LG Frankfurt a.M.: Zur Vollziehung einer einstweiligen Verfügung durch Zustellung im Ausland

veröffentlicht am 16. Dezember 2014

Rechtsanwältin Katrin ReinhardtLG Frankfurt a.M., Urteil vom 03.04.2014, Az. 2-03 O 95/13
Art. 8 Abs. 3 EGV 1393/2007; § 929 ZPO, § 935 ZPO, § 936 ZPO; § 3 UWG, § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG, § 8 UWG, § 12 UWG

Das LG Frankfurt hat entschieden, dass es für die Zustellung einer einstweiligen Verfügung im Ausland grundsätzlich genügt, innerhalb der einmonatigen Vollziehungsfrist den Antrag auf Auslandszustellung bei Gericht zu stellen, wenn anschließend die Zustellung „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO erfolgt. Vorliegend sei dies jedoch nicht der Fall gewesen. Nachdem bei einem Zustellversuch per Einschreiben in deutscher Sprache – zu Recht – die Annahme verweigert wurde, da es sich um ein italienisches Unternehmen handele, habe es 2 Monate nach Anzeige der Annahmeverweigerung bei Gericht gedauert, bis die erforderliche Übersetzung und erneute Zustellung beantragt wurden. Dies sei nicht mehr „demnächst“. Zum Volltext der Entscheidung:


Landgericht Frankfurt am Main

Urteil

Die einstweilige Verfügung – Beschluss – der Kammer vom 13.03.2013 wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.

Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Eilverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Verfügungsklägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Verfügungsklägerin (nachfolgend Klägerin) begehrt von der Verfügungsbeklagten (nachfolgend Beklagte) die Unterlassung der Verwendung der Bezeichnungen „A“, „A1″ und/oder der Abbildung von Kieselsteinen im Zusammenhang mit Pfannen und/oder Töpfen.

Die Klägerin ist auf den weltweiten Import und Export von Gebrauchsartikeln spezialisiert. Ihr Produktprogramm umfasst aktuell ca. 12.000 Gebrauchs- und Geschenkartikel sowie Freegifts für den Versand- und Einzelhandel. Im Bereich Töpfe und Pfannen vertreibt sie bekannte Markenprodukte, namentlich die Produktlinien „B“, „C“ und „D“. Sie beliefert weltweit etliche Großversandhäuser sowie Einzelhandelsunternehmen.

Die Beklagte stellt Kochgeschirr mit Antihaftbeschichtung her und vertreibt dieses in über 60 Ländern. Zu ihrem Sortiment zählt unter anderem die streitgegenständliche Pfannen- und Topfserie „A2″.

Die Beklagte stellte auf der Messe „…“ in O1 vom …2013 eine neue Pfannen- und Topfserie unter der Bezeichnung „A2″ vor. Die Klägerin mahnte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 18.02.2013 (Anlage AS 2 = Bl. 29 ff. d.A.) ab. Die Beklagte reagierte nicht.

Auf Antrag der Klägerin vom 04.03.2013 (Bl. 12 ff. d.A.) hat die Kammer mit Beschluss vom 13.03.2013 der Beklagten im Wege der einstweiligen Verfügung strafbewehrt untersagt, im geschäftlichen Verkehr Pfannen und/oder Töpfe – wie in Anlage A (Bl. 102 f. d.A.) – zu vertreiben und/oder vertreiben zu lassen und/oder bewerben und/oder bewerben zu lassen

1. mit der Bezeichnung „A“,
und/oder
2. mit der Bezeichnung „A1,
und/oder
3. mit einer Abbildung von Kieselsteinen
wenn dies jeweils geschieht wie in Anlage A (Bl. 102 f. d.A.).

Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Beschlusses wird auf Bl. 98 – 103 d.A. Bezug genommen.

