein Verbraucherverband) hat gegenüber der Beklagten (die über das Internet u.a. nach Kundenwunsch individuell konfigurierte Notebooks vertreibt) die Unterlassung des Abschlusses von Verbrauchsgüterkaufverträgen im Fernabsatz ohne eine deutlich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht beantragt (Antrag 1a) und er begehrt darüber hinaus eine Verurteilung der Beklagten dahin, es zu unterlassen, bei Verbrauchsgüterkaufverträgen im Fernabsatz über nach Kundenwunsch konfigurierte Notebooks bei einem erklärten Widerruf des Verbrauchers pauschal zu behaupten, ein Widerrufsrecht bestehe nicht.

Die Beklagte schloss am 14.11.2011 mit dem Kunden K… im Fernabsatz einen Kaufvertrag über ein Notebook, das nach dessen Wünschen umzubauen war. Der Kunde widerrief den Vertrag. Im Anschluss daran entspann sich im November/Dezember 2011 ein Schriftverkehr, in dem die Beklagte u.a. im Hinblick auf die von ihr vorgenommenen Veränderungen am Notebook ein Recht zum Widerruf des Kunden K… verneinte (weitere Einzelheiten: Anlagen K4 und K5).

Der Kläger hat insoweit beanstandet, die Beklagte habe nicht im Einzelnen dargelegt, was beim Notebook dieses Kunden tatsächlich mit welchem Aufwand und mit welchen Folgen für den Rückbau zu ändern gewesen sei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen am Geschäftsführer, zu unterlassen,

1a) im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern Verbrauchsgüterkaufverträge im Fernabsatz abzuschließen, ohne den Verbraucher in einer deutlich gestalteten Widerrufsbelehrung über das Widerrufsrecht zu belehren;

1b) im geschäftlichen Verkehr bei Verbrauchsgüterkaufverträgen über nach Kundenwunsch konfigurierte Notebooks im Fernabsatz bei einem erklärten Widerruf des Verbrauchers pauschal zu behaupten, ein Widerrufsrecht bestehe nicht.

Die Beklagte hat – nachdem sie den Klageantrag 1a unter Protest gegen die Kostenlast wegen eines insoweit nach ihrer Auffassung gegebenen Rechtsmissbrauches anerkannt hatte – beantragt,

die Klage im Übrigen (Klageantrag 1b) abzuweisen.

Die Beklagte hat u.a. die Auffassung vertreten, im Hinblick auf den von ihr geleisteten erheblichen Aufwand zur individuellen Konfiguration des Notebooks des Kunden K… habe diesem gemäß § 312 d Abs. 4 Nr. 1 BGB a.F. (§ 312 g Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB n. F.) kein Widerrufsrecht zugestanden.

Das Landgericht hat die Beklagte (wegen einer irreführenden pauschalen Leugnung eines Widerrufsrechts des Verbrauchers) antragsgemäß verurteilt und der Beklagten auch hinsichtlich des anerkannten Klageanspruchs zu 1a die Kosten auferlegt.

Mit ihrer Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Sie beantragt,

das angefochtene landgerichtliche Urteil abzuändern, die Klage hinsichtlich des Klageantrags zu 1b abzuweisen und dem Kläger insgesamt die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.
Die Berufung der Beklagten ist begründet.

I.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch dahin zu, es zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr bei Verbrauchsgüterkaufverträgen über nach Kundenwunsch konfigurierte Notebooks im Fernabsatz bei einem erklärten Widerruf des Verbrauchers pauschal zu behaupten, ein Widerrufsrecht bestehe nicht.

1.
Dieser Unterlassungsantrag und Unterlassungsausspruch ist hinsichtlich der Wendung „pauschal zu behaupten“ schon zu unbestimmt und damit unzulässig, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

a)
Ein bestimmter Klageantrag ist erforderlich, um den Streitgegenstand und den Umfang der Prüfung- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts festzulegen, sowie die Tragweite des begehrten Verbots zu erkennen und die Grenzen der Rechtshängigkeit und der Rechtskraft festzulegen (BGH, GRUR 2011, 521 TZ. 9 – Tüv I; Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Auflage, § 12 Rn. 2.35). Der Verbotsantrag darf daher nicht derart undeutlich gefasst sein, dass sich der Gegner nicht erschöpfend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen wäre (BGH, GRUR 2011, 152 TZ. 22 – Kinderhochstühle im Internet; Köhler, aaO, mwN).

