LG Düsseldorf: Beanspruchung der „Marktführerschaft“ ist wettbewerbswidrig, wenn Umsatzzahlen mehrerer Unternehmen dicht beieinander liegen

veröffentlicht am 26. September 2010

LG Düsseldorf, Urteil vom 23.07.2010, Az. 38 O 19/10
§§ 3, 5 Abs. 1 und Nr. 3 UWG

Das LG Düsseldorf hat in dieser Entscheidung verschiedene Werbeanpreisungen eines Unternehmens unter die Lupe genommen. Unter anderem warb die Beklagte damit, einer der marktführenden Online-Händler in ihrem Produktbereich zu sein. Dies erachtete das Gericht als wettbewerbswidrig, da Aussagen zur Marktführerschaft nur dann getroffen werden könnten, wenn der Markt ein Bild bietet, das eindeutige Zuordnungen ermögliche. Hierfür fehle es an konkreten Tatsachen. Die Umsätze der von der Klägerin genannten Unternehmen ließen eine Einteilung nach Umsatzzahlen nur eingeschränkt zu. Unabhängig hiervon ist jedoch auch nach den vom Beklagten akzeptierten Zahlen davon auszugehen, dass die Umsatzzahlen – bis auf einen Wettbewerber – so dicht beieinanderlägen, dass keine Gruppe von Marktführern bestehe. Des Weiteren stufte das Gericht die Behauptung „18.500 Artikel im ständigen Angebot“ als täuschend ein, weil dies nicht aus dem Angebot der Beklagten ersichtlich sei. Die Addition der vom Beklagten im Internet beworbenen einzelnen Artikel ergebe nicht eine Anzahl von mehr als 18.500 Artikeln. Welche weiteren Artikel vorhanden seien, sei nicht erkennbar. Zum Volltext der Entscheidung:


Landgericht Düsseldorf

Urteil

1.
Beklagte wird verurteilt, unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft, oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, verurteilt, es zukünftig zu unterlassen,

1.
zu behaupten und/oder behaupten zu lassen, über 18.500 Artikel im ständigen Angebot zu haben, wenn dies wie folgt geschieht:

(1)
„Mit über 18.500 Artikel im ständigen Angebot, geben wir Ihnen die Möglichkeit das Richtige speziell für Ihre Augen zu finden!“ und/oder

(2)
„Unser Onlineshop umfasst ständig über 18.500 Artikel für jeden Geschmack (…)“

und/oder

2.
zu behaupten und/oder behaupten zu lassen, einer der marktführenden Online-Händler u.a. für Kontaktlinsen zu sein, insbesondere, wenn dies wie folgt geschieht: „P ist (…) zugleich einer der marktführenden Online-Händler (…).“

und/oder

3.
zu behaupten und/oder behaupten zu lassen, nur Original-Ware zu verkaufen, wenn dies wie folgt geschieht „Wir verkaufen nur 100% Originalware direkt vom Hersteller (…)“

und/oder

4.
eine Dauertiefpreisgarantie auszuloben, ohne zugleich darauf hinzuweisen, dass diese Dauertiefpreisgarantie für Kontaktlinsen nicht angeboten wird, wenn dies wie folgt geschieht:

a.
einen 10% Rabatt auszuloben, wenn die Lieferung länger dauert, ohne zugleich darauf hinzuweisen, dass diese Liefergarantie für Kontaktlinsen nicht angeboten wird, wenn dies wie folgt geschieht:

f.gegenüber Verbrauchern die Ausübung des Widerrufsrechts durch unfreie Rücksendung der Waren zu verweigern, indem unfrei übermittelte Pakete, die von Verbrauchern zum Zwecke der Ausübung des Widerrufsrechts an die Antragsgegnerin geschickt wurden, postalisch nicht abgenommen werden, sofern nicht der Warenwert der vorangegangen zugehörigen Bestellung lediglich bis zu 40,00 EUR beträgt.

2.
Der Beklagte wird verurteilt, die Kläger von außergerichtlichen Kosten der Rechtsanwälte D in Höhe von 2.280,70 Euro freizustellen.