Die Klägerin hat zunächst mit Schriftsatz vom 18.03.2014 (Bl. 112 d.A.) die Zustellung der einstweiligen Verfügung an die Beklagte an deren Geschäftsanschrift in O2, Italien, durch Übersendung einer Ausfertigung der einstweiligen Verfügung in deutscher Sprache per Einschreiben mit Rückschein beantragt. Die Annahme dieser Zustellung hat die Beklagte mit Verweis auf die – nicht italienische – Sprache am 15.04.2013 (Bl. 116 f. d.A.) verweigert. Dies wurde der Klägerin mit E-Mail der Sachbearbeiterin der Auslandsrechtshilfe-abteilung des hiesigen Gerichts vom 26.04.2013 (Bl. 120 f. d.A.) mitgeteilt. Zugleich wurde um Übersendung einer weiteren beglaubigten Abschrift der Antragsschrift nebst Anlagen gebeten. Die Klägerin reagierte mit E-Mail vom 02.05.2013 (Bl. 122 d.A.), „dass hier bitte erst einmal nichts unternommen werden solle. Wir werden uns in den nächsten zwei bis drei Wochen wieder bei Ihnen melden“. Mit E-Mail vom 11.06.2013 (Bl. 124 d.A.) hat das Gericht durch die Sachbearbeiterin der Auslandsrechtshilfe bei den Bevollmächtigten der Klägerin an die Erledigung der Anfrage vom 26.04.2013 erinnert bzw. um Sachstandsmitteilung gebeten. Mit Schriftsatz vom 04.07.2013 (Bl. 129 d.A.) hat die Klägerin „um Übersetzung der einstweiligen Verfügung ohne Anlagen sowie um Veranlassung der Auslandszustellung der übersetzten einstweiligen Verfügung samt Anlagen in deutscher Fassung“ gebeten. Die angeforderte beglaubigte Abschrift der Antragsschrift nebst Anlagen hat die Klägerin – auf telefonischen Anruf der Geschäftsstelle vom 12.07.2013 – mit Schriftsatz vom 12.07.2013 (Bl. 131 d.A.) dem Gericht übersandt. Die entsprechenden Schriftstücke wurden der Beklagten am 17.09.2013 (Bl. 192 d.A.) zugestellt.

Die Beklagte hat gegen die einstweilige Verfügung mit Schriftsatz vom 31.01.2014 (Bl. 213 ff. d.A.) Widerspruch eingelegt und den Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung gestellt. Den Antrag auf Einstellung hat die Kammer mit Beschluss vom 07.02.2014 zurückgewiesen, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 322 – 324 d.A. Bezug genommen wird.

Die Klägerin behauptet, die Bezeichnung „A2″ rufe beim angesprochenen Verkehrskreis die Vorstellung hervor, dass der so bezeichnete Topf oder die so bezeichnete Pfanne tatsächlich aus natürlichem Stein bestehe oder zumindest natürliche Steinpartikel enthalte. Dieser Eindruck werde dadurch verstärkt, dass die Pfannen der Beklagten im „Sprenkeldesign“ gestaltet seien. Der Verbraucher sehe in der Bezeichnung von Pfannen und Töpfen regelmäßig einen Hinweis auf ihre Beschaffenheit bzw. das Material, aus dem sie bestehen, da es bei Kochgeschirr das entscheidende Kaufkriterium darstelle. Es sei dabei kein anderer Grund ersichtlich, warum man für Pfannen und Töpfe den Bezeichnungsbestandteil „…“ verwenden sollte, wenn nicht eine Assoziation mit Stein gewollt sei.

Zudem suggeriere der Bezeichnungsbestandteil „…“ dem Verbraucher, dass die streitgegenständlichen Pfannen und Töpfe aus Naturmaterialien bestünden und keine chemischen Substanzen enthielten, insbesondere, da die Gestaltung der Abbildung (Ersetzung des Punkts des „i“ durch ein Blatt, Abbildung eines Blattes hinter dem Wort „…“, Farbwahl grün) dieses Verständnis zusätzlich stütze.

Tatsächlich würden die Pfannen und Töpfe der Beklagten aber keinerlei Stein enthalten. Zudem würden die Pfannen nicht aus rein natürlichen Materialien bestehen. Vielmehr würden diese aus künstlichen Produkten in einem chemischen Prozess hergestellt. Daher liege eine irreführende Werbung vor.

Irreführend sei zudem die Verwendung des Zeichens ® hinter „A2″, da die Wortmarke „A2″ in dieser Form nicht für die Beklagte eingetragen sei.

Weiter trägt die Klägerin vor, die einstweilige Verfügung vom 13.03.2013 sei bereits mit dem ersten Zustellungsversuch trotz Verweigerung der Annahme des Dokuments wirksam zugestellt worden. Die Beklagte sei zu der Verweigerung nicht berechtigt gewesen, da der für den deutschen Markt zuständige Verkaufsleiter („Sales Manager“) der Beklagten, Herr Z1, – was unstreitig ist – der deutschen Sprache sehr gut mächtig sei. An diesen war auch das vorgerichtliche Abmahnschreiben adressiert. Entscheidend sei, ob im Unternehmen die entsprechenden Sprachkenntnisse vorhanden seien. Herr Z1 sei als Verkaufsleiter maßgeblich in die Geschäftsentwicklung der Beklagten eingebunden.

