LG Essen: Bei dem Gesamtmietpreis für eine Ferienhaus sind auch etwaig zusätzlich anfallende Kosten der Endreinigung anzugeben

veröffentlicht am 22. August 2013

LG Essen, Urteil vom 29.11.2012, Az. 4 O 315/12
§ 3 Abs. 1, 4 UWG, § 8 Abs. 1 UWG, § 1 Abs. 1 PAngV

Das LG Essen hat entschieden, dass Anbieter von Ferienimmobilien nicht mit Preisen werben dürfen, die nicht sämtliche obligatorischen Kostenpositionen, insbesondere für eine obligatorische Endreinigung, umfassen. Zum Volltext der Entscheidung:

Landgericht Essen

Urteil

Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken am Geschäftsführer der Beklagten, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit der Vermietung und/oder Vermittlung von Ferienimmobilien selbst oder durch Dritte unter Angabe von Preisen zu werben, die nicht sämtliche obligatorischen Kostenpositionen, insbesondere für eine obligatorische Endreinigung, umfassen.

Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Verfügungsbeklagte bietet auf dem Internetportal www…..de ein Ferienhaus zur Miete an. Auf dieser Internetseite wird zusätzlich zum Mietpreis die Kostenposition für die Endreinigung separat ausgewiesen. In den Mietbedingungen der Verfügungsbeklagten – die nur über einen Link auf der privaten homepage der Verfügungsbeklagten unter „www…..de“ aufzurufen sind – ist folgende Klausel enthalten:

„Die Endreinigung ist keine obligatorische Nebenleistung. Im Einzelfall ist es möglich, nach Absprache mit dem Hauseigentümer bei Ihrer Ankunft, oder mit dessen Vertreter, nämlich unserem deutschen Verwalter Herr D, die Endreinigung des Ferienhauses selbst durchzuführen.“

Die Verfügungsklägerin hat die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 20.09.2012 unter Fristsetzung bis zum 05.10.2012 außergerichtlich erfolglos aufgefordert, eine diesbezügliche strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.

Die Verfügungsklägerin behauptet, sie sei aktivlegitimiert zur Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs.

Sie ist der Ansicht, dass es sich bei der Endreinigung um eine obligatorische Kostenposition handele, die in den Endpreis einzurechnen sei. Mit ihrer Darstellung auf der Internetseite verstoße die Verfügungsbeklagte gegen § 1 Preisangabenverordnung sowie gegen §§ 3 I, 4 Nr.11, 5a II, III Nr.3 UWG.

Die Verfügungsklägerin beantragt, der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr im Zusammenhang mit der Vermietung und/oder Vermittlung von Ferienimmobilien selbst oder durch Dritte unter Angabe von Preisen zu werben, die nicht sämtliche obligatorische Kostenpositionen, insbesondere für eine obligatorische Endreinigung umfassen.

der Verfügungsbeklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250 000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft anzudrohen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt, den Antrag abzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, die Geltendmachung der Ansprüche durch die Verfügungsklägerin sei rechtsmissbräuchlich, da sie vorwiegend dazu diene, einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Außerdem wird die Vertretungsberechtigung des geschäftsführenden Präsidiumsmitglieds bestritten.

In der Sache ist die Verfügungsbeklagte der Ansicht, der Anspruch bestehe hier nicht, da sie das gegenständliche Ferienhaus nicht vermiete, sondern nur mit der Vermittlung beauftragt sei. Zudem sei die Endreinigung keine obligatorische Kostenposition, da es gemäß den Mietbedingungen möglich sei, nach Absprache mit dem Hauseigentümer die Endreinigung selbst durchzuführen. Es handele sich auch nicht um ein konkretes Angebot mit einem konkreten Endpreis, sondern um eine nach Saisonzeiten gestaffelte Übersicht. Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 II UWG greife hier zudem nicht.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme der Internetseite www…..de. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 08.11.2012 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig.

Die Verfügungsklägerin ist prozessführungsbefugt.

