LG Frankenthal: Per Strafanzeige gewonnene IP-Adressen dürfen im Zivilverfahren nicht als Beweis verwertet werden

veröffentlicht am 13. Januar 2009

LG Frankenthal, Beschluss vom 21.05.2008, Az. 6 O 156/08
§
100 a Abs. 2 StPO, Art. 10 Abs. 1 GG, §§ 3 Nr. 3, 3 Nr. 30, 96 TKG

Das Landgericht ist der Auffassung, dass in Zivilverfahren wegen so genannter „Filesharing“-Verstöße keinen Daten als Beweismittel verwendet werden dürfen, die zuvor über ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren gewonnen wurden. Bei urheberrechtlichen Abmahnungen wegen des Up-/Downloads von Musikstücken oder Software u.a. in P2P-Netzwerken geht die abmahnende Partei üblicherweise so vor, dass sie zunächst von einem darauf spezialisierten Unternehmen die Information erhält, zu welchem Zeitpunkt unter welcher IP-Adresse ein bestimmtes Werk zum Download angeboten wurde. Dann wird über die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, in dessen Verlauf die Staatsanwaltschaft vom Provider die Auskunft erhält, welcher natürlichen Person die fragliche IP-Adresse im jeweiligen Zeitpunkt zugeordnet war. Damit hat der Abmahner die erforderlichen Daten, um eine Abmahnung auszusprechen und ggf. eine Klage auf Unterlassung und/oder Schadensersatz zu erheben. Das Landgericht Frankenthal lässt nun jedoch die auf diese Art gewonnenen Daten nicht als Beweismittel zu, da durch deren Gewinnung Grundrechte verletzt wurden. Dass Gericht führt aus, dass nach der jüngsten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.03.2008 eine Übermittlung von erhobenen Telekommunikationsdaten vom Anbieter der Telekommunikationsdienstleistung an staatliche Behörden u.a. nur dann in Betracht kommt, wenn Gegenstand des Ermittlungsverfahrens eine schwere Straftat i.S.d. § 100 a Abs. 2 StPO ist. Dies ist beim Filesharing in der Regel nicht der Fall. Das Landgericht Frankenthal ordnet dynamische IP-Adressen als personenbezogene Verkehrsdaten ein. Nach dieser Auffassung unterfallen dann auch IP-Adressen dem genannten BVerfG-Urteil.


Landgericht Frankenthal

Beschluss

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

gegen

wegen Untersagung, hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) durch … am 21.05.2008
beschlossen:

1.
Der Antrag vom 24.04.2008 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

2.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

3.
Der Streitwert wird auf 10.000,00 € festgesetzt.


Gründe

I.
Die Antragstellerin ist ein weltweit bekannter Hersteller und Vertreiber von Computer- und Videospielen. Unter anderem vertreibt sie derzeit ein Spiel mit dem Titel „The W.“. Die ausschließlichen Auswertungsrechte für Europa liegen bei der Antragstellerin.

Der Antragsgegner ist Teilnehmer an einer sog. Filesharing-Plattform oder Peer-to-Peer-Tauschbörse im Internet, bei welcher die Teilnehmer Daten anbieten und herunterladen können.

Die Antragstellerin trägt vor, der Antragsgegner habe die das streitgegenständliche Computerspiel enthaltene Datei aus dem Internet heruntergeladen und anderen Teilnehmern über eine Tauschbörse zur Verfügung gestellt. Der Antragsgegner sei hierzu nicht berechtigt gewesen. Durch dieses Verhalten habe er gegen urheberrechtliche Bestimmungen verstoßen und ihr stehe der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung gegenüber dem Antragsgegner zu.