Zudem gelte der erste Zustellungsversuch gemäß Art. 8 Abs. 3 Zustellungsverordnung als das maßgebliche Datum, selbst wenn der Empfänger die Annahme der Zustellung wegen fehlender Übersetzung verweigere. Damit sei die Zustellung auch ohne Übersetzung bereits fristwahrend. Dementsprechend sei auch der Verfügungsgrund nicht weggefallen, zumal das weitere Vorgehen der Klägerin einschließlich der Kostenbelastung durch die Übersetzungen belege, dass ihr sehr wohl an der Durchsetzung ihrer Ansprüche gelegen sei.

Die Klägerin beantragt,

die einstweilige Verfügung – Beschluss – der Kammer vom 13.03.2013 zu bestätigen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Kammer – einstweilige Verfügung – vom 13.03.2013 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO sei nicht gewahrt worden. Ferner stehe der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auch der Sache nach nicht zu. Zuletzt fehle es an der Eilbedürftigkeit.

Die Beklagte habe die Annahme der einstweiligen Verfügung in deutscher Sprache zu Recht verweigert, weil – was unstreitig ist – keine Übersetzung in die italienische Sprache vorgelegen habe. Die Geschäftsführung der Beklagten sei der deutschen Sprache nicht mächtig. Zwar sei es umstritten, ob im Falle einer juristischen Person auf die Sprachkenntnis des Organs abzustellen sei, oder ob auch die Kenntnis anderer Mitarbeiter des Unternehmens in Betracht kommen könnte. Selbst dann könne es allenfalls zusätzlich auf die Sprachkenntnisse jener Personen ankommen, die innerhalb der betrieblichen Organisation des Zustellungsempfängers mit der Bearbeitung einer solchen gerichtlichen Zustellung betraut seien, also regelmäßig neben der Geschäftsführung die Rechtsabteilung. Keine bei der Beklagten verantwortliche Person verfüge über entsprechend sichere Kenntnisse der deutschen Sprache. Hinzu komme, dass Herr Z1 aufgrund seiner weltweiten Tätigkeit als Exportmanager für die Beklagte sehr oft im Außendienst tätig sei und daher sehr oft nicht für die Übersetzung etwaiger fristgebundener Schriftstücke zur Verfügung stehen könne.

Zwar könne die Zustellung einer einstweiligen Verfügung im Ausland auch dadurch noch fristgerecht bewirkt werden, dass der Antrag auf Auslandszustellung innerhalb der Vollziehungsfrist bei Gericht gestellt werde, wenn anschließend die Zustellung „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO erfolge. Dies sei jedoch streitgegenständlich nicht der Fall, da – was ebenfalls unstreitig ist – die Übersetzung und die Veranlassung der erneuten Auslandszustellung erst am 04.07.2013 und damit mehr als zwei Monate nach der erstmaligen Unterrichtung durch das Gericht vom 26.04.2013 über die Annahmeverweigerung erbeten worden sei. Erschwerend komme hinzu, dass das Gericht zwischenzeitlich am 11.06.2013 bei der Klägerin nachgehakt habe und diese zudem mehrmalig (am 26.04.3013 per E-Mail sowie telefonisch nach dem 04.07.2013) auffordern musste, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mitsamt Anlagen in beglaubigter Abschrift vorzulegen. Dies sei erst am 12.07.2013 erfolgt. Die eingetretene massive Verzögerung beruhe ausschließlich auf dem zögerlichen Verhalten der Klägerin.

Hieraus ergebe sich zudem der Wegfall der Eilbedürftigkeit. Die Klägerin habe dadurch, dass sie die Übersetzung und eine entsprechende Zustellung nicht nachhaltig betrieben habe, zu erkennen gegeben, dass ihr die Sache keineswegs eilbedürftig sei und es ihr letztlich nicht darauf ankomme, wann die einstweilige Verfügung letztlich wirksam werde und damit auch durchgesetzt werden könne.

