LG Bielefeld: Weiterverkauf von eBooks, die im Wege des Downloads gekauft wurden, ist unzulässig / Keine Erschöpfung des Urheberrechts

veröffentlicht am 14. August 2013

Rechtsanwalt Dr. Ole DammLG Bielefeld, Urteil vom 05.03.2013, Az. 4 O 191/11nicht rechtskräftig
§ 1 UKlaG, § 307 Abs. 1 BGB, § 307 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB, § 17 Abs. 2 UrhG, § 44a UrhG, § 53 Abs. 1 UrhG

Das LG Bielefeld hat entschieden, dass der Weiterverkauf von elektronischen Dateien (wie eBooks) in Allgemeinen Geschäftsbedingungen untersagt werden kann. Der Kunde werde hierdurch weder überrascht noch benachteiligt. Eine andere Wertung ergebe sich auch nicht aus der Tatsache, dass die Beklagte in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch kaufrechtlich geprägte Begriffe verwende, wie beispielsweise Kaufvertrag, Kaufpreis oder Lieferung. Was wir davon halten? Rechtsprechung aus der Mottenkiste. Dass elektronische Ware (hier: eBooks) auf Grund ihrer digitalen Natur keine Sache sein soll und kein Eigentum an ihr verschafft werden kann, dürfte seit der abgeschlossenen softwarerechtlichen Paralleldiskussion Makulatur sein. Auch im Übrigen zeugt die Entscheidung von einer Fülle formalistischer Erwägungen, die keine Zustimmung finden. Der „Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen der Bundesländer und weiterer 25 verbraucher- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland“ wird sich bereits auf dem Weg zum Oberlandesgericht befinden. Zum Volltext der Entscheidung:

Landgericht Bielefeld

Urteil

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Tatbestand

Die Parteien streiten in einem Verfahren nach dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) um die Zulässigkeit zweier Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, welche den Erwerb und die Nutzung von Hörbüchern und E-Books betreffen.

Der Kläger ist der bundesweit tätige Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen der Bundesländer und weiterer 25 verbraucher- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland. Seit dem 16.07.2002 ist er in die gemäß § 4 UKlaG beim Bundesjustizamt geführte Liste eingetragen.

Die Beklagte betreibt einen Telemediendienst mit der Internetadresse „www.xxx.de“. Auf der Homepage bietet die Beklagte unter anderem Bücher, Filme, E-Books und Hörbücher zum Erwerb an (Anlage K 1, B. 12 ff d. A.).

Dies geschieht in der Weise, dass der Verbraucher beim Besuch der Webseite „www.xxx.de“ zunächst mehrere Optionen hat, sich über das Angebot der Beklagten zu informieren (vgl. Anlage K 10, Bl. 130 ff d. A.). Durch verschiedene Links und vertikale Linkleisten hat er die Möglichkeit, sich in Untermenüs zu navigieren. Bei den „Büchern“ gibt es beispielsweise die „Unterabteilungen „Hörbücher“, „Hörbuch-Downloads“ und „E-Books“.

Die Hörbücher werden auf Datenträgern (CD oder DVD) oder zum Download angeboten. Von jeder Unterabteilung besteht für den Interessenten die Möglichkeit, Produkte auszuwählen und in einen virtuellen Warenkorb zu legen. Die Daten werden vom Telemediendienst der Beklagten gegen Entgelt auf den häuslichen Datenträger des Verbrauchers transferiert. Auf dem Telemediendienst hält die Beklagte unter dem Link „AGB“ ein Bedingungswerk vor, das unter anderem folgende Klausel in § 10 Abs. III enthält:

§ 10 (3). Im Rahmen dieses Angebotes erwirbt der Kunde das einfache, nicht übertragbare Recht, die angebotenen Titel zum ausschließlich persönlichen Gebrauch gemäß Urheberrechtsgesetz in der jeweils angebotenen Art und Weise zu nutzen.

Es ist nicht gestattet, die Downloads in irgendeiner Weise inhaltlich und redaktionell zu ändern oder geänderte Versionen zu benutzen, sie für Dritte zu kopieren, öffentlich zugänglich zu machen bzw. weiterzuleiten, im Internet oder in andere Netzwerke entgeltlich oder unentgeltlich einzustellen, sie nachzuahmen, weiterzuverkaufen oder für kommerzielle Zwecke zu nutzen.

In § 10 (1) des obigen Klauselwerkes werden die Begriffe „Kaufvertrag“ und „Lieferung“ verwandt, in § 4 der AGB das Wort „Kaufpreis“.

Der Kläger hält die Klausel § 10 (3) wegen Verstoßes gegen § 307 BGB für unwirksam.

Er ist der Auffassung, der erste Teil des Klauselwerkes verstoße gegen § 307 Abs. I i.V.m. Abs. II Nr. 2 BGB. Die Klausel verkürze das vom Verbraucher erworbene Recht auf ein „einfaches Nutzungsrecht“, ohne dass dem Verbraucher verdeutlicht werde, welche Rechte ihm nach den urheberrechtlichen Vorschriften tatsächlich zustünden. Dadurch würde der mit dem Vertrag bezweckte Erfolg gefährdet.

Dem Verbraucher werde aufgrund der Formulierungen des Klauselwerkes der Kauf einer Ware ermöglicht, sodass die vertraglichen Beziehungen auch dem Kaufrecht (§ 433 BGB) zu unterstellen seien. Da es die wesentliche Leistung eines Verkäufers sei, dem Erwerber das Eigentum zu verschaffen, und dieses aufgrund der Klausel gerade nicht geschehe, liege eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers vor. Die Beklagte erwecke durch die Verwendung der o.g. kaufrechtlichen Begriffe beim Verbraucher die Erwartung, dass es sich letztlich um einen Kaufvertrag über ein Hörbuch oder E-Book handele. Der Erwartungshorizont des Käufers gehe daher dahin, auch das Eigentum an der heruntergeladenen Mediendatei zu erwerben und über diese frei verfügen zu können.

