LG Düsseldorf: Markenanmeldung eines zuvor gemeinschaftlich genutzten Zeichens ist nicht rechtsmissbräuchlich

veröffentlicht am 18. Juni 2011

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtLG Düsseldorf, Urteil vom 22.07.2009, Az. 12 O 485/08
§§ 8 Abs. 2 Nr. 10, 14 MarkenG

Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass die Anmeldung eines Zeichens zur Markeneintragung durch einen Anmelder, der dieses Zeichen zuvor gemeinschaftlich mit einem Geschäftspartner genutzt hat, nicht zwangsläufig rechtsmissbräuchlich ist. Das Logo war in der Vergangenheit für eine Gemeinschaftspraxis genutzt worden. Nach Auflösung derselben benutzte der Beklagte das Zeichen auf eigenen Visitenkarten und Geschäftsunterlagen weiter. Die Klägerin behauptete Urheberrechte und hatte zwischenzeitlich auch eine Marke angemeldet. Trotz Einwendung des Beklagten erachtete das Gericht diese Anmeldung nicht als rechtsmissbräuchlich. Die Marke werde von der Klägerin nicht als ein Abwehrzeichen ohne jeglichen Benutzungswillen gehalten, was für den Rechtsmissbrauch vorausgesetzt würde. Auch eine Sperrmarke zur Behinderung Dritter liege nicht vor. Die Klägerin benutze die Marke selbst im geschäftlichen Verkehr, so dass ihr die geltend gemachten Ansprüche zustehen. Zum Volltext der Entscheidung:

Landgericht Düsseldorf

Urteil

In dem Rechtsstreit

[…]

hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 17.06.2009 durch … für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen ohne Einwilligung der Klägerin das Zeichen

[Logo]

im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung einer Naturheilpraxis zu verwenden, insbesondere auf Briefbögen und Visitenkarten.

Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen dieses gerichtliche Verbot als Zwangsvollstreckungsmaßnahme Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien sind Heilpraktiker und üben ihren Beruf seit dem 01.01.2008 in gemeinsam angemieteten Praxisräumen auf der […]straße in Düsseldorf aus.

Eine zuvor gemeinsam betriebene Gemeinschaftspraxis wurde einvernehmlich zum 31.12.2007 aufgelöst.

Die Klägerin ist Inhaberin einer deutschen Bildmarke, welche am 21.07.2008 eingetragen worden ist. Zudem ist die Klägerin seit dem 10.09.2008 Inhaber eines deutschen Geschmacksmuster, zu dessen weiterer Konkretisierung auf die Blätter 10 und 11 der Gerichtsakte inhaltlich Bezug genommen wird. Das streitgegenständliche Logo welches auch Gegenstand der Markeneintragung gewesen ist, wurde zunächst von der Gemeinschaftspraxis genutzt. Nach Auflösung der Gemeinschaftspraxis widersprach die Klägerin der gemeinsamen weiteren Nutzung des Logos zunächst nicht. Das Logo, welches auch auf dem Türschild verwendet worden ist, wurde Ende Oktober 2008 ausgetauscht. Die Klägerin nutzt das Logo seit dem Jahr 2007 ununterbrochen. Inzwischen verwendet der Beklagte ein anderes Logo.

Am 19.03.2008 stellte die Klägerin fest, dass der Beklagte auf seinen eigenen Visitenkarten und Geschäftsunterlagen das Motiv für die Praxis verwendete.

Mit Schreiben vom 20.03.2008 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten urheberrechtliche Ansprüche geltend. Nach den Eintragungen des Logos als Marke und Geschmacksmusters wurde der Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 17.09.2008 zur Unterlassung der Nutzung aufgefordert. Diesem Verlangen kam der Beklagte nicht nach. Er erhebt die Einrede der Rechtsmissbräuchlichkeit.

Die Klägerin trägt vor, sie sei Schöpferin des Logos. Das Logo sei urheberrechtsfähig. Es sei in der Entwurfsphase von dem Beklagten und auch von den Zeugen […] diskutiert worden. Eine weitere Leistung zur Gestaltung des Logos habe der Beklagte nicht beigetragen. Die von dem Beklagten vorgenommenen Änderungen im Rahmen der Abstimmung mit der Firma […] GmbH seien lediglich marginal gewesen.

Die Klägerin beantragt,

zu erkennen wie geschehen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, die Parteien hätten das Logo gemeinsam entworfen. Die handschriftlichen Entwürfe seien gemeinsam erstellt worden. Der Stift sei gemeinsam geführt worden. Die Gestaltung sei Thema eines Gespräches mit der Schwester und deren Ehemann gewesen. Der Beklagte habe die Endabstimmung mit der Firma […] GmbH vorgenommen. Die Nutzung des Logos erfolgte für Praxiszwecke und eigene Zwecke. Da der Beklagte Miturheber sei, könne die Klägerin von ihm keine Unterlassung verlangen.

