LG Aurich: Auswahl des fliegenden Gerichtsstandes kann für Rechtsmissbrauch sprechen

veröffentlicht am 28. Februar 2013

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtLG Aurich, Beschluss vom 22.01.2013, Az. 6 O 38/13
§ 8 Abs. 4 UWG

Das LG Aurich hat entschieden, dass die Auswahl eines Gerichtes nach dem Gesichtspunkt des fliegenden Gerichtsstandes für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen spricht, wenn für den gewählten Gerichtsstandort keinerlei logische Gesichtspunkte sprechen. Für wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche nach dem UWG wegen Handelsaktivitäten im Internet ist gemäß §§ 2, 8 UWG iVm. § 32 ZPO die Zuständigkeit jeden deutschen Gerichtes als Gericht des Begehungsortes eröffnet. Gemäß § 35 ZPO kann die klagende Partei unter mehreren zulässigen Gerichtsständen wählen. Diese Wahlfreiheit stehe allerdings, so das Gericht, unter dem Vorbehalt der unzulässigen Rechtsausübung, also des Rechtsmissbrauchs. Es sei vorliegend aus keinem anderen Gesichtspunkt als dem der Schadenszufügung und der arglistigen Erschwerung der Rechtsverteidigung des Antragsgegners zu erklären, dass die Antragstellerin die einstweilige Verfügung ausgerechnet in Aurich beantragt habe.

Es wäre nachvollziehbar und legitim gewesen, wenn die Antragstellerin – außer im Gerichtsstand des Antragsgegners – entweder an ihrem eigenen Sitz oder am Sitz ihres Prozessbevollmächtigten in Berlin den Antrag gestellt hätte, denn es kämen dann jeweils eigene Ersparnisse, sei es für eine Informationsreise oder für die Terminswahrnehmung des Prozessbevollmächtigten in Betracht.

Die Auswahl des Gerichtsstandes Aurich lasse hingegen überhaupt keinen Bezug zur Antragstellerin, zum Antragsgegner, zur Sache oder zum Sitz ihres Prozessbevollmächtigten erkennen. Daraus erschließt sich die Absicht, den Antragsgegner durch die Wahl eines im Bundesgebiet abgelegenen und von seinem Geschäftssitz verkehrsmäßig nur schwer (Aurich hat keinen Bahnhof für Personenbeförderung) zu erreichenden Gerichtsortes zu benachteiligen. Der Antragsgegner müsse sich für den Widerspruch gegen eine etwaige einstweilige Verfügung entweder einen ihm unbekannten Rechtsanwalt am Gerichtsort beauftragen oder einen am Wohnort ansässigen Anwalt für die Tagesreise nach Aurich und zurück honorieren.

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