LG Berlin: Google haftet nach Inkenntnissetzung als Störer für rechtsverletzende Erfahrungsberichte bei Google Maps

veröffentlicht am 20. Februar 2013

Rechtsanwalt Dr. Ole DammLG Berlin, Urteil vom 05.04.2012, Az. 27 O 455/11
§ 823 Abs. 1 BGB, § 1004 Abs. 1 S.2 BGB analog, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG

Das LG Berlin hat entschieden, dass ein Hostprovider wie Google nicht verpflichtet ist, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge (hier: Erfahrungsbericht bei Geosuchdienst Google Maps) vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er sei aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlange. Weise ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Nutzer eines Blogs hin, könne der Hostprovider als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern. Vgl. auch BGH, Urteil vom 25.10.2011, Az. VI ZR 93/10 (hier). Zum Volltext der Entscheidung:

Landgericht Berin

Urteil

...

Tatbestand

Der Kläger ist Arzt in Berlin. Er leitet eine Klinik für kosmetische Chirurgie, die er im Internet unter www. … .de präsentiert. Operationen nimmt der Kläger alleine vor.

Die Beklagte, die ein US-amerikanisches Unternehmen mit Sitz in Kalifornien ist, bietet über die Internetseite www. … .de auch für den Bereich der Bundesrepublik Internet-Suchdienste an. U.a. betreibt sie auch den Geolokalisations- bzw. Geosuchdienst …, der es ermöglicht, im Internet Orte, Hotels und andere Objekte zu suchen, um deren Position dann auf einer Karte oder auf einem Bild von der Erdoberfläche (Satelliten- und Luftbilder) anzuzeigen. Dieser Internetdienst bietet zudem die Möglichkeit, anonym persönliche Stellungnahmen zu den angezeigten Suchergebnissen (so genannte „Erfahrungsberichte“) abzugeben, wobei der Textteil der Stellungnahme durch die Vergabe von bis zu fünf Sternen („Bewertung“) angereichert werden kann. Wegen der Nutzungsbedingungen von „…“ wird auf die als Anlage K 6 zu den Akten eingereichten Ablichtungen Bezug genommen.

Im Oktober 2010 gelangte dem Kläger zur Kenntnis, dass bei Eingabe des Suchbegriffs „…“ in den von der Beklagten betriebenen Internetdiensten … u.a. der nachfolgende Eintrag vom 21. September 2010 unter dem Pseudonym „…“ vorzufinden war:

„Vorsicht!!!!!!!!!!! der Fuscher!!!! schlimmer kann man einen Menschen nicht verunstalten: seit dieser „Behandlung“ kann ich nicht mehr anziehen, was ich will, ich muss genau überlegen womit ich was abdecken kann. Meine Arme, Mein Po- alles mit Dellen überseht und hängt unvorstellbar hässlich ab. Was ich schon investiert habe in Korrekturoperationen-> nichts hilft mehr! Seid vorsichtig! Seid gewarnt!!! Er ist furchtbar!“

Mit Schreiben vom 28. Oktober 2010 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 5. November 2010 zur Entfernung des Eintrags auf.

Nachdem ein Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch Beschluss der Kammer vom 14. Dezember 2010 in dem Verfahren 27 O 892/10 zurückgewiesen wurde, wandte sich der Kläger an die Beklagte mit einem Schreiben vom 17. Dezember 2010 nebst einer beigefügten eidesstattlichen Versicherung, mit welchen er die Beklagte auf einen „verleumderisch[en] und beleidigend[en]“ Inhalt des Erfahrungsberichts hinwies. Wegen des weiteren Inhalts des Schreibens vom 17. Dezember 2010 und der beigefügten eidesstattlichen Versicherung wird auf die als Anlagenkonvolut B 10 zu den Akten eingereichten Kopien verwiesen.