Gemäß § 8 III Nr. 2 UWG können Ansprüche nach §§ 3 und 7 UWG von rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, soweit sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt, geltend gemacht werden. Diese Voraussetzungen hat die Verfügungsklägerin hinreichend glaubhaft gemacht. Sie hat insofern eine Kopie einer eidesstattlichen Versicherung ihrer Mitarbeiterin L eingereicht, wonach zu ihren Mitgliedern mehrere Reisebüros, Unternehmen der Touristikbranche, Reisevermittlungsagenturen, Reiseveranstalter und Reiseverbände – einige dort exemplarisch namentlich benannt – zählen. Die Vorlage eines Originals der eidesstattlichen Versicherung ist zur Glaubhaftmachung nicht erforderlich. Eidesstattliche Versicherungen sind nicht formbedürftig (vgl. BGH GRUR 2002, 915 ff.). Denn die Glaubwürdigkeit der aussagenden Person hängt nicht davon ab, ob das Gericht ihre Bekundungen als eidesstattliche Versicherung oder als schriftliche Erklärung von Zeugen (§ 377 III ZPO) bewertet. Auch Letztere sind als Mittel der Glaubhaftmachung zugelassen (vgl. BGH aaO). Dass es sich bei L um eine Mitarbeiterin der X handelt, ergibt sich zum einen aus dem Zusatz „L c/o X“ im Kopfbereich der eidesstattlichen Versicherung, zum anderen aus der Erklärung der Prozessbevollmächtigten der Verfügungsklägerin – die selbst für die Verfügungsklägerin arbeitet – in der mündlichen Verhandlung. Eine eidesstattliche Versicherung muss auch nicht von einer vertretungsberechtigten Person abgegeben werden, sondern von einer Person, die Kenntnis von den glaubhaft zu machenden Tatsachen hat (vgl. Zöller/Greger, 29. Auflage 2012, § 294 Rn.4).

Die Verfügungsklägerin ist als eingetragener Verein rechts- und parteifähig. Die Vertretungsbefugnis des geschäftsführenden Präsidiumsmitglieds ergibt sich aus § 7 V der Satzung der Verfügungsklägerin. Bei dem geschäftsführenden Präsidiumsmitglied handelt es sich demnach um einen Hauptgeschäftsführer, der vom Präsidium angestellt und von der Mitgliederversammlung zum Mitglied des Präsidiums gewählt wird. Er ist gemäß dieser Vorschrift insbesondere berechtigt, im Namen des Vereins Zivilprozesse zu führen.

Eine rechtsmissbräuchliche Abmahnpraxis seitens der Verfügungsklägerin, die zu einem Entfallen des Rechtsschutzinteresses führen würde, ist hier nicht ersichtlich. Von einem Missbrauch ist auszugehen, wenn das beherrschende Motiv des Gläubigers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde Ziele sind. Geht es jedoch hauptsächlich um die Unterbindung unlauteren Wettbewerbs, genügt es für die Begründung des Missbrauchstatbestandes nicht, wenn auch sachfremde Motivationen – wie das Gebühreninteresse – ohne vorherrschend zu sein, bei der Anspruchsverfolgung eine Rolle spielen (vgl. BGH GRUR 2001, 82 ff.). Bei einem Missverhältnis zwischen der Zahl der Abmahnungen und dem Umfang des Geschäftsbetriebes liegt ein Missbrauch jedenfalls dann vor, wenn neben den Abmahnkosten noch jeweils pauschal 100 € Schadensersatz pro Abmahnung geltend gemacht werden (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 28.04.2009, Az. 4 U 216/08). Dafür gibt es hier keine Anhaltspunkte. Zu einem etwaigen Missverhältnis zwischen der Zahl der Abmahnungen und dem Umfang des Geschäftsbetriebs der Verfügungsklägerin hat die Verfügungsbeklagte schon nichts vorgetragen. Zudem begehrte die Verfügungsklägerin mit der strafbewehrten Unterlassungserklärung lediglich 219,35 € für Aufwendungen für diese Rechtsverfolgung. Die von der Verfügungsbeklagten hierzu zitierte Entscheidung des OLG Hamm beinhaltet aber gerade den Fall, dass ein pauschaler Schadensersatz zusätzlich zu den Abmahnkosten geltend gemacht wird.

Der Antrag ist auch begründet. Die gemäß § 8 III 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimierte Verfügungsklägerin hat gegen den Verfügungsbeklagten einen Unterlassungsanspruch gemäß § 8 I UWG. Die Verfügungsbeklagte hat eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen.

Eine unzulässige Handlung liegt hier in Form eines Verstoßes gegen § 1 I der Preisangabenverordnung (PAngV) vor. Darin liegt zugleich ein Verstoß gegen §§ 3 I, 4 Nr.11 UWG, wonach unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die Preisangabenverordnung ist eine solche gesetzliche Vorschrift (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, § 4 Rn. 11.142).

Gemäß § 1 I PAngV muss, wer Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, die Preise angeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Endpreise).

Zu den Leistungen im Sinne dieser Vorschrift gehört auch das Vermitteln von Geschäften aller Art im Namen Dritter (vgl. Landmann/Rohmer, GewO/PAngV, § 1 Rn. 8). Demnach unterfällt die Verfügungsbeklagte hier dem Anwendungsbereich des Gesetzes, unabhängig davon, ob sie das Ferienhaus selbst vermietet oder nur den Kontakt zum Eigentümer herstellt.