Allerdings ist vielfach zur Umschreibung des zu unterlassenen Verhaltens die Verwendung mehr oder weniger unbestimmter oder mehrdeutiger Begriffe und damit in gewissem Umfang die Vornahme von Wertungen durch das Vollstreckungsgericht bei der Prüfung eines Verstoßes nicht zu vermeiden, soll nicht ein wirksamer Rechtsschutz verweigert werden (BGH, GRUR 2002, 86, 88 – Laubhefter; Köhler, aaO, mwN). Die Frage, welche Formulierungen noch zulässig sind, kann nicht abstrakt-generell, sondern nur anhand des jeweiligen Sach- und Sinnzusammenhangs unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls entschieden werden (BGH, GRUR 2004, 696, 699 – Direktansprache am Arbeitsplatz I; Köhler, aaO, mwN). Die Grenze zur Unbestimmtheit ist überschritten bei Streit der Parteien über die Bedeutung des Begriffs im konkreten Fall und bei Fehlen objektiver Kriterien zur Abgrenzung zulässigen und unzulässigen Verhaltens (BGH, GRUR 2011, 152 TZ. 58 – Kinderhochstühle im Internet; Köhler, aaO, mwN).

b)
Vorliegend streiten die Parteien auch darum, wie allgemein die Beklagte ein Widerrufsrecht des Kunden diesem gegenüber in dem zu Grunde liegenden Verletzungsfall verneint hat.

Ein pauschales Behaupten liegt bei einer Äußerung vor, das die näheren Umstände des Einzelfalles unberücksichtigt läßt. Dies kann bereits dann der Fall sein, wenn ein Widerrufsrecht ohne jede Begründung verneint wird. Als pauschal kann das Bestreiten eines Widerrufsrechts auch dann verstanden werden, wenn nur auf den erfolgten individuellen Umbau des Notebooks verwiesen wird. Ein pauschales Bestreiten eines Widerrufsrechts kann schließlich selbst dann noch angenommen werden, wenn die Beklagte nicht im Einzelnen die erfolgten technischen Schritte des Umbaus und eines erforderlichen Rückbaus einschließlich der jeweils erforderlichen Arbeitszeiten und der insoweit anfallenden Lohnkosten darlegt.

Im Letzteren Sinne will es der Kläger verstanden wissen, wenn er unter Hinweis auf die BGH-Entscheidung zum Widerrufsrecht bei nach Kundenspezifikation angefertigter Ware (NJW 2003, 1665, juris Rn. 21) darauf verweist, die Beklagte sei als Unternehmerin darlegungs- und beweispflichtig für die Voraussetzungen eines Ausschlusses des Widerrufsrechts. Ein Verständnis in diesem Sinne droht aber uferlos (gleichsam bis hin zu einer gutachterlichen Stellungnahme und noch darüber hinaus) zu werden.

Auch das landgerichtliche Urteil gibt keine objektiven Kriterien vor, zumal es nur einzelne Aussagen aus den Stellungnahmen der Beklagten erörtert und diese zudem nicht in einen Gesamtzusammenhang rückt.