Die Eintragung als Marke sei rechtsmissbräuchlich und aufgrund einer bösgläubigen Markenanmeldung erfolgt. Durch die Nutzung für die Praxis sei bei ihm ein schützenwerter Besitzstand entstanden. Ein Schutz wegen des Geschmacksmusterrechts komme aus gleichen Gründen nicht in Betracht.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen inhaltlich Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten ein Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu. Dem steht der Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit nicht entgegen.

Der Beklagte nutzt das streitgegenständliche Logo im geschäftlichen Verkehr im Sinne einer markenmäßigen Benutzung. Die Klägerin als Inhaberin der Markenrechte kann von dem Beklagten die Unterlassung diesbezüglich verlangen.

Die Einrede der rechtsmissbräuchlichen Markenanmeldung im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 Markengesetz verfängt nicht. Von einer Bösgläubigkeit ist auszugehen, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt ist (BGH, Beschluss vom 02.04.2009, Aktenzeichen I ZB 8/06; BGH, NJW-RR 2005, 914 – The Color of Elegance).

Vorliegend kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin ihre formale Rechtsstellung als Inhaberin eines Kennzeichenrechts lediglich dazu nutzen will, um den Beklagten als Dritten in einer rechtsmissbräuchlichen oder sittenwidrigen Weise zu behindern.

Die Marke wird von der Klägerin nicht als ein Abwehrzeichen ohne jeglichen Benutzungswillen gehalten. Dies wird auch von dem Beklagten nicht behauptet. Vielmehr ist es unstreitig, dass die Klägerin das Logo seit 2007 benutzt.

Von einer Sperrmarke als Form der Bösgläubigkeit kann ebenfalls nicht ausgegangen werden. Das wäre dann der Fall, wenn eine Marke in erkennbarer wettbewerbswidriger Behinderungsabsicht angemeldet wird, um Dritte von der Aufnahme oder Fortführung dieser Marke auszuschließen. Voraussetzung ist, dass der Anmelder für gleiche Waren eine Bezeichnung in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund anmeldet, mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers (BGH Beschluss vom 02.04.2009, Aktenzeichen I ZB 8/06 sowie BPatG, GRUR 2006, 1032).

So liegt der Fall hier nicht. Die Klägerin hatte zunächst mit dem Beklagten eine Gemeinschaftspraxis für Heilpraktiker betrieben. Beide übten den Beruf in Gemeinschaftspraxisräumen aus. Beide nutzten in diesem Zusammenhang das Logo. Allein aus dem Umstand, dass sich die Klägerin das Logo als Marke hat eintragen lassen, führt zu keinem rechtsmissbräuchlichen Verhalten. Dass die Klägerin ihr Gewerbe endgültig aufgegeben hat, ist dem Sachvortrag des Beklagten nicht zu entnehmen. Das Anmelden einer Marke ist für sich nicht rechtsmissbräuchlich. Auch dem Beklagten hätte diese Möglichkeit offen gestanden. Auch der zeitliche Zusammenhang zwischen der Abmahnung wegen eines Urheberrechtsverstoßes und der Eintragung der Marke führt zu keinem anderen rechtlichen Ergebnis. Denn ein Anmelder handelt sogar dann nicht bösgläubig, wenn er weiß, dass ein anderer dasselbe Zeichen für gleiche Waren benutzt (vgl. BGH NJW-RR 2005, 914 – The Color of Elegance). Mithin kann der Klägerin nicht unterstellt werden, sie habe keinen ernsthaften Benutzungswillen an der Marke. Denn es ist zugunsten des Markeninhabers von der Vermutung auszugehen, dass der Anmelder Marken in der vom Gesetz als Regelfall angenommenen Weise zur Kennzeichnung von Dienstleistungen verwenden will (BPatG GRUR 2006, 1032). Diese Vermutungswirkung hat der Beklagte mit seinem Sachvortrag nicht erschüttert. Die Klägerin nutzt die Marke.

Dass die Marke als Mittel des Wettbewerbskampfes zweckentfremdet wurde, ist jedenfalls nicht ersichtlich. Anhaltspunkte für eine dementsprechende Absicht des Anmeldenden sind von dem Beklagten nicht vorgetragen worden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass möglicherweise beide Parteien das Logo gemeinsam entwickelt haben. Daraus kann der Beklagte nicht den Anspruch herleiten, dass er ebenfalls Inhaber der Marke wäre, denn die Klägerin wäre zumindest Mitberechtigte. Im Zeitpunkt der Markenanmeldung bestand allerdings die Gemeinschaftspraxis der Parteien nicht mehr. Somit könnte eine gemeinschaftliche Verwaltung des Logos – allenfalls bei Annahme einer entsprechenden Nachwirkung – dazu führen, dass die Klägerin gegen § 744 Abs. 1 BGB verstoßen hat. Aber dieser Umstand der Widerrechtlichkeit der Markenanmeldung hätte nicht die Unwirksamkeit zur Folge, sondern würde nur einen Anspruch auf Einräumung der Mitberechtigung auslösen (vgl. BPatG, Beschluss vom 12.01.2005; Aktenzeichen 32 W (pat) 13/04).

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 Satz 1 ZPO.

Streitwert: 25.000,00 €.

Auf das Urteil hingewiesen haben Strömer Rechtsanwälte.

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