Die Antragstellerin hat eine sog. „Antipiracy“-Firma, die L. AG, mit der Ermittlung von Nutzern beauftragt, welche das streitgegenständliche Spiel im Internet anbieten. Dieses Unternehmen überwacht die Erfassung von Nutzern sog. Tauschbörsen, welche dort ohne Zustimmung der Rechteinhaber Daten zum Download anbieten und damit Rechte Dritter verletzen. Die Überwachung von Internet-Tauschbörsen und Protokollierung von IP-Adressen erfolgt anhand des Programms „File-Sharing-Monitor“. Bei der im Auftrag der L. AG durchgeführten Überwachung im Hinblick auf das Spiel „The Witcher“ hat diese festgestellt, dass am 11.01.2008 um 13.25 Uhr, 14 MEZ ein Nutzer mit der dynamischen IP-Adresse „87.182.110.227″ erfasst wurde, welcher zu diesem Zeitpunkt das o.g. Spiel anderen Teilnehmern der Tauschbörse zum Herunterladen anbot (vgl. eidesstattliche Versicherung des Mitarbeiters der L. AG, P. A., vom 10. April 2008, Bl. 28/29 d.A.).

Anhand dieser ermittelten Daten stellte die Antragstellerin bei der Staatsanwaltschaft R. Strafantrag gegen unbekannt. Die Staatsanwaltschaft R. holte bei dem zuständigen Provider, der D. T. AG, Auskünfte ein, welche ergaben, dass die ermittelte IP-Adresse im fraglichen Zeitraum dem Antragsgegner zugeordnet war (vgl. Auszug aus der amtlichen Ermittlungsakte, Az.: 32 UJs 44/08, Bl. 67-69 d.A.).

Daraufhin mahnte die Antragstellerin den Antragsgegner mit Schreiben vom 27.03.2008 ab und forderte ihn zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Eine solche Erklärung wurde nicht abgegeben. Mit Verfügung vom 24.04.2008 teilte die Kammer den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin ihre Zweifel an der Verwertbarkeit der von der Deutschen Telekom übermittelten Daten im hiesigen Verfahren im Hinblick auf die jüngste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit. Die Antragstellerin trat hierauf dem rechtlichen Hinweis des Gerichts entgegen. Sie ist der Ansicht, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.03.2008 (WM 2008, 706 = MMR 2008, 303) hier nicht einschlägig sei. Diese betreffe lediglich die Übermittlung von Verkehrsdaten. Die hier an die Staatsanwaltschaft übermittelte dynamische IP-Adresse sei jedoch den Bestandsdaten zuzuordnen. Hierüber dürfe Auskunft erteilt werden.

II.
Der von der Antragstellerin geltend gemachte Anspruch gegenüber dem Antragsgegner auf Unterlassung war kostenfällig zurückzuweisen, da die von der Staatsanwaltschaft Ravensburg an die Antragstellerin übermittelten Daten des Antragsgegners im hiesigen Verfahren unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verwertbarkeit von unter Verletzung von Grundrechten erlangten Beweismitteln (BVerfG, NJW 2002, 3619, 3624) nicht verwertbar sind.

1.
Eine solche Grundrechtsverletzung ist hier in der Übermittlung der gespeicherten Telekommunikationsdaten zu sehen. Nach der jüngsten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.03.2008 kommt eine Übermittlung von erhobenen Telekommunikationsdaten vom Anbieter der Telekommunikationsdienstleistung an staatliche Behörden u.a. nur dann in Betracht, wenn Gegenstand des Ermittlungsverfahrens eine schwere Straftat i.S.d. § 100 a Abs. 2 StPO ist (MMR 2008, 303, 305). Eine solche Straftat liegt dem vorliegenden Verfahren jedoch unstreitig nicht zugrunde.

a)
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nimmt dabei ausdrücklich Bezug auf erhobene Verkehrsdaten. Um ein solches Verkehrsdatum handelt es sich bei der hier an die Staatsanwaltschaft übermittelten dynamischen IP-Adresse nebst zugehörigen Kundendaten.

