LG Aachen: Ankündigung eines Amoklaufs bei Facebook bleibt straffrei

veröffentlicht am 4. Februar 2013

LG Aachen, Urteil vom 05.09.2012, Az. 94 Ns 27/12
§ 126 StGB

Das LG Aachen hat entschieden, dass derjenige, der einen nur unbestimmt beschriebenen Amoklauf bei Facebook ankündigt, damit jedenfalls keine Straftat im Sinne einer „Störung des öffentlichen Friedens“ (§ 126 StGB) begeht, da hierfür tatbestandlich eine allgemeine Beunruhigung der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland, also einer nicht unerheblichen Personenzahl, notwendig sei, was jedenfalls dann nicht gegeben sei, wenn der Betreffende davon ausgehe, maximal 40 Leser durch seinen Eintrag zu erreichen. Zum Volltext der Entscheidung:

Landgericht Aachen

Urteil

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Auf die Berufung des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 28. März 2012 – 556 Ds 48/12 – aufgehoben.

Der Angeklagte wird freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe

(abgekürzt gemäß § 267 Abs. 5 StPO)

I.
Der Jugendrichter bei dem Amtsgericht Aachen hat den Angeklagten am 28. März 2012 – 556 Ds 48/12 – der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung einer Straftat schuldig gesprochen und ihm als Zuchtmittel 20 Stunden gemeinnützige Arbeit auferlegt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit dem Rechtsmittel der Berufung, welches erfolgreich war.

II.
Der 15 Jahre alte Angeklagte besucht die G-schule in A und dort das 9. Schuljahr. Er lebt im Elternhaus und ist strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten.

III.
Der Angeklagte hat den objektiven Tatbestand des § 126 StGB verwirklicht. Die Ankündigung eines auch nur unbestimmt beschriebenen „Amoklaufs“ ist geeignet, den öffentlichen Frieden im Sinne der vorgenannten Norm zu stören. Allerdings konnte dem Angeklagten ein entsprechender Tatvorsatz nicht nachgewiesen werden. Ein solcher hätte vorausgesetzt, dass der Angeklagte, als er die Formulierung „dann laufe ich Amok“ bei „Facebook“ einstellte, es beabsichtigt oder zumindest billigend in Kauf genommen hätte, dass dieser Eintrag einer nicht unerheblichen Personenzahl bekannt wird. Denn es liegt nur dann eine Störung des öffentlichen Friedens i. S. v. § 126 StGB vor, wenn eine allgemeine Beunruhigung der Bevölkerung innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, mindestens aber innerhalb einer nicht unerheblichen Personenzahl, eintritt (vgl. zuletzt BGH NStZ-RR 2011, 109). Der Angeklagte hat sich aber unwiderlegt dahin eingelassen, dass er davon ausgegangen ist, der fragliche Facebook-Eintrag werde nur von maximal 40 Personen gelesen, nämlich denjenigen, welche unbeschränkten Zutritt zu seiner Facebook-Seite hätten. Des Weiteren sei er davon ausgegangen, dass sein Eintrag von diesen Personen in dem von ihm tatsächlich beabsichtigten Sinn, nämlich der Aufforderung, ihn mit weiteren Freundschaftsanfragen in Ruhe zu lassen, verstanden und keineswegs an dritte Personen weitergegeben werde. Damit fehlt es aber dem Angeklagten an dem notwendigen Tatvorsatz bezüglich des Tatbestandsmerkmals „Störung des öffentlichen Friedens“.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 74 JGG, 467 Abs. 1 StPO.

I