LG Düsseldorf: Zur örtlichen Zuständigkeit eines deutschen Gerichts bei Markenverletzungen auf internationalen Messen

veröffentlicht am 8. April 2015

Rechtsanwalt Dr. Ole DammLG Düsseldorf, Urteil vom 28.01.2015, Az. 2a O 250/14
§ 140 Abs. 1 MarkenG; § 32 ZPO

Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass die örtliche Zuständigkeit für eine Markenverletzung auf einer Automesse in Frankfurt nicht gegeben ist, wenn der Verletzer kein Angebot seiner Produkte im Bundesgebiet plant. Vorliegend sei dies nicht der Fall. Der Anbieter auf der internationalen Messe richte sein Angebot nicht an deutsche Abnehmer und er unternehme keine geschäftlichen Aktivitäten in Deutschland. Die Klägerin, die für eine andere Annahme beweisbelastet war, habe diesen Nachweis nicht erbringen können. Deshalb sei eine vom LG Düsseldorf erlassene einstweilige Verfügung aufzuheben. Zum Volltext der Entscheidung:


Landgericht Düsseldorf

Urteil

1.
Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 17.09.2014 wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag als unzulässig zurückgewiesen.

2.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsklägerin.

3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Verfügungsklägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Verfügungsklägerin ist ein börsennotierter Konzern der Automobilzulieferbranche mit Sitz in Deutschland. E GmbH, eine Tochtergesellschaft der Verfügungsklägerin, ist Inhaberin nachfolgender deutscher Marken „Continental“:

305633: Wortmarke „Continental“, eingetragen am 10.09.1923, in der Klasse 12, unter anderem für Zubehör für Fahrräder und Automobile, ganz oder teilweise aus Gummi (mit Ausnahme von Glühlampen, Fahrradlaternen und Werkzeugen);

503765: Wortmarke „Continental“, eingetragen am 11.07.1938, in den Klassen 1, 6, 7, 9, 12, 16, 17, 20, 25 und 28, unter anderem für Werkzeuge zum Aufziehen und zur Reparatur von Reifen (soweit in Klasse 7 enthalten), Felgenteile, Automobil- und Fahrradzubehör, nämlich Reparaturplatten und Bänder zum Reparieren von Fahrzeugbereifungen, Brems- und Pedalgummi, Luft- und Massivreifen für Wagen und Räder aller Art, Fahrzeugteile (soweit in den Klassen 7 und 12 enthalten), Gummi, Gummiersatzstoffe und Waren daraus für technische Zwecke (soweit in den Klassen 7, 9, 12, 16, 17 enthalten);

30505112: Wort-/Bildmarke [Abb.], eingetragen am 30.06.2005, insbesondere in den Klassen 7, 12 und 17, unter anderem für Motoren (ausgenommen solche für Landfahrzeuge), Motorenteile von Motoren aller Art, einschließlich Elektromotoren und deren Teile (ausgenommen solche für Landfahrzeuge), Fahrzeuge zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft und/oder auf dem Wasser sowie deren Teile und Zubehör soweit in Klasse 12 enthalten, einschließlich Kraftfahrzeuge und deren Teile;

302013016500: Wort-/Bildmarke [Abb.], eingetragen am 11.02.2013, insbesondere in den Klassen 7, 12 und 17, unter anderem für Motoren (ausgenommen solche für Landfahrzeuge), Motorenteile von Motoren aller Art, einschließlich Elektromotoren und deren Teile (ausgenommen solche für Landfahrzeuge), Fahrzeuge zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft und/oder auf dem Wasser sowie deren Teile und Zubehör soweit in Klasse 12 enthalten, einschließlich Kraftfahrzeuge und deren Teile;

Wegen der weiteren Einzelheiten der Marken wird auf die Anlage AS 2 Bezug genommen.