Sodann erwirkte der Kläger am 28. Dezember 2010 nach Abhilfe seiner Beschwerde gegen den zuvor erwähnten Beschluss eine einstweilige Verfügung, mit welcher der Beklagten bei Vermeidung gesetzlich vorgesehener Ordnungsmittel verboten wurde, in Bezug auf den [Kläger] wörtlich oder sinngemäß die Behauptung zu verbreiten:
„Vorsicht!!!!!!!!!!! der Fuscher!!!! schlimmer kann man einen Menschen nicht verunstalten: seit dieser „Behandlung“ kann ich nicht mehr anziehen, was ich will, ich muss genau überlegen womit ich was abdecken kann. Meine Arme, Mein Po- alles mit Dellen überseht und hängt unvorstellbar hässlich ab. Was ich schon investiert habe in Korrekturoperationen-> nichts hilft mehr! Seid vorsichtig! Seid gewarnt!!! Er ist furchtbar!“

Insbesondere wenn dies erfolgt wie […] auf den von der [Beklagten] vertriebenen Internetseiten ihres Internetdienstes ….“

Einen Widerspruch legte die Beklagte gegen die ihr zugestellte einstweilige Verfügung nicht ein.

Mit in Bezug genommenen Schreiben vom 18. März 2011 und vom 03. Mai 2011 (Anlage K 4, K 5) forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung zur Abgabe einer Abschlusserklärung auf und machte gleichzeitig Anwaltskosten für diese Aufforderung in Höhe von 603,07 Euro geltend.

Die streitgegenständlichen Äußerungen wurden nach Zustellung der einstweiligen Verfügung am 21. Februar 2011 von der Webseite der Beklagten entfernt.

Der Kläger behauptet, dem streitgegenständlichen Erfahrungsbericht liege kein konkreter Fall zugrunde, er sei frei erfunden; der Verfasser des Berichts sei nicht Patient von ihm gewesen. Zudem meint der Kläger, der Eintrag stelle eine unwahre Tatsachenbehauptung dar, er habe in den Jahren 2008 bis 2010 keine Schönheitsoperation an Armen und Gesäß durchgeführt, die zu „Dellen“ bei einem Patienten geführt habe. Auch habe er in seiner Patientenkartei keinen Patienten mit dem Namen „…“; einen Patienten mit diesem Namen habe er auch nie behandelt.

Mit der am 18. Oktober 2011 (Bl. 66 d.A.) zugestellten Klage beantragt der Kläger,
1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen am gesetzlichen Vertreter, zu unterlassen,
in Bezug auf den Kläger wörtlich oder sinngemäß die Behauptung zu verbreiten:
„Vorsicht!!!!!!!!!!! der Fuscher!!!! schlimmer kann man einen Menschen nicht verunstalten: seit dieser „Behandlung“ kann ich nicht mehr anziehen, was ich will, ich muss genau überlegen womit ich was abdecken kann. Meine Arme, Mein Po- alles mit Dellen überseht und hängt unvorstellbar hässlich ab. Was ich schon investiert habe in Korrekturoperationen-> nichts hilft mehr! Seid vorsichtig! Seid gewarnt!!! Er ist furchtbar!,“
insbesondere wenn dies erfolgt wie nachstehend wiedergegeben auf den von der Beklagten vertriebenen Internetseiten ihres Internetdienstes … [Anm.: nicht vorhanden: Kopie Bl. 2]
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 919,55 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hinsichtlich eines Betrages von 607,70 Euro seit dem 21. Mai 2011 und hinsichtlich eines Betrages von 311,85 Euro ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie meint, die Klage sei unschlüssig, da der Kläger einen Ausdruck der Internetseite, die die von ihm beanstandete Bewertung bei … zeige, nicht vorgelegt habe. Ferner enthalte der streitgegenständliche „Erfahrungsbericht“ eine zulässige Meinungsäußerung, zumal dort subjektive Empfindungen (Enttäuschung), gefühlsbasierte Werturteile („hässlich“, „entstellt“), Vorwürfe („Fuscher“) und Appelle an andere zum Ausdruck kämen. Schmähkritik sei dem Erfahrungsbericht fremd. Gewerbetreibende wie der Kläger müssten in einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft es hinnehmen, dass ihr unternehmerisches Angebot Gegenstand des öffentlichen Diskurses werde und öffentlich geäußerte Kritik ebenso ertragen, wie er öffentliche geäußertes Lob zur Eigenwerbung nutzen dürfe. Vor allem im Gesundheitsbereich sei ein Kommunikationsdienst wie der der Beklagten für die Transparenz und den Verbraucherschutz im lokalen und regionalen Bereich wichtig, da der Dienst das Informationsgefälle zwischen dem Unternehmer und Verbraucher abmildere. Zudem behauptet die Beklagte, dass auch andere Patienten – anonym – persönliche Kritik an den Dienstleistungen des Klägers geäußert hätten. Wegen des jeweiligen Erfahrungsberichts wird auf das Anlagenkonvolut B 3 Bezug genommen. Sofern man in dem Erfahrungsbericht dagegen eine Tatsachenbehauptung sehen wolle, meint die Beklagte, der Kläger habe ihre Unwahrheit nicht nachgewiesen. Dabei müsse die Unwahrheit vom Kläger dargelegt und bewiesen werden, da eine Umkehrung der Beweislast nach dem Rechtsgedanken des § 186 StGB für den technischen Verbreiter nicht gelte; dieser sei weder Täter noch Teilnehmer einer „Tat“ nach § 186 StGB.