Im Telekommunikationsbereich wird unterschieden zwischen Bestandsdaten und Verkehrsdaten. § 3 Nr. 3 TKG definiert Bestandsdaten als Daten eines Teilnehmers, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsdienste erhoben werden. Umgangssprachlich kann man daher die Bestandsdaten als Kundendaten bezeichnen. Abzugrenzen davon sind die personenbezogenen Daten der Nutzer von Telekommunikationsdiensten. Deren personenbezogenen Daten werden nicht von § 3 Nr. 3 TKG erfasst und stellen keine Bestandsdaten dar. Die Nutzer von Telekommunikationsdiensten nutzen zwar ebenso wie die Teilnehmer Telekommunikationsdienste. Sie müssen aber nicht notwendigerweise Teilnehmer, das heißt Vertragspartner eines Anbieters von Telekommunikationsdiensten sein (Beckscher TKG-Komm/Büttgen, 3. Aufl. 2006, § 3 Rn. 10). Ob ein personenbezogenes Datum ein Bestandsdatum darstellt oder nicht, kann nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände im Einzelfall beurteilt werden. Maßgeblich hierfür ist das jeweilige Vertragsverhältnis. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass sämtliche personenbezogenen Daten, die der reibungslosen und vertragsgemäßen Abwicklung eines Vertrages über Telekommunikationsdienste zumindest dienen, zu den Bestandsdaten gezählt werden können. Das Gesetz verlangt insoweit keine Erforderlichkeit im engeren Sinne.

Jedoch kann man aus der Formulierung in § 3 Nr. 3 TKG „die für die Begründung … eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsdienste erhoben werden“ schließen, dass zwischen einem Bestandsdatum und dem zugrunde liegenden Vertragsverhältnis wenigstens ein innerer Zusammenhang bestehen muss. Bestandsdaten finden sich in allen Phasen eines Vertragsverhältnisses. Betroffen sind daher sowohl die Vertragsanbahnung als auch die Leistungserbringung, die Bezahlung der erbrachten Telekommunikationsdienste sowie die Beendigung des Vertrages. So gelten etwa der Name, der Vorname und die Anschrift des Teilnehmers als Bestandsdaten. Aber auch die technischen Merkmale des Telekommunikationsanschlusses (z.B. ISDN-Anschluss) bzw. die Art der Endeinrichtung wie beispielsweise die Tatsache, dass es sich um ein Fax-Gerät handelt, zählen dazu. Schließlich müssen auch die rechnungsrelevanten Daten, wie Rechnungsanschrift und Bankverbindung zu den Bestandsdaten gerechnet werden. Neben diesen, den Regelfall betreffenden Bestandsdaten sind aber auch solche personenbezogenen Daten als Bestandsdaten zu qualifizieren, die im Rahmen von Spezialtarifen erhoben und verarbeitet werden (vgl. Beckscher TKG-Komm/Büttgen, aaO Rn. 13).

Des Weiteren definiert das Gesetz in § 3 Nr. 30 TKG Verkehrsdaten als Daten, die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Dabei setzt der Begriff der Verkehrsdaten Art. 2 lit. b Datenschutzrichtlinien um und ersetzt den bisherigen Begriff der Verbindungsdaten aus § 2 Nr. 4 TDSV. Verkehrsdaten stehen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Telekommunikationsdiensten und lassen so erkennen, von welchem Anschluss wann mit wem wie lange kommuniziert wurde. Aus diesem Grunde unterfallen diese sehr sensiblen Daten dem Schutz des Fernmeldegeheimnisses aus Art. 10 Abs. 1 GG. Welche Daten dabei im Einzelnen Verkehrsdaten sind, regelt § 96 TKG. Zu den Verkehrsdaten zählen danach die Rufnummer des Anrufers, die Rufnummer des angerufenen Anschlusses, Datum, Uhrzeit und Dauer der Verbindung sowie die Art der vom Teilnehmer in Anspruch genommenen TKDienste; weitere Verkehrsdaten sind personenbezogene Berechtigungskennungen wie z.B. Pins (Beckscher TKG-Komm/Robert, aaO § 96 Rn. 3).

