LG Berlin: Die Abgabe der Unterlassungserklärung bewirkt auch dann kein Anerkenntnis, wenn dem Antragssteller dadurch der Zeugenbeweis abgeschnitten wird

veröffentlicht am 20. Juli 2009

Rechtsanwalt Dr. Ole DammLG Berlin, Beschluss vom 24.04.2009, Az. 15 O 757/07
§ 12 UWG

Das LG Berlin vertritt die Rechtsansicht, dass einer Unterlassungserklärung auch dann, wenn durch sie in einem Gerichtsverfahren nach einer übereinstimmenden Erledigungserklärung dem Unterlassungsgläubiger der Zeugenbeweis abgeschnitten sei, keine Wirkung eines Anerkenntnisses zukomme.
Die Antragstellerin hatte eine Beschlussverfügung erwirkt, durch welche die Kammer der Antragsgegnerin bestimmte Äußerungen über die Antragstellerin gegenüber Dritten untersagt hatte. Nach dem Widerspruch der Antragsgegnerin hat diese in einem Parallelverfahren zu Gunsten der Antragstellerin, allerdings ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, woraufhin die Parteien auch das erste Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt hatten. Zu klären war allein die Frage der Kostenlast.

Es sei unbeachtlich, so die Kammer, dass die Antragsgegnerin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben habe. Denn einer strafbewehrten Unterlassungserklärung komme auch dann, wenn durch sie und infolge der nur eingeschränkten Beweismöglichkeit im Verfahren nach einer übereinstimmenden Erledigungserklärung dem Unterlassungsgläubiger der Zeugenbeweis abgeschnitten sei, keine Anerkenntniswirkung zu. Bornkamm (in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl., § 12 UWG, Rdnr. 1.111, m.w.N.) habe insoweit grundlegend ausgeführt:

Mit der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung muss nicht notwendig ein Anerkenntnis des zugrunde liegenden gesetzlichen Unterlassungsanspruchs verbunden sein. Der Schuldner kann sich ohne weiteres auf den Standpunkt stellen, dass sein Verhalten rechtmäßig war, und sich gleichzeitig unterwerfen, weil er an der Wiederholung der beanstandeten Werbemaßnahme kein besonderes Interesse hat, die Kosten einer gerichtlichen Auseinandersetzung aber scheut. Dabei weist er sinnvollerweise darauf hin, dass die Unterwerfung ‚mit Rechtsbindungswillen, aber ohne Anerkennung einer Rechtspflicht‘ erfolgt. Die Gegenansicht (KG WRP 1977, 793, mit zust. Anm. Burchert; AG Oberhausen WRP 2000, 137; AG Charlottenburg WRP 2002, 1472), die dem Abgemahnten die Berufung auf die Rechtmäßigkeit seines Tuns abschneiden möchte, wird der Funktion der Unterwerfungserklärung als Streitbeilegungsinstrument in keiner Weise gerecht. Nach zutreffender Ansicht enthält die zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens abgegebene Unterwerfungserklärung weder eine Anerkennung der Rechtswidrigkeit der konkreten Verletzungshandlung noch ein Anerkenntnis des Unterlassungsanspruchs oder einer Schadenersatzpflicht (Ahrens/Scharen, Kap. 11, Rdnr. 38; Hess, WRP 2003, 353).

Sinn des Vorbehalts ist es zum einen, mit der Unterwerfungserklärung nicht zugleich die Belastung mit den Abmahnkosten anzuerkennen. Dieser Streit ist mit der Unterwerfungserklärung nicht präjudiziert. Der Schuldner kann sich ohne weiteres auf den Standpunkt stellen, trotz abgegebener Unterwerfungserklärung keinen Aufwendungsersatz zu schulden. In diesem Fall muss im Rahmen der (gerichtlichen) Auseinandersetzung um die Abmahnkosten geklärt werden, ob die Abmahnung berechtigt war (§ 12 I S. 2: dazu Rdnr. 1.81 ff). Der Vorbehalt dient zum zweiten dazu, die Kosten des Rechtsstreits abzuwenden, wenn die Unterwerfungserklärung im Prozess abgegeben wird. Auch hier führt die Unterwerfung nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen nicht notwendig zu einer Kostenentscheidung zum Nachteil des Schuldners. Er kann sich darauf berufen, die Klage sei von Anfang an unbegründet gewesen; mit der Unterwerfungserklärung habe er allein weiterem Streit aus dem Weg gehen wollen (Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 46, Rdnr. 45, m.w.N.)“.

Dem schließe sich das Gericht an. Die von der Antragstellerin zitierte Entscheidung des OLG Schleswig (GRUR 1986, 840) sei nicht einschlägig, da es dort um die Anwendung des § 93 ZPO gegangen sei; sie dürfte im Übrigen auch den oben zitierten Erwägungen Bornkamms zuwiderlaufen.

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