Zudem verstoße der zweite Teil der Klausel gegen § 307 Abs. I, Abs. II Nr. 2 BGB i.V.m. §§ 17 Abs. II, 53 UrhG. Zunächst widerspreche auch dieser Teil der berechtigten Kundenerwartung, als dass der Verbraucher durch die Klausel daran gehindert werde, die erworbenen Daten für Dritte zu kopieren oder weiter zu veräußern. Vor allem aber stehe die Klausel mit der grundlegenden gesetzlichen Wertung des § 17 Abs. II UrhG in Widerspruch. Der Kläger ist der Auffassung, dass sich diese Norm sowohl auf körperliche, als auch auf unkörperliche Werkträger beziehe. Die Gegenständlichkeit des Trägers eines Werkes sei dabei nach Ansicht des Klägers nicht von maßgeblicher Bedeutung. Entscheidend sei vielmehr, dass sich der Vertragsgegenstand auf eine handelbare Ware beziehe, die als solche in den Verkehr gebracht werde. In jedem Fall sei § 17 Abs. II UrhG direkt oder analog anzuwenden auf Verträge, die den Erwerb von Audiodateien oder E-Books regeln. Es widerspräche der grundlegenden Wertung, wenn dem Verbraucher ein Produkt als handelbare Ware angeboten und die Weiterveräußerung dann doch untersagt werde.

Durch die verwendete Klausel werde in den Kernbereich des synallagmatischen Vertragsverhältnisses eingegriffen. Berechtigte Interessen der Beklagten bestünden dafür nicht.

Darüber hinaus liege auch ein Verstoß der Klausel gegen das Kopierverbot des § 53 Abs. I UrhG vor. Nach dessen Wertung solle der Verbraucher die Möglichkeit haben, Kopien von Werken für private Zwecke herzustellen. In diesem Zusammenhang könne die Kopie auch für einen Dritten erfolgen. Das Kopierverbot stehe in engem Zusammenhang mit dem Verbot der Veräußerung. Wenn der Verbraucher die Ware zu veräußern gedenke, bleibe ihm nichts anderes übrig, als die heruntergeladenen Daten zu kopieren. Selbst wenn der Verbraucher nach Fertigung der Kopie die bei ihm befindlichen Daten lösche, bestehe das Kopierverbot fort. Um Missbräuche zu verhindern, könne die Beklagte technische Schutzmaßnahmen treffen.

Überdies würden die angegriffenen Klauseln auch von der Regelung des § 44a UrhG in unzulässiger Weise abweichen.

Zudem sei die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 03.07.2012 in der Rechtssache – C-128/11, ZUM 2012, 661 – wertend zu berücksichtigen. Aus den vom Europäischen Gerichtshof getroffenen Feststellungen ergebe sich, dass der Erschöpfungsgrundsatz des § 17 Abs. II UrhG für Werkstücke in jeglicher Form gelten müsse. Die Ausführungen des obersten europäischen Gerichts seien auch bei der Auslegung des § 17 Abs. II UrhG und der dem zugrundeliegenden Richtlinie 2001/29/EG zu berücksichtigen. Aufgrund der gemeinsamen Wurzel der Richtlinien, dem Urheberrechtsvertrag, stehe fest, dass eine Differenzierung zwischen Computerprogrammen und sonstigen Daten nicht vorzunehmen sei. Der Download eines Hörbuches oder E-Books könne nicht anders beurteilt werden, als der Download eines Computerprogramms. Vermarktungsinteressen der Beklagten könnten über einen erhöhten Erstverkaufspreis Rechnung getragen werden.

Der Kläger hat die Beklagte mit Schreiben vom 11.02.2010 (Anlage K 4, Bl. 23 d. A.) auf die Verwendung der seiner Meinung nach unzulässigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen hingewiesen und die Beklagte aufgefordert, zur Beseitigung einer Wiederholungsgefahr eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. In vorgerichtlicher Korrespondenz wurden einige Teile von ebenfalls beanstandeten Klauseln erledigt. Hinsichtlich der im Antrag zitierten Klauseln hat die Beklagte jedoch keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben (Anlage K 8, Bl. 41 f d. A.).

Der Kläger führt zu seinem Antrag aus, dass die in Klammern gesetzten Textpassagen ausschließlich zum besseren Verständnis angegeben und nicht Gegenstand des Angriffs sind.

Der Kläger beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Verträge über den Bezug von Audiodaten (E-Books, Hörbücher) mit Verbrauchern einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 1. April 1977, zu berufen:

1. (10 E-Books, Hörbuch-Downloads, Zeitschriftenshop

(3) Im Rahmen dieses Angebotes erwirbt der Kunde das einfache, nicht übertragbare Recht, die angebotenen Titel zum ausschließlich persönlichen Gebrauch gemäß Urheberrechtsgesetz in der jeweils angebotenen Art und Weise zu nutzen.

2. (Es ist nicht gestattet, die Downloads in irgendeiner Weise inhaltlich und redaktionell zu ändern oder geänderte Versionen zu benutzen), sie für Dritte zu kopieren, (öffentlich zugänglich zu machen bzw. weiterzuleiten, im Internet oder in andere Netzwerke entgeltlich oder unentgeltlich einzustellen, sie nachzuahmen), weiterzuverkaufen (oder für kommerzielle Zwecke zu nutzen).

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die Klauseln keine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers darstellen. Befugnisse als Sacheigentümer seien auf urheberrechtlich geschützte Daten, wie sie hier vorlägen, nicht übertragbar. Vorliegend werde lediglich ein einfaches Nutzungsrecht eingeräumt. Die daraus resultierenden Verbote würden durch den zweiten Teil der Klausel präzisiert. Der Verbraucher könne aufgrund der Vertragsgestaltung, der Umstände des Erwerbs und der Beschaffenheit des Werkträgers nicht erwarten, in demselben Maße mit der Datei verfahren zu können, wie mit einem verkörperten Buch oder einer CD. Der Kunde erwerbe kein körperliches Vervielfältigungsstück des Werks, sondern lediglich das Recht, sich durch den Download selbst ein Vervielfältigungsstück herzustellen. Dies sei für den durchschnittlichen Verbraucher auch ersichtlich.

Auch die von der Beklagten verwendeten Begriffe des Kaufrechts führten nicht zu der Kundenerwartung, mit der Datei in derselben Art und Weise verfahren zu können wie mit einem verkörperten Werkträger. Die Begrifflichkeiten dienten allein der Vereinfachung und der Vermeidung von urheberrechtlichen Begriffen. Eine Weitergabe der heruntergeladenen Hörbuchdateien oder E-Books verstoße daher gegen das urheberrechtliche Vervielfältigungsrecht, da sie durch Kopieren erfolge. Entsprechende Befugnisse werden dem Verbraucher durch den Vertrag gerade nicht eingeräumt.