2.
Die abstrakt gefasste Untersagung wäre darüber hinaus – und insoweit unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt – zu weit gefasst und damit unbegründet.

a)
Das Verbot einer pauschalen Leugnung eines Widerrufsrechts erfasst (und soll es nach dem Willen des Klägers und des Landgerichts) auch solche Fälle, in denen ein Rückbau der nach Kundenwunsch konfigurierten Notebooks für die Beklagte unzumutbar ist. Die Beklagte soll ebenso in diesen Fällen dem Verbraucher gegenüber die Unzumutbarkeit des Rückbaus im Einzelnen begründen.

b)
Nach der vorgenannten Entscheidung des BGH ist ein mit Standardteilen nach Kundenwünschen umgebautes Notebook dann nicht nach Kundenspezifikation angefertigt (im Sinne von § 312 d Abs. 4 Nr. 1 BGB a.F., Art. 6 Abs. 3 Spiegelstrich 3 Fernabsatzrichtlinie), wenn sich die Ware ohne Einbuße an Substanz und Funktionsfähigkeit ihrer Bestandteile mit verhältnismäßig geringem Aufwand wieder in den Zustand vor der Anfertigung versetzen lässt (BGH, aaO, juris Rn. 15). In dem ihm zur Entscheidung vorgelegten Fall hat der BGH die Kosten eines Rückbaus in Höhe von drei Arbeitsstunden zu je 150 DM angesichts eines Gesamtbetrages von weniger als 5 % des Warenwerts als zumutbar angesehen (BGH, aaO, juris Rn. 19).

Daraus folgt aber zugleich, dass in einem jeden Einzelfall konkret der Umfang der Kosten eines Rückbaus festzustellen ist und diese Kosten in einem angemessenen Verhältnis zu dem jeweiligen Warenwert liegen müssen. Deshalb kann auch bei einem Umbau eines Notebooks nach Kundenwünschen mit Standardbauteilen – so wie die Beklagte sie anbietet – nicht für jeden Fall von vornherein ausgeschlossen werden, dass wegen unzumutbarer Kosten eines Rückbaus ein Widerrufsrecht ausnahmsweise ausgeschlossen ist. Einschränkendes etwa im Hinblick auf das Geschäftsangebot der Beklagten trägt der Kläger insoweit nicht vor.

c)
Ist im Einzelfall einer nach Kundenwunsch spezifizierten Lieferung ein Widerrufsrecht des Kunden wegen unzumutbarer Kosten eines Rückbaus ausgeschlossen, besteht keine gesetzliche oder sonstige Informationsobliegenheit oder gar Informationsverpflichtung des Unternehmers, seinem Kunden im Einzelnen mitzuteilen, aus welchen Gründen dies der Fall sein soll. Ein solches Verhalten mag zwar wenig kundenfreundlich sein, es ist aber weder gesetzwidrig noch wettbewerbsrechtlich unlauter noch begründet es eine Verletzung vertraglicher Nebenpflichten.

aa)
Nach § 312 c Abs. 1 BGB a.F. (in der zum Tatzeitpunkt geltenden Gesetzesfassung) hat der Unternehmer den Verbraucher bei Fernabsatzverträgen nach Maßgabe des Art. 246 §§ 1 und 2 EGBGB zu unterrichten. Gemäß Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB muss der Unternehmer dem Verbraucher bei Fernabsatzverträgen rechtzeitig vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise klar und verständlich und unter Angabe des gesetzlichen Zwecks Informationen über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts sowie die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung und die Rechtsfolgen des Widerrufs zur Verfügung stellen (BGH, GRUR 2012, 188 TZ 44 – Computer-Bild).

Danach ist der Verbraucher auch über das Nichtbestehen eines Widerrufsrechts entsprechend zu informieren (BGH, Urteil 2012, 188 TZ 45 – Computer-Bild). Insoweit genügt aber eine Information, die den Gesetzestext in § 312 d Abs. 4 BGB a.F. schlicht wiedergibt (BGH, NJW 2010, 989 TZ 21 ff). Der Unternehmer ist gegenüber dem Verbraucher noch nicht einmal verpflichtet, für jeden angebotenen Artikel gesondert anzugeben, ob dem Verbraucher insoweit überhaupt ein Widerrufsrecht zusteht. Eine solche Pflicht lässt sich auch aus dem sich aus § 355 Abs. 2 BGB a.F. ergebenden Erfordernis einer möglichst umfassenden, unmissverständlichen und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutigen Belehrung nicht ableiten (BGH, NJW 2010, 989 TZ 22 ff). Eine Belehrung, die dem Verbraucher die Beurteilung überlässt, ob die von ihm erworbene Ware unter einen Ausschlusstatbestand fällt, ist auch nicht missverständlich (BGH, NJW 2010, 989 TZ 24). Wird der Verbraucher über den gesetzlichen Wortlaut der Ausschlusstatbestände zu einem Widerrufsrecht informiert, ermöglicht dies dem Verbraucher hinreichend, sich eine abweichende Meinung zu bilden und auf eine Klärung hinzuwirken (BGH, NJW 2010, 989 TZ 24).

