LG Braunschweig: Die Domain „www.myfab.de“, die vor Gründung des Unternehmens „MyFab“ von einem Dritten registriert wurde, verletzt die Namensrechte des Unternehmens nicht

veröffentlicht am 14. Dezember 2011

LG Braunschweig, Urteil vom 28.04.2010, Az. 9 O 2367/09
§ 12 BGB

Das LG Braunschweig hat entschieden, dass eine Firma mit der Bezeichnung „MyFab“ keinen Anspruch auf Löschung der Domains „www.myfab.de“ und „www.my-fab.de“ hat, wenn diese bereits vor Gründung der Firma registriert wurden. Dies gelte auch, wenn die registrierten Domains bis zur Klageerhebung gar nicht genutzt worden seien, wenn jedenfalls ein Benutzungswille vorgelegen habe. Zwar stehe der Klägerin ein Namensrecht an der Bezeichnung „myfab“ zu, dieses sei jedoch durch die Registrierung der Domains vor Gründung des Unternehmens nicht verletzt worden. Zudem sei es dem Unternehmen möglich gewesen, vor Gründung bzw. Namensgebung die Verfügbarkeit begehrter Domains zu prüfen. Dass dies unterblieben sei, könne nicht dem Beklagten angelastet werden. Zum Volltext der Entscheidung:


Landgericht Braunschweig

Urteil

In dem Rechtsstreit

hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig auf die mündliche Verhandlung vom 17.03.2010 durch … für Recht erkannt:

1.
Die Klage wird abgewiesen.

2.
Die Klägerin wird verurteilt, den Beklagten von seiner Verbindlichkeit gegenüber den Rechtsanwälten … in Höhe von 598,21 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.01.2009 freizustellen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

3.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages.

5.
Der Streitwert wird auf 31.239,40 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Nutzung der Internet Domains www.myfab.de und www.my-fab.de.

Die Klägerin ist ein Unternehmen der international agierenden „myfab“-Unternehmensgruppe. „Myfab“ verkauft Premium-Möbel über das Internet zu Fabrikpreisen. Die Wurzeln von „myfab“ gehen zurück auf die Gründung der Anwalt IT SAS im September 2007. Sie ist unter dem Namen „myfab“ und unter der Domain „myfab.com“ seit März 2008 im Markt tätig. Der Start des Unternehmens war erfolgreich. Seit Beginn des Vertriebes im März 2008 bis zum Juli 2009 wurden bereits knapp 70000 Artikel und insgesamt – einschließlich des Geschäftskundengeschäfts bereits über 100000 Artikel verkauft. Die E-Commerce-Plattform www.myfab.com zählt bis 50000 Besucher am Tag.

Die Klägerin wurde am 25.05.2009 als deutsche Vertriebsgesellschaft gegründet. Für Kunden aus Deutschland richtete sie eine automatische Weiterleitung von der Domain „www.myfab.com“ auf die deutschsprachige Seite „http://de.myfab.com“ ein. Die Anwalt-IT SAS hat die Klägerin am 16.07.2009 ermächtigt, ihre Ansprüche aus Namensrecht gegenüber dem Beklagten hinsichtlich der streitgegenständlichen Domains im eigenen Namen gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen.

Der Beklagte ist Inhaber der Domainseiten „www.myfab.de“ und www.my-fab.de“ . Die Registrierung auf den Beklagten erfolgte am 25.05.2007. Insgesamt sind auf den Beklagten ca. 38 Domainnamen registriert, die zum Teil gar nicht, zum Teil für Werbung genutzt werden. Nach Rechtshängigkeit und vor Schluss der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte die zuvor ungenutzte Seite mit aus der Anlage B4 ersichtlichem Inhalt versehen. Es geht um die digitale und tatsächliche Herstellung von 3D-Objekten mit 3DDruckern.