Die im Vereinigten Königreich sitzende Verfügungsbeklagte vertreibt Zubehörteile für Automobile, Busse und Lastkraftwagen. Zwischen ihr und der D GmbH (nachfolgend: D3), einer weiteren Konzerntochter der Verfügungsklägerin, bestehen Händlerbeziehungen mit Wirkungen für das Vereinigte Königreich. Sie ist Inhaberin der mit Priorität vom 01.11.2000 in der Klasse 12 für Automobilteile eingetragenen britischen Wort-/Bildmarke Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik. (Nr. #####/####).

Die Verfügungsbeklagte trat – ebenso wie die Verfügungsklägerin – auf der diesjährigen Messe „Automechanika 2014″ in Frankfurt auf dem Stand D69 in Halle 5, Ebene 1, Stand 72 als Austellerin auf. Die Messe „Automechanika“ ist eine weltweit anerkannte Messe der Automobilzulieferindustrie, die insbesondere auch von ausländischen Fachbesuchern frequentiert wird. Unter den Zeichen „Continental Direct“ und [Abb.] bot die Verfügungsbeklagte dabei unter anderem auch Automobilzubehörteile wie Stoßdämpfer, Radlager und Scheibenwischer an und verteilte Werbematerialien. Der Messeauftritt sowie die Werbematerialien waren dabei komplett in englischer Sprache gehalten.

Mit Beschluss vom 17.09.2014 hat die Kammer der Verfügungsbeklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt, ohne Zustimmung der Verfügungsklägerin im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland das Zeichen „Continental Direct“, insbesondere wie nachstehend wiedergegeben [Abb.] für Automobilzubehör, nämlich „Stoßdämpfer, Radlager, Scheibenwischer, Wasserpumpen, Kühlerverschlüsse, Thermostate und Thermostatgehäuse, Lenkeinheiten und Luftfederungen, Bremsseilzüge und Bremsschläuche, Zündspulen, -sensoren und -schalter“ zu benutzen, insbesondere das vorstehend benannte Zeichen auf den vorstehend benannten Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen, unter dem vorstehend benannten Zeichen die vorstehend benannten Waren in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen, oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, einzuführen oder das vorstehend benannte Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen. Weiterhin wurde ihr untersagt, sich im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland zur Kennzeichnung ihres auf den Vertrieb von Automobilzubehör gerichteten Geschäftsbetriebes der Bezeichnung „Continental Direct UK Ltd.“ zu bedienen, insbesondere unter der vorstehend benannten Bezeichnung die vorstehend benannten Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, oder die vorstehend genannte Bezeichnung in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen.

Mit durch einen Vertreter der Verfügungsklägerin auf der Messe „Automechanika 2014″ persönlich übergebenem Schreiben vom 17.09.2014 mahnte diese die Verfügungsbeklagte ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung bis 18 Uhr auf (Anlage AG 1). Nachdem die Verfügungsbeklagte der Aufforderung nicht nachgekommen war, wies die Verfügungsklägerin die Verfügungsbeklagte am 18.09.2014 auf den von ihr erwirkten Beschluss der Kammer vom Vortag hin und legte ihr einen Vergleichsvorschlag vor, der unter anderem eine weltweite Unterlassungsverpflichtung vorsah (AG 3). Die Verfügungsbeklagte nahm diesen Vorschlag nicht an. Sodann ließ die Verfügungsklägerin der Verfügungsbeklagten den Beschluss am 18.09.2014 um 15:55 Uhr durch eine Gerichtsvollzieherin zustellen.

Gegen den Beschluss vom 17.09.2014 hat die Verfügungsbeklagte mit einem am 30.09.2014 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Widerspruch eingelegt.

Die Verfügungsklägerin stützt den in Ziffer I.a. der Verfügung tenorierten Unterlassungsanspruch in erster Linie auf die Wort-/Bildmarke [Abb.] (302013016500) und hilfsweise auf die Wortmarke „Continental“ (503765). Äußerst hilfsweise stützt sie sich auf die Wort-/Bildmarke [Abb.] (30505112) sowie die Wortmarke „Continental“ (305633). Den in Ziffer I.b. der Verfügung tenorierten Unterlassungsanspruch stützt sie in erster Linie auf ihr Unternehmenskennzeichen und hilfsweise auf ihre Marken.