Ferner seien die Befugnisse der Beklagten zur kontrollierten Weitergabe der Multimediadateien auch nach einem Download nicht erschöpft. § 17 Abs. II UrhG fände keine Anwendung, da dieser ein körperliches Werk voraussetze. Zudem sei kein Raum für eine analoge Anwendung der Norm, da weder eine planwidrige Regelungslücke noch eine vergleichbare Interessenlage vorläge.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass sich auch aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 03.07.2012 keine andere Beurteilung ergebe. Schon aus prozessualen Gründen sei das Urteil nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Abgesehen davon habe der Europäische Gerichtshof die Reichweite des Erschöpfungsgrundsatzes ausschließlich in Bezug auf Computerprogramme erweitert. Die gemeinschaftsrechtliche Grundlage des Erschöpfungsgrundsatzes ist für Computerprogramme jedoch – unstreitig – in der Richtlinie 2009/24/EG geregelt, weshalb eine Übertragung der Grundsätze schon wegen der unterschiedlichen Richtlinien und anderen Erwägungsgründe ausscheide. Gegenstand des Vorlagebeschlusses sei nicht die Reichweite der Erschöpfung im Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/29/EG gewesen. Im Übrigen habe der Europäische Gerichtshof in Bezug auf das Vervielfältigungsrecht auch keine Erschöpfung angenommen.

Zudem dienten die dem Erwerber durch die Klauseln auferlegten Beschränkungen auch dem legitimen Schutz der Beklagten vor missbräuchlichem Kopieren der Audiodateien. Im Geschäftsverkehr könne nicht ausreichend kontrolliert werden, ob der weiter übertragende Veräußerer die von ihm heruntergeladene Datei auch tatsächlich von seinem Datenträger gelöscht habe. Es würde ein unüberschaubarer Markt zum Nachteil der urheberrechtlich Berechtigten entstehen.

Mit Beschluss des Landgerichts Dortmund vom 08.04.2011 ist das Verfahren an das Landgericht Bielefeld verwiesen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze mit Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 05.03.2013 (Bl. 244 d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Unterlassung gemäß § 1 UKlaG, § 307 Abs. I, Abs. II Nr. 1 und Nr. 2 BGB, §§ 17 Abs. II, 44a, 53 Abs. I UrhG zu. Die streitgegenständlichen AGB-Bestimmungen der Beklagten halten einer Inhaltskontrolle stand und stellen keine unangemessene Benachteiligung eines Erwerbers von Hörbüchern oder E-Books entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben dar.

1.
Es liegt keine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. I, Abs. II Nr. 2 BGB vor. Wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, werden nicht unter Gefährdung des Vertragszwecks eingeschränkt.

a.
Von § 307 Abs. II Nr. 2 BGB werden grundsätzlich solche Verträge erfasst, für die eine gesetzliche Regelung im dispositiven Recht fehlt. Die Norm knüpft zudem an die Rechtsprechung an, die die formularmäßige Aushöhlung von Kardinalpflichten für unzulässig erklärt hat (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 307 Rn. 33).

Jedenfalls die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Hauptpflichten eines Vertrags sind als wesentliche Vertragspflichten in diesem Sinne anzusehen (BGH, NJW 2002, 673, 675). Allgemeine Geschäftsbedingungen dürfen dem Vertragspartner nicht solche Rechtspositionen nehmen oder einschränken, die ihm der Vertrag nach seinem Inhalt und Zweck zu gewähren hat (BGH, NJW 1988, 1785, 1787).

b.
Die konkrete rechtliche Einordnung des Vertrags als ein Sach- oder Rechtskaufvertrag, als Lizenzvertrag oder Vertrag sui generis kann dabei dahinstehen. Wesentliche Vertragspflicht der Beklagten ist die Pflicht zur Verschaffung des dem Kunden versprochenen Rechts (Wandtke, in: Wandtke, Urheberrecht, 1. Aufl. 2009, 3. Kap. Rn. 52). Der primäre Vertragszweck ist im vorliegenden Fall der Erwerb einer Nutzungsmöglichkeit an einem Hörbuch oder E-Book. Dies beinhaltet die Ermöglichung des Downloads und des beliebig oft wiederholenden Anhörens oder Ansehens der Datei auf dem heimischen Datenträger; mehr jedoch nicht. Der Beklagten obliegt es, hierfür die rechtlichen Voraussetzungen insoweit zu schaffen, als dass der Kunde den Download der Hörbuchdateien vornehmen und die Datei auf dem eigenen Datenträger speichern kann.

c.
Der von der Beklagten vorgegebene und von der Klägerseite angegriffene Ausschluss der Möglichkeit, die Datei für Dritte zu kopieren oder weiter zu veräußern, steht mit dieser vertraglichen Pflichtenlage in Einklang. Dabei muss auch die technische Abwicklung des Vertrags berücksichtigt werden (vgl. LG Stuttgart, 14.04.2011, 17 O 513/10).

Durch die angegriffene Klausel erhält der Verbraucher ein einfaches, nicht übertragbares Recht, die heruntergeladene Datei zum ausschließlich persönlichen Gebrauch zu nutzen. Eine Aussage dahingehend, dass er Eigentum erwirbt, ergibt sich nicht. Dies wäre aber auch nicht geboten. Auch wenn auf einen Vertrag zum Erwerb von Daten gegebenenfalls Kaufrecht anwendbar ist (BGH, MMR 2007, 243, 244 – ASP-Vertrag), kann aus sachenrechtlicher Sicht an unkörperlichen Gegenständen kein Eigentum im Sinne des § 903 BGB bestehen (vgl. schon BGH, NJW 1966, 542, 543). Bei Daten, in diesem Fall Hörbüchern oder E-Books, kann keine dem § 90 BGB entsprechende Eigenschaft hergestellt werden. Der Hinweis auf das Nutzungsrecht hat daher in Bezug auf das nicht mögliche Sacheigentum nur klarstellende Bedeutung.

d. Der Ausschluss der Möglichkeit des Kopierens für Dritte und der Weiterveräußerung ist mit der dargestellten Vertragsnatur vereinbar und gefährdet den Vertragszweck nicht. Primärer Vertragszweck ist die Ermöglichung und Bereitstellung des Downloads und des sich anschließenden Anhörens oder Ansehens. Soweit es um das Kopieren für Dritte oder den Weiterverkauf der Datei geht, sind diese Handlungen nicht mehr vom primären Vertragszweck und der so verstandenen Nutzungsmöglichkeit erfasst.

e.
Zudem wird auch die Erreichung des Vertragszwecks durch die Klauseln nicht gefährdet. Für die Festlegung des Vertragszwecks sind die Umstände des Vertragsschlusses mit dem Ziel der Übertragung eines urheberrechtlichen Nutzungsrechts zu betrachten.

