LG Bochum: Die Werbung mit einer Echtheitsgarantie für Originalware ist irreführend

veröffentlicht am 1. Juli 2009

Rechtsanwalt Dr. Ole DammLG Bochum, Urteil vom 12.02.2009, Az. I-12 O 12/09
§§ 3, 4 Nr. 11, 5, 8 UWG, § 477 BGB

Das LG Bochum hat eine eBay-Händler von Parfums u.a. untersagt, im Rahmen der Produktbeschreibung mit dem Hinweis zu werben „Garantie – Echtheitsgarantie: die Echtheit aller von uns angebotenen Waren wird hiermit ausdrücklich garantiert! Sämtliche Waren in unserem Sortiment sind 100 % Originalwaren.“ Der Hinweis auf die Echtheit der Waren verstoße in der konkreten Verwendungsform gegen § 5 UWG unter dem Gesichtspunkt der Werbung mit Selbstverständlichkeiten. Die Kammer verkenne nicht, dass es gerade bei Verkäufen über eBay häufig um gefälschte Markenware gehe. Dies ändere aber nichts daran, dass grundsätzlich jeder Verkäufer – wenn er nicht etwas anderes mitteilt – verpflichtet sei, Originalware zu liefern. Mit seiner auffällig herausgestellten Garantiezusage täusche der Verfügungsbeklagte vor, seinen Kunden einen besonderen Vorteil zu bieten. Gerade auch aus der Sicht redlicher Mitbewerber verschaffe der Verfügungsbeklagte sich damit einen ungerechtfertigten Vorteil. Zu einem anderen Ergebnis kommt man auch nicht dann, wenn man die Echtheitsbestätigung als echte Garantie auffassen wolle. Denn dann läge ein Verstoß gegen §§ 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 477 BGB vor, weil detaillierte Angaben zu Art und Umfang der Garantie fehlten.

Landgericht Bochum

Urteil

Im Wege der einstweiligen Verfügung wird angeordnet:

Dem Verfügungsbeklagten wird bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ersatzordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit dem Angebot von Waren an Verbraucher im Fernabsatz auf der Internethandelsplattform eBay Parfümerieartikel anzubieten und dabei

1. den Versand in das Ausland anzubieten, ohne vor Einleiten des Bestellvorgangs die Höhe der Versandkosten in das Ausland anzugeben und/oder

2. alternativ „versicherten“ und „unversicherten“ Versand anzubieten, wobei für den versicherten Versand höhere Versandkosten angegeben werden und/oder

3. im Rahmen der Produktbeschreibung des folgenden Hinweis anzubringen: „Garantie – Echtheitsgarantie: die Echtheit aller von uns angebotenen Waren wird hiermit ausdrücklich garantiert! Sämtliche Waren in unserem Sortiment sind 100 % Originalwaren.“

wenn dies wie in dem Angebot mit der Nummer xxx (Anlage ASt. 1) ersichtlich geschieht.

Der Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 14.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Beide Parteien vertreiben Kosmetik- und Parfümerieartikel auf der Auktionsplattform eBay. Unter der Artikelnummer xxx bot der Verfügungsbeklagte einen Versace Bright Crystal 90 ml EDT Spray an. Es wurde ein Versand innerhalb Europas angeboten. Versandkosten wurden dagegen nur angegeben für Benelux, Dänemark, Frankreich, Österreich und die Schweiz. Die Versandkosten bei versichertem Versand waren für Benelux mit 9,00 EUR, für die übrigen soeben genannten Länder mit 13,00 EUR angegeben. Ein unversicherter Versand wurde in diese Länder mit 7,00 EUR angeboten.

Das Angebot enthielt ferner folgenden Hinweis.

„Garantie: Echtheitsgarantie: Die Echtheit aller von uns angebotenen Waren wird hiermit ausdrücklich garantiert! Sämtliche Waren in unserem Sortiment sind 100 % Originalwaren.“
Der Verfügungskläger hält in den genannten Punkten das Angebot für wettbewerbswidrig. Er beantragt,

dem Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben,

es bei Meidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 EUR ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zu 6 Monate zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit dem Angebot von Waren an Verbraucher im Fernabsatz auf der Internethandelsplattform eBay Parfümerieartikel anzubieten und dabei

1. den Versand in das Ausland anzubieten, ohne vor Einleiten des Bestellvorgangs die Höhe der Versandkosten in das Ausland anzugeben und/oder

2. alternativ „versicherten“ und „unversicherten“ Versand anzubieten, wobei für den versicherten Versand höhere Versandkosten angegeben werden und/oder

3. im Rahmen der Produktbeschreibung den folgenden Hinweis anzubringen: „Garantie: Echtheitsgarantie: Die Echtheit aller von uns angebotenen Waren wird hiermit ausdrücklich garantiert! Sämtliche Waren in unserem Sortiment sind 100 % Originalwaren“, wenn dies wie in Anlage ASt 1 ersichtlich geschieht.