Der Anwendbarkeit von § 1 PAngV steht auch nicht entgegen, dass hier eine nach Saisonzeiten gestaffelte Preisübersicht vorliegt und nicht ein einzelnes Angebot. Der Begriff des Anbietens im Sinne der Preisangabenverordnung umfasst nicht nur Vertragsangebote im Sinne des § 145 BGB, sondern darüber hinaus jede Erklärung eines Unternehmers, die im Verkehr in einem rein tatsächlichen Sinne als Angebot verstanden wird. Es kommt darauf an, ob die Ankündigung ihrem Inhalt nach so konkret gefasst ist, dass sie nach der Auffassung des Verkehrs den Abschluss eines Geschäfts auch aus der Sicht des Kunden ohne weiteres zulässt (Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Auflage 2012, § 1 PAngV Rn.5). Diese Voraussetzung dürfte hier vorliegen. Das kann aber dahinstehen, da es sich bei der gegenständlichen Seite jedenfalls um eine Werbung unter Angabe von Preisen im Sinne der Vorschrift handelt. Wirbt der Kaufmann aber unter Angabe von Preisen, muss er grundsätzlich vollständige Angaben machen (BGH GRUR 1999, 264 ff.).

Unter „Endpreis“ ist das tatsächlich zu zahlende Gesamtentgelt zu verstehen. Insbesondere ist ein Reiseveranstalter verpflichtet, in seiner Werbung bei der Angabe von Mietpreisen für Ferienwohnungen Endpreise anzugeben, in denen die pauschal und in jedem Fall zu zahlenden Nebenkosten für Strom, Wasser, Gas und Heizung einbezogen sind und ebenso die von vornherein festgelegten Kosten für Bettwäsche und Endreinigung, sofern die Inanspruchnahme dieser Leistungen nicht ausdrücklich freigestellt ist (BGH GRUR 1991, 845 ff.).

Aus dem von der Verfügungsklägerin vorgelegten Ausdruck des Angebots im Internet ist nicht ersichtlich, dass es sich bei der Endreinigung um eine solche freiwillige Zusatzleistung handelt. Es heißt dort lediglich: „Endreinigung pro Aufenthalt 60,00 €“.

Eine andere Betrachtung ergibt sich auch nicht aus den Mietbedingungen der Verfügungsbeklagten. Nach dem Wortlaut dieser Klausel ist eine Inanspruchnahme der Leistung nach dem Wortlaut nicht grundsätzlich freigestellt, sondern ein Verzicht nur im Einzelfall nach Absprache möglich. Soweit der Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, dass ausschließlich der Gast entscheiden dürfe, ob eine Endreinigung von einem Dritten oder selbst durchgeführt werde, kommt es darauf nicht an. Denn im Hinblick auf den Normzweck von § 1 PAngV – Gewährleistung von Preiswahrheit und Preisklarheit durch vollständige Verbraucherinformation – ist entscheidend, wie ein Verbraucher als objektiver Empfänger die Klausel beim Lesen verstehen darf.

Zudem sind die Mietbedingungen nicht unmittelbar über einen Link auf der streitgegenständlichen Internetseite abrufbar. Es findet sich dort lediglich ein Hinweis: „Die einzelnen Saisonpreise jedes Ferienhauses finden Sie auf unserer privaten Homepage www…..de“. Auf dieser Seite sind dann im „Impressum“ sowie in der „Preisübersicht über die Endreinigung“ die Mietbedingungen als verlinkte PDF-Datei hinterlegt. Darin liegt ein Verstoß gegen § 1 VI PAngV. Demnach müssen die Angaben nach dieser Verordnung dem Angebot oder der Werbung eindeutig zugeordnet sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar gemacht werden.

Wenn der Verbraucher die Informationen darüber, welche Preisbestandteile im Endpreis tatsächlich enthalten sind, zunächst mittels einer mehrfachen Verlinkung auf eine andere Internetseite herausfinden muss, sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt.

Darin liegt ebenfalls ein Verstoß gegen § 5a II, III Nr.3 UWG, wonach unlauter handelt, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern dadurch beeinflusst, dass er wesentliche Informationen (dazu zählt ausdrücklich der Endpreis) vorenthält. Denn der Endpreis ist für den Verbraucher bei dem gegenständlichen Angebot nach den obigen Ausführungen nicht klar erkennbar. Eine optimale Preisvergleichsmöglichkeit mit anderen Wettbewerbern ist so nicht gewährleistet.

Es besteht auch ein Verfügungsgrund. § 12 II UWG begründet in seinem Anwendungsbereich, also zur Sicherung eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs, eine widerlegliche tatsächliche Vermutung der Dringlichkeit (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, § 12 Rn.3.13). Die Verfügungsbeklagte hat insoweit keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Verfügungsklägerin schon eine gewisse Zeit vor der erfolgten Abmahnung Kenntnis von der gerügten Internetseite hatte. Der Antrag auf Erlass einer e.V. wurde eine Woche nach Ablauf der Frist zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung anhängig. Es obliegt entgegen der Ansicht der Verfügungsbeklagten jedoch ihr, Tatsachen vorzutragen, die den Schluss auf eine Kenntniserlangung zu einem bestimmten Zeitpunkt zulassen (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, § 12 Rn. 3.13).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

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