Zweck des Vertrages ist es nicht, dem Verbraucher eine eigentümerähnliche Stellung zu verschaffen. Dies wird durch die Formulierung „das einfache, nicht übertragbare Recht“, hervorgehoben und ergibt sich aus der Bereitstellung des Werkes in unkörperlicher Form.

Unter Einbeziehung der technischen Vorgänge soll der Verbraucher ersichtlich lediglich die Möglichkeit zum Download und dem persönlichen Gebrauch der Datei in Form von Audiodateien zum Abspielen und Anhören haben. Für den Verbraucher ist angesichts des Online-Vertriebs erkennbar, dass er von der Beklagten kein körperliches Werkstück erhält, sondern ein Hörbuch oder E-Book in Dateiform. In gleicher Weise kann der Kunde erkennen, dass eine Vielzahl anderer Kunden einen ähnlichen Download durchführen kann. Schließlich ist dem Verbraucher bekannt, dass er durch den Download Audiodateien auf seiner Festplatte erhält, die nach den technischen Möglichkeiten grundsätzlich auf andere Datenträger verlustfrei ohne jeden Wertverlust übertragen werden können.

Die Möglichkeit des Kopierens für Dritte oder der Weiterveräußerung ist bei dem Erwerb von Multimediadateien über das Internet nicht in gleicher Weise nach den redlichen Interessen der Vertragsparteien geschützt wie bei körperlichen Gegenständen (vgl. LG Stuttgart, 14.04.2011, 17 O 513/10). Bei Dateien besteht die Besonderheit, dass der Erstnutzer sie einem Zweitnutzer durch verlustfreie digitale Datenübertragung zur Verfügung stellen kann. Eine Abnutzung des weitergegebenen Gegenstandes, wie sie bei Büchern, aber auch bei CDs oder DVDs droht, tritt in diesem Fall nicht ein. Darüber hinaus kann der Erstnutzer die Dateien an verschiedene Personen weitergeben und selbst die Originaldatei zurückbehalten. Sämtliche Vorgänge können unkompliziert über das Internet abgewickelt werden. Im Ergebnis besteht für die Beklagte das Risiko einer verlustfreien Vervielfältigung der Dateien, ohne dass sie hieran partizipiert. Ihr ist es auch nicht möglich, weiterzuverfolgen, an wen und wie oft die Datei weiterveräußert oder kopiert werden. Auch für den möglichen Zweit- oder Dritterwerber ist nicht erkennbar, ob die erlangte Datei aus einer rechtmäßigen oder widerrechtlich hergestellten Kopie stammt.

Diese Besonderheiten des Online-Handels sind dem durchschnittlichen Verbraucher auch bekannt. Der Erwerber eines Hörbuchs im Wege des Downloads muss mit erhöhten rechtlichen Beschränkungen rechnen. Durch die umfangreiche Berichterstattung in den Medien in den letzten Jahren über Raubkopien ist der Durchschnittskäufer hinreichend sensibilisiert in Bezug auf das Thema Download von Dateien. Bei ihm ist zumindest das Bewusstsein vorhanden, dass mit einer Datei nicht in demselben Maße verfahren werden darf, wie mit einem verkörperten Werk in Form eines Buches oder einer CD. Eine gewisse Hemmschwelle und Zurückhaltung ist diesbezüglich bei dem durchschnittlichen Erwerber von Hörbüchern und E-Books gegeben.

f.
Zudem ist eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Klauselverwenders dann nicht gegeben, wenn die Benachteiligung durch zumindest gleichwertige Interessen des Verwenders der AGB gerechtfertigt ist (zuletzt BGH, NJW 2010, 3568, 3569). Gerade auch eine Weiterverkaufsbeschränkung kann durch ein überwiegendes Interesse des Verkäufers gerechtfertigt sein (BGH, NJW 1982, 178, 179). Selbiges gilt für ein Kopierverbot.

Das nachvollziehbare Interesse der Beklagten an der Verhinderung eines unkontrollierbaren und möglicherweise urheberrechtsverletzenden Sekundärmarktes überwiegt vorliegend das sekundäre Weiterveräußerungsinteresse des Verbrauchers.

Ohne ein Weiterveräußerungsverbot wäre es dem Erwerber möglich, ein einmal erworbenes E-Book oder Hörbuch an eine Vielzahl von Zweiterwerbern zu veräußern. Es besteht jedoch ein überwiegendes urheberrechtliches und wirtschaftliches Interesse des Verkäufers, dies zu unterbinden. Denn bei Dateien besteht die Besonderheit, dass diese verlustfrei, praktisch ohne Gebrauchsverlust, digital übertragen werden können, ohne dass der ursprüngliche Veräußerer hieran partizipiert. Zwar profitieren grundsätzlich beide Vertragsparteien von der schnellen und recht unkomplizierten Vertragsabwicklung per Download in vielfältiger Weise; eine unangemessene Durchsetzung der eigenen Interessen des Verwenders ohne Rücksichtnahme auf die Belange des Vertragspartners kann angesichts dieser wirtschaftlichen Risiken der Beklagten darin aber nicht gesehen werden.

Zudem ist das primäre Vertragsinteresse des Verbrauchers darauf gerichtet, das Hörbuch herunterzuladen und sich beliebig oft anzuhören. Das Interesse, dieses Hörbuch zu vervielfältigen oder zu veräußern, tritt demgegenüber erheblich zurück und hat kein besonders hohes Gewicht. Nicht jeder Verbraucher wird zudem Wert darauf legen, die erworbene Datei auch weiter zu veräußern oder zu kopieren. Angesichts des geringeren Preises eines Hörbuches oder E-Books im Vergleich zum verkörperten Werk wird sich der durchschnittliche Kunde mit der Nutzung der Datei für eigene Zwecke begnügen. Vor diesem Hintergrund stellen die in dem zweiten Teil der Klausel aufgestellten Restriktionen keine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers dar.

g.
Eine andere Wertung ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass die Beklagte in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch kaufrechtlich geprägte Begriffe verwendet, wie beispielsweise Kaufvertrag, Kaufpreis oder Lieferung. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot im Sinne des § 307 Abs. I S. 2 BGB ist darin nicht zu erkennen. Aus dem Transparenzgebot folgt, dass eine Klausel objektiv nicht zur Irreführung oder Täuschung des Kunden geeignet sein darf (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 307 Rn. 27). Dem Kunden darf daher nicht vorgespiegelt werden, er erhalte eine Rechtsstellung, die ihm in Wahrheit vorenthalten bleibt (vgl. LG Stuttgart, 14.04.2011, 17 O 513/10).