Der Verfügungsbeklagte beantragt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abzulehnen.

Der Verfügungsbeklagte verweist darauf, er habe bereits vor der Abmahnung seinen Internetauftritt völlig neu gestaltet und belehre nunmehr zutreffen über die Versandkosten. Das Angebot eines versicherten Versandes könne nicht zu einer Täuschung der Verbraucher führen. Auch der Hinweis auf Echtheitsgarantie stelle keinen Wettbewerbsverstoß dar. Insoweit sei der außerordentlich hohe Anteil von Fälschungen zu berücksichtigen. Schließlich fehle es auch an der erforderlichen Dringlichkeit, weil der Verfügungskläger nach Kenntnisnahme am 30.12.2008 erst am 20.01.2009 eine Abmahnung ausgesprochen haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird Bezug genommen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze einschließlich der dortigen Anlage sowie auf die Sitzungsniederschrift.

Gründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist begründet.

1.
Gem. §§ 8, 3, 4 Nr. 11, 5 UWG kann der Verfügungskläger in allen Punkten die begehrte Unterlassung verlangen.

a)
Gem. § 1 Abs. 2 der PreisangabenVO war die Höhe der Versandkosten anzugeben. Dies gilt auch für Lieferungen außerhalb Deutschlands, da das Gesetz insoweit keinen Unterschied macht. Dieser Verstoß gegen die PreisangabenVO ist über § 4 Nr. 11 UWG als wettbewerbsrechtlich unlauteres Verhalten einzustufen. Die nach dem ersten Verstoß grundsätzlich anzunehmende Wiederholungsgefahr ist nicht durch die freiwillige Berichtigung des Angebots beseitigt worden. Denn ohne die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung könnte der Verfügungsbeklagte jederzeit wieder auf sein ursprüngliches Verhalten zurückkommen.

b)
Durch die ohne nähere Erläuterung aufgezeigte Möglichkeit des versicherten bzw. unversicherten Versands zu unterschiedlichen Preisen führt der Verfügungsbeklagte seine Kunden in die Irre (§ 5 UWG). Denn der Kunder wird davon ausgehen, der versicherte Versand, für den er einen höheren Betrag zu zahlen hat, brächte ihm Vorteile. Dies ist jedoch tatsächlich nicht der Fall, da der Unternehmer allein das Risiko des Versandes (§§ 474, 447 BGB) zu tragen hat.

c)
Auch der Hinweis auf die Echtheit der Waren verstößt in der konkreten Verwendungsform gegen § 5 UWG unter dem Gesichtspunkt der Werbung mit Selbstverständlichkeiten. Die Kammer verkennt nicht, dass es gerade bei Verkäufen über eBay häufig um gefälschte Markenware geht. Dies ändert aber nichts daran, dass grundsätzlich jeder Verkäufer – wenn er nicht etwas anderes mitteilt – verpflichtet ist, Originalware zu liefern. Mit seiner auffällig herausgestellten Garantiezusage täuscht der Verfügungsbeklagte vor, seinen Kunden einen besonderen Vorteil zu bieten. Gerade auch aus der Sicht redlicher Mitbewerber verschafft der Verfügungsbeklagte sich damit einen ungerechtfertigten Vorteil. Zu einem anderen Ergebnis kommt man auch nicht dann, wenn man die Echtheitsbestätigung als echte Garantie auffassen wollte. Denn dann läge ein Verstoß gegen §§ 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 477 BGB vor, weil detaillierte Angaben zu Art und Umfang der Garantie fehlen.

2.
Die für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Dringlichkeit wird gem. § 12 Abs. 2 UWG vermutet. Diese Vermutung ist auch nicht widerlegt. Der Verfügungskläger hat innerhalb eines Monats nach Kenntniserlangung den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eingereicht. Ob und wann er zuvor eine Abmahnung ausgesprochen hat, ist für die Frage der Dringlichkeit unerheblich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

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