3.
Der Beklagte wird verurteilt, die Kosten für einen Testkauf nebst Rücksendung in Höhe von 66,80 Euro zu erstatten.

4.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, auf die klägerseits verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Zeit vor dem Eingang der eingezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang eines Kostenfestsetzungsantrages nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 8.000,– Euro vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheitsleistung kann durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Parteien vertreiben Brillen und Kontaktlinsen an Endverbraucher über sogenannte Onlineshops. Die Klägerin beanstandet die Internetwerbung des Beklagten als wettbewerbswidrig. Im Einzelnen erhebt sie folgende Vorwürfe:

a)

Der Beklagte täusche über die Größe seines Angebots im Sinne der §§ 3, 5 Abs. 1, 5 a UWG, indem er von über 18.500 Artikeln im Angebot spreche, obwohl – jedenfalls vorprozessual – tatsächlich allenfalls etwa 500 Artikel angeboten werden.

b)

Eine Täuschung erfolge auch dadurch, dass das Unternehmen des Beklagten sich als marktführender Onlinehändler bezeichne, obwohl die Umsatzzahlen anderer Unternehmen weitaus höher lägen.

c)

Die Werbung: „Wir verkaufen nur 100% Originalware direkt vom Hersteller aus den aktuellen Kollektionen“ erwecke beim Verbraucher den Eindruck, es handele sich um eine Besonderheit, echte Markenware zu verkaufen. Bei Kontaktlinsen seien aber zum einen bisher keine Fälle des Vertriebs von Plagiaten bekannt. Zum anderen werbe der Beklagte mit Selbstverständlichkeiten und verstoße daher gegen die §§ 3, 5 UWG, Nr. 10 des Anhanges zu § 3 Abs. 3 UWG.

d)

Der Beklagte erwecke mit seiner Werbung für eine Dauertiefpreisgarantie den unzutreffenden Eindruck, dass diese Garantie auch für Kontaktlinsen gelte. Die einschränkenden Erläuterungen reichten nicht, um den insbesondere auch bei einzelnen Kontaktlinsenangeboten sichtbaren Werbehinweis nur auf Brillen zu beziehen.

e)

Der Beklagte bewerbe allgemein einen Rabatt in Höhe von 10% für den Fall einer nicht rechtzeitigen Lieferung, obwohl sich dieser Rabatt auf Lieferungen von Kontaktlinsen beziehe.

f)

Ein Verstoß gegen die §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit den §§ 312 c Abs. 1, 355, 356, 357 Abs. 2 BGB, § 1 BGB – Info-Verordnung sei schließlich darin zu sehen, dass – wie ein entsprechender Testkauf gezeigt habe – eine unfreie Rücksendung von Waren in Ausübung des Widerrufsrechts nicht angenommen worden sein.

Neben der Unterlassung verlangt die Klägerin Freistellung von Anwaltskosten, die im Zuge der vorgerichtlichen Abmahnung entstanden sind, die Erstattung der Testkaufkosten sowie die Feststellung der Ersatzpflicht der Zinsen auf den eingezahlten Gerichtskostenvorschuss.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu verurteilen, es künftig zu unterlassen,
2. zu behaupten und/oder behaupten zu lassen, über 18.500 Artikel im ständigen Angebot zu haben, wenn dies wie folgt geschieht:

1. „Mit über 18.500 Artikel im ständigen Angebot, geben wir Ihnen die Möglichkeit das Richtige speziell für Ihre Augen zu finden!“ und/oder
2. „Unser Onlineshop umfasst ständig über 18.500 Artikel für jeden Geschmack (…)“

und/oder

2. zu behaupten und/oder behaupten zu lassen, einer der marktführenden Online-Händler u.a. für Kontaktlinsen zu sein, insbesondere, wenn dies wie folgt geschieht: „P ist (…) zugleich einer der marktführenden Online-Händler (…).“

und/oder

3. zu behaupten und/oder behaupten zu lassen, nur Original-Ware zu verkaufen, wenn dies wie folgt geschieht „Wir verkaufen nur 100% Originalware direkt vom Hersteller (…)“

und/oder

4. eine Dauertiefpreisgarantie auszuloben, ohne zugleich darauf hinzuweisen, dass diese Dauertiefpreisgarantie für Kontaktlinsen nicht angeboten wird, wenn dies wie folgt geschieht:

1. Ausschnitt aus der Internetseite des Beklagten:


und/oder

2. Ausschnitt aus der Internetseite des Beklagten:

und/oder

1. einen 10% Rabatt auszuloben, wenn die Lieferung länger dauert, ohne zugleich darauf hinzuweisen, dass diese Liefergarantie für Kontaktlinsen nicht angeboten wird, wenn dies wie folgt geschieht:

1. Ausschnitt aus der Internetseite des Beklagten:


und/oder

1. Ausschnitt aus der Internetseite des Beklagten:


wobei auf der gleichen Internetseite weiter unten die folgende Einblendung folgt:


f. gegenüber Verbrauchern die Ausübung des Widerrufsrechtsrechts durch unfreie Rücksendung der Waren zu verweigern, indem unfrei übermittelte Pakete, die von Verbrauchern zum Zwecke der Ausübung des Widerrufsrechts an die Antragsgegnerin geschickt wurden, postalisch nicht abgenommen werden, sofern nicht der Warenwert der vorangegangen zugehörigen Bestellung lediglich bis zu 40,00 EUR beträgt;

2. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin von außergerichtlichen Kosten der Rechtsanwälte D in Höhe von EUR 3.150,20 freizustellen;

3. den Beklagten zu verurteilen, die Kosten für einen Testkauf nebst Rücksendung in Höhe von EUR 66,80 zu erstatten;

4. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, auf die klägerseits verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Zeit von dem Eingang der eingezahlten Gerichtskosten bis zum Eingang eines Kostenfestsetzungsantrages nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er rügt die Anrufung des Landgerichts Düsseldorf als rechtsmissbräuchlich und trägt im Übrigen vor:

zu a.

Tatsächlich seien über 18.500 Artikel in seinem Angebot.

zu b.

Der Beklagte sei einer marktführenden Onlinehändler für Sonnenbrillen, Brillen und Kontaktlinsen mit einem Umsatz von über 2,5 Mio. Euro im Jahr 2009. Zweistellige Millionenumsätze würden mit diesen Artikeln im Onlinehandel nicht erzielt.

zu c.

Die Aussage sei zutreffend. Es werde hierdurch nicht der Eindruck erweckt, dass es sich insoweit beim Verkauf echter Markenware um eine Besonderheit des Beklagten handele. Am Markt gebe es eine Reihe minderwertiger Plagiate.

zu d.

Die Werbung mit der Dauertiefpreisgarantie sei nicht irreführend. Der Kunde werde schon auf der Startseite darauf hingewiesen, dass er auf den Link klicken müsse, um alles über diese Garantie zu erfahren. Der auf der rechten Seite befindliche Banner sei ersichtlich nicht auf einzelne Produkte bezogen.

zu e.

Entsprechendes gelte zur Rabattauslobung. Beim Anklicken des Banners werde schon im ersten Satz ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Rabatt nur für bestimmte Brillen gelte.

zu f.

Der Beklagte habe sich zu keiner Zeit geweigert, eine unfreie Rücksendung von Waren anzunehmen und damit die Ausübung des Widerrufsrechts behindert.

Die mit der Abmahnung geltend gemachten Streitwerte seien überhöht, die Abmahnung allenfalls teilweise berechtigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Das angerufene Landgericht Düsseldorf ist örtlich zuständig. Die Klägerin macht Wettbewerbsverstöße geltend. Diese sind als unerlaubte Handlung im Sinne von § 32 ZPO anzusehen. Nach dieser Vorschrift ist ein Gerichtsstand dort begründet, wo die unerlaubte Handlung begangen ist. Begehungsort ist auch der Ort, an dem der Erfolg einer Handlungsweise eintritt. Für Handlungen im Internet sind maßgeblich eine bestimmungsgemäße Aufrufbarkeit und Auswirkung im Gerichtsbezirk (vgl. Zöller Vollkommer Rdnr. 17 zu § 32 ZPO). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, da beide Parteien bundesweit, also auch im Bezirk des Landgerichts Düsseldorf, tätig sind.

Ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen der Klägerin im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG lässt sich nicht feststellen. Die Klägerin verschafft sich durch die Wahl des Gerichtsortes keinen unzulässigen Vorteil. Sie selbst und ihre Prozessbevollmächtigten müssen aus etwa gleicher Entfernung zu Gerichtsterminen anreisen. Für eine mit den Zielen des Wettbewerbsrechts nicht zu vereinbarende Schädigungsabsicht fehlen konkrete Anhaltspunkte.

Die Klage ist auch im Wesentlichen begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung des im Tenor zu 1. beschriebenen Verhaltens gemäß den §§ 3, 5 Abs. 1 und Nr. 3 UWG. Zwischen den Parteien besteht unstreitig ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Der Beklagte hat unlautere geschäftliche Handlungen begangen, indem er irreführende Angaben über Merkmale seiner Dienstleistungen und Eigenschaften des Unternehmens gemacht hat.

zu a.

Die Angabe, über 18.500 Artikel im ständigen Angebot zu haben, ist zur Täuschung geeignet. Es wird der Eindruck erweckt, der Kunde habe eine nahezu unbeschränkte Auswahl. Tatsächlich ist jedoch davon auszugehen, dass diese Angabe nicht zutrifft. Zwar behauptet der Beklagte die Richtigkeit seiner Aussage. Grundsätzlich ist auch derjenige, der sich auf die Unrichtigkeit einer Darstellung beruft, hierfür darlegungs- und beweisbelastet. Wenn es sich jedoch um Umstände handelt, die aus der Sphäre des Anspruchsgegners stammen und für den Anspruchsteller nur eingeschränkt erkennbar und nachprüfbar sind, muss der Anspruchsgegner die maßgeblichen Umstände für die Richtigkeit seiner Darstellung mitteilen, vgl. Hefermehl/Bornkamm Rdnr. 3.23 ff zu § 5 UWG.

Die Größe des Warenlagers betrifft ausschließlich innerbetriebliche Umstände des Beklagten. Die Klägerin hat nachvollziehbar dargelegt, wieso sie der Auffassung ist, dass die Angaben des Beklagten nicht zutreffen. Nach den eigenen Internetangaben zu den angebotenen Produkten lässt sich die Zahl von 18.500 Produkten nicht erreichen. Dies gilt selbst dann, wenn der Beklagte seine Angaben nach der Abmahnung und Einleitung des gerichtlichen Verfahrens geändert hat. Die Addition der vom Beklagten im Internet beworbenen einzelnen Artikel (Brillen, Sonnenbrillen, Skibrillen, Kontaktlinsen, Pflegemittel, Brillengläser) ergibt nicht eine Anzahl von mehr als 18.500 Artikeln. Welche weiteren Artikel vorhanden sind, ist nicht erkennbar. Ein Beweisantritt ersetzt die Darlegungen nicht. Eine solche Beweisaufnahme könnte allein einer Ausforschung dienen. Die Ermittlung des Sachverhaltes, dessen Richtigkeit allein Gegenstand einer Beweisaufnahme sein darf, ist nicht zulässig.

zu b.

Die Ausführungen zu a) gelten sinngemäß auch für die Behauptung, zu den marktführenden Onlinehändlern im fraglichen Bereich zu gehören. Es handelt sich um eine für die Einschätzung der Leistungsfähigkeit eines Unternehmens bedeutsamen Umstand, der für potentielle Kunden Vertrauen erweckend wirken soll. Aussagen zur Marktführerschaft können nur dann getroffen werden, wenn der Markt ein Bild bietet, das eindeutige Zuordnungen ermöglicht. Hierfür fehlt es an konkreten Tatsachen. Die Umsätze der von der Klägerin genannten Unternehmen lassen eine Einteilung nach Umsatzzahlen nur eingeschränkt zu. Zweifelhaft ist nämlich schon die Frage, ob etwa Sonnenbrillenvertreiber mit Händlern für Kontaktlinsen verglichen werden können. Unabhängig hiervon ist jedoch auch nach den vom Beklagten akzeptierten Zahlen des Herrn T davon auszugehen, dass die Umsatzzahlen – bis auf einen Wettbewerber – so dicht beieinanderliegen, dass keine Gruppe von Marktführern besteht. Nur ein Unternehmen weicht so deutlich nach oben ab, dass eine Marktführerschaft als gegeben angesehen werden könnte. Alle übrigen Teilnehmer unterscheiden sich nicht in erheblichem Umfang untereinander.

zu c.