Sie behauptet, sie sei berechtigt, die Rechte aus den vorstehenden Marken geltend zu machen. Sie habe erst am 16.09.2014 Kenntnis vom Umfang des Auftritts der Verfügungsbeklagten auf der Messe „Automechanika 2014″ in Frankfurt erhalten zu haben. Eine etwaige Duldung der Nutzung des Zeichens „Continental“ durch die Verfügungsbeklagte sei allenfalls auf das Gebiet des Vereinigten Königreichs begrenzt. Auch sei der Verwendung der Farbkombination Orange-Schwarz/Grau mehrfach widersprochen worden. Die Klagemarken seien auch umfangreich benutzt worden. So sei in der Bundesrepublik Deutschland in Jahren 2012 und 2013 mit dem Verkauf von jeweils rund 50.000 Luftfedern ein Jahresumsatz von über 3 Millionen Euro erzielt worden. Mit dem Verkauf von jeweils über 2 Millionen Stück Antriebsriemen sei ein Umsatz von über 30 Millionen Euro erzielt worden.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

den Widerspruch der Antragsgegnerin gegen den Verfügungsbeschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 17. September 2014, Az.: 2a O 250/14, zurückzuweisen und die einstweilige Verfügung aufrechtzuerhalten.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 17. September 2014 (2a O 250/14) aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Sie rügt die örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf. Insoweit behauptet sie, ihr Angebot richte sich an Interessenten von No-Name-Produkten und es bestünde nur auf bestimmten nationalen Märkten überhaupt eine hinreichende Nachfrage nach ihren Produkten. Die Bundesrepublik Deutschland gehöre nicht zu diesen Märkten. Sie unternehme keine Geschäftsaktivitäten auf dem deutschen Markt. Insbesondere biete sie ihre Produkte nicht auf dem deutschen Markt an und liefere auch nicht an in Deutschland ansässige juristische Unternehmen oder natürliche Personen zum Zwecke des Wiederverkaufs. Auch habe sie nicht das geringste Interesse, dies zukünftig zu tun. Dies ergebe sich unter anderem auch daraus, dass ihr Messeauftritt bewusst im britischen Pavillon stattgefunden habe. Im Übrigen sei sie der Verfügungsklägerin bzw. ihrem Konzern seit langem bekannt. Sie sei im Zuge einer vertieften Zusammenarbeit der Auto Spares mit der D3 gegründet und ihr Name mit der D3 abgestimmt worden. Überdies habe sie auch bereits unter ihrem Firmennamen und unter Verwendung ihrer Marke an den Messen „Automechanika 2010 und 2012″ teilgenommen und sei im Ausstellerkatalog unmittelbar neben der D3 gelistet gewesen. Insoweit fehle es bereits an einem Verfügungsgrund. Die Verfügungsbeklagte rügt die fehlende Aktivlegitimation der Verfügungsklägerin und erhebt die Einrede der Nichtbenutzung. Im Übrigen bestünde keine Verwechslungsgefahr. Der Bestandteil „Continental“ sei rein beschreibend für die weltweite Tätigkeit. Sie ist der Ansicht, die Ansprüche der Verfügungsklägerin seien verjährt bzw. verwirkt, da ihre geschäftlichen Beziehungen zu dem Konzern der Verfügungsklägerin seit 2010 bestünden. Darüber hinaus sei die Verfügung nicht ordnungsgemäß vollzogen worden. Zum Zeitpunkt der Zustellung der Verfügung durch die Gerichtsvollzieherin sei ihr Messestand schon komplett geräumt gewesen. In der durch die Verfügungsklägerin nochmals am 13.10.2014 von Anwalt zu Anwalt zugestellten Verfügung habe die weitere eidesstattliche Versicherung vom 17.09.2014 gefehlt. Bei der am 17.10.2014 ihrem Verfahrensbevollmächtigten per Fax zugestellten Verfügung habe sich zwar auch die eidesstattliche Versicherung vom 17.09.2014 befunden, jedoch seien die in der Verfügung enthaltenen Abbildungen nicht vollständig zu erkennen gewesen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der zulässige Widerspruch ist begründet mit der Folge, dass die einstweilige Verfügung aufzuheben und der Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen war. Vorliegend fehlt es bereits an der Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf.

