LAG Mainz: Wenn der Mandant den Rechtsanwalt nicht zahlen will / Halt- oder substanzlose Einwendungen sind bei der Kostenfestsetzung zurückzuweisen

veröffentlicht am 4. Februar 2015

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtLAG Mainz, Beschluss vom 30.12.2014, Az. 1 Ta 266/14
§ 11 Abs. 5 RVG

Gemäß § 11 Abs. 5 RVG kann die Rechtsanwaltsvergütung gegen die eigene Partei nur dann festgesetzt werden, wenn die Partei keine materiell-rechtlichen Einwendungen bzw. Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht angesiedelt sind. Das LAG Mainz hat darauf hingewiesen, dass in diesem Zusammenhang Einwendungen nicht ausreichen, die auch bei äußerst zurückhaltender summarischer Prüfung unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt Bestand haben können, weil sie erkennbar unrichtig, gänzlich halt- und substanzlos oder offensichtlich aus der Luft gegriffen sind. Zum Volltext der Entscheidung:

Landesarbeitsgericht Mainz

Beschluss



Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 4. Juni 2014, Az. 1 Ca 517/11, aufgehoben und der Kostenfestsetzungsantrag der Beschwerdegegner vom 7. Januar 2014 zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragsteller zu tragen; im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 78 Satz 1 ArbGG, 11 Abs. 1 RPflG, § 104 Abs. 3 Satz 1, 567 ff. ZPO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Eine Vergütungsfestsetzung kann nicht erfolgen, da der Beschwerdeführer Einwendungen, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben, im Sinne des § 11 Abs. 5 RVG erhoben hat.

1.
Gemäß § 11 Abs. 5 RVG kann die Rechtsanwaltsvergütung gegen die eigene Partei nur dann festgesetzt werden, wenn die Partei keine materiell-rechtlichen Einwendungen bzw. Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht angesiedelt sind. Zweck der Regelung ist es, das vereinfachte und formalisierte Vergütungsfestsetzungsverfahren von der Prüfung komplexer materiell-rechtlicher Fragen freizuhalten. Dem Rechtspfleger ist es daher in der Regel versagt, im Verfahren der Kostenfestsetzung Gegenrechte des Antragsgegners zu bewerten, deren Relevanz über das eigentliche Kostenfestsetzungsverfahren hinausgeht. Da über die materiell-rechtliche Begründetheit eines außergebührenrechtlichen Einwandes im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht zu entscheiden ist, kann in der Regel auch weder eine nähere Substantiierung der Einwendungstatsachen verlangt werden, noch hat der Rechtspfleger eine materiellrechtliche Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen.

Andererseits führt nicht schon jede pauschal erhobene Einwendung außerhalb des Gebührenrechtes zwingend zu einer Ablehnung der Vergütungsfestsetzung. Der Einwand muss vielmehr gewissen Mindestanforderungen genügen. Völlig unsubstantiierte, nicht einzelfallbezogene Einwendungen, wie etwa eine floskelhafte Wiedergabe des Gesetzestextes oder die bloße Bemerkung, man mache Schlechterfüllung geltend, stehen der Vergütungsfestsetzung nicht entgegen. Nicht ausreichend sind damit solche Einwendungen, die auch bei äußerst zurückhaltender summarischer Prüfung unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt Bestand haben können, weil sie erkennbar unrichtig, gänzlich halt- und substanzlos oder offensichtlich aus der Luft gegriffen sind (vgl. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl., § 11 RVG Rz. 138 ff.; OLG Sachsen-Anhalt 13.08.2010 – 10 W 40/10- , juris). Der außergebührenrechtliche Einwand muss vielmehr zumindest im Ansatz erkennen lassen, dass der Vergütungsanspruch des Antragstellers aus materiell-rechtlichen Gründen unbegründet sein könnte. Erforderlich ist die Darlegung von Umständen, die auf die Besonderheiten des konkreten Falles bezogen sind und aus denen der materiellrechtliche Einwand zumindest im Kern ersichtlich wird.

2.
In Anwendung dieser Grundsätze hat der Beschwerdeführer in ausreichender Weise Umstände dargelegt, die eine Einrede bzw. Einwendung nicht gebührenrechtlicher Art gegen den Vergütungsanspruch begründen könnten. Er hat mit seiner Beschwerde unter anderem geltend gemacht, er sehe sich veranlasst, die Beschwerdegegner in Regress zu nehmen, da diese im Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht zur Verhandlung über den Einspruch nicht aufgetreten sind und es deshalb zum Erlass des zweiten Versäumnisurteils vom 21. September 2012 gekommen ist.

Der Beschwerdeführer hat damit hinreichend konkret einen Sachverhalt aufgezeigt, aus welchem er unter Berücksichtigung der Besonderheiten des konkreten Falles für sich Regressansprüche herleitet. Er beruft sich im Streitfall auf eine schuldhafte Verletzung anwaltlicher Rücksichtnahme-und Treuepflichten aus dem Anwaltsvertrag. Die Prüfung, ob derartige Regressansprüche etwa unter dem Gesichtspunkt der Mandatskündigung zu Unzeit tatsächlich bestehen, kann im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht erfolgen. Derartige Ansprüche scheiden jedenfalls ohne nähere Prüfung nicht erkennbar und offensichtlich aus.

II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, § 11 Abs. 2 Satz 6 RVG. Gründe, die eine Zulassung der Rechtsbeschwerde veranlassen, bestehen nicht. Dieser Beschluss ist daher unanfechtbar.

I