bb)
Vorliegend streiten die Parteien nicht über die Verpflichtung der Beklagten, über das Nichtbestehen eines Rückgaberechts rechtzeitig und ausreichend zu informieren. Der Kläger begehrt hier allein, der Beklagten (bei einem erklärten Widerruf des Verbrauchers) ein pauschales Leugnen eines Widerrufsrechts zu untersagen (bei Verbrauchsgüterkaufverträgen im Fernabsatz über nach Kundenwunsch konfigurierte Notebooks).

cc)
Über das Informationsgebot aus Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB, § 312 d Abs. 4 BGB a.F. hinausgehend muss der Unternehmer bei einem Streit mit Kunden diese vorprozessual nicht rechtlich oder sachverständig aufklären oder beraten. Eine dahingehende gesetzliche Verpflichtung bestand zum Tatzeitpunkt 2011 nicht. Ausnahmen können vertragsrechtlich nur in Betracht kommen, wenn sich der Kunde im jeweiligen Einzelfall in einem entschuldbaren, vom Unternehmer erkannten und von ihm leicht ausräumbaren Tatsachenirrtum befindet. Derartiges macht der Kläger hier nicht geltend.

Ist der Kunde über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts durch Angabe der gesetzlichen Voraussetzungen des § 312 d Abs. 4 BGB a.F. hinreichend informiert, ist es grundsätzlich allein seine Sache, sich vorprozessual bei einem Bestreiten des Widerrufsrechts durch den Unternehmer weitergehend über die Rechtslage in seinem konkreten Einzelfall zu informieren. Er weiß um die einzelnen Teile, die nach seinen Wünschen umgebaut wurden. Er kann gegebenenfalls vorprozessual sachverständigen Rat einholen, um die Höhe der Rückbaukosten und die Frage der Zumutbarkeit technisch und juristisch zutreffend einzuschätzen. Verweigert der Unternehmer vorprozessual hierzu vorab eine nähere Stellungnahme, verliert der Unternehmer damit keine Rechte. Insoweit sind gesetzliche oder sonstige Informationsobliegenheiten oder gar Informationsverpflichtungen nicht zu erkennen. Muss der Unternehmer im Vorfeld der Kaufentscheidung des Verbrauchers nur auf die gesetzlichen Ausschlussgründe eines Widerrufsrechts hinweisen, ohne diese Ausschlussgründe noch nicht einmal hinsichtlich des jeweiligen Kaufgegenstandes konkretisieren zu müssen, bestehen auch nach Vertragsabschluss und nach einem vom Verbraucher erklärten Widerruf abstrakt-generell vorprozessual keine weitergehenden Informationspflichten des Unternehmers gegenüber dem Verbraucher.

dd)
Soweit der Kläger sich für derartige weitergehende Informationspflichten des Unternehmers gegenüber dem Verbraucher auf die vorgenannte Entscheidung des BGH (NJW 2003, 1665, juris Rn. 21) beruft, kann dies nicht überzeugend.

Nach den Ausführungen des BGH obliegen dem Unternehmer zwar in einem Rechtsstreit mit dem Kunden die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen eines Ausschlusses des Widerrufsrechts. Auch nach dieser Entscheidung verliert er aber diese Möglichkeiten eines Vortrags und eines Nachweises in einem gerichtlichen Rechtsstreit mit dem Kunden selbst dann nicht, wenn er vorprozessual ohne nähere Erklärung geblieben war. Diese Entscheidung des BGH beschränkt sich allein auf die prozessuale Darlegungslast des Unternehmens.

d)
Es ist nicht Sache des Gerichts, einen zu weit gefassten abstrakten Unterlassungsantrag auf das noch zulässige Maß umzuformulieren.