Jedenfalls sei die Bezeichnung „A“ nicht irreführend. Sie erscheine dem Verkehr vielmehr phantasievoll, da dem Verkehr bekannt sei, dass Pfannen und Töpfe regelmäßig aus Metall hergestellt würden und die Kombination der beiden Begrifflichkeiten daher nicht beschreibend sei. Die angegriffene Bezeichnung rufe beim durchschnittlichen Verbraucher allenfalls Vorstellungen darüber hervor, dass ein so bezeichnetes Produkt in gewissem Umfang ökologische Vorteile aufweise und über eine bestimmte Härte und Widerstandsfähigkeit verfüge. Dies sei bei den Produkten der Beklagten der Fall. Zudem enthalte die Beschichtung der Pfannen und Töpfe der Serie „A“ der Klägerin Steinpartikel, und zwar in Form von mineralischen Bestandteilen, so dass eine Verwendung des Zeichenbestandteils „…“ und die Abbildung von kleineren Steinen nicht irreführend seien. Außerdem würden die streitgegenständlichen Pfannen und Töpfe sowie deren Produktionsprozess bestimmte Eigenschaften aufweisen, die eine Verwendung des Zeichenbestandteils „…“ rechtfertigten und den Verkehr nicht irreführten. Schließlich sei das Zeichen „A2″ auch als Marke zugunsten der Antragsgegnerin eingetragen, so dass durch die Verwendung des Symbols ® keine Irreführung des Verkehrs vorliege.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Auf den Widerspruch der Beklagten war die Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung zu überprüfen. Dies führte zu ihrer Aufhebung und zur Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags.

Es fehlt bereits am Verfügungsgrund (§§ 935 ff. ZPO). Es ist zumindest zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht ersichtlich, dass eine Entscheidung in der Sache dringlich ist.

Zwar wird bei einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch, wie ihn die Klägerin gemäß §§ 8, 3, 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG geltend macht, die den Verfügungsgrund begründende Dringlichkeit der Sache gemäß § 12 Abs. 2 UWG vermutet. Diese Vermutung kann aber, insbesondere durch das eigene Verhalten des Unterlassungsgläubigers, widerlegt werden (BGH, GRUR 2000, 151, 152 – Späte Urteilsbegründung). Wer in Kenntnis der maßgeblichen Umstände mit der Rechtsverfolgung zu lange wartet oder das Verfahren nicht hinreichend zügig betreibt und dadurch die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs verzögert, gibt damit zu erkennen, dass die Sache für ihn nicht so eilig ist (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 25.03.2010, 6 U 219/09, BeckRS 2010, 16885, m.w.N.). Davon ist regelmäßig auszugehen, wenn der Unterlassungsgläubiger die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO versäumt (OLG Frankfurt am Main, BeckRS 2010, 16885, m.w.N.; Huber in: Musielak, ZPO, 10. Aufl., § 929 Rn. 7).

Im streitgegenständlichen Fall hat die Klägerin die Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 i.V.m. § 936 ZPO nicht gewahrt. Auch dies gebietet die Aufhebung der einstweiligen Verfügung (Drescher in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl., § 929 Rn. 13; Huber in: Musielak, ZPO, a.a.O., § 929 Rn. 7).

Der Beschluss der Kammer vom 13.03.2013 wurde der Klägerin am 15.03.2013 zugestellt. Die Vollziehungsfrist endete demgemäß am 15.04.2013. Mit Schriftsatz vom 18.03.2013 hat die Klägerin zunächst die Auslandszustellung im Wege der Übersendung einer Ausfertigung der einstweiligen Verfügung in deutscher Sprache per Einschreiben mit Rückschein beantragt. Die Beklagte hat die Annahme dieser zuzustellenden Schriftstücke am 15.04.2013 verweigert und sich dabei auf Art. 8 VO (EG) Nr. 1393/2007 berufen, der vorsieht, dass ein im EU-Ausland zuzustellendes Schriftstück in einer Sprache, die der Empfänger versteht, abgefasst wird oder dem Schriftstück eine Übersetzung in dieser Sprache beigefügt ist; ebenso genügt die Abfassung oder Übersetzung in die Amtssprache des Empfängermitgliedstaats oder der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Ortes, an dem die Zustellung erfolgen soll.

Diese Verweigerung war auch rechtmäßig. Insbesondere ist unerheblich, dass der für den deutschen Markt zuständige Verkaufsleiter („Sales Manager“) der Beklagten, Herr Z1, der deutschen Sprache sehr gut mächtig ist.