Vor diesem Hintergrund schließt sich die Kammer der Auffassung an, dass es sich bei dynamischen IPAdressen, welche nach dem Verbindungsende erneut an einen anderen Nutzer vergeben werden, so dass viele Nutzer – häufig sogar im Verlauf eines Tages – die gleiche IP-Adresse nacheinander nutzen, nicht um Bestandsdaten, sondern um Verkehrsdaten handelt. Dies steht im Einklang mit der herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung (vgl. nur Bär MMR 2008, 215, 219; Berger, jurisPR-ITR 7/2008 Anm. 5 unter C.; Bär, MMR 2002, 358, 360; Landgericht Darmstadt, Urt. v. 6.6.2007 – Rn. 63 [zit. nach juris] = CR 2007, 574; LG Darmstadt, GRUR-RR 2006, 173; LG Ulm, MMR 2004, 187 f.; LG Bonn, DuD 2004, 628 f.; AG Offenburg, Beschluss vom 27.07.2007, Az.: 4 Gs 442/07; a.A. soweit ersichtlich nur Landgericht Offenburg, Beschluss vom 17.04.2008, Az.: 3 Qs 83/07). Infolgedessen dürfen diese Daten nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich nicht abgerufen und übermittelt werden, weil bereits in dem Abruf ein schwerwiegender und irreparabler Eingriff in das Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG liegt (BVerfG MMR 2008, 303, 304).

b)
Im Übrigen sind nach Ansicht der Kammer dynamische IP-Adressen auch personenbezogen i.S.d. personenbezogenen Berechtigungskennung gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1 TKG. Unter personenbezogenen Daten versteht man Einzelangaben über bestimmte natürliche Personen (siehe § 3 Abs. 1 BDSG). Bei der Prüfung, ob eine Person bestimmbar ist, müssen alle Mittel berücksichtigt werden, die vernünftigerweise vom Verantwortlichen für die Verarbeitung eingesetzt werden können, um die betroffene Person zu bestimmen. Erforderlich ist somit eine wertende Betrachtung. Es kommt dabei auf die Kenntnisse, Mittel und Möglichkeiten der speichernden Stelle an. Sie muss den Bezug mit den ihr normalerweise zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln und ohne unverhältnismäßigen Aufwand durchführen können; der Begriff des Personenbezugs ist damit relativ (siehe Gola/Schomerus, BDSG, 8. Aufl., § 3 Rn. 9). Viele Datenschutzbeauftragte (z.B. Art-29-Datenschutzgruppe (4/2007), Landesschutzbeauftragte Niedersachen und Hessen) halten dynamische IPAdressen für personenbezogen. Für den Access-Provider, das heißt denjenigen, der sie im Rahmen des Nutzungsvorgangs vergibt, erscheint dies geradezu offensichtlich. Alle anderen Dienstanbieter können den Personenbezug nur in Zusammenarbeit mit dem Access-Provider herstellen. Somit haben dynamische IPAdressen relativen Personenbezug (ähnlich Simitis, BDSG, 6. Aufl. § 3, Rn. 63). Für den Access-Provider oder mit ihm kooperierende Unternehmen entsteht der Personenbezug regelmäßig unmittelbar (z.B. bei konzernweitem Datenabgleich). Für andere allgemeine Anbieter von Telemedien entsteht der Personenbezug erst dann, wenn er wieder hergestellt wird, z.B. im Verlauf eines Ermittlungs- und Strafverfahrens.

c)
Die Kammer sieht danach uner Berücksichtigung aller Umstände die dynamischen IP-Adressen als Verkehrsdaten i.S.d. § 3 Ziff. 30 TKG an, da diese Daten im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Telekommunikationsdiensten stehen und sich so erkennen lassen. Für diese Verkehrsdaten besteht ein strenger Schutz, insbesondere unterliegen sie dem Fernmeldegeheimnis.

Wie bereits ausgeführt, dürfen diese Daten nur dann herausgegeben werden, wenn der Verdacht auf Verübung einer schweren Straftat i.S.d. § 100 a Abs. 2 StPO besteht, was hier auf Grund der geltend gemachten Urheberrechtsverletzung nicht gegeben ist.

2.
Sollte von Seiten der Antragstellerin geltend gemacht werden, dass trotz des Verkehrsdatencharakters das Fernmeldegeheimnis deshalb nicht berührt sei, weil der Eingriff in dieses Geheimnis bereits zuvor durch die vorangegangene Überwachung der dynamischen IP-Adresse durch das hierfür von den Rechteinhabern beauftragte private Unternehmen geschehen sei und es sich bei dem fraglichen Kommunikationsvorgang ohnehin nicht um einen auf Vertraulichkeit angelegten Vorgang handele, kann dem nicht gefolgt werden.