II.
Im Umfang des zweitinstanzlich vom Kläger (als minus auch ohne Anschlussberufung zulässig) gestellten Hilfsantrages (beschränkt auf die konkrete Verletzungsform durch den Zusatz „wie geschehen in den E-Mail-Schreiben der Beklagten an den Zeugen K… gemäß Anlagen K4 und K5“) ist die Berufung der Beklagten ebenfalls begründet.

Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin folgt auch insoweit weder aus § 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 7 UWG (in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3 UWG) noch aus § 4 Nr. 11 UWG (in Verbindung mit § 312 b, § 312 d Abs. 1 Satz 1, § 355, § 360 BGB a.F.) oder § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG oder § 3 UWG oder § 4 Nr. 2 UWG oder § 2 Abs. 2 Nr. 1 UKlaG (in Verbindung mit § 312 b, § 312 d Abs. 1 Satz 1, § 355, § 360 BGB a.F.).

1.
Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche aufgrund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen enthält.

a)
Angaben sind Aussagen (oder Äußerungen) eines Unternehmens, die sich auf Tatsachen beziehen und daher inhaltlich nachprüfbar sind (vergleiche etwa Bornkamm, aaO, § 5 Rn. 2.37). Auch Werturteile können irreführende Angaben enthalten, wenn sie – aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs – erkennbar auf Tatsachen beruhen, sich also Richtigkeit oder Unrichtigkeit objektiv nachprüfen lässt (Bornkamm, aaO) oder wenn sie einen nachprüfbaren Tatsachenkern enthalten (Bornkamm, aaO, § 5 Rn. 2.40).

Eine Irreführung über Verbraucherrechte kommt etwa in Betracht, wenn ein Unternehmer Kunden, die von einem Anfechtungs-, Widerrufs-, Rücktritts- oder Kündigungsrecht Gebrauch machen wollen, planmäßig und wider besseres Wissen erklärt, ein solches Recht stehen ihnen nicht zu (BGH, GRUR 1977, 498, 500 – Aussteuersortimente; BGH, GRUR 1986, 816, 818 – Widerrufsbelehrung bei Teilzahlungskauf; Bornkamm, aaO, § 5 Rn. 7.140). Anders liegt es dagegen, wenn die Beurteilung zweifelhaft ist und nur im Einzelfall gegenüber einem Kunden eine unzutreffende Rechtsansicht vertreten wird (vergleiche etwa Bornkamm, aaO). Als irreführende Angaben über die Rechtslage kommen nur solche nachprüfbaren Behauptungen in Betracht, die sich bei einer Überprüfung als eindeutig richtig oder falsch erweisen können, über die man also eigentlich nicht streiten kann. Im Übrigen kann es einem Unternehmer nicht verwehrt werden, im Rahmen der Rechtsdurchsetzung oder -verteidigung eine bestimmte Rechtsansicht zu vertreten (vergleiche etwa Bornkamm, aaO, § 5 Rn. 2.13). Diesen rechtlichen Ausgangspunkt teilen auch der Kläger und das Landgericht.

b)
Vorliegend war Anlass des Streites der Beklagten mit dem Kunden K… dessen Vorwurf, die Beklagte habe nicht hinreichend beim Bestellvorgang deutlich gemacht, sie werde das ursprüngliche ausgetauschte Laufwerk einbehalten und nicht mit dem Rechnungsbetrag verrechnen (vergleiche Anlage K4, E-Mail des Kunden vom 24.11.2011).