Weder ist abschließend geregelt, noch wurde bisher höchstrichterlich entschieden, auf wessen Sprachkenntnisse im Hinblick auf Art. 8 VO (EG) Nr. 1393/2007 bei einer juristischen Person, wie sie die Beklagte darstellt, abzustellen ist. Es fehlen bislang Sprachanforderungsprofile in der Rechtsprechung für Zustellungen an juristische Personen (vgl. Geimer in: Zöller, ZPO, 30. Aufl., Anh II B, Art. 8 EuZVO Rn. 6). Das Gebot effektiven Rechtsschutzes erfordert es jedoch, dass auf die Sprachkenntnisse der für den konkreten Sachverhalt zuständigen Person abzustellen ist, was im Hinblick auf die Zustellung von Abmahnungen, einstweiligen Verfügungen oder sonstigen rechtlichen Schriftstücken regelmäßig eine Person der Rechtsabteilung der juristischen Person, jedenfalls eine Person mit Rechtskenntnissen, sein wird (Schütze, RIW 2006, 352, 353; ders., Das Internatonale Zivilprozessrecht in der ZPO, 2. Aufl., § 1098 Rn. 9; Felix/Netzer in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 2. Aufl., Art. 6 EUBagatellVO Rn. 5; angedeutet: Stadler in: Musielak, ZPO, a.a.O., Art. 8 VO (EG) Nr. 1393/2007 Rn. 4; a.A.: Heiderhoff in: Rauscher, EuZPR/EulPR, EG-ZustVO u.a., Art. 8 EG-ZustVO 2007 Rn. 15 f.; Sujecki, EuZW 2007, 363, 365). Jedenfalls muss das Niveau der Sprachkenntnisse den Empfänger in die Lage versetzen, amtliche Dokumente und die verwendete Justizsprache zu verstehen (EuGH, NJW 2008, 1721, 1726, Rz. 87; Felix/Netzer in: Kindl/Meller-Hannich/Wolf, a.a.O., Art. 6 EuBagatellVO Rn. 5; wohl a.A.: LG München, Beschluss vom 30.11.2009, Az. 7 O 861/09, IPRspr. 2009, Nr. 226 in dem hier nicht vergleichbaren Fall des Internetauftritts einer Antragsgegnerin in deutscher Sprache). Davon ist bei einem Verkaufsleiter grundsätzlich nicht auszugehen. Hinzu kommt, dass der Verkaufsleiter der Beklagten für seine Tätigkeit häufig geschäftlich auf Dienstreisen im Ausland ist, weshalb er selten am Stammsitz der Beklagten zugegen ist und somit regelmäßig keine Möglichkeit hat, dringende Schriftstücke wie gerichtliche Titel oder ähnliches in Augenschein zu nehmen. Diesen Vortrag hat die Beklagte glaubhaft gemacht durch die eidesstattliche Versicherung ihres Vorstandsvorsitzenden Z2 vom 31.03.2014 unter Ziffer 3 gemäß Anlage AG 6 (Bl. 360 d.A. bzw. im Original Bl. 407 d.A. nebst der in der mündlichen Verhandlung überreichten deutschen Übersetzung gemäß Bl. 408 f. d.A.).

Damit wurde die Zustellungsfrist nicht mit der mit Schriftsatz vom 18.03.2013 beantragten Zustellung gewahrt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Zustellung am 17.09.2013 infolge des Antrags vom 04.07.2013 auf Übersetzung der einstweiligen Verfügung ohne Anlagen sowie um Veranlassung der Auslandszustellung der übersetzten einstweiligen Verfügung samt Anlagen in deutscher Fassung. Zwar findet § 167 ZPO auf § 929 Abs. 2 ZPO Anwendung; allerdings erfolgte die Zustellung am 17.09.2013 nicht „demnächst“ im Sinne der Vorschrift.

Nach ständiger Rechtsprechung gibt es dabei keine absolute zeitliche Grenze. Der BGH stellt vielmehr darauf ab, ob die Partei alles Zumutbare für die alsbaldige Zustellung getan hat und der Rückwirkung schutzwürdige Belange des Zustellungsadressaten nicht entgegenstehen (Häublein in: Münchener Kommentar zur ZPO, a.a.O., § 167 Rn. 9). Im konkreten Fall ist nicht davon auszugehen, dass die Klägerin alles Zumutbare für die alsbaldige Zustellung getan hat. Zwischen dem Hinweis des Gerichts durch eine E-Mail vom 26.04.2013 (Bl. 120 d.A.) und der Anweisung der Übersetzung seitens der Klägerin am 04.07.2013 (Bl. 129 d.A.) lagen mehr als zwei Monate. Für diese Zeitverzögerung ist kein Grund ersichtlich; insbesondere wurden die ersten zwei bis drei Wochen ausweislich einer E-Mail der Klägerin vom 02.05.2014 (Bl. 122 d.A.) grundlos abgewartet. Hinzu kommt, dass die Vorlage des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und seiner Anlagen in beglaubigter Abschrift erst nach einem weiteren Telefonanruf der Geschäftsstelle mit Schriftsatz vom 12.07.2013 erfolgte, obwohl dies bereits in der gerichtlichen E-Mail vom 26.04.2013 (Bl. 120 d.A.) angefordert worden war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet seinen Grund in §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.

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