Trotz der verwendeten Terminologie kann ein Verbraucher aus oben genannten Gründen jedoch nicht annehmen, er erwerbe die Rechtsstellung eines typischen Käufers. Es liegt keine Irreführung des Kunden vor. Bereits nach der Gestaltung der Homepage der Beklagten und dem gesamten Bestellvorgang erwirbt ein Verbraucher ersichtlich keinen körperlichen Gegenstand. Vielmehr wird ihm vor Vertragsschluss deutlich gemacht, dass er lediglich eine Datei durch Download erhalten kann. Er kann daher nicht davon ausgehen, dass die Regeln für einen Sachkauf ohne Einschränkung gelten. Zudem sind die Klauseln der Beklagten hinreichend bestimmt und auch für Laien nachvollziehbar.

Auch unter Berücksichtigung der optischen Aufmachung der Internetseite der Beklagten ergibt sich kein anderes Ergebnis. Zwar macht der Kläger geltend, dass aufgrund der gesamten Gestaltung der AGBs die Beklagte gedrucktes und als Download angebotenes Werk als gleichwertig darstelle, woraus der Schluss zu ziehen sei, dass sich dann aber für beide Erwerbsformen keine unterschiedlichen urheberrechtlichen Befugnisse ergeben dürften.

Dabei wird jedoch außer Acht gelassen, dass die von der Beklagten verwendete Terminologie nur der Vereinfachung dient. Urheberrechtliche Ausdrücke werden zugunsten des einfachen Verständnisses vermieden. Kaufrechtliche Begriffe sind dem Laien bekannt und für diesen nachvollziehbar. Unbekanntere urheberrechtliche Formulierungen würden dagegen lediglich zu Verwirrung führen mit dem Ergebnis, dass der Verbraucher vom Erwerb der Datei Abstand nehmen könnte. Der Kunde kann sich unter der Download- und Speichermöglichkeit etwas vorstellen und wird nicht von einem üblichen Sachkauf ausgehen. Durch die ausgesprochen offenen Klauselformulierungen wird der Kunde auch vor einer etwaigen Fehlvorstellung hinsichtlich seiner Befugnisse geschützt. Zudem ist die Vertragstypologie in Rechtsprechung und Schrifttum nicht außer Streit (vgl. OLG Stuttgart, GRUR-RR 2012, 243).

Indem die Beklagte die kaufrechtliche Sprache verwendet, aber gleichzeitig inhaltlich die dem Kunden eingeräumte begrenzte Rechtsposition darstellt und ihm in aller Deutlichkeit das Verbot des Weiterverkaufs und des Kopierens für Dritte mitteilt, verhindert sie, dass der Verbraucher falsche Vorstellungen oder ein schutzwürdiges Vertrauen in Bezug auf eine freie Verfügungsbefugnis über das erworbene Hörbuch entwickelt.

2.
Die Klausel benachteiligt den Vertragspartner des Verwenders auch nicht unangemessen im Sinne der § 307 Abs. I, Abs. II Nr. 1 BGB i. V. m. §§ 17 Abs. II, 53 Abs. I, 44a UrhG.

a.
Die Klausel weicht nicht von den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des § 17 Abs. II UrhG ab.

§ 307 Abs. II Nr. 1 BGB knüpft an den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatz an, dass den Vorschriften des dispositiven Rechts bei der Inhaltskontrolle von AGBs eine Leitbildfunktion zukommt (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 307 Rn. 28). Die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. II Nr. 1 BGB erstreckt sich im Bereich des Urhebervertragsrechts auch auf die wesentlichen Grundgedanken des UrhG (Schricker/Loewenheim, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, 4. Aufl. 2010, Vor § 28 Rn. 40).
62

aa.
Einer dieser Grundsätze ist der urheberrechtliche Erschöpfungsgrundsatz nach § 17 Abs. II UrhG.

Gemäß § 17 Abs. II UrhG ist die Weiterverbreitung mit Ausnahme der Vermietung zulässig, wenn das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes mit Zustimmung des zur Verbreitung Berechtigten im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden sind.

§ 17 Abs. II UrhG ist Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes, dass das Urheberrecht ebenso wie andere Schutzrechte gegenüber dem Interesse an der Verkehrsfähigkeit der mit Zustimmung des Berechtigten in Verkehr gesetzten Waren zurücktreten muss (BGH, GRUR 2001, 51, 53 – Parfumflakon). Der rechtlich zwingende Erschöpfungsgrundsatz nach § 17 Abs. II UrhG ist eine Grenze des Verbreitungsrechts, durch die der freie Warenverkehr rechtmäßig veräußerter Werkstücke gewährleistet werden soll (Loewenheim, in: Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl. 2010, § 20 Rn. 33).

Nach Ansicht des Gerichts tritt die Erschöpfungswirkung nach § 17 Abs. II UrhG bei der Online-Übermittlung von Medien wie insbesondere Hörbüchern weder im Falle des reinen Herunterladens, noch bei einer vom Nutzer anschließend hergestellten Verkörperung in einem gesonderten Werkstück selbst ein.

Die Online-Übermittlung ist mangels Inverkehrbringens eines körperlichen Vervielfältigungsstücks keine Verbreitungshandlung nach § 17 Abs. I UrhG, sondern ein Akt der öffentlichen Wiedergabe im Sinne von § 19a UrhG (Loewenheim, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, 4. Aufl. 2010, § 17 Rn. 45). Erst der Nutzer erstellt auf seinem Computer durch den Vorgang des Herunterladens der Datei ein lokales Vervielfältigungsstück des ihm vom Anbieter online zugänglich gemachten Werks. Berechtigt hierzu ist der Verbraucher aus der Einräumung des einfachen Nutzungsrechts, das die Beklagte ihren Kunden gewährt und dessen Unveräußerlichkeit sie in der streitgegenständlichen Klausel anordnet. In der Abspeicherung des Programms auf einem Datenträger ist eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG zu sehen.