Ferner meint die Beklagte, dass die Grundsätze der Haftung des so genannten technischen Verbreiters einen Unterlassungsanspruch des Klägers nicht stützten. Hierzu behauptet die Beklagte, es mangele im Streitfall an einem konkreten Hinweis des Klägers gegenüber der Beklagten auf eine eindeutig und ohne Weiteres zu erkennende offenkundige Rechtsverletzung. Weder in der Nachricht der Klägervertreter vom 28. Oktober 2010 noch in dem Schreiben vom 30. September 2010 seien schlüssige Hinweise über eine Rechtsverletzung enthalten. Schließlich, meint die Beklagte, gehe der Klageantrag zu weit; die konkrete Verletzungsform sei nicht unter Angabe der URL präzisiert worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und eingereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Klageantrag zu 1)

Dem Kläger steht gegen die Beklagte bezüglich des angegriffenen „Erfahrungsberichts“ ein Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, analog 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu.

Für die streitgegenständlichen Äußerungen kommt eine Haftung der Beklagten nur unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung in Betracht. Denn es ist unstreitig, dass die Äußerungen nicht von der Beklagten, sondern von einem unbekannten Nutzer der … getätigt worden sind. Die Beklagte ist ein so genannter Host Provider und damit lediglich technische Verbreiterin der beanstandeten Inhalte. Für die Haftung der technischen Verbreiter von Informationen sind in der Rechtsprechung besondere Leitlinien entwickelt worden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist als Störer zur Unterlassung verpflichtet, wer, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011, VI ZR 93/10, Rn. 21, Urteil vom 30. Juni 2009 – VI ZR 210/08, Rn. 13 f. – Domainverpächter; BGH, Urteil vom 11. März 2004 – I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 – Internet-Versteigerung I; Urteil vom 22. Juli 2010 – I ZR 139/08, aaO Rn. 45 – Kinderhochstühle im Internet; Urteil vom 17. August 2011 – I ZR 57/09, – Stiftparfüm). Die Störerhaftung darf jedoch nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Sie setzt die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten voraus; deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat, eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2009 – VI ZR 210/08, aaO Rn. 18 – Domainverpächter; BGH, Urteil vom 11. März 2004 – I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 251 – Internet-Versteigerung I; vom 30. April 2008 – I ZR 73/05, GRUR 2008, 702 Rn. 50 – Internet-Versteigerung III; Urteil vom 17. August 2011 – I ZR 57/09, aaO Rn. 20 – Stiftparfüm, jeweils mwN). Speziell für die Inanspruchnahme des Hostproviders unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung gelten nach der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs (Urteil vom 25. Oktober 2011, VI ZR 93/10, juris, Rn. 23 ff.) für das Persönlichkeitsrecht verletzende, lediglich technisch zur Verfügung gestellte Internetseiten die folgenden Maßstäbe:

Ein Hostprovider ist nicht verpflichtet, die von den Nutzern in das Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Hostprovider auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch den Nutzer eines Blogs hin, kann der Hostprovider als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (vgl. Urteil vom 25. Oktober 2011, VI ZR 93/10, juris, Rn. 24; Urteil vom 11. März 2004 – I ZR 304/01, BGHZ 158, 236, 252 – Internet-Versteigerung I; Urteil vom 19. April 2007 – I ZR 35/04, BGHZ 172, 119 – Internet-Versteigerung II; Urteil vom 12. Juli 2007 – I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 43 – Jugendgefährdende Medien bei eBay; Urteil vom 17. August 2011 – I ZR 57/09, aaO Rn. 26 – Stiftparfüm). Diese Erwägungen stehen im Einklang mit den Maßstäben, die der Gerichtshof der Europäischen Union und der Bundesgerichtshof hinsichtlich der Verantwortlichkeit von Betreibern eines Internet-Marktplatzes für Markenrechtsverletzungen aufgestellt haben (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juli 2011 – C-324/09, EuZW 2011, 754 – L’Oreal/eBay; BGH, Urteil vom 17. August 2011 – I ZR 57/09, aaO Rn. 22 ff. – Stiftparfüm).

Allerdings wird sich bei der behaupteten Verletzung von Persönlichkeitsrechten eine Rechtsverletzung nicht stets ohne weiteres feststellen lassen. Sie erfordert eine Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf Schutz seiner Persönlichkeit sowie Achtung seines Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK geschützten Recht des Providers auf Meinungs- und Medienfreiheit. Ist der Provider mit der Beanstandung eines Betroffenen konfrontiert, die richtig oder falsch sein kann, ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den Blog Verantwortlichen erforderlich. Hiernach ergeben sich für den Provider regelmäßig folgende Pflichten: Ein Tätigwerden des Hostproviders ist nur veranlasst, wenn der Hinweis so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer – das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung – bejaht werden kann. Dabei hängt das Ausmaß des insoweit vom Provider zu verlangenden Prüfungsaufwandes von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Gewicht der angezeigten Rechtsverletzungen auf der einen und den Erkenntnismöglichkeiten des Providers auf der anderen Seite. Regelmäßig ist zunächst die Beanstandung des Betroffenen an den für den Inhalt eines Blogs Verantwortlichen zur Stellungnahme weiterzuleiten. Bleibt eine Stellungnahme innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist aus, ist von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der beanstandete Eintrag zu löschen. Stellt der für den Blog Verantwortliche die Berechtigung der Beanstandung substantiiert in Abrede und ergeben sich deshalb berechtigte Zweifel, ist der Provider grundsätzlich gehalten, dem Betroffenen dies mitzuteilen und gegebenenfalls Nachweise zu verlangen, aus denen sich die behauptete Rechtsverletzung ergibt. Bleibt eine Stellungnahme des Betroffenen aus oder legt er gegebenenfalls erforderliche Nachweise nicht vor, ist eine weitere Prüfung nicht veranlasst. Ergibt sich aus der Stellungnahme des Betroffenen oder den vorgelegten Belegen auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Äußerung des für den Blog Verantwortlichen eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts, ist der beanstandete Eintrag zu löschen.

Nach diesen Grundsätzen ist eine Haftung der Beklagten als Störerin gegeben, wobei es sich bei der beanstandeten Äußerung wohlgemerkt nicht um einen „Blog“ im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, sondern um einen Eintrag auf „…“ handelt; die Grundsätze des Bundesgerichtshofs gelten aber auch für solche Einträge. Es handelte sich bei dem inkriminierten „Erfahrungsbericht“ um eine Tatsachenbehauptung (unten 1.), und der Kläger hat die Beklagte in ausreichender Weise auf eine mögliche, hieraus entspringende Persönlichkeitsrechtsverletzung hingewiesen, ohne dass die Beklagte ihrer Verpflichtung, die Stellungnahme des für den Blog Verantwortlichen einzuholen und bei deren Ausbleiben den Eintrag zu löschen, nachgekommen wäre (unten 2.).

1. Der „Erfahrungsbericht“ stellt eine Tatsachenbehauptung dar. Vergeblich beruft sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auf das Vorliegen einer (bloßen) (zulässigen) Kritik an einem Gewerbetreibenden (Meinung).

Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist. Auch eine Äußerung, die auf Werturteilen beruht, kann sich als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorgerufen wird. Wo Tatsachenbehauptungen und Wertungen zusammenwirken, wird grundsätzlich der Text in seiner Gesamtheit von der Schutzwirkung des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG erfasst. Sofern eine Äußerung, in der sich Tatsachen und Meinungen vermengen, in entscheidender Weise durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, wird sie als Werturteil und Meinungsäußerung in vollem Umfang vom genannten Grundrecht geschützt. Im Fall einer derart engen Verknüpfung der Mitteilung von Tatsachen und ihrer Bewertung darf der Grundrechtsschutz der Meinungsfreiheit nicht dadurch verkürzt werden, dass ein tatsächliches Element aus dem Zusammenhang gerissen und isoliert betrachtet wird (BGH NJW 1996, 1131, 1133 m. w. Nachw.). Der Einfluss des Grundrechts der Meinungsfreiheit wird verkannt, wenn der Verurteilung eine Äußerung zugrundegelegt wird, die so nicht gefallen ist, wenn ihr ein Sinn gegeben wird, den sie nach dem festgestellten Wortlaut objektiv nicht hat oder wenn ihr unter mehreren objektiv möglichen Deutungen eine Auslegung gegeben wird, ohne die anderen unter Angabe überzeugender Gründe auszuschließen. Bedeutung und Tragweite der Meinungsfreiheit sind ferner verkannt, wenn eine Äußerung unzutreffend als Tatsachenbehauptung, Formalbeleidigung oder Schmähkritik eingestuft ist mit der Folge, dass sie dann nicht im selben Maß am Schutz des Grundrechts teilnimmt wie Äußerungen, die als Werturteil ohne beleidigenden oder schmähenden Charakter anzusehen sind (vgl. BVerfG NJW 1992, 1439, 1440 m. w. Nachw.). Der Schutz der Meinungsfreiheit für Tatsachenbehauptungen endet erst dort, wo sie zu der verfassungsrechtlich vorausgesetzten Meinungsbildung nichts beitragen können. Unter diesem Gesichtspunkt ist unrichtige Information kein schützenswertes Gut. Die erwiesen oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptung wird nicht vom Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG umfasst (BVerfG a. a. O.). Maßgebend für die rechtliche Beurteilung der Äußerung ist zunächst das Verständnis des unbefangenen Durchschnittsempfängers (BGH NJW 1982, 2246, 2247). Dabei kommt es für das Verständnis über die Bedeutung, den Aussagegehalt und das Gewicht einer Äußerung nicht allein auf deren Wortlaut und auf deren Betrachtung losgelöst von ihrem Hintergrund an. Vielmehr ist die Äußerung im Zusammenhang und unter Berücksichtigung ihrer zugleich mitgeteilten Umgebung zu sehen, in die sie gestellt ist. Denn es ist dieser Kontext, der ihren Inhalt prägt und damit ihr Verständnis bestimmt (vgl. BGH NJW 1996, 11331, 1133 m. w. Nachw.; Kammergericht, Urteil vom 9. März 1993, 9 U 7149/92).

Vergegenwärtigt man sich den Inhalts des „Erfahrungsberichts“, so lässt sich dieser nach den soeben dargelegten Grundsätzen zwar als Tatbestand auffassen, dem sowohl Tatsachen als auch Wertungselemente („Vorsicht!“, „Fuscher!“, „schlimmer […] verunstalten“, „furchtbar“) innewohnen, der aber letztlich schwerpunktmäßig insgesamt wie eine Tatsachenbehauptung zu behandeln ist. Der Eintrag fällt im Tatsächlichen sehr detailliert aus. Es soll eine Operation gegeben haben, in deren Folge der „Patient“ Schäden am Po und an den Armen erlitten haben will. Er will Nachbehandlungen in Form von Korrekturoperationen über sich ergehen lassen haben. Und er soll für diese Nachbehandlungen auch „investiert“ haben. Nichts soll jetzt mehr „helfen“.