I.
Das Landgericht Düsseldorf war für den Erlass der einstweiligen Verfügung nicht zuständig.

Gemäß § 140 Abs. 1 MarkenG sind für alle Klagen, durch die ein Anspruch aus einem der im MarkenG geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird (Kennzeichenstreitsachen), die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Streitwert sachlich ausschließlich zuständig. Das Landgericht Düsseldorf ist gemäß § 1 Konzentrations-VO vom 02.06.2004 (GV NRW 2004, 291) i.V.m. § 140 Abs. 2 MarkenG für alle Markenstreitsachen im Bezirk des OLG Düsseldorf zuständig.

Vorliegend fehlt es jedoch an der örtlichen Zuständigkeit. Bei markenrechtlichen Streitigkeiten richtet sich die Frage der örtlichen Zuständigkeit nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 12 ff. ZPO, insbesondere § 32 ZPO (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 140 Rn. 41). Demnach ist für Klagen aus unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die unerlaubte Handlung begangen wurde. Anknüpfungspunkt ist folglich der Begehungsort. Dies ist sowohl der Ort, an dem der Täter gehandelt hat (Handlungsort), als auch der Erfolgsort, d.h. der Ort, an dem in das geschützte Rechtsgut eingegriffen wurde (Zöller, Kommentar zur ZPO, 30. Aufl., § 32, Rn. 16 m.w.N.; Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 140, Rn. 30ff.; Ingerl/Rohnke, aaO, § 140, Rn. 42). Ausreichend für die Begründung der örtlichen Zuständigkeit ist insoweit das Vorliegen von Erstbegehungsgefahr. Erstbegehungsgefahr liegt vor, wenn die Begehung der Kennzeichenverletzung durch die entsprechende Handlung ernstlich und unmittelbar zu besorgen ist. Im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes sind insoweit keine hohen Anforderungen an die erforderlichen „hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte“ bzw. „ernsthaften und greifbaren tatsächlichen Anhaltspunkte“ für eine rechtswidrige Verwendung in naher Zukunft zu stellen (vgl. Ingerl/Rohnke, aaO, Vor §§ 14-19d, Rn. 99 m.w.N.).

Das hiesige Gericht ist weder Gericht des Handlungs- noch des Erfolgsortes. Handlungsort ist Frankfurt am Main, da dort die Messe und der entsprechende Messeauftritt der Verfügungsbeklagten stattgefunden haben. Ein etwaiger Erfolg im Sinne einer Markenverletzung ist ebenfalls nicht Düsseldorf eingetreten bzw. droht auch nicht einzutreten. Der Auftritt als Aussteller auf einer in der Bundesrepublik Deutschland jedoch außerhalb des entsprechenden Bundeslandes stattfindenden Messe begründet zwar regelmäßig die Gefahr, dass ein Angebot auch im gesamten Bundesgebiet erfolgen soll (vgl. etwa OLG Hamburg GRUR-RR 2008, 238f. – Wolfskin/Wolfgang). Insbesondere bei Messen, denen für ihre Branche und für das internationale Geschäft der Aussteller eine vorherrschende Stellung zukommt, sind jedoch Fälle denkbar, in denen sich das Angebot eines Ausstellers nicht (auch) an Abnehmer des Landes richtet, in dem die Messe stattfindet. Insoweit ist der vermeintliche Verletzer darlegungs- und beweisbelastet (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 27.11.2007, Az. 4a O 333/06).

Die Verfügungsbeklagte hat dargelegt und durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung ihres Geschäftsführers X vom 20.11.2014 glaubhaft gemacht, dass sich ihr Angebot nicht an deutsche Abnehmer richtet und sie keine geschäftlichen Aktivitäten in Deutschland unternimmt. Insbesondere habe sie in der Vergangenheit nicht nach Deutschland geliefert und beabsichtigte dies auch zukünftig nicht zu tun. Sie bietet Zubehörteile im Niedrigpreissegment (No-Name-Bereich) an, das in erster Linie für Kunden im Vereinigten Königreich sowie in den osteuropäischen Staaten von Interesse ist.