Die Seite ist, wie sich aus den MYFAB Community-Richtlinen ergibt „ausschließlich für den privaten Gebrauch“ eingerichtet.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 04.06.2009 mahnte die Klägerin den Beklagten ab und forderte ihn auf, in die Löschung der Domains „www.myfab.de“ und www.my-fab.de einzuwilligen. Der Beklagte beauftragte seine Prozessbevollmächtigten mit der Rechtsverteidigung. Nach mehrfacher gegenseitiger Korrespondenz lehnte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten die Einwilligung in die Löschung sowie einen von der Klägerseite angebotenen Kauf der Domains ohne Hinweis auf die zeitlich frühere Registrierung der Domain durch den Beklagten und einen eventuellen Nutzungswillen ab. Wegen des Inhaltes der Schriftsätze wird auf die Anlagen K 14 bis K 16 sowie B 4 und B 5 verwiesen.

Mit Schreiben vom 08.08.2009 stellten die Prozessbevollmächtigten des Beklagten diesem ihre Rechnung für die Bearbeitung der außergerichtlichen Korrespondenz in Höhe von 2.475,80 €, basierend auf einer 1,3 Verfahrensgebühr zu einem Gegenstandswert von 150.000,00 € nebst Postpauschale und Mehrwertsteuer.

Die Klägerin hielt zunächst die Registrierung der streitgegenständlichen Domains auf den Beklagten für rechtsmissbräuchlich. Nachdem ihr im Prozess von der Beklagten ein zeitlich vor ihrer Gründung und Gründung ihrer Mutter liegender Registrierungszeitraum mitgeteilt worden ist, hält sie nunmehr auch das Halten der Domains für rechtsmissbräuchlich.

Die Klägerin beantragt,

1. dem Beklagten zu verbieten, die Internet-Domains „www.myfab.de“ und/oder „www.my-fab.de“ zu nutzen, insbesondere sie auf einer Homepage einzusetzen oder einsetzen zu lassen;

2. den Beklagten zu verurteilen, die Domains „www.myfab.de“ und „www.myfab.de“ durch schriftliche Erklärung gegenüber der DENIC Domain Verwaltungs- und Betriebsgesellschaft eG, Kaiserstraße 75-77, 60329 Frankfurt, zu löschen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, er sei freier Mitarbeiter zweier Werbeagenturen, für die er in den Bereichen Webdesign, Domainregistrierung, Markendesign, Datenbankerstellung und Contentmanagementsysteme zuständig sei. Im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit habe der Beklagte eine Vielzahl von Domainnamen auf sich registrieren lassen und halte sie, um sie für sich, seine Arbeitgeber, deren Kunden oder kommende Geschäftsmodelle seiner Arbeitgeber oder deren Kunden zu nutzen.

Die streitgegenständlichen Domains habe er aus privaten Zwecken auf sich registrieren lassen. Ende des Jahres 2006 habe die Technik der 3D-Drucker sein Interesse erweckt, die im englischsprachigen Raum als „Fabber“ oder unter der Abkürzung „Fab“ für Fabricator bekannt seien. Die Domains sollen als Informationsportals für den deutschsprachigen Raum dienen, um die Idee der digitalen Heimfabrikation zu verbreiten und publik zu machen, als Anlaufstelle für interessierte Anwender und als Tauschbörse von 3D-Modellen in realer- und digitaler Version verwendet werden.

Mit der Widerklage macht er die hälftige Erstattung seiner vorgerichtlichen Anwaltsgebühren geltend.

Der Widerkläger und Beklagte beantragt,

die Klägerin zu verurteilen, an ihn 1.239,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 13.10.2009 zu zahlen,

hilfsweise die Klägerin zu verurteilen, ihn von der Verbindlichkeit seinen Rechtsanwälten gegenüber in Höhe von 1.239,40 € freizustellen.

Die Klägerin und Widerbeklagte beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

I.
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Der Klägerin steht kein Anspruch auf Nutzungsverbot und Einwilligung in die Löschung der Domains „www.myfab.de“ und „www.my-fab.de“ aus § 12 BGB gegen den Beklagten zu.

Die Vorschrift des § 12 BGB ist anwendbar und wird nicht durch die Bestimmungen der §§ 5, 15 MarkenG verdrängt. Grundsätzlich steht der Klägerin an ihrer Unternehmensbezeichnung mit Namensfunktion sowohl ein Kennzeichenrecht aus §§ 5, 15 MarkenG als auch ein Namensrecht aus § 12 BGB zu. Der Kennzeichenschutz aus §§ 5, 15 MarkenG verdrängt in seinem Anwendungsbereich zwar den Namensschutz aus § 12 BGB. Die Bestimmung des § 12 BGB bleibt jedoch anwendbar, wenn der Funktionsbereich des Unternehmens ausnahmsweise durch eine Verwendung der Unternehmensbezeichnung außerhalb des Anwendungsbereiches des Kennzeichenrechts berührt wird. So verhält es sich, wenn die Unternehmensbezeichnung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs oder außerhalb der Branche und damit außerhalb der kennzeichenrechtlichen Verwechselungsgefahr verwendet wird. In diesen Fällen kann der Namensschutz ergänzend gegen Beeinträchtigungen der Unternehmensbezeichnung herangezogen werden, die nicht mehr im Schutzbereich des Unternehmenskennzeichens liegen (BGH Urteil vom 24.04.2008 -1 ZR 159/05, GRUR 2008, 1099 – 1102 – afilias.de).

Diese Voraussetzungen für eine Anwendbarkeit des § 12 BGB sind im Streitfall erfüllt, weil der Beklagte die Domainnamen www.myfab.de und www.my-fab.de zumindest ohne kennzeichenrechtliche Verwechselungsgefahr verwendet. Der Beklagte nutzt die Domains ausschließlich zum Hinauf- und Herunterladen von digitalen 3D-Modellen und zur Information über das 3D-Drucken.

Der Klägerin steht ein Namensrecht gem. § 12 BGB an der Bezeichnung „myfab“ zu. Die Entstehung des Rechtsschutzes an von Haus aus kennzeichnungskräftigen Kennzeichnungen setzt lediglich ihre Ingebrauchnahme im geschäftlichen Verkehr voraus (BGH 620, 103, 107 – Columbus). Die Ingebrauchnahme einer Firmenbezeichnung erfordert unabhängig davon, ob es sich um eine in- oder ausländische Kennzeichnung handelt, Benutzungshandlungen im Inland, die auf den Beginn einer dauerhaften wirtschaftlichen Betätigung schließen lassen; dabei kommt es nicht darauf an, dass die Kennzeichnung bereits im Verkehr eine gewisse Anerkennung gefunden hat (BGH GRUR 1997, 903, 905 – GARONOR). Das Unternehmenskennzeichen „myfab“ ist hinreichend unterscheidungskräftig. Die Klägerin ist im Mai 2009 gegründet worden und hat unmittelbar danach ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen. Ihre Mutter, die Anwalt IT SAS ist bereits im September 2007 gegründet worden, betreibt unter ihrer Website www.myfab.com seit März 2008 auch das Deutschlandgeschäft und hat die Klägerin umfassend ermächtigt, die Bezeichnung „myfab“ zu nutzen.

Der Beklagte verletzt durch das Halten der Domains www.myfab.de und www.my-fab.de das Namensrecht der Klägerin nach § 12 BGB jedoch nicht. Er hat beide Domains bereits am 25.05.2007, d. h. vor Gründung der Klägerin und auch vor Gründung der Mutter der Klägerin, auf sich registrieren lassen. Zum Zeitpunkt der Registrierung hat der Beklagte keine Rechte der Klägerin oder deren Mutter verletzt. Wegen später entstandener Namensrechte kann die Registrierung eines zum Zeitpunkt der Registrierung in keinerlei Rechte eingreifenden Domainnamens im Hinblick auf die eigentumsfähige, nach Art. 14 GG geschützte Position des Domaininhabers nicht ohne weiteres als unrechtmäßige Namensanmaßung qualifiziert werden. Vielmehr ist eine Abwägung der betroffenen Interessen geboten (BGH GRUR 2008, 1099, 1102 – affilias.de).

Die Gefahr einer Marktverwirrung durch Gebrauch des gleichen Namens ist als schutzwürdiges Interesse der Klägerin in die Waagschale zu werfen. In der oben zitierten Entscheidung hat der BGH ausgeführt, dass eine Zuordnungsverwirrung eintritt, wenn ein Dritter einen fremden Namen namensmäßig im Rahmen einer Internetadresse verwendet, weil der Verkehr in der Verwendung eines unterscheidungskräftigen, nicht zugleich als Gattungsbegriff verstandenen Zeichens als Internet-Adresse einen Hinweis auf den Namen des Betreibers des jeweiligen Internet-Auftritts sieht. Der Verkehr erwarte, dass Unternehmen, die auf dem deutschen Markt tätig und im Internet präsent sind, unter der mit ihrem eigenen Namen als Second-Level-Domain und der Top-Level-Domain „.de“ gebildeten Internet-Adresse auf einfache Weise aufgefunden werden können. Deshalb stelle die Registrierung eines fremden Namens als Domain-Namen unter der in Deutschland üblichen Top-Level- Domain „.de“ eine erhebliche Beeinträchtigung der Interessen des Namensinhaber dar (BGH a.a.O. 1100 – affilias.de; BGH GRUR 2002, 622 – shell.de).

Zugleich hat der BGH ausgeführt, dass sich derjenige, der den Domainnamen als Unternehmenskennzeichen verwenden möchte, regelmäßig nicht auf ein schutzwürdiges Interesse berufen kann. Er könne vor der Wahl einer Unternehmensbezeichnung, die er auch als Internetadresse verwenden möchte, unschwer prüfen, ob der entsprechende Domainname noch verfügbar ist. Sei dies nicht der Fall, sei es ihm oft möglich und zumutbar, auf eine andere Unternehmensbezeichnung auszuweichen (BGH a.a.O. 1102 – affilias.de).

Die Klägerin hat ausgeführt, dass ihr die Wahl einer anderen Unternehmensbezeichnung nicht möglich sei, da sie an den Namen der Mutter, die das Unternehmen „myfab“ bereits auf dem europäischen Markt etabliert habe, gebunden sei. Die Klägerin hat mit dieser Argumentation keinen Erfolg. Die Rechtsprechung des BGH ist dahin zu verstehen, dass bereits die Mutter der Klägerin bei der Wahl ihres Namens vorausschauend hätte agieren müssen.

Bei der Mutter handelt es sich um ein Unternehmen, das seine Produkte ausschließlich über das Internet an Kunden vertreibt. Ihr Angebot richtet sich nicht nur an Kunden, die ihren Wohnsitz in Frankreich haben, sondern durchaus auch an Kunden der Nachbarländer. Bereits der Vertrieb über die Top-Level-Domain „.com“ spricht gegen eine beabsichtigte Einschränkung des Vertriebes an Kunden in Frankreich allein. Dann hätte es nahe gelegen, die Top-Level-Domain „.fr“ zu wählen. Stattdessen hat die Mutter der Klägerin bereits im Mai 2008 eine deutschsprachige Seite für Kunden aus Deutschland unter ihrer Top-Level-Domain „.com“ zur Verfügung gestellt. Eine vorherige Überprüfung der Verfügbarkeit der Domainnamen mit der Top-Level-Domian „.de“ wäre der Mutter der Klägerin – vor allem im Hinblick auf die Wirtschaftsstärke des deutschen Marktes – zumutbar gewesen. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei der Mutter der Klägerin in Frankreich um ein Start-Up-Unternehmen gehandelt hat.

Der finanzielle Aufwand für die Registrierung einer Domain mit der Top-Level-Domain „.de“ ist gering. Im Rahmen der Abwägung ist zwar auch das Interesse des Beklagten an der Nutzung der Domain nicht allzu groß. Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch, der es dem Beklagten versagen würde, sich auf seine Rechte aus der Registrierung des Domainnamens zu berufen, liegen allerdings nicht vor.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Domaininhaber dann gegen Treu und Glauben verstößt, wenn er den Domainnamen ohne ernsthaften Benutzungswillen in der Absicht registrieren lässt, durch diesen von dem Inhaber eines entsprechenden Kennzeichen- oder Namensrecht abkaufen zu lassen (BGH GRUR 2008, 1099, 1102 – affilias.de). Bei eingetragenen Marken geht die Rechtsprechung davon aus, dass eine missbräuchliche Ausnutzung einer formalen Rechtsstellung dann vorliegt, wenn ein Markeninhaber 1. eines Vielzahl von Marken für unterschiedliche Waren oder Dienstleistungen anmeldet, 2. hinsichtlich der in Rede stehenden Marken keine ernsthaften Benutzungswillen hat – vor allem zur Benutzung in einem eigenen Geschäftsbetrieb oder für dritte Unternehmen aufgrund eines bestehenden oder potentiellen Beratungskonzeptes – und 3. die Marken im Wesentlichen zu dem Zweck gehortet werden, Dritte, die identische oder ähnliche Bezeichnungen verwenden, mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu überziehen (BGH Urteil vom 23.11.2000 I ZR 93/98 Ziff. 35 – Classe E). Der Beklagte hat die Domain zeitlich deutlich vor der Gründung der Klägerin und deren Mutter auf sich registrieren lassen. Sein Verhalten lässt nicht auf eine Absicht schließen, aus der Inhaberschaft der Domain rechtsmissbräuchlich vermögensrechtliche Vorteile zu erlangen. Jedenfalls ergibt sich diese Absicht nicht allein daraus, dass der Beklagte ca. 38 Internetdomains auf sich hat registrieren lassen. Der Beklagte hat substantiiert unter Benennung von Zeugen vorgetragen, dass er als freier Mitarbeiter in zwei Werbeagenturen für den Bereich Webdesign, Domainregistrierung, Markendesign, Datenbankerstellung und Contentmanagementsysteme zuständig war und die streitgegenständlichen Domains registrieren ließ, um dort ein Informationsportal für den deutschsprachigen Raum für 3D-Drucker zu realisieren, die in englischsprachigen Raum als „Fabber“ oder unter der Abkürzung „Fab“ für Fabricator bekannt sind. Das einfache Bestreiten dieses Vortrages durch die Klägerin ist im Hinblick darauf, dass der Beklagte in ausreichender Form seiner sekundären Darlegungs- und Beweislast nachgekommen ist, nicht ausreichend.

Der Beklagte hat zudem im Laufe des Prozesses seinen Benutzungswillens in die Tat umgesetzt. Dass die Benutzungsaufnahme nunmehr taktisch motiviert der Sicherung seiner Rechte dient, ist nicht verwerflich.

Ob eine ehemals rechtmäßige Registrierung mangels ernsthaften Benutzungswillen zu einem rechtsmissbräuchlichen Halten werden kann, ist bislang höchstrichterlich nicht entschieden worden. In der Tat hat der Beklagte die streitgegenständlichen Domains mehr als 2 1/2 Jahre nicht genutzt. Eine konkrete Weiterentwicklung seiner Pläne hat er ebenfalls nicht vorgetragen. Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass der Zeitrahmen ausreichend groß genug gewesen wäre, um das Projekt umzusetzen. Das untätige Halten der Domains spricht gegen das Fortbestehen eines ernsthaften Benutzungswillens. Es begründet jedoch nicht den Vorwurf eines missbräuchlichen Rechtsausübens gem. § 242 BGB. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Geltendmachung dieses Rechtes ist im Rechtsstreit die letzte Tatsachenverhandlung (BGH 13, 350). Vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte die Domains in der von ihm von Anfang an vorgetragenen Art und Weise benutzt. Zwar ist im Rahmen der hier nach § 12 BGB vorzunehmenden Interessenabwägung zu Lasten des Beklagten das lange und untätige Halten der Domain durchaus zu würdigen.

In der Zwischenzeit hat die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb unter „myfab“ aufgenommen. Die Technik der 3D-Drucke und deren Bezeichnung als „fab“, „fabber“ oder „fabricator“ hat sich hingegen im deutschsprachigen Raum noch nicht durchgesetzt, so dass es dem Beklagten durchaus zumutbar gewesen wäre, eine andere Domain für sein Vorhaben auszusuchen. Nichtsdestotrotz hat der Beklagte Zeit und Aufwand nunmehr investiert, um sein Projekt unter den auf ihn registrierten Domains vorauszutreiben und umzusetzen. Dieses Interesse ist schützenswert.

II.
Die Widerklage ist zulässig und zum Teil begründet.

Der Beklagte kann seine Widerklage auf § 678 BGB stützen, soweit er die hälftigen Rechtsanwaltsgebühren für einen Gegenstandswert von 30.000,00 € nebst Postpauschale und Mehrwertsteuer in Höhe von insgesamt 598,21 € gegen die Klägerin geltend macht.

Dem Beklagten steht kein Anspruch auf § 823 Abs. 1 i. V. m. einem Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb auf Schadensersatz zu, da er die streitgegenständlichen Domains privat hält. Ihm steht ebenso kein Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen nach den §§ 683 Satz 1, 677, 670 BGB zu. Das Institut der Geschäftsführung ohne Auftrag setzt voraus, dass ein zumindest auch fremdes Geschäft geführt wird. Dies kann darin liegen, einen Rechtsstreit vor Gericht zu vermeiden. In der vorgerichtlichen Korrespondenz hat der Beklagte gerade nicht dazu beigetragen, die Klageerhebung zu verhindern. Er hat die Klägerin nicht über die entscheidungserheblichen Punkte des Zeitpunkts der Registrierung und seinen Benutzungswillen aufgeklärt.

Der Beklagte kann sich als unberechtigt Abgemahnter jedoch auf die Regelung des § 678 BGB berufen. Danach ist der Geschäftsführer dem Geschäftsherrn zum Ersatz des aus der Geschäftsführung entstehenden Schadens verpflichtet, wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht und der Geschäftsführer dies erkennen musste.

Auf ein Verschulden des Geschäftsführers kommt es nicht an (zur Anwendbarkeit des § 678 BGB zugunsten des unberechtigt Abgemahnten vgl. die ausführliche Darstellung des Rechtsstandes in Rechtsprechung und Literatur in dem Beschluss des OLG München vom 08.01.2008 – 29 W 2738/07 in GRUR – RR 2008, 461, 462).

Die von der Klägerin ausgesprochene Abmahnung war unberechtigt (s. oben) und stand deshalb mit dem Willen des Beklagten als Geschäftsherrn in Widerspruch. Der Klägerin liegt auch ein Übernahmeverschulden zur Last, da sie den entgegenstehenden Willen des Beklagten hätte erkennen müssen. Erkennen müssen bedeutet Kenntnis oder Unkenntnis in Folge von Fahrlässigkeit (vgl. § 122 Abs. 2 BGB). Gem. § 276 Abs. 2 BGB handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Die Klägerin hat die von ihr eingeholte DENIC Auskunft über die Registrierung der streitgegenständlichen Domains nicht zutreffend gelesen. Sie hat das letzte Änderungsdatum als Registrierungszeitpunkt aufgefasst. Sie hat sich sorgfaltswidrig nicht die sog. History der Registrierung anzeigen lassen. Die Klägerin ist deshalb gem. § 678 BGB verpflichtet, dem Beklagten den aus der Geschäftsübernahme entstandenen Schaden zu ersetzen. Dazu gehören auch die Kosten für die Einschaltung eines Rechtsanwaltes zur außergerichtlichen Abwehr der von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche.

Rechtsanwaltskosten sind immer dann zu ersetzen, wenn der Geschädigte die Heranziehung eines Rechtsanwalts für erforderlich halten darf (Palandt/Heinrichs BGB 69. Aufl. 2010, § 249 Rn. 38 f., m. w. N.). Von einem Laien kann nicht erwartet werden, dass er sich in einer derart schwierigen Materie wie dem Namensrecht, insbesondere seiner Abgrenzung zur Anwendbarkeit des Markenrechts auskennt.

Erforderliche Rechtsanwaltskosten sind jedoch nur unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 30.000,00 € entstanden. Mit diesem Wert hat die Klägerin ihr Interesse an geltend gemachten Ansprüchen angemessen wiedergegeben. Die Abwehr der Ansprüche ist mit dem gleichen Wert zu bemessen. Der Gegenstandswert bestimmt sich gem. § 23 Abs. 1, Satz 3, § 2 Abs. 1 RVG i. V. m. § 3 ZPO nach dem Interesse der Klägerin an der Durchsetzung ihres Unterlassungs- und Löschungsbegehrens. Im Markenrecht wird vornehmlich das wirtschaftliche Interesse für die Streitwertsetzung herangezogen (Ingerl/Rohnke MarkenG 2. Aufl., § 142 Rn. 4 m. w. N.). Die im Markenrecht anerkannten Grundsätze der Streitwertbemessung gelten auch in dem hier vorliegenden Fall, in dem die Klägerin im Rahmen des Namensrechts die Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen begehrt. Maßgeblich für die Bestimmung des wirtschaftlichen Interesses ist die Marktstellung der Klägerin, die unter dem streitgegenständlichen Namen getätigten Umsätze und die Bedeutung des Namens für ihr Unternehmen. Auf der anderen Seite ist ebenso die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit und die Schädlichkeit der Beeinträchtigung bestimmend (BGB GRUR 1990, 1052 f., 1053; OLG Braunschweig Beschluss vom 21.09.2009 – 2 W 148/09). Hieran gemessen ist der Streitwert mit 30.000,00 € zutreffend bewertet. Bei der Festsetzung ist auf der einen Seite zu berücksichtigen, dass der Name für die Klägerin, die ausschließlich über das Internet Möbel vertreibt, einen besonders hohen Stellenwert hat. Auf der anderen Seite ist der Angriffsfaktor jedoch denkbar gering. Die Registrierung der streitgegenständlichen Domains auf den Beklagten hindert die Klägerin nicht daran, ihren Handel weiter unter ihrem Namen auch im deutschsprachigen Raum zu führen.

Auf der Domain www.myfab.com ist für Kontaktierer aus Deutschland eine automatische Weiterleitung auf die deutschsprachige Seite installiert. Das Interesse der Klägerin liegt daher nur in dem Verhindern eines möglichen Marktverwirrungsschadens bzw. in dem erleichterten Auffinden ihres Unternehmens unter der Top-Level-Domain „.de“. Darüber hinaus hat der Beklagte die streitgegenständlichen Domains für die Dauer von mehr als 2 1/2 Jahren nur gehalten und nicht benutzt. Die von ihm nunmehr vorgenommene Benutzung dient rein privaten Zwecken; insbesondere betreibt er keinen im Wettbewerb mit der Klägerin stehenden Geschäftsbetrieb unter den streitgegenständlichen Domains.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Zuvielforderung des Beklagten im Hauptantrag und teilweisen Hilfsantrag der Widerklage ist verhältnismäßig geringfügig und hat nur geringfügig höhere Kosten veranlasst. Die Entscheidung über die prozessuale Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1, Satz 2 ZPO. Der Streitwert wurde gem. § 3 ZPO, §§ 45 Abs. 1 Satz 1, 45 Abs. 1 Satz 2 + 3 GKG festgesetzt. Dabei ist der Streitwert für die Klaganträge den obigen Ausführungen zum Gegenstandswert der vorgerichtlichen anwaltlichen Tätigkeit entsprechend auf insgesamt 30.000,00 € festgesetzt worden. Der Wert der Widerklage samt Hilfsantrag bemisst sich nach dem Wert des geltend gemachten Zahlungsbetrages in Höhe von 1.239,40 €.

IV.
Die Schriftsätze der Parteien vom 7. April 2010, 20. April 2010 und 22. April 2010, die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangen sind, geben keinen Anlass für eine Wiedereröffnung der Verhandlung gem. § 156 ZPO.

Auf das Urteil hingewiesen hat Rechtsanwalt Möbius.

I