Ob diese Tatsachbehauptung richtig oder falsch ist, ob also der Kläger nur im Jahre 2010 oder auch in den Jahren 2008 und 2009 etwaige Operationen der in dem Eintrag beschriebenen Art durchgeführt hat, kann dahin stehen. Nach der vorzitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes führt zu einer Störerhaftung des Providers schon das Unterlassen einer Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den Blog Verantwortlichen. Dies gilt wohlgemerkt gerade und auch in den Fällen, in denen der Provider lediglich mit der Beanstandung eines Betroffenen, „die richtig oder falsch sein kann“ konfrontiert wird, ohne also dass schon im Zeitpunkt der Beanstandung des Betroffenen die Wahrheit bzw. die Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung feststeht (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011, Rn. 25).

2. Der Kläger hat die Beklagte mit dem Schreiben vom 17. Dezember 2010 nebst beigefügter eidesstattlicher Versicherung des Klägers in ausreichender Weise darauf hingewiesen, dass der beanstandete Eintrag verleumderisch sei. Er hat die Beklagte im gleichen Schreiben auch unmissverständlich dazu aufgefordert, den Eintrag zu löschen. Entgegen der Auffassung der Beklagten war hier eine noch konkretere Darlegung einer behaupteten Rechtsverletzung nicht notwendig. Wie konkret der Hinweis auf eine Rechtsverletzung zu sein hat, ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der anführt, dass „[e]in Tätigwerden des Hostproviders […] nur veranlasst [ist], wenn der Hinweis so […] gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen unschwer – das heißt ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung – bejaht werden kann. Dabei hängt das Ausmaß des insoweit vom Provider zu verlangenden Prüfungsaufwandes von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Gewicht der angezeigten Rechtsverletzungen auf der einen und den Erkenntnismöglichkeiten des Providers auf der anderen Seite.“ (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011, VI ZR 93/10, juris, Rn. 26). Mit seinem Schreiben vom 17. Dezember 2010 und der beigefügten eidesstattlichen Versicherung hatte der Kläger hier deutlich gemacht, dass der „Erfahrungsbericht“, weil falsch, einen „verleumderischen“ Charakter hatte. Mit „verleumderisch“ hat der Kläger das zum Ausdruck gebracht, was Tatbestandsvoraussetzung des § 187 StGB ist, nämlich, dass im Eintrag in Beziehung auf den Kläger unwahre Tatsachen enthalten waren, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet sind. Die so formulierte Beanstandung des Klägers genügte dafür, dass Prüfungspflichten der Beklagten ausgelöst werden. Ihr wäre ein Leichtes gewesen, eine Stellungnahme des für den Eintrag Verantwortlichen einzuholen, was sie aber unstreitig nicht getan hat.

Die Inanspruchnahme der Beklagten scheitert nicht daran, dass sie nach Zustellung der einstweiligen Verfügung den Beitrag gelöscht hat. Denn dies geschah nicht in einem angemessenen Zeitraum nach der Abmahnung.

Die Wiederholungsgefahr ist aufgrund der bereits erfolgten Rechtsverletzung zu vermuten und hätte nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden können (BGH NJW 1994, 1281), an der es fehlt.

Der Klageantrag zu 1) geht nicht zu „weit.“ Die URL ist nicht in den Antrag/ Tenor aufzunehmen, da der Kläger mit dem Internet-Ausdruck Bl. 2 der Akten die konkrete Verletzungsform deutlich gemacht hat.

Klageantrag zu 2)

Der Klageantrag zu 2), der auf Ersatz der notwendigen Rechtsverfolgungskosten gerichtet ist, ist aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes gem. §§ 823 Abs. 1, 249 ff. BGB gerechtfertigt.

Der Höhe nach hat der Kläger diesen Anspruch zutreffend berechnet. Insoweit wird auf die Berechnung auf Bl. 7 und 8 der Klage verwiesen.

Die Nebenforderungen kann der Kläger der Beklagten aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 291 BGB entgegenhalten. Deren Höhe ist nicht bestritten.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 Satz 1 und 3 ZPO.

Dem Antrag der Klägervertreterin vom 05. April 2012 zur Einräumung einer Stellungnahmefrist auf den Schriftsatz der Gegenseite vom 27. März 2012 war nicht zu entsprechen, da der Schriftsatz vom 27. März 2012 keinen neuen, erwiderungsbedürftigen Tatsachenvortrag enthält.

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