Die Verfügungsklägerin hätte insoweit nähere Umstände darlegen und glaubhaft machen müssen, die darauf schließen lassen, dass sich das Angebot der Verfügungsbeklagten dem Grunde nach auch an deutsche Abnehmer richtet. Solche Umstände sind etwa die Durchführung bzw. die Vorbereitung von Vertriebshandlungen in Deutschland, bspw. durch Ansprechen von deutschen Kunden auf der Messe, gezieltes Verteilen von Werbematerialien sowie die Eröffnung entsprechender Verkaufsstellen. In einem patentrechtlichen gelagerten Fall hat das LG Düsseldorf auch das Erwirken einer Genehmigung beim Kraftfahrbundesamt ausreichen lassen (LG Düsseldorf, aaO). Solche Umstände hat die Verfügungsklägerin jedoch nicht dargelegt. Unbehelflich ist insoweit auch ihr Verweis auf die BGH-Entscheidung „Kronenthaler“ (GRUR 1990, 361ff.). Im dort zu entscheidenden Fall hatte der BGH zur Begründung der Erstbegehungsgefahr die Erstreckung einer IR-Marke auf die Bundesrepublik Deutschland genügen lassen. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.

Ein zielgerichtetes Angebot an deutsche Kunden wäre aber auch dann anzunehmen, wenn der Messeauftritt oder zumindest die verteilten Werbematerialien (auch) in deutscher Sprache abgefasst wären. Der Messeauftritt der Verfügungsbeklagten sowie die verteilten Werbematerialien waren jedoch ausschließlich in Englisch gehalten. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass ein Teil der deutschen Besucher der Automechanika jedenfalls auch die auf Englisch abgefassten Texte und Fachbegriffe versteht, allein dieser Umstand führt jedoch nicht dazu, dass von einem Angebot auch an diese Besucher ausgegangen werden kann. Insbesondere hat die Verfügungsklagerin nicht substantiiert dargelegt, dass in den angesprochenen Fachkreisen – wie etwa in der Softwareentwicklung – üblicherweise auf Englisch kommuniziert wird. Darüber hinaus ist bei einem so großen Markt wie dem deutschen Markt zu erwarten, dass Anbieter zumindest mit teilweise übersetzten Materialien werben. Daher bestehen vorliegend – anders als in dem der Entscheidung des OLG Hamburg „Wolfskin/Wolfgang“ (GRUR-RR 2008, 238f.) zu Grunde liegenden Fall – hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das Angebot der Verfügungsbeklagten nicht an das deutsche Publikum gerichtet war.

Die Verfügungsklägerin kann sich auch nicht auf die Entscheidung des OLG Hamburg „Rahmzeege/Altenborger Rahm Zeege“ (NJWE-WettbR 1999,138ff.) stützten. In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall ist das OLG Hamburg davon ausgegangen, dass die Besucher einer Messe davon ausgehen konnten, dass der dort beworbene Käse bundesweit und nicht nur regional vertrieben werden sollte. Diese Schlussfolgerung beruhte auf der Annahme, dass dies bei Käse im Allgemeinen geschehe. Vorliegend hat die Verfügungsklägerin nicht dargelegt, dass die auf der Messe angebotenen No-Name-Produkte im Allgemeinen auch an deutsche Abnehmer vertrieben werden. Da es sich um eine internationale Leitmesse handelt, kann gerade nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Anbieter auch auf den nationalen Markt des Messestandorts liefern will. Einem Anbieter von (Fach-)Produkten bleibt oftmals keine Wahl, ob er an einer Leitmesse teilnimmt, selbst wenn diese in einem Land stattfindet, welches nicht Ziel seines Marktauftritts ist.

II.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 6, 711 ZPO.

Streitwert: 250.000,00 €

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