Die Erschöpfungswirkung erfasst nach dem Wortlaut und der systematischen Stellung von § 17 Abs. II UrhG lediglich die Weiterverbreitung des konkreten körperlichen Werkexemplars und damit das Verbreitungsrecht nach § 17 Abs. I UrhG, nicht aber das Vervielfältigungsrecht nach § 16 Abs. I UrhG (BGH, GRUR 1993, 34, 36 – Bedienungsanweisung; BGH, GRUR 2001, 51, 53 – Parfumflakon; OLG München MMR 2008, 601) oder gar das Recht der öffentlichen Wiedergabe nach § 19 a UrhG (Loewenheim, in: Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl. 2010, § 20 Rn. 34).

bb.
Die angegriffene Klausel schränkt zudem kein Recht auf Verbreitung eines nach dem Download vom Vertragspartner hergestellten Werkstückes ein. Ein solches Verbreitungsrecht existiert mangels Erschöpfung nicht.

Die Frage, ob bei einem Download eine Erschöpfung des Verbreitungsrechts in Bezug auf ein konkret hergestelltes Werkexemplar eintritt, ist umstritten (vgl. den Streitstand in Bezug auf Kopien von Computerprogrammen, BGH GRUR-Int 2011, 439).

Die Erschöpfung setzt nach traditioneller Auffassung ein körperliches Werkstück voraus, da der Grundsatz nur die Verkehrsfähigkeit von Waren schützt, in denen das Werk verkörpert ist, und nicht die von einem Werkexemplar ungebundene Übermittlung erlaubt (Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl. 2008, § 17 Rn. 30). Insbesondere zu der parallelen Erschöpfungsregelung des § 69 c Nr. 3 Satz 2 UrhG für die Verbreitung von gebrauchter Software, aber auch zu § 17 Abs. II UrhG wird diskutiert, ob die Erschöpfungswirkung bei Online-Übermittlung entweder mit dem Herunterladen auf einen Datenträger eintritt oder aber mangels Übermittlung eines körperlichen Vervielfältigungsstücks überhaupt nicht (vgl. zum Meinungsstand BGH, Beschluss vom 03.02.2011, Az. I ZR 129/08, Rn. 23 bis Rn. 29 – UsedSoft; der BGH hatte diese Frage für Gebrauchtsoftware dem EuGH vorgelegt). Die Obergerichte lehnen für § 69 c Nr. 3 Satz 2 UrhG die Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes auf das Vervielfältigungsrecht und auf unkörperliche Verbreitungsformen ab (OLG München, MMR 2008, 601 ff.; OLG Frankfurt, MMR 2009, 544 ff.; OLG Düsseldorf, MMR 2009, 629 ff.).

Dies gilt auch für Multimediadateien. Dabei kann unter anderem auf die Informationsgesellschafts-Richtlinie und deren Erwägungsgründe rekurriert werden.

In Art. 3 Abs. I der Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (2001/29/EG) sehen die Mitgliedsstaaten vor, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten.

Gemäß Art. 3 Abs. III der Richtlinie erschöpft sich dieses Recht nicht mit den in diesem Artikel genannten Handlungen der öffentlichen Wiedergabe oder der Zugänglichmachung für die Öffentlichkeit.

Ferner heißt es in Erwägungsgrund 29 der Informationsgesellschafts-Richtlinie: „Die Frage der Erschöpfung stellt sich weder bei Dienstleistungen allgemein noch bei Online-Diensten im Besonderen. Dies gilt auch für materielle Vervielfältigungsstücke eines Werks oder eines sonstigen Schutzgegenstandes, die durch den Nutzer eines solchen Dienstes mit Zustimmung des Rechtsinhabers hergestellt worden sind.“

Da das deutsche Urheberrecht der Umsetzung dieser Richtlinie dient, ist es europarechtskonform auszulegen (vgl. LG Hamburg, 20.09.2011 – 312 O 414/10).

Auch für eine analoge Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes bleibt kein Raum (OLG Stuttgart, GRUR-RR 2012, 244; OLG Düsseldorf, MMR 2009, 629; OLG Frankfurt a.M., MMR 2009, 544 (545); zust. hierzu BGH, GRUR 2011, 418, Rn. 32 – UsedSoft, m. ausführliche Darstellung des Streitstandes; vgl. auch OLG München, MMR 2008, 601 ((Vorinstanz des BGH-Verfahrens)). Dabei ist angesichts des Wortlautes der Erwägungsgründe zur Richtlinie 2001/29/EG schon das Vorliegen einer erforderlichen Regelungslücke fraglich. Zudem ist dem Gesetzgeber die Möglichkeit der unkörperlichen Übertragung bekannt gewesen und von diesem bewusst nicht erfasst worden (LG München I MMR 2007, 328).

Abgesehen davon, dass dadurch die oben erwähnte europarechtliche Wertung außer Acht gelassen würde, fehlt es an einer vergleichbaren Interessenlage. Die Situation ist für den Veräußerer von körperlichen und nicht verkörperten Werken nicht vergleichbar. Angesichts der einfachen und schnellen technischen Möglichkeit zur Weiterübertragung der Daten – einschließlich der Möglichkeit zur rechtswidrigen Mehrfachübertragung oder zur Übertragung ohne Löschung beim Ersterwerber – entsteht ein schützenswertes Vertrauen der beteiligten Verkehrskreise im Hinblick auf die Authentizität und die Legalität der unkörperlichen Vervielfältigungsstücke nicht in dem Maße, dass eine entsprechende Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes geboten wäre (vgl. LG Stuttgart, 14.04.2011, 17 O 513/10). Wie die zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Einschränkbarkeit der Nutzungsmöglichkeiten sogar bei verkörperten Vervielfältigungsstücken zeigt (BGH, MMR 2010, 771, 773, Tz. 21 – Half Life 2), fällt das Interesse an einem Sekundärmarkt nicht oder allenfalls mittelbar in den Schutzbereich der urheberrechtlichen Erschöpfung. Der Bundesgerichtshof hat in dem zitierten Vorlagebeschluss zu gebrauchter Software zu erkennen gegeben, dass die Wirkung der Erschöpfung nicht auf den online übermittelten unkörperlichen Datenbestand ausgedehnt werden sollte (BGH, Beschluss vom 03.02.2011, Az. I ZR 129/08, Rn. 32 – UsedSoft).

cc.
Auch die Entscheidung des EuGH vom 03.07.2012, Rs. C-128/11 UsedSoft ./. Oracle vermag an dieser Beurteilung entgegen der Ansicht des Klägers nichts zu ändern.