Die Beklagte ist dem unter Hinweis auf ihre AGB und ihre Preisgestaltung entgegengetreten. Dabei hat sie auf den „verbindl. Kaufvertrag“ und die von ihr nach Kundenwunsch vorgenommenen Umbauarbeiten verwiesen (Anlage K4, E-Mail der Beklagten vom 16.11. 2011). Nirgends gebe es „betr. verbindlicher widerrufsfreier Kaufvertrag einen Dissens …“. Es heißt dann in der E-Mail der Beklagten vom 16.11.2011:“Kunden, die erst extrem aufwändig konfigurieren und verbindlich kaufen, dann aber plötzlich nachkarten und auf einmal den Preis massiv ändern wollen, und Fragen NACH dem klaren verb. Kauf stellen, haben wir extrem selten! Ebenso Rechtlich: Diese ist wie jede aufwändige Maßanfertigung ohne Widerrufsrecht, da niemand einige Stunden hin- und dann rückbaut (Kosten einige hundert €!), und da so extrem spezielle Ware niemand mehr so abnimmt außer eben dem speziellen Kunden, und da Dienstleistungen nicht rückbaubar sind!“. In ihrer E-Mail vom 21.11.2011 spricht die Beklagte erneut den „klaren Vertrag“ und ihre Preisgestaltung (auch hinsichtlich ausgewechselter Teile) an. Sie betont in ihrer E-Mail vom 13.12.2011:“Es gab immer einen klaren Vertrag, kein Widerrufsrecht wegen extremer besproch. und bestellter Umbauten, und die Ein- und Ausbau-Prozederes sind etwa durch unsere AGB und unsere Darlegungen dazu ohnehin abs. klar!“.

c)
Die Beklagte hat damit in der hier streitgegenständlichen Korrespondenz mit dem Kunden K… (gemäß den Anlagen K4 und K5) nicht schlechthin und für jeden Fall einer Konfiguration nach Kundenwunsch das Widerrufsrecht eines Kunden verneint. Sie hat hinsichtlich des Ausschlusses eines Widerrufsrechts gegenüber dem Kunden K… auch Bezug genommen auf die im konkreten Fall von diesem Kunden gewünschten (und diesem Kunden bekannten) Umbauarbeiten und deren großen Umfang. Damit hat sie auch zugeschnitten auf den individuellen Fall eine bestimmte Rechtsansicht vertreten.

Aus dem Vorgang K… kann daher schon nicht auf ein systematisches und planmäßiges Vorgehen der Beklagten geschlossen werden. Hinsichtlich ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen (in denen sie für individuelle Konfigurationen das Widerrufsrecht verneint hatte) hat die Beklagte zwischenzeitlich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Im Übrigen behauptet selbst der Kläger nicht mit konkretem Vortrag, die Beklagte habe sich auch gegenüber anderen Kunden so verhalten wie gegenüber dem Kunden K… .

d)
Darüber hinaus hatte die Beklagte gegenüber dem Kunden K… hinsichtlich eines für diesen ausgeschlossenen Widerrufsrechts keine unhaltbare Rechtsposition vertreten.

aa)
Unstreitig hatte die Beklagte auf Wunsch dieses Kunden einige Umbauarbeiten vorgenommen. In einem Wettbewerbsprozess trägt grundsätzlich der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Irreführung (vorliegend also zu den tatsächlichen Voraussetzungen einer unhaltbaren Rechtsauffassung), während den Beklagten in einem solchen Rechtsstreit allenfalls eine sekundäre Last zu einem substantiierten Bestreiten trifft.