Wenn in diesem Zusammenhang behauptet wird, der Anschlussinhaber sei mit der Ermittlung der dynamischen IP-Adresse schon unverwechselbar individualisiert, weshalb die hierauf vom Provider zu erbringende Bekanntgabe des hinter der IP-Nummer stehenden Anschlussinhabers nicht das Fernmeldegeheimnis berühre, so ist dies nicht nachvollziehbar. Die von dem überwachenden Unternehmen ausgespähte IP-Adresse ermöglicht schon aus logischen Gründen keine unverwechselbare Individualisierung desjenigen Anschlussinhabers, der diese Adresse zum Tatzeitpunkt benutzt hat, weil erst die Verknüpfung mit den Daten des jeweiligen Providers die Zuordnung zu einem bestimmter Anschlussinhaber erlaubt. Erst die begehrte Auskunft führt somit zur Individualisierung. Ohne diese Auskunft sind die von dem ausspähenden Unternehmen zusammengetragenen Daten ein technisches und rechtliches Nullum, mit dem niemand etwas anfangen kann.

Würde man entgegen den obigen Darlegungen dynamische IP-Adressen als Bestanddaten ansehen und diese als ohne weiteres speicher- und abrufbar ansehen, so könnte somit der eigentlich gewollte Schutz umgangen werden (vgl. dazu auch die Stellungnahme des Bundesbeauftragten für den Datenschutz Schaar vom 19.03.2008 zur Entscheidung des BVerfG, aaO, wonach „die bisherige Praxis, Tauschbörsenteilnehmer über deren IP-Adressen ermitteln zu lassen, nach den Karlsruher Vorgaben nicht mehr zulässig“ ist; Quelle: http://www.sueddeutsche.de/computer/artikel/802/164339/).

Bedenken an der Verwertbarkeit der übermittelten Daten bestünden im Übrigen selbst bei einer Qualifizierung der dynamischen IP-Adresse als Bestandsdatum. Zwar bezieht sich die bereits mehrfach zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich nur auf Verkehrsdaten, während sie sich zum Abruf und der Übermittlung von Bestandsdaten nicht verhält. Es ist jedoch nach Auffassung der Kammer weder interessen- noch sachgerecht und letztlich nicht nachvollziehbar, weshalb sich der Grundrechtsschutz des betroffenen Telekommunikationsteilnehmers an einer rechtlich umstrittenen Einstufung bestimmter Daten als Verkehrs- oder Bestandsdaten orientieren soll. Maßgeblich erscheint vielmehr, dass es in Fällen wie dem vorliegenden durch die Offenlegung privater Telekommunikationsdaten zu einer Deanonymisierung kommt, die es ermöglicht, nicht für Dritte bestimmte, dem Fernmeldegeheimnis unterliegende Daten bestimmten Personen zuzuordnen.

3.
Eine Rechtfertigung für den festgestellten Eingriff in das Grundrecht des Antragsgegners ist nicht erkennbar. Insbesondere reicht dazu allein das Interesse der Antragstellerin, sich ein Beweismittel zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche zu sichern nicht aus (BVerfG NJW 2002, 3619, 3624), so dass die von der Deutschen Telekom am 18.01.2008 an die Staatsanwaltschaft R. übermittelten Daten, welche an die Antragstellerin weitergegeben wurden, im vorliegenden Verfahren nicht verwertet und berücksichtigt werden können. Somit war der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen, ohne dass auf den Widerspruch zwischen dem Vortrag der Antragstellerin, wonach der Antragsgegner das Spiel anderen Teilnehmern der Tauschbörse „eMule“ zur Verfügung gestellt habe (Bl. 7 d.A.), während dies nach der zur Glaubhaftmachung vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Mitarbeiters der L. AG über die Tauschbörse „BitTorrent“ erfolgt sein soll (Bl. 29. d.A.), näher eingegangen zu werden braucht.

4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

I