Der EuGH kommt in seiner Entscheidung zu der Feststellung, dass die Richtlinie 2009/24/EG, die allein den Rechtsschutz von Computerprogrammen betrifft, dahingehend auszulegen sei, dass das Recht auf die Verbreitung der Kopie eines Computerprogramms erschöpft ist, wenn der Inhaber des Urheberrechts, der dem Herunterladen dieser Kopie aus dem Internet zugestimmt hat, gegen Zahlung eines Entgelts, das es ihm ermöglichen soll, eine dem Wert der Kopie entsprechende Vergütung zu erzielen, auch ein Recht eingeräumt hat, diese Kopie ohne zeitliche Begrenzung zu nutzen.

Bezogen auf die Frage, ob sich die Erschöpfung des Verbreitungsrechts im Sinne von Art. 4 Abs. II der Richtlinie 2009/24/EG nur auf materielle Güter, nicht aber auf unkörperliche Kopien von aus dem Internet heruntergeladenen Computerprogrammen bezieht, führt der EuGH aus (NJW 2012, 2567 (56), dass die Richtlinie 2009/24, die speziell den rechtlichen Schutz von Computerprogrammen betrifft, im Verhältnis zur Richtlinie 2001/29/EG lex specialis sei. Die angeführten Bestimmungen ließen deutlich den Willen des Unionsgesetzgebers erkennen, im Hinblick auf den in der Richtlinie 2009/24/EG vorgesehenen Schutz körperliche und nichtkörperliche Programmkopien einander gleichzustellen. Da die Veräußerung eines Computerprogramms auf CD-ROM und die Veräußerung durch Herunterladen aus dem Internet wirtschaftlich gesehen vergleichbar seien, trete Erschöpfung des Verbreitungsrechts bereits mit dem Erstverkauf einer Programmkopie ein.

In der Literatur wird eine Übertragung der entwickelten Grundsätze auf andere digitale Medien wie Hörbücher oder E-Books teilweise befürwortet (Hoeren/Försterling in MMR 2012, 642; Hartmann in GRUR-Int. 2012, 980). Es könne wirtschaftlich keinen Unterschied machen, ob es im konkreten Fall um Computersoftware oder z.B. E-Books oder Hörbuchdateien gehe. Wenn eine Abschottung nachgelagerter Märkte durch eine weite Ausführung des Erschöpfungsgrundsatzes verhindert werden solle, gelte dies gerade auch für andere digitale Inhalte als Software. Zudem müsse den technischen Neuerungen Rechnung getragen werden. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Richtlinie 2001/29/EG seien die technischen Möglichkeiten des Downloads von medialen Inhalten noch nicht ausreichend bekannt gewesen. Das Binnenmarktziel des freien Rechtsverkehrs auch digitaler Güter und ihrer Verkehrsfähigkeit sei nur durch eine entsprechend weit anzuwendende Erschöpfungswirkung zu erfüllen.

Entscheidendes Kriterium gegen die Übertragung der vom EuGH entwickelten Grundsätze ist jedoch, dass der EuGH seine Begründung vor allem auf die speziell nur für Computerprogramme geltende Richtlinie 2009/24/EG stützt. Die gemeinschaftsrechtliche Auslegung des § 17 Abs. II UrhG hat ausschließlich anhand der Richtlinie 2001/29/EG zu erfolgen. Der EuGH hebt den besonderen Rechtsrahmen für Software und dessen Vorrang vor dem allgemeinen Urheberrecht hervor. Art. 4 Abs. II der EU-Softwareschutz-Richtlinie unterscheide ausdrücklich nicht zwischen Computerprogrammen in körperlicher oder unkörperlicher Form. Daher sei es der Wille des europäischen Gesetzgebers gewesen, körperliche und unkörperliche Programmkopien gleich zu behandeln. Dies gilt aber nicht für die Richtlinie 2001/29/EG, auf der § 17 Abs. II UrhG beruht.

Zwischen den Erwägungsgründen der Richtlinien gibt es erhebliche Unterschiede. Wie bereits oben ausgeführt, sprechen der Wortlaut und der Normentext der Erwägungsgründe 28 und 29 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 4 der Richtlinie 2001/29/EG i.V. mit Art. 8 des Urheberrechtsvertrags dafür, die Erschöpfung auf körperliche Werke zu beschränken. Der EuGH führt dazu aus: „Doch selbst wenn sich aus Art. 4 Abs. II der Richtlinie 2001/29 in seiner Auslegung im Licht der Erwägungsgründe 28 und 29 der Richtlinie sowie des Urheberrechtsvertrags, der durch die Richtlinie 2001/29 umgesetzt werden soll, ergäbe, dass die Erschöpfung des Verbreitungsrechts bei den unter diese Richtlinie fallenden Werken nur materielle Güter beträfe, ließe dies die Auslegung von Art. 4 Abs. II der Richtlinie 2009/24 unberührt, da der Unionsgesetzgeber im konkreten Kontext dieser Richtlinie einen anderen Willen zum Ausdruck gebracht hat (Tz. 60).“ Die Richtlinie 2009/24/EG findet auch nicht auf Musik als MP3-Datei oder Bücher als E-Books Anwendung, weil diese grundsätzlich keine Computerprogramme sind. Maßgebliche Beurteilungsgrundlage ist damit allein die Richtlinie 2001/29/EG.

Und dazu ist vom EuGH keine Aussage getroffen worden, sodass die Argumentation des EuGH zum Handel mit Gebrauchtsoftware nicht unmittelbar auf andere Werkarten übertragen werden kann. Das Urteil des EuGH lässt nicht den Schluss zu, dass Art. 3 Abs. I der Richtlinie 2001/29/EG genauso auszulegen ist wie Art. 4 Abs. II der Richtlinie 2009/24/EG.

Zudem könnten die Wertungen des EuGH auch nicht über die fehlende Erschöpfung des Vervielfältigungsrechts hinweghelfen. Das Vervielfältigungsrecht erschöpft auch nach oben zitierter Entscheidung des EuGH nicht. Wenn eine Multimediadatei jedoch an einen Zweiterwerber weitergegeben oder veräußert wird, muss sie aus technischen Gründen auf dem Datenträger kopiert werden, wodurch in das Vervielfältigungsrecht eingegriffen wird.