bb)
Das Basisgerät im Falle des Zeugen K… hatte unstreitig einen Wert von 1.648 €. Nach dem bestrittenen Vortrag der Beklagten kostete die Umrüstung rund 900 €. Davon entfiel nach ihrem Vortrag auf die Dienstleistung der Umrüstung ein Anteil in Höhe von 476,80 €. Der Rückbauaufwand sei ebenfalls in dieser Höhe angefallen. Der Kläger geht von einem maximalen Rückbauaufwand von 2 Stunden aus. Nach diesem Vortrag sind hier also mindestens 2 x 25 € = 50 € (Schriftsatz der Beklagten vom 10.10.2012, Seite 3, Blatt 53 der Akten unstreitig 25 € brutto), nach dem weitergehenden Vortrag der Beklagten (Berufungsbegründung Seite 6, Blatt 105 der Akten unbestritten: Stundensatz 65 €) sogar insgesamt mindestens 2 x 65 € = 130 € an Kosten eines Rückbaus angefallen. Die Rechtsverteidigung (bzw. Rechtsverfolgung, da es der Beklagten vorprozessual in ihrer Korrespondenz mit dem Zeugen K… um die Erfüllung des Kaufvertrages ging) der Beklagten war im Hinblick auf das weit gefasste Zumutbarkeitskriterium in der vorgenannten Entscheidung des BGH (zu individuell konfigurierten Notebooks) schon nicht unvertretbar, jedenfalls aber nicht eindeutig falsch.

Darüber hinaus steht auch nicht eindeutig fest, dass es hinsichtlich der Zumutbarkeit nur auf die Höhe der Rückbaukosten ankommt. Der BGH hat in seiner Entscheidung die Kosten des ersten Umbaus nicht ausdrücklich erwähnt. Möglicherweise ist er davon ausgegangen, derartige Produktionskosten unterlägen schlicht dem Risiko eines Widerrufs (wie auch jede standardisierte Produktion, vergleiche BGH, aaO, juris Rn. 15). Allerdings bleibt damit die Frage offen, warum Produktionskosten aufgrund spezieller Wünsche für die Frage der Zumutbarkeit im Falle eines Widerrufs unberücksichtigt bleiben sollen, wenn sie im Falle eines Rückbaus wirtschaftlich entwertet werden. Ob etwa erhebliche Missbrauchsgefahren drohten, weil Unternehmen nur noch die Lieferung von Bestandteilen anbieten könnten (insoweit mit einer Widerrufsrecht), um dann eine Spezifikation durch den Kunden für einen Zusammenbau durch das Unternehmen herauszufordern und somit das Widerrufsrecht auszuschließen (vergleiche BGH, aaO, juris Rn. 15), erscheint eher fern liegend. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die vorgenannte Entscheidung des BGH den Wortlaut der Fernabsatzrichtlinie und der diesbezüglichen deutschen Regelungen nicht unerheblich einschränkt. Eine Entscheidung des EuGH liegt insoweit nicht vor. Es kann noch nicht einmal von einer ständigen oder auch nur bestätigten höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH ausgegangen werden.

2.
Angesichts der speziellen Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 UWG kommt den übrigen genannten Anspruchsgrundlagen vorliegend kein weitergehender Gehalt zu.

III.
Zu Recht hat das Landgericht hinsichtlich des anerkannten Klageteils (fehlende Widerrufsbelehrung, da in den AGB versteckt) der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits zugewiesen.

1.
Eine Anwendung des § 93 ZPO scheidet wegen der vergeblichen Abmahnung und des in der Klageerwiderung noch unterbliebenen Anerkenntnisses aus. Dies stellt die Beklagte nicht in Abrede.

2.
Ein Rechtsmissbrauch gemäß § 8 Abs. 4 UWG kann auch im Hinblick auf das Parallelverfahren zu den beanstandeten AGB-Regelungen nicht bejaht werden.

Es kann dem Kläger insoweit eine die Kosten erhöhende Verfahrensaufspaltung nicht vorgeworfen werden. Da die AGB-Regelungen allein in einem Verfahren nach dem UKlaG geltend gemacht worden sind, vorliegend aber in erster Linie wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden, durfte der Kläger schon wegen der insoweit spezialisierten und zu einem Teil unterschiedlichen Kammern und Senate der Gerichte von einer Zusammenfassung in einem Rechtsstreit absehen. Darüber hinaus war die Sach- und Rechtslage hinsichtlich der AGB-Regelungen deutlich einfacher gelagert als die vorliegende wettbewerbsrechtliche Problematik.

C.
Die Nebenentscheidungen zu den Kosten und zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 92 Abs. 2, § 97 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung beruht tragend auf den besonderen Umständen des vorliegenden Einzelfalles.

I