Soweit der Beklagte mit dem Begriff „100% Orginalware“ wirbt, handelt es sich um eine Irreführung durch Hervorheben einer Selbstverständlichkeit, § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UWG. Es mag unterstellt werden, dass beispielsweise bei Sonnenbrillen im Internet auch Plagiate angeboten werden. Solche Fälle betreffen jedoch vornehmlich schwer identifizierbare Anbieter auf Plattformen. Im Bereich des als grundsätzlich seriös einzuschätzenden Internetversandhandels für Kontaktlinsen und Brillen, auf dem sich die Parteien dieses Rechtsstreits bewegen, bedeutet das Angebot von Markenware eines bestimmten Herstellers nach der Auffassung des Publikums selbstverständlich, dass es sich um Originalware handelt. Im Rahmen des Wettbewerbs zwischen Händlern, die erkennbar vollständige Sortimente von Brillen und Kontaktlinsen anzubieten in der Lage sind, wirkt das Herausstellen der Selbstverständlichkeit „100% Originalware“ zudem als Hinweis möglicher Zweifelhaftigkeit in dieser Hinsicht in Bezug auf vergleichbare Anbieter, die sich nicht mit dieser Angabe schmücken. Da die Klägerin die Angabe nur unter dem Gesichtspunkt der irreführenden Werbung mit einer Selbstverständlichkeit rügt, bedarf es keiner Klärung, ob der Direktbezug von Kontaktlinsen beim Hersteller zutrifft.

zu d.

Irreführend ist auch die Werbung mit einer Dauertiefpreisgarantie, soweit sich aus dem Zusammenhang der Internetgestaltung ergibt, dass diese Garantie auf Kontaktlinsen bezogen werden kann. Unstreitig gilt diese Garantie nicht für den gesamten Geschäftsbereich der Kontaktlinsen. Ein gegenteiliger Eindruck wird jedoch immer dann vermittelt, wenn bei konkreten Kontaktlinsenangeboten wie der Abbildung 1 im Klageantrag zu d und der Anlage K 35 unmittelbar neben dem Werbeangebot für konkrete Kontaktlinsen sich ein deutlich sichtbarer Hinweis auf die Dauertiefpreisgarantie befindet.

Entsprechendes gilt für den Ausschnitt zu 2. der Internetseite. Es wird in allgemeiner Form und unter Vorausstellung der gesamten Angebotspalette, also auch der Kontaktlinsen, in allgemeiner Form eine Dauertiefpreisgarantie erwähnt, obwohl nur für einen Teil des Sortiments diese Garantie in Betracht kommt.

Die Irreführung wird durch den anzuklickenden Link nicht beseitigt. Der Verbraucher erwartet bei derartiger Gestaltung, dass die Einzelheiten der Garantie erläutert werden. Eine Erläuterung stellt es nicht dar, wenn in einem aufzurufenden Hinweis eine zunächst mit Anlockwirkung aufgestellte Werbebehauptung als für das angezeigte Produkt nicht gültig bezeichnet wird.

Soweit die Klägerin jedoch als Konkretisierung des Wettbewerbsverstoßes die Seitendarstellung zu 3. im Klageantrag anführt, lässt sich eine irreführende Darstellung nicht feststellen. Ohne konkrete Produktnennung geht der Verbraucher davon aus, dass das Unternehmen selbst vorgestellt werden soll. Wenn insoweit eine Dauertiefpreisgarantie in allgemeiner Form erwähnt wird, lässt sich durch Anklicken feststellen, welche Einzelheiten zu beachten sind. Der Verbraucher erfährt die Einschränkung der Garantie auf Brillen, bevor er sich mit einem bestimmten Produkt und dessen Preiswürdigkeit auseinandersetzen kann.

zu e.

Es gilt das zu d) Ausgeführte entsprechend. Irreführend ist die Werbung mit konkretem Produktbezug bei solchen Waren, für die die Rabattzusage bei Lieferverzug von vornherein ausgeschlossen ist. Eine solche Werbung wird konkretisiert durch die Abbildung 1 zum Klageantrag zu e. Hinsichtlich der nicht auf ein Produkt sondern das Unternehmen bezogenen Darstellung der Abbildung 2. im Klageantrag zu e) lässt sich eine Irreführung nicht feststellen, da die Einzelheiten der Liefergarantie unter dem Link zu erfahren sind und der Verbraucher zunächst ohne jeden Bezug zu einzelnen Artikeln erfahren kann, welchen Inhalt die Liefergarantie mit Rabattzusage hat.

zu f.