Der EuGH hat in der Entscheidung den Erschöpfungsgrundsatz nicht auf das Vervielfältigungsrecht übertragen. Stattdessen sind die vom Ersterwerber notwendig durchzuführenden Vervielfältigungen über eine weite Auslegung von Art. 5 Abs. I der Richtlinie 2009/24/EG legitimiert worden. Ein Zweiterwerber eines Computerprogramms, der sich auf Erschöpfung nach Art. 4 Abs. II der Richtlinie 2009/24/EG berufen kann, ist gemäß Art. 5 I der Richtlinie 2009/24/EG auch befugt, die für den Erwerb erforderlichen Vervielfältigungen herzustellen (vgl. Rn. 81 des Urteils).

Eine solche Schranke, wie sie der deutsche Gesetzgeber durch § 69d Abs. I UrhG für Computerprogramme umgesetzt hat, fehlt jedoch in Bezug auf Hörbuchdateien oder E-Books. Bei Art. 5 Abs. I der Richtlinie 2009/24/EG handelt es sich um eine spezialgesetzliche Vorschrift, die nur für Computerprogramme gilt und in der Richtlinie 2001/29/EG keine Entsprechung findet.

b.
Unabhängig von der Frage, ob sich der Kläger im Rahmen seiner AGB-rechtlichen Klage überhaupt auf § 31 Abs. V UrhG berufen kann, führt auch die Wertung des § 31 Abs. V UrhG entgegen der Auffassung des Klägers nicht zu einer Unangemessenheit der beanstandeten Klauseln im Sinne des § 307 BGB. § 31 Abs. V UrhG findet nur Anwendung, wenn die Nutzungsarten nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet sind und wenn über die Nutzungsrechte keine klare Regelung getroffen worden ist.

Dieser Fall ist hier nicht gegeben. Die angegriffenen Klauseln sind eindeutig und hinreichend bestimmt. Die nicht vorzunehmenden Nutzungsarten werden explizit herausgestellt. Der Umfang des Nutzungsrechts ist damit auch für einen Laien deutlich erkennbar. Im Übrigen dient die Norm dem Interesse und dem Schutz des Urhebers.

c.
Auch die Schutzrechtsschranke nach § 53 Abs. I UrhG steht den in dem zweiten Teil der Klausel niedergelegten Beschränkungen nicht entgegen. Danach sind einzelne Vervielfältigungen eines Werkes durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern zulässig, nicht jedoch Kopien für Dritte. Erwerbszwecke werden von der Norm nicht erfasst. Ein Weiterverkauf, wie durch die Klausel untersagt, überschreitet den privaten Gebrauch nach § 53 Abs. I S. 1 UrhG jedoch. Zudem ist § 53 Abs. VI S. 1 UrhG zu beachten, nachdem die zum Privatgebrauch hergestellten Vervielfältigungsstücke nicht verbreitet, demnach auch nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen. Dem tragen die Beschränkungen in der Klausel Rechnung.

d.
Indem die angegriffene Klausel das Kopieren für Dritte und das Weiterveräußern der Datei untersagt, wird zudem nicht vom wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des § 44a Abs. I UrhG abgewichen.

Danach sind vorübergehende Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen und deren alleiniger Zweck es ist, eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder eine rechtmäßige Nutzung eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstands zu ermöglichen, und die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben, zulässig.

Diese Norm kann jedoch beim hier in Rede stehenden Download eines Hörbuches oder E-Books mit anschließender Speicherung nicht zur Anwendung kommen. Denn dabei handelt es sich nicht um Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend sind.

Flüchtig ist die Vervielfältigung, wenn es sich lediglich um eine besonders kurzlebige Speicherung handelt, die automatisch nach Beendigung einer Arbeitssitzung oder nach einem bestimmten Zeitablauf gelöscht wird (KG GRUR-RR 2004, 228, 231; v. Welser in Wandtke/Bullinger, UrhR, 3. Auflage, 2009, § 44a, Rn. 2). Als flüchtig ist eine Handlung zu charakterisieren, „wenn ihre Lebensdauer auf das für das ordnungsgemäße Funktionieren des betreffenden technischen Verfahrens Erforderliche beschränkt ist und nutzerunabhängig automatisiert abläuft“ (Schulz in Beck’scher Online-Kommentar Urheberrecht, § 44a, Rn. 4-5). Die Löschung der Vervielfältigung tritt daraufhin automatisch ein.

Dies trifft auf den Download einer Multimediadatei nicht zu. Denn diese soll gerade nicht nur flüchtig auf einem Datenträger gespeichert werden, sondern dauerhaft, um beliebig oft abgerufen zu werden. Ein Löschen der Datei wird vom Nutzer nicht beabsichtigt. Vielmehr sollen lediglich Fälle des Browsing und Caching von der Norm erfasst werden, also grundsätzlich temporäre Speicherungen auf dem Arbeitsspeicher und Zwischenspeicherungen in Caches. Allein auf diesen Anwendungsbereich ist die Norm zugeschnitten.

Auch handelt es sich beim Download und der Speicherung einer Hörbuchdatei oder eines E-Books nicht um eine begleitende Vervielfältigungshandlung im Sinne der Norm. Begleitend sind Vervielfältigungen, die lediglich beiläufig während eines technischen Vorgangs entstehen (v. Welser in Wandtke/Bullinger, UrhR, 3. Auflage, 2009, § 44a, Rn. 2). Auch dies trifft bei den hier in Rede stehenden Vorgängen gerade nicht zu. Der Download erfolgt nicht nur beiläufig, sondern wird vom Verbraucher gerade beabsichtigt und von diesem gesteuert.

II.

1.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 5 UKlaG i. V. m. § 91 Abs. I Satz 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 5 UKlaG i. V. m. § 709 ZPO.

2.
Der Gebührenstreitwert wurde nach §§ 48 Abs. I GKG, 3 ZPO festgesetzt. Da die angegriffene Klausel im Kern durchaus verbreitet ist, der Absatz von Multimediadateien wie Hörbüchern oder E-Books in den letzten Jahren immens zugenommen hat und die Klausel zudem Fragen von zentraler Bedeutung für den Online-Vertrieb von diesen Dateien betrifft, war eine Erhöhung des Regelstreitwerts auf 50.000 EUR geboten.

I