Es ist ferner davon auszugehen, dass der Beklagte auch gegen § 4 Nr. 11 UWG verstoßen hat, indem eine Ausübung des Widerrufs – oder Rückgaberechts unfrei auf dem Postweg zurückgeschickte Warenlieferung nicht angenommen wurde. Zwar bestreitet der Beklagte, die Annahme verweigert zu haben. Dieses Vorbringen ist jedoch zur Überzeugung der Kammer angesichts des in Augenschein genommenen Pakets und seiner Aufkleber unzutreffend, § 286 ZPO. Es ist nicht im Streit, dass das vorgelegte Päckchen an das Unternehmen des Beklagten adressiert war und die Vermerke des Zustellers enthält, die Annahme sei verweigert worden. Eine entsprechende Geschäftspraxis dürfte jedenfalls in der Vergangenheit im Unternehmen des Beklagten üblich gewesen sein. In seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen hatte der Beklagte nämlich zunächst eine Klausel vorgesehen, die eine Annahmeverweigerung bei unfreier Warenrücksendung ausdrücklich vorsah. Eine Erklärung, wie es zu der ebenfalls unstreitigen Rücksendung an die Klägerin hätte kommen können, wenn tatsächlich keine Annahmeverweigerung vorgelegen hat, konnte der Beklagte nicht abgeben. Er selbst geht nicht so weit zu behaupten, trotz der früheren Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei noch nie ein Päckchen zurückgewiesen worden. Angesichts des Aufwandes für den Zusteller kann ausgeschlossen werden, dass dieser sich bei der vermerkten Verweigerung geirrt haben könnte.

zu 2.

Die Klägerin hat ferner einen Anspruch auf Freistellung von den Kosten, die durch die vorprozessuale Abmahnung entstanden sind, § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Die anwaltliche Abmahnung war im Wesentlichen berechtigt. Dies gilt hinsichtlich der Teile, die von dem Beklagten durch Abgabe einer Unterlassungserklärung außer Streit sind, weil nicht vorgetragen oder sonst erkennbar ist, dass der Beklagte aus anderen Gründen als der Einsicht in die Wettbewerbswidrigkeit eine solche Erklärung abgegeben haben könnte. Soweit die Vorwürfe in der Abmahnung nunmehr Gegenstand des Rechtsstreits sind, folgt die Berechtigung der Abmahnung aus dem Umstand der Verurteilung, wobei den Einschränkungen hinsichtlich der Anträge zu d und e keine wesentliche Bedeutung für den Kern der Beanstandung beizumessen ist.

Die Streitwertbemessung ist nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (vgl. Beschl. vom 22. Februar 2010 Az.: 20 W 16/10) bietet die Streitwertangabe der antragstellenden Partei insbesondere dann, wenn sie vorgerichtlich und damit zu einem Zeitpunkt erfolgt, an dem dieser noch nicht bekannt ist, ob sie die Kosten ihres Vorgehens erstattet verlangen kann, regelmäßig ein gewichtiges Indiz. Bewertungsmaßstab ist allein das Eigeninteresse des Klägers an der Verhinderung künftiger Verletzungshandlungen. Danach ist von einer im Hinblick auf die Einzelfälle und Zusammensetzung angemessenen Bewertung von insgesamt 185.000,– Euro auszugehen. Angesichts der durchschnittlichen Bearbeitungsschwierigkeit ist jedoch der Ansatz einer Gebühr von 1,3 als ausreichend und im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG erforderlich anzusetzen, so dass nebst Auslagenpauschale 2.280,70 Euro als erstattungsfähig anzusehen sind.

zu 3.

Aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes sind gemäß § 9 UWG die Kosten des Testkaufs in Höhe von 66,80 Euro ebenso zu erstatten, wie die verauslagten Gerichtskosten zu verzinsen sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz ZPO.

Der Streitwert wird auf 125.000,00 